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Starke Frauen IV – Teil 2

Amelia Earhart: Ein Leben auf der Überholspur – Teil 2

Heiraten, Flitterwochen genießen und anschließend seine Zeit größtenteils an der Seite des Partners zu verbringen, war und ist sicher für viele frisch Vermählte eine schöne Sache.

Aber nicht für Amelia Earhart.

Bereits sechs Monate nach ihrer Hochzeit wagte sie sich in das bislang größte Abenteuer ihres Lebens. Fünf Jahre nach Charles Lindbergh überquert sie als erste Frau der Welt im Alleinflug den Atlantik. Am 20. Mai 1932 startete sie von der Küste Neufundlands aus nach Paris. Allerdings erreichte sie wegen schlechten Wetters und technischen Problemen nicht die französische Hauptstadt, sondern musste in Nordirland in der Nähe von Londonderry notlanden. Für diesen Flug wurde sie dennoch von Präsident Hoover mit der Goldmedaille der National Geographic Society geehrt und ihr als erste Frau das Distinguished Flying Cross verliehen. Ihre anschließende Dankesrede endete unter großem Gelächter. Wie immer stellte die bescheidene Amelia in der Öffentlichkeit ihr Licht unter den Scheffel und merkte am Schluss ihrer Rede lediglich an:

»Es war alles halb so wild. Ich fürchte, viele Umstände des Fluges sind von den Zeitungen übertrieben dargestellt worden. Aber das ist für die Presse normal, es ist schließlich viel spannender zu schreiben, ich sei mit den letzten Litern Treibstoff gelandet, als zu erwähnen, dass ich noch über vierhundert hatte, Liter natürlich. Außerdem habe ich bei der Landung auch keine Kuh getötet, es sei denn, eine wäre vor Angst gestorben.«

Im Folgenden trat Amelia Earhart als Vorsitzende der Ninety Nines immer öfter für ihre feministischen Ziele ein und nutzte ihre Popularität, um gegen das traditionelle Weltbild zu opponieren, das die Menschen weiterhin nach ihrem Geschlecht einteilte.

Sie setzte sich dafür ein, dass Frauen Zulassungen an technischen Hochschulen bekamen, und half als Gastdozentin der Purdue Universität in Lafayette mit, Grundlagen zu erstellen, mit denen junge Frauen in der Luftfahrt gefördert werden konnten.

Politisch gesehen zählte sie zur humanistischen linken Mitte.

Sie hatte 1917 als Krankenschwester in Toronto die im Krieg in Europa verstümmelten Soldaten gesehen und wurde nach diesen einschneidenden Erlebnissen bis zum Ende ihrer Tage zur Pazifistin. Sie nahm deshalb auch einmal an einer Veranstaltung der damals illegalen sozialistischen Organisation Industrial Worker of the World teil, die von der Polizei aber schnell und mit Nachdruck aufgelöst wurde.

Deshalb begrüßte sie die Wahl von Franklin D. Roosevelt zum 32. Präsidenten der USA und befürwortete in Folge immer wieder öffentlich dessen Programm einer Sozialgesetzgebung und der staatlichen Fürsorge für Kranke, Rentner und Arbeitslose. Als Roosevelt 1936 zur Wiederwahl antrat, unterstützte sie den Wahlkampf des linksliberalen Präsidenten mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln.

Besonders mit Eleonore Roosevelt, der First Lady, verband sie eine tiefe Freundschaft, die weit mehr war als nur von politischer Art.

Eine Anekdote besagt, dass sie Eleonore nach dem Wahlsieg ihres Mannes zu einem nächtlichen Rundflug über Washington überredete.

Zwischendurch stellte sie immer wieder neue Bestleistungen in der Luftfahrt auf.

Am 11. Januar 1935 überflog sie als erster Mensch im Alleinflug den Pazifischen Ozean zwischen Hawaii und Kalifornien und im selben Jahr vollbrachte sie den ersten Soloflug eines Menschen von Mexiko City nach Newark, New Jersey.

Kurz vor ihrem 40. Geburtstag nahm sie ein bis dahin noch nie gewagtes Unternehmen in Angriff. Sie wollte der erste Mensch sein, der die Erde mit dem Flugzeug am Äquator umrundete. Das Projekt wurde von der Purdue Universität finanziert, bei der sie als Beraterin tätig war, und das Flugzeug, über das sie verfügen konnte, war ein Lockheed Modell 10 mit der Typenbezeichnung Electra.

Den ersten Versuch musste sie wegen eines Startunfalls aber bereits auf Hawaii abbrechen.

Am 27. März 1937 startete sie mit ihrem Navigator Fred Noonan in Miami erneut.

Es wurde ein Flug ohne Rückkehr.

Der Flug ließ sich von Brasilien aus über Westafrika nach Kalkutta verfolgen, dann weiter nach Rangun und schließlich noch bis Lae, Neuguinea, womit sie bereits 76 Prozent der Strecke zurückgelegt hatte. Am 2. Juli startete sie erneut von Lae aus, um das letzte Stück, den Pazifik, hinter sich zu bringen. Sie wollte die Howlandinsel anfliegen, wo sie geplant hatte, ihren letzten Zwischenstopp einzulegen.

Earhart wollte die kleine Insel mittels Flugpeilung finden. Zu diesem Zweck wartete dort das Schiff SS Itasca auf sie, das auf ihre Funksprüche wie vereinbart reagieren sollte.

