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Jackson – Teil 3

Flucht ins Unbekannte

Mein Herz begann zu rasen.

Dieser Scheißkerl hatte die Frau regelrecht hingerichtet. Ohne mit der Wimper zu zucken, einfach so, Waffe angehoben, abgedrückt, fertig.

Ohne Regung zu zeigen und mit einer Gleichgültigkeit, dass sich meine Nackenhaare aufstellten. Und die Sache war noch lange nicht zu Ende.

Die Gestalt, die Amelia so kaltblütig über den Jordan geschickt hatte, eilte mit zwei, drei schnellen Schritten auf sie zu und beugte sich über sie. Am Hubschrauber, oder was immer das verdammte Ding auch darstellen sollte, wurde ein weiterer Scheinwerfer eingeschaltet, der das umliegende Land in eine Helligkeit tauchte, die in den Augen schmerzte.

Als sich der Lichtkegel in meine Richtung bewegte, warf ich mich instinktiv auf den Boden und riss dabei Arne mitsamt dem Piloten mit.

Am Boden liegend begann ersterer lästerlich zu fluchen, während der Pilot schmerzvoll stöhnte. Beide verstummten jedoch abrupt, als einen Herzschlag später das Licht des Suchscheinwerfers durch ein Fenster der zerstörten Piper fiel und über unsere Köpfe hinweg ein hässliches Muster in das Innere der Maschine zeichnete.

Der Lichtstrahl wanderte sekundenlang hin und her und jagte mir dabei einen eisigen Schauer nach dem anderen über den Rücken.

Irgendetwas sagte mir, dass wir schleunigst von hier verschwinden sollten.

Ich ignorierte den hämmernden Schmerz in meinem Schädel und richtete mich auf. Dann packte ich die beiden am Arm und zog sie wieder auf die Beine.

»Los, wir müssen von hier verschwinden.«

Einen Moment lang starrten sie mich ungläubig an, dann stolperten sie mit mir durch ein Loch in der Rückwand nach draußen.

Keine Minute zu spät.

Wir waren kaum in der Deckung einer angrenzenden Buschgruppe untergetaucht, als die Piper plötzlich von einem weiteren, noch viel grelleren Licht eingehüllt wurde. Die Luft zischte und brodelte und im nächsten Augenblick war unser Flugzeug Geschichte.

Mit einem lauten, urwelthaften Knall löste sich die Maschine in ihre Bestandteile auf.

Während wir unsere Gesichter so tief wie möglich in den matschigen Boden gruben, wirbelten Metallteile durch die Gegend, splitterte Glas und der Geruch von verbranntem Gummi erfüllte die Luft.

Als die Detonation verhallt war, zählte ich in Gedanken bis zehn, hob dann den Kopf und drehte mich um. Gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie weitere Gestalten aus dem Fluggerät kletterten.

Zwei oder drei davon bewegten sich genau in unsere Richtung. Für einen Moment setzte mein Atmen aus. Aber dann erwachte mein Überlebenswille. Ich war wild entschlossen, heil aus dieser Scheiße herauszukommen und machte drei Dinge gleichzeitig.

Ich kam auf die Beine, fragte dabei die beiden anderen, ob sie hierbleiben und sterben wollten oder mit mir kommen, und rannte dann, ohne auf eine Antwort zu warten, einfach los.

Ich hetzte wie ein Verrückter durch das dichte Gebüsch. Mehr als einmal fiel ich der Länge nach auf die vom Regen aufgeweichte Erde, weil sich meine Füße im Unterholz verfingen. Aber ich erhob mich stets wieder und rannte weiter.

Das Pochen in meinem Schädel wurde dabei immer unerträglicher. Bei jedem Schritt hätte ich schreien können. Trotzdem versuchte ich, noch schneller zu rennen.

Irgendwann lag die Buschgruppe hinter mir. Vor mir breitete sich eine tellerartige Ebene aus, die von roten Dünenfeldern, Akazien und Hakeasträuchern durchzogen war.

