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Jackson – Teil 14

Galgenfrist für Jackson

Ich sprang auf.

Meine Rechte schoss nach vorne und packte Balun an der Schulter, doch der seltsame Kerl riss sich augenblicklich los, drehte sich um und rannte zum Eingang.

Aber er kam nur wenige Schritte weit.

Ich wirbelte das Lasergewehr, das ich immer noch in den Händen hielt, am Lauf herum und warf es Balun mit dem Kolben voraus zwischen die Beine.

Er überschlug sich fast und stürzte kopfüber zu Boden.

Ich war bei ihm, während er sich benommen aufrichtete. Er blutete ein wenig aus der Nase, aber das war es nicht, was mich abrupt innehalten ließ. Es war vielmehr der Umstand, dass Balun plötzlich zitterte. Er hielt die Hände schützend über seinem Kopf und stammelte immer wieder dieselben Worte.

»Nicht schlagen, Balun macht alles, nicht schlagen.«

In meinem Kopf wirbelten tausend Gedanken durcheinander.

Wenn ich es richtig verstanden hatte, kannte Balun die seltsamen weißen Männer, mehr noch, er schien sie sogar regelmäßig zu treffen. Aus seiner Haltung schloss ich, dass diese Zusammenkünfte für ihn aber nicht unbedingt erfreulich abliefen. Ich überlegte, vielleicht konnte ich hier den Hebel ansetzen, um Balun doch noch das eine oder andere Geheimnis zu entlocken.

Ich half ihm auf die Füße, brachte ihn wieder an den Tisch und stellte ihm eine Tasse mit Wasser vor die Nase, während er auf dem einzigen Stuhl in der Hütte Platz nahm. Ich wartete, bis er einen Schluck getrunken hatte und das Zittern seiner Hände nachließ.

»Keine Angst«, sagte ich besänftigend. »Solange ich bei dir bin, wird dich keiner schlagen.«

Balun hob den Kopf und starrte mich mit einem treudoofen Dackelblick an.

»Du versprechen?«

Ich nickte und der arme Kerl schnaufte erleichtert auf.

Ich hievte meinen Arsch neben Balun auf den Tisch und begann, auf ihn einzureden. Ich weiß heute nicht mehr, wie lange ich mir den Mund fusslig geredet hatte, ich weiß nur noch, dass ich zum Schluss kaum mehr als ein Krächzen herausbrachte.

Balun schien das komisch zu finden, er grinste ständig.

Irgendwann war das Eis gebrochen und er erzählte mir von den weißen Männern. Es war nichts dabei, was ich nicht schon wusste, aber die Tatsache, dass er mir davon erzählte, zeigte mir, dass er mir vertraute.

Die nächsten zwei Tage vergingen wie im Flug.

Gemeinsam erkundeten wir die nähere Umgebung, gingen auf Jagd und sammelten Beeren und Pilze. Ich schlief in seinem Bett, das er mir als Gast selbstverständlich überlassen hatte, und hatte regelmäßig etwas zu essen und zu trinken.

Soweit ich mich erinnern konnte, hatte ich mich seit meiner Ankunft in dieser verrückten Welt noch nie so wohl gefühlt. Allmählich begannen sogar die Gedanken an die weißen Männer zu verblassen.

Aber dann kam der Morgen des dritten Tages.

***

Ich hatte so gut wie gar nicht geschlafen, sondern die ganze Nacht damit verbracht, mich von einer Seite auf die andere zu wälzen.

Immer wieder musste ich an Balun denken.

Er war gestern, mit Einbruch der Dämmerung, auf die Jagd gegangen. Es würde Vollmond geben, hatte er noch gesagt, genau die richtige Zeit, um Weißschwanzrehe zu jagen, dann hatte er die Hütte verlassen.

Seither hatte ich ihn nicht mehr gesehen.

Konnte ich ihm trauen?

Einerseits hatte ich das Gefühl, dass wir in der Zwischenzeit so etwas wie Freunde geworden waren, andererseits lebte er mir seine Angst vor den weißen Männern immer noch vor.

Hatten sie ihn gefangen genommen, war er von irgendwelchen Tieren angegriffen worden oder war er einfach nur gestürzt und lag mit gebrochenen Knochen irgendwo hilflos in der Wildnis?

Meine Gedanken, die immer düsterer wurden, ließen mir keine Ruhe.

Irgendwann schlief ich dann doch wieder ein.

Als die Sonne im westlichen Zenit ihre ersten Strahlen durch die einzige Fensterscheibe der Hütte schickte, richtete ich mich jäh im Bett auf.

Irgendetwas hatte mich erschreckt.

