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Westernkurier 01/2008 – Allan Pinkerton – das Auge

Auf ein Wort, Stranger, warum nannte man ihn das Auge?

Geboren wurde er am 25. August 1819 in den Slums der schottischen Großstadt Glasgow. Seine Mutter arbeitete in einer Baumwollspinnerei, sein Vater war Wärter im städtischen Gefängnis. Er war 8 Jahre alt, als der Vater starb, und er die Schule verlassen musste, weil er gezwungen war, für seinen Lebensunterhalt selbst zu sorgen. Er war achtzehn, als ihm der Gesellenbrief als Böttcher überreicht wurde, und er war dreiundzwanzig, als er wie ein Straßenