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Marina Heib – Puppenspiele

Marina Heib – Puppenspiele

Inhalt:
Ein Serienmörder treibt in Deutschland und im angrenzenden Ausland sein Unwesen. Er tötet junge Frauen, lässt sie ausbluten und entfernt ihnen die gesamte Körperbehaarung. Dann schneidet er ihnen das Herz heraus, schminkt ihren ganzen Körper weiß und drapiert sie so, dass sie in einen Spiegel sehen. Diese »Kunstwerke« sendet er zunächst in Kisten an den Zirkus Krone in München und das Madame Tussauds in Berlin.
Im Lauf der Geschichte sterben noch andere junge Frauen. Eine aber, die offensichtlich derselbe Täter ermordet hat – ein junger Mann, den man fast nur mit Kappe und Sonnenbrille sieht – passt nicht ins Schema.
Kommissar Christian Beyer und sein Team, das bundesweit und auch im nahen Ausland operiert, kommen zunächst nicht weiter. Warum ermordet der Täter die jungen Frauen? Was ist das Gemeinsame an all diesen Taten?
Aber nicht nur Beyer und seine Soko Bund jagen den Mörder. Clarissa Wedekind, eine ambitionierte Geschäftsfrau, die vom Täter erpresst wird, setzt einen Privatermittler namens Howela auf ihn an, der ihn wesentlich schneller findet, als die Kripobeamten, weil er wesentlich weniger legal handelt und dabei noch skrupellos ist.
Endlich kommt dem leitenden Kommissar eine Idee, fast zu gleicher Zeit mit Professorin Petra Rahnberg, einer der Mütter der Ermordeten, die in seine Ermittlungen eingebunden ist und fast eine Affäre mit ihm beginnt. Diese Idee ist ungeheuerlich und führt die Ermittler zurück in die 80er Jahre zu den wissenschaftlichen Experimenten dieser Zeit, deren Preis die Mütter der toten jungen Frauen heute zahlen müssen.
Schon bald bemerken Beyer und seine Leute, dass sie nun auf der richtigen Fährte sind. Sie bekommen über ein recht professionell gezeichnetes Bild des Täters und weitere Indizien auch endlich seinen Namen heraus. Währenddessen aber ist ein zehnjähriges Mädchen verschwunden, das dieser ebenfalls entführt hat. Will er die Kleine töten?
Bald können die Ermittler aufatmen, denn er lässt die Zehnjährige frei. Später aber bekommt er eine Mitarbeiterin Beyers in seine Gewalt, die ebenfalls ins Schema seiner Opfer passt. Die Beamten können die Entführte nicht finden und die Zeit drängt …

Die Autorin präsentiert ihren Lesern mit Puppenspiele einen spannenden, aber auch recht grausamen und brutalen Thriller. Sie schildert eine Welt, die durchaus existieren mag, nämlich eine Welt der Hochbegabten, Reichen und Schönen und die Abgründe dieser Welt, die für diejenigen, die ihr angehören, durchaus nicht so vollkommen ist, wie Außenstehende vielleicht meinen.
Das Motiv des Mörders entspringt seinem kalten Herzen und seinem zwar hochbegabten, aber auch kranken Hirn. Dennoch ist er nicht nur ein sehr grausamer Täter, sondern in gewisser Weise auch Opfer und die eigentlich Schuldige ist – zumindest zu einen gravierenden Teil – seine biologische Mutter, die sich nie für ihn, sondern ausschließlich für ihre eigene Karriere interessierte.
Der Kommissar und sein Team, allesamt recht sympathisch dargestellt und durchaus auch psychologisch gut getroffen, hinken quasi bis fast zum Ende der Geschichte den Ereignissen hinterher und wirken nahezu ein wenig hilflos gegenüber einem hochbegabten und skrupellosen Täter, dessen Beweggründe dem Leser erst gegen Ende der Geschichte offenbar werden.
Aber auch die Angehörigen der Opfer sind in diesem Roman nicht ohne Schuld. Sie haben in jungen Jahren genau die für den Betrachter moralisch durchaus nicht nur positiven Taten begangen, die nun zur Katastrophe führen und de facto die Grenzen überschritten, die ihnen heute auch Gesetze ziehen, die es allerdings in den frühen 80er Jahren noch nicht gab.
Eine moralische Grenze allerdings existierte in diesem Bereich schon immer und das wissenschaftlich Machbare wurde schon damals von vielen Menschen aus ethischen Motiven verdammt.
Dem Täter und seiner ihm sehr ähnlichen Mutter aber fast jedes positive Gefühl und jede Liebesfähigkeit abzusprechen, wie es die Autorin faktisch in ihrem Roman tut, ist meiner Meinung nach nicht ganz realistisch. Auch der inflationäre Umgang mit den IQ- Werten der Figuren ist meines Erachtens nicht ganz korrekt.

Fazit:
Der Thriller von Marina Heib greift ein hochinteressantes Thema auf und verpackt es in eine Form, die nicht nur ausgesprochen spannend ist, sondern auch wichtige Stichpunkte zur gesellschaftlichen Diskussion über dieses Thema beisteuert. Dennoch ist zu sagen, dass die hier beschriebenen grausamen und brutalen Auswüchse der wissenschaftlichen Möglichkeiten der Menschheit nicht ihre einzig mögliche Konsequenz darstellen. Der Roman Puppenspiele ist ein Buch, das ich dem wissenschaftlich interessierten Krimileser empfehlen möchte, da es Aspekte des Fortschritts beleuchtet, die bei einer umfassenden Diskussion über dieses Thema nicht fehlen sollten.

Die Autorin:
Marina Heib wurde 1960 als Arbeiterkind in St. Ingbert im Saarland geboren. Nach dem Abitur beim Orden der Armen Schulschwestern (= Dominikanerinnen) studierte sie Orientalistik und Philosophie in Tübingen und Saarbrücken.
1988 zog sie nach Hamburg, wo sie als Journalistin für verschiedene Publikumszeitschriften arbeitete. Seit 1998 schreibt sie Konzepte für Serien und Drehbücher für das Fernsehen. 2006 erschien beim Piper- Verlag ihr erster Kriminalroman um Kommissar Christian Beyer, seine Soko Bund und die Psychologin Anna Maybach. Weitere Romane mit denselben Charakteren erschienen in den folgenden Jahren und so entstand bis heute eine kleine Reihe.

Quellen:

Bilder:

  • Cover des Romans. Mit freundlicher Genehmigung der Piper Verlag GmbH.
  • Foto von Marina Heib. Copyright Marion Beckhäuser. Mit freundlicher Genehmigung der Piper Verlag GmbH.

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