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Westernkurier – 07/2009

Dänisch Dynamite

Auf ein Wort, Stranger,
heute will ich mich einmal dem Thema Einwanderer zuwenden.

Ein sehr interessantes Thema übrigens, weil nämlich über gewisse Volksgruppen in der Geschichte Amerikas leider nur spärlich berichtet wird. Hierzu zählen zum Beispiel die Dänen, die zwar nur einen minimalen Teil unter den Einwanderern in Amerika bildeten, aber dennoch waren diese wenigen eine höchst explosive Spezies der Sorte Mensch.

Willard Erastus Christiansen zum Beispiel, der Sohn eines aus Dänemark konvertierten Mormonen. Seine Schwester war mit dem Anführer der berüchtigten Blue Mountain Viehdiebesbande verheiratet, und als Willard mit 13 von zu Hause ausriss, wurde er deshalb schon bald für sie bei Späh- und Kurierdiensten eingesetzt. Er war einer der wenigen Outlaws, die über siebzig Jahre alt wurden und eines natürlichen Todes starben, ungewöhnlich für einen Mann seines Namens.

Wie jetzt, wird sich nun manch einer fragen, wer zum Teufel ist denn bitteschön Christiansen?

Der Westen kennt vielleicht Billy the Kid, Buffalo Bill oder Wyatt Earp, aber doch nicht diesen Dänen. Nun, Willard Erastus Christiansen war auch nur sein Geburtsname, sein Spitzname hingegen war Matt Warner und bei Nennung von Selbigem wird wohl jedem Kenner des Genres schnell klar, warum ich ihn hier an dieser Stelle erwähne.

Matt Warner war einer der Anführer der Wild Bunch!

Er ritt Steigbügel an Steigbügel mit Butch Cassidy und Sundance Kid. Aber im Gegensatz zu diesen beiden wurde sein Leben nicht, wie übrigens auch das der anderen bekannten Anführer Kid Curry und Lonny Logan, durch eine Kugel beendet, sondern er starb kurz vor Weihnachten 1938 relativ unspektakulär an den Folgen einer verschleppten Nierenentzündung.

Ein weiterer sehr explosiver Däne war Jens Vera Cruz Bosen, besser bekannt als James Cruze.

Unter diesem Namen erinnert heute noch ein Stern auf dem Hollywood Walk of Fame an ihn.

Er wurde 1884 in Ogden, Utah geboren und trat bereits als 22-jähriger am Broadway auf.

1918 begann er seine Karriere als Regisseur ungewöhnlicher Filme. Mit geradezu dämonischer Besessenheit zeigte er in seinen Werken in einer für die damalige Zeit unerhörten Schärfe das wahre Leben Amerikas, schonungslos, beinahe brutal aber dennoch irgendwie genial.

Trotzdem geriet er nach seinem Tod schnell in Vergessenheit.

Schuld daran war ein Prozess aus dem Jahre 1929, indem ihm vorgeworfen wurde, aus Gründen des Realismus in einem seiner Filme wissentlich den Tod etlicher Schauspieler in Kauf genommen zu haben.

Bewiesen wurde es ihm nie, dennoch blieb ein bitterer Nachgeschmack zurück.

Der dritte Sprengsatz dieser Runde hört auf den Namen Christopher (Chris) Madsen.

Obwohl dieser kleine Mann aus dem Norden Europas auch heute noch nicht, übrigens völlig unverständlich, eine Berühmtheit des Wilden Westens ist, hat dieser Mann dennoch der amerikanischen Pioniergeschichte einen nachhaltigen Stempel aufgedrückt.

Madsen war pures Dynamit, durch seine Adern floss Schießpulver und Kampf war sein Leben.

Bereits mit 14 meldete er sich freiwillig in die dänische Armee und kämpfte auf den Düppeler Schanzen im Deutsch-Dänischen Krieg gegen die Deutschen.

Nach dem Ende dieses Konflikts trat er der französischen Fremdenlegion bei und stand 1871 bei Sedan erneut preußischen Truppen gegenüber.

Danach war sein Bedarf an Pulver und Blei aber noch längst nicht gedeckt.

1876 trat er in die amerikanische Armee ein und kämpfte die nächsten 15 Jahre in fast allen bedeutenden Indianerschlachten mit. Durch seinen eisernen Willen schaffte es der Bauernsohn, der gerade mal eine Handvoll Wörter auf Englisch kannte, bis hin zum Sergeant.

1887 heiratete er eine Frau namens Maggie Morris, ließ sich 1889 auf einer Heimstätte in Oklahoma nieder und quittierte am 20. 1. 1891 seinen Armeedienst.

Wer jetzt aber dachte, der inzwischen Vierzigjährige würde sich so langsam auf ein Dasein als Siedler und Ehemann beschränken, wurde umgehend eines Besseren belehrt.

Bereits einen Tag später heftete ihm US-Marshal William Grimes den Stern eines Deputy an die Jacke. Am 26. Mai 1892 war er Chief Deputy Marshal und kurze Zeit später Richter Parkers bester Mann.

Aus einem Mann, den man »Indianerfresser« nannte, wurde sehr bald ein »Banditenfresser«.

»Madsen bringt immer seinen Mann!« wurde zum geflügelten Wort.

Das weitere Leben dieses Mannes verlief so aufregend, dass ich hier noch Seitenweise seine Abenteuer schildern könnte. Das jedoch würde den Rahmen dieser Kolumne deutlich sprengen.

Deshalb die weiteren Stationen seines Werdegangs nur noch in Stichworten.

1894 setzt er sich auf die Fährte der gefürchteten Doolin-Bande und vernichtet sie fast im Alleingang, als er 1896 mit Red Buck eine der Hauptstützen der Bande tötet. Dabei wurde er aber selber schwer verletzt. Dennoch tritt er bereits 1898 Roosevelts Rough Riders bei und macht die Invasion von Kuba mit. Am 1. Januar 1899 wird er US – Marshal in Chickasha, verhaftet Al Jennings und bringt ihn ins Staatsgefängnis von Columbus, Ohio.

1901 – 1903 Verhaftung des Mörders George Moran, Verhaftung der Verbrecher Jim und John Black und eines Mannes namens Murphy.

Nein, von ihm stammt nicht der Begriff Murphys Gesetz!

1909: Einladung ins Weiße Haus

1916: Berater für Western-Filme in Hollywood

1917: Angestellter im Polizeigericht in Tulsa

1918: Special-Agent für den Gouverneur von Oklahoma, J. B. Robertson

1923: Schatzmeister des Union Soldier´s Home in Oklahoma

1933: Niederschrift seiner Memoiren

Zehn Jahre später, im Dezember 1943, musste aber auch er seinem Alter Tribut zollen. Seine Lebensenergie war, so pathetisch es auch klingen mag, mit dem Ende seiner Memoiren von einem Tag auf den anderen verbraucht.

Chris Madsen wurde krank.

Er starb kurz vor seinem dreiundneunzigsten Geburtstag am 9. Januar 1944 und wurde auf dem Frisco-Friedhof in Yukon, Oklahoma neben seiner Frau Maggie beigesetzt.

Vielleicht versteht der eine oder andere jetzt den etwas reißerischen Titel dieser Kolumne.

»We are red, we are white, we are Dänisch Dynamite«, jener Schlachtruf der mit dem Gewinn der Dänen bei der Fußballeuropameisterschaft 1992 aufkam, hat also durchaus tiefere Wurzeln.

In diesem Sinne bis zum nächsten Mal, wenn es in Slatermans Westernkurier wieder einmal heißt,

»Auf ein Wort, Stranger«

Bildquellen:

(slaterman)