Aber das Flugzeug kam nie dort an.

Um 8:40 Ortszeit gab ihr Navigator auf der Standlinie 157°/337° die Flugrichtung durch, danach brach jeglicher Kontakt ab.

Die US-Regierung leitete darauf die bis dahin größte Suchaktion in der Geschichte der Luftfahrt ein, 64 Flugzeuge und 8 Schiffe durchkämmten ein Meeresgebiet von über 402 000 Quadratkilometern.

Ohne Erfolg, die Suche wurde am 19. Juli eingestellt.

1938 errichtete man ihr zu Ehren einen Leuchtturm auf der Howardinsel, der den Namen Amelia Earhart Light erhielt.

 

So bewegend ihr Leben war, so bewegend sind auch die Hypothesen über ihr Verschwinden. Viele davon geistern noch heute durch die Köpfe der Menschen. Erst 2012 suchte eine Expedition im Auftrag der TIGHAR Gruppe (The International Group for Historic Aircraft Recovery) erneut nach Amelia Earhart.

Ein Grund mehr, diese Hypothesen einmal genauer zu betrachten.

Als man Amelia am 5. Januar 1939 endgültig für tot erklärte, war Stand der Dinge, dass man von ihr, dem Flugzeug und ihrem Navigator weder bei der über zwei Wochen andauernden Suchaktion der Regierung etwas gefunden hatte, noch bei den sporadischen, nachfolgend von Privatleuten initiierten Expeditionen.

In einem endgültigen Abschlussbericht wurde vermutet, dass Amelia der Treibstoff ausgegangen sein könnte. Das und die Tatsachen, dass der Funkapparat nach einer Notwasserung nicht mehr einsatzfähig war, die Lookheedmaschine durch die Triebwerke so schwer war, dass sie innerhalb von zehn Minuten sank, und dass das Meer um die Howlandinsel bis zu 5000 Meter tief ist, erklärt deshalb, warum nichts von der Maschine und der Besatzung gefunden wurde.

Aber dann wurden 1940 auf der naheliegenden Gardner Island ein Damenschuh, eine Sextantenkiste und ein unvollständiges Skelett gefunden. Der Frauenschuh der Marke Cats Paw war in den Dreißigern sehr populär und Amelia trug solche Schuhe überaus gerne. Außerdem sah die Sextantenkiste wie die von Noonan, ihrem Navigator, aus und ein ebenfalls gefundenes Stück Plexiglas konnte man eindeutig einer Lookheedmaschine zuordnen.

Man brachte das Skelett nach Fidschi, wo der dortige Arzt befand, dass es sich um ein männliches Skelett handelte. Seltsamerweise verschwanden die Knochen kurz darauf auf unerklärliche Weise, nur der Autopsiebericht blieb erhalten.

Die Stimmen, dass Amelia mit der Maschine gar nicht ins Meer gestürzt, sondern irgendwo notgelandet war, mehrten sich wieder.

Auch die Öffentlichkeit horchte wieder auf.

In über 50 Filmen, Romanen und Erzählungen wurde ihr Mythos weitergetragen, bis er in den achtziger Jahren zusehends verflachte.

Amerika hatte inzwischen andere Sorgen.

Nicht so Ric Gillespies, der Chief der TIGHAR-Group, und er sollte recht behalten.

1998 förderte er den Autopsiebericht von den Fidschis über das Skelett von Gardner Island wieder zutage. In London!

Die Knochenspezialistin Karen Ramey Burns ordnete es neu und kam anhand der Messdaten zu dem Schluss, dass die Knochen keinesfalls zu einem Mann gehörten, sondern einer Frau nordeuropäischer Herkunft im Alter von Amelia Earhart.

Danach ging es Schlag auf Schlag.

Betty Klenk, eine inzwischen 84-jährige Funkamateurin aus St. Petersburg, Florida, meldete sich und sagte aus, dass sie 1937 einen mysteriösen Funkspruch auffing, dessen Sprecher wohl Amelia war. Sie kannte ihre Stimme von ihren vielen Vorträgen und den Wochenschauberichten in den Kinos angeblich zur Genüge. Hierin soll sich Earhart mit einem Mann gestritten und ihn aufgefordert haben, im Flugzeug sitzen zu bleiben, da sie sich jetzt um das Funkgerät kümmern musste. Sie schrieb alles auf, was sie hörte, und übergab es ihrem Vater. Der informierte die Küstenwache, wurde aber abgewiesen.

Gleichzeitig erfuhr Gillespies, dass bei der damaligen Suchaktion der Pilot eines der eingesetzten Flugzeuge, Leutnant John Lamprecht, meldete, auf Gardner Island klare Anzeichen eines Biwaks erkannt zu haben. Die verantwortlichen Stellen taten dies als Unsinn ab, für sie galt die Insel als unbewohnbar.

Wie dem auch sei, viele Rätsel sind noch immer nicht gelöst und es wäre schön, wenn die TIGHAR-Group bei ihrer nächsten Expedition die Hintergründe um Amelias Verschwinden endgültig klären könnte. Die Familie Earhart, Amerika und der Rest der Welt warten darauf.

Amelia Mary Earhart hätte es verdient, denn es gibt bis heute nur wenige starke Frauen von ihrem Kaliber.

Quellen:

(slaterman)