Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Jackson – Teil 33

Neue Gefahren

»Nun mal langsam, großer Mann, wer wird sich denn gleich ins Höschen machen? Nur noch einen Moment, dann bin ich ja soweit.« Mit einer Behäbigkeit, die mich fast in den Wahnsinn trieb, öffnete Linda die Tür eines Schaltkastens, der neben einem mannshohen Metallschrank im Labor in die Wand eingelassen war. Langsam, ganz langsam, so als hätte sie alle Zeit der Welt, starrte Linda auf die hinter dem Türchen liegende Tastatur und tippte wie ein Anfänger auf einer Schreibmaschine mit dem Ein-Finger-Suchsystem eine Zahlenfolge ein. Jetzt hätte nur noch gefehlt, dass sie ihren Schminkspiegel hervorkramte oder sie sich irgendeine Gebrauchsanweisung durchlesen musste.

Himmel noch mal, dieses Weib legte plötzlich eine Art an den Tag, die mich langsam aber sicher verrückt machte.

Hallo, ging’s noch?

Da draußen auf dem Flur tobte ein Mob aus Monstern, missgestalteten Kreaturen und Tierwesen, die unser Blut wollten, und zwischen uns stand nur noch eine verschlossene Tür.

Eine Tür aus Metall zwar und mit einem Fenster aus Panzerglas, aber auch sie war gegen die Urgewalt dieser wahnsinnigen Geschöpfe nicht gefeit. Zwei der fünf Metallhalterungen, welche die Türfassung mit der Wand verbanden, waren bereits herausgerissen, und ich ahnte, dass es nach der dritten fehlenden Halterung nur noch Sekunden dauern würde, bis sich der Mob in diesen Raum ergoss.

Die ersten Klauen schoben sich bereits dort zwischen Tür und Wand in den Raum, wo die Halterungen herausgerissen waren. Das Schreien, Kreischen und Brüllen dieser Wesen dabei war infernalisch.

Ich stand wie festgewachsen mitten im Raum und meine Blicke jagten zwischen Linda und den Monstern hin und her. Als sie mir zunickte, war ich mit einem Satz an ihrer Seite.

Sie packte mich am Oberarm, zerrte mich ein Stück nach hinten und drückte auf einen Knopf in der Tastatur des Schaltkastens, der rot aufblinkte.

Ich hörte ein Geräusch, das klang, als würde neben mir jemand die Luft aus einem Reifen lassen, dann begann sich plötzlich der riesige Metallschrank wie von Geisterhand zu bewegen. Zentimeter um Zentimeter rollte das Ding auf scheinbar unsichtbaren Schienen zur Seite. Ohne ein Wort zu sagen, folgte ich Linda und quetschte mich durch den dunklen Spalt, der hinter dem Schrank sichtbar wurde.

Es war eine verdammt enge Geschichte.

Linda kam gerade noch so hindurch, aber meiner einer zeriss sich nicht nur die Kleider, sondern, obwohl ich den Bauch eingezogen hatte, schürfte sich auf dem Rücken auch noch gehörig die Haut ab. Es brannte wie Feuer, aber darauf konnte ich jetzt keine Rücksicht nehmen. Wir waren nämlich kaum durch und der Metallschrank begann sich wieder in seine Ausgangslage zurückzubewegen, als die Labortür mit einem solchen Donnerschlag aus dem Rahmen krachte, dass ich glaubte, jemand feuerte direkt vor meiner Nase eine Kanone ab.

Die Tür wehte wie ein Blatt im Herbstwind durch den Raum und sofort ergoss sich der Mob wie eine Springflut in das Labor. Deutlich konnte ich die pure Lust am Töten in den Gesichtern der Kreaturen erkennen.

Aber ich erkannte auch noch etwas anderes.

Der Metallschrank bewegte sich viel zu langsam in seine Ausgangsstellung zurück.

Es fehlten immer noch beinahe zwei Handbreit bis zum Verschließen des offenen Spalts.

Viel zu viel, denn die Entfernung zwischen dem ersten Monster und uns betrug höchstens noch fünf Schritte.

Als hinter mir auch noch Linda ihre bisher an den Tag gelegte Gelassenheit verlor und plötzlich wie hysterisch auf den Knöpfen der Tastatur herumhämmerte, begann mein Herz zu rasen und kalter Schweiß stand auf meiner Stirn.

Die Kreatur, die mir am nächsten war, hob den Kopf und grinste mich zähnefletschend an.

Blut und Speichel rannen aus seinen Mundwinkeln und vermischten sich auf seiner nackten Brust.

Einen Atemzug später betrug die Entfernung zwischen uns nur noch drei Schritte.

 

***

 

Noch zwei Schritte.

Linda schrie gellend auf, als sich ein Herzschlag später eine hornige, mit drei gebogenen Klauen versehene Kralle durch den Spalt schob.

Meine Hoffnung, hier jemals lebend wieder herauszukommen, sank auf den Nullpunkt.

Doch im gleichen Moment geschah etwas, das ich bis heute noch nicht richtig begriffen habe.

Ich hörte plötzlich ein geradezu infernalisches Gebrüll und dann stürzte von links ein riesiger Schatten heran.