Ich schwang die Füße von meinem Nachtlager, richtete mich auf und blickte mich um. Es war still, fast unnatürlich still. Balun war noch immer nicht zurück.

Langsam wurde ich nervös.

Nachdem ich meinen knurrenden Magen mit einem Becher Wasser und einem Kanten Brot einigermaßen beruhigt hatte, schnappte ich mir meine Waffen und verließ die Hütte.

Vor der Tür entdeckte ich die Fußabdrücke Baluns im Sand, ihre Spur führte ins Buschland.

Ich folgte ihr, ohne zu wissen, warum.

Kurz bevor ich in das Unterholz eindrang, hörte ich Geräusche, zuerst leise, schwach, wie aus weiter Ferne.

Ich blieb stehen und lauschte.

Dann ging ich weiter, bis sich das Gebüsch teilte und den Blick auf das Tal freigab.

Die Geräusche wurden lauter und ich hatte plötzlich ein ungutes Gefühl. Instinktiv warf ich mich hinter einen hüfthohen Felsen und richtete den Lauf meines Lasergewehres nach vorne.

Ich kniff die Augen zusammen und starrte angestrengt nach vorne.

Obwohl die Sonne ihren höchsten Stand noch lange nicht erreicht hatte, schien das Land bereits jetzt zu kochen. Fern am Horizont entdeckte ich einen verzerrten dunklen Punkt, der in der hitzeflirrenden Luft rasch näher kam.

Aus dem dunklen Punkt wurde die Gestalt von Balun. In der Rechten hielt er Pfeil und Bogen, mit der Linken eine stattliche Rehkeule, die er sich über die Schulter geworfen hatte.

Ich erhob mich, trat hinter dem Felsen vor und wollte ihm gerade lachend entgegenlaufen, als seitlich von ihm mehrere Gestalten auftauchten.

Weiße Männer!

Balun ließ die Rehkeule fallen, drehte sich um, nahm den Bogen hoch und schoss einen Pfeil ab. Einer der Weißen griff sich an den Hals und fiel zu Boden. Der Pfeil, der dabei aus seiner Kehle ragte, war deutlich zu sehen. Dann begannen die anderen zu schießen.

Balun hatte keine Chance.

Er wurde beinahe gleichzeitig in die Schulter, die Brust und in den Bauch getroffen.

Er stürzte zu Boden und schrie dabei wie ein Verrückter. Dann waren die Weißen heran und sein schmerzvolles Gebrüll verstummte abrupt.

Ich fror, obwohl es unerträglich heiß war.

Ohne groß nachzudenken, drehte ich mich um und hastete zur Hütte zurück. Dort füllte ich meinen Wasservorrat auf, griff mir den Rest des Brotes, das in einem Steinkrug lag, der im Regal über der Feuerstelle stand, hängte mir den Rest meiner erbeuteten Ausrüstung um und lief, so schnell ich konnte, weiter.

Als ich mich einmal umdrehte, sah ich hinter mir schwarze Rauchwolken in den glühenden Himmel steigen. Genau an der Stelle, wo sich Baluns Hütte befinden musste.

Unwillkürlich begann ich, noch schneller zu laufen.

***

Gegen Mittag war ich völlig ausgepumpt.

Ich setzte mich hinter einen Dornenbusch, trank einen Schluck Wasser, aß ein Stück von dem mitgenommenen Brot und legte mich anschließend schlafen.

Ich wusste, es war Wahnsinn, aber in meinem Zustand weiterzulaufen, grenzte an Selbstmord.

Ich konnte es drehen und wenden, wie ich wollte, beides, hier bleiben oder weiterlaufen konnte mein Ende bedeuten.

Aber ich hatte Glück.

Als ich aufwachte, war es Nachmittag und ich war immer noch am Leben.

Von den weißen Männern keine Spur.

Ich rappelte mich auf und lief weiter. Schritt für Schritt wie eine Maschine.

Irgendwann entdeckte ich im Osten eine Buschgruppe. Die grünen Blätter der Sträucher ließen auf eine nahe Wasserstelle schließen.

Die Sonne stand inzwischen hoch am Himmel.

Es war heiß und ich hatte Durst. Mein Wasservorrat war längst wie Neuschnee in der Sonne dahingeschmolzen.

Ich mobilisierte meine letzten Kräfte, um die Quelle zu erreichen.

Ich war gerade dabei, mich hinzuhocken und mein Gesicht ins Wasser zu tauchen, als meine Glückssträhne abrupt endete.

Das Schicksal, das mir bisher scheinbar eine Galgenfrist gewährt hatte, schlug mit aller Macht zu. Zuerst hörte ich nur das Donnern von Motoren, dann sah ich die Männer.

Die weißen Männer!

Fortsetzung folgt …