Ich blieb stehen, lehnte mich an einen Felsen und sah mich keuchend um.

Einen Moment später entdeckte ich den Blondschopf und den Piloten. Sie hatten das Unterholz ungefähr einen Steinwurf weiter nördlich von mir verlassen. Anscheinend hatten sich die beiden die Sache mit dem Sterben doch noch einmal durch den Kopf gehen lassen.

Obwohl die Dunkelheit durch das vorangegangene Unwetter noch verstärkt wurde, konnte ich deutlich erkennen, dass sie ziemlich fertig waren. Der Feuerschein der brennenden Piper und die Suchscheinwerfer der unbekannten Männer hatten die Nacht zum Tag gemacht.

Die zwei wankten völlig erschöpft auf die Ebene zu.

Ich stieß mich vom Felsen ab und ging ihnen entgegen. Im gleichen Augenblick brachen weitere Gestalten durch das Gebüsch.

Männer! Weiß gekleidete Männer!

 

***

Die beiden begannen so schnell zu laufen, wie sie nur konnten, aber sie hatten keine Chance.

Den Piloten erwischte es als Erstes.

Sein Gesicht war vor Anstrengung bis zur Unkenntlichkeit verzerrt, und er rannte, wie er wahrscheinlich noch nie in seinem Leben gerannt war.

Dennoch konnte er ihnen nicht entkommen.

Einer der Weiß Gekleideten war plötzlich neben ihm und verpasste ihm einen Ellbogencheck gegen die verletzte Schulter. Der Pilot stieß einen grellen Schrei aus. Als er stolperte, hätte ich fast mitgeschrien. Er stürzte zu Boden. Die Gestalt, die ihn zu Fall gebracht hatte, beugte sich über ihn, griff in sein volles Haar und zog ihn wieder auf die Füße. Das Schreien des Mannes wurde lauter. Obwohl ich mir durchaus der Gefahr bewusst war, in der ich schwebte, blieb ich wie angewurzelt stehen und betrachtete die Szenerie.

Ein zweiter der Weiß Gekleideten setzte dem Piloten seine Waffe auf die Brust. Ein blaues Licht hüllte ihn ein und keine Sekunde später verwandelte sich sein Oberkörper in eine blutigrote Ruine. Sein Schreien verstummte jäh. Während er zu Boden sank, wischte sich sein Mörder mit dem Ärmel über den Overall. Das umherspritzende Blut hatte ein hässliches Muster auf seiner weißen Kleidung hinterlassen.

Zur selben Zeit wurde Arne in die Zange genommen.

Er fluchte, als sie ihn umringten. Als er dann zu brüllen begann, zwang ich mich, den Kopf zu drehen, wandte mich ab und rannte weiter. Dabei fühlte ich mich immer schlechter. Ständig musste ich daran denken, dass ich hätte eingreifen können. Mein Herz gab mir zu verstehen, dass es meine Pflicht gewesen wäre, aber mein Verstand sagte mir, dass mein Eingreifen weder Arne noch dem Piloten das Leben gerettet hätte. Die Übermacht war zu groß, es wäre ein sinnloses Opfer gewesen. Und ich war kein Mann, der sich für etwas Sinnloses opferte. Das Leben hatte mich seit meiner Jugend gelehrt, zuerst an mich zu denken, und glauben Sie mir, es waren verdammt bittere Lehren.

Ich rannte, bis ich kaum noch atmen konnte.

Die Sonne stand bereits über den Hügeln im Osten, als ich erneut auf eine dichte Buschgruppe stieß. Ich drang ins Unterholz ein, sank auf die Knie und es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte angefangen zu heulen.

Mein Kopf dröhnte, meine Lunge schien bei jedem Atemzug zu platzen und vor meinen Augen tanzten schwarze Punkte. Ich war so fertig, ich glaube, in diesem Moment wäre es sogar einem kleinen Kind gelungen, mich von den Beinen zu holen.