Die Klauenhand verschwand und das Wesen wirbelte wie eine willenlose Gliederpuppe durch die Luft, ehe es auf die nachfolgende Masse der anderen Kreaturen prallte und ihren Ansturm für die Zeitspanne eines Atemzuges zum Erliegen brachte. Dann baute sich unser Helfer, ihn musste wohl der liebe Gott geschickt haben, drohend vor dem Mob auf, der einen Moment geifernd und kreischend verharrte. Obwohl ich seine Umrisse nur den Hauch einer Sekunde betrachten konnte, wusste ich sofort, dass es sich bei der Gestalt um Skmil handelte.

Ich wusste nicht, warum oder wieso er so reagierte, ich sollte es erst viel, viel später erfahren, aber in seinem letzten Blick, den er mir zuwarf, schien alle Traurigkeit dieser Welt zu liegen.

Niemals zuvor und auch später noch hatte ich je ein Gesicht gesehen, das so voller Melancholie und Schwermut war wie das seine in diesem Moment.

»Skmil!«

Ich stürzte vorwärts, aber es war zu spät. Der Metallschrank war mit einem dumpfen Wummern wieder in seine Ausgangslage zurückgefahren. Linda zog mich am Arm zurück und mit dem gleichen dumpfen Geräusch wie der Schrank fiel unvermittelt eine schwarze, undurchdringliche Wand wie ein Fallbeil von der Decke. Wäre es Linda nicht gelungen, mich zurückzuziehen, hätte mir diese Wand wahrscheinlich meine Zehen abgehackt, so dicht sauste sie an mir herunter.

»Vergiss diesen Skmil, vergiss alles, was da draußen war, denn wenn wir nicht schleunigst von hier verschwinden, wird es uns genauso ergehen.«

Ich drehte den Kopf. »Was willst du damit sagen?«, erwiderte ich gereizt.

»Das mir klar war, dass das passieren würde, nachdem die Monster die Wachmannschaft angegriffen haben.«

Ich legte den Kopf schief. Was meinte sie damit, dass so etwas passieren würde?

Lindas Erklärung folgte auf dem Fuß.

»Du weißt doch, dass hier drinnen nichts, aber auch gar nichts dem Zufall überlassen wird. Trotzdem bin ich ein wenig überrascht, dass sie das Gas so schnell eingesetzt haben. Die Herren dort oben sind seit unserer Flucht anscheinend etwas nervös.«

»Habe ich da etwa gerade das Wort Gas verstanden?«

»Was hast du denn gedacht, wie man auf das hier reagiert? Hier macht man nicht viel Federlesen, man riegelt die Gänge der betroffenen Zone ab, bläst Giftgas hinein und schon ist die Sache erledigt, ohne dass man selber einen einzigen Mann verloren hat. Diese Wand, die da plötzlich vor dir von der Decke gefallen ist, trennt uns von einer vergasten Zone. Aber leider nicht für lange. Laut den Sicherheitsbestimmungen werden innerhalb einer bestimmten Zeit zwei weitere der umliegenden Zonen vergast, um ein Ausbreiten eventueller Feinde zu verhindern.« Linda hatte kaum ausgesprochen, als ich schon wieder so ein eigenartiges Kribbeln im Bauch verspürte.

»Wir haben nur fünf Minuten, bis man es auch in diesen Abschnitt bläst.«

»Und warum stehen wir dann hier noch herum?«

Aus dem anfänglichen Kribbeln in meinem Bauch wurde langsam Panik.

 

***

 

Wir rannten gerade einmal zwei Minuten, allerhöchstens drei, durch den vor uns liegenden schmalen Gang, als hinter uns mit einem wohlbekannten, dumpfen Geräusch eine weitere Wand von der Decke fiel und sich untrennbar mit dem Boden verband.

»Schneller!«, keuchte Linda. »Eine Zone noch, dann sind wir wieder in Sicherheit.«

Meine körperliche Verfassung war noch immer nicht das, was man als ideal bezeichnet, trotzdem zog ich noch einmal das Tempo an.

Seite an Seite folgten wir dem Gang, der jetzt eine langgezogene Kehre nach links machte.

Als wir um die Kurve kamen, war vor uns plötzlich heller Lichtschein zu sehen.

Aber auch noch etwas anderes.

Umringt von zwei Weißkitteln, wahrscheinlich irgendwelche Wissenschaftler, tippte keine zwanzig Schritte vor uns ein bewaffneter Mann in einer dunkelblauen Fantasieuniform gerade auf einer in der Wand eingelassenen Tastatur herum, die verdammte Ähnlichkeit mit der hatte, die Linda vor geraumer Zeit bearbeitet hatte, um damit einen gewissen Metallschrank dazu zu veranlassen, dass er sich zur Seite wegbewegte.

»Aufhören!«, brüllte Linda, während sie den Leuten entgegenstolperten.

Die Köpfe der drei Figuren vor uns ruckten wie auf einen stummen Befehl hin beinahe gleichzeitig herum. Ich wusste nicht, was in ihren Schädeln in diesem Augenblick gerade vorging, aber als ich in das verzerrte Gesicht des Uniformierten blickte und registrierte, wie sich sein Zeigefinger langsam einem gelben, wie wild aufblinkenden Knopf in der Tastatur näherte, wusste ich plötzlich mit geradezu eintausendprozentiger Wahrscheinlichkeit, dass wir bis zum Hals in der Scheiße saßen.

Fortsetzung folgt …