Aber die Angst vor den weißen Killern trieb mich weiter.

Instinktiv kroch ich auf Händen und Füßen vorwärts, bis ich schließlich auf eine Bodenvertiefung stieß, die sich als das perfekte Versteck entpuppte. Umgeben von Wurzelwerk und Gräsern war sie selbst von Nahem nicht einsehbar. Das dichte Unterholz hatte den Regen größtenteils abgehalten, denn der sandige Boden der Kuhle war lediglich am Rand etwas feucht. Ohne großartig nachzudenken, rollte ich mich hinein, zog die Beine an und machte die Augen zu.

 

***

 

Gegen Mittag erwachte ich. Ich wälzte mich herum, blinzelte in die hochstehende Sonne und war auf der Stelle hellwach. Einen Atemzug lang blickte ich hektisch umher, aber von den weiß gekleideten Mördern war nichts zu sehen.

Das Land um mich herum schien menschenleer, der Regen hatte alle Spuren weggewischt.

Inzwischen stand die Sonne wieder senkrecht am Himmel und die Luft flimmerte, als hätte es nie ein Unwetter gegeben. Der Wind, der von Westen kam, peitschte feine Staubschleier über die Ebene und war schon wieder glühend heiß.

Ich überlegte, ob ich meinen Weg erst wieder nach Einbruch der Dämmerung fortsetzen sollte, aber meine Erschöpfung und der quälende Durst sorgten rasch dafür, dass ich trotz der sengenden Hitze aufbrach. Schon jetzt war mein Gaumen angeschwollen und die Zunge lag wie ein zusammengeknüllter Lappen in meinem Mund.

Aber ich kam in meinem Zustand nicht sehr weit. Ich hatte kaum eine Meile zurückgelegt, als sich vor meinen Augen erneut alles zu drehen begann. Ich hatte plötzlich keine Kraft mehr in den Beinen und ging in die Knie.

Das Letzte, was ich sah, war der Boden, der mir entgegenkam. Den Aufprall, als ich mit dem Gesicht voraus auf die Erde knallte, spürte ich bereits nicht mehr.

Als ich die Augen das nächste Mal öffnete, war es dem Stand der Sonne nach bereits später Nachmittag. Ich hatte wahnsinnige Kopfschmerzen und versuchte, das Würgen in meiner Kehle zu unterdrücken. Aber es gelang mir nicht.

Stattdessen wälzte ich mich auf die Seite und kotzte mir die Seele aus dem Leib.

Das war der Moment, in dem ich das Lachen zum ersten Mal hörte.

Ich drehte den Kopf und sah verschwommen einen Schatten neben mir. Der Schatten lachte erneut. Zynisch und kalt, obwohl die Stimme eigentlich ziemlich jung und hell klang.

Die Stimme eines Kindes?

Ich kniff die Augen zusammen, und als ich sie nach einer Weile erneut öffnete, besaß ich genug Energie, um meine Umgebung wieder klar zu erkennen.

Der Schatten entpuppte sich als eine junge Frau, die ungefähr so groß war wie ich. Ihr Oberkörper war nackt und ihre Brüste hoben und senkten sich bei jedem Atemzug.

Das einzige Kleidungsstück, das sie trug, war ein kurzer Fellrock, der von einem Strick in den Hüften gehalten wurde.

Ich schluckte.

An jedem anderen Tag wäre ich beim Anblick einer halb nackten Frau wahrscheinlich auf dumme Gedanken gekommen. Aber nicht heute und nicht hier.

Ich hatte eine ausgewachsene Gehirnerschütterung, an meinen Lippen klebte Erbrochenes und mir fehlte jegliche Kraft. Im Moment besaß ich kaum genug Energie, um mich aufzurichten. Hinzu kam, dass die Frau ein schartiges Steinmesser in den Händen hielt.

Meine Augen saugten sich förmlich an der primitiven Waffe fest, als ich das Blut bemerkte, das von der Klinge tropfte.

 

Fortsetzung folgt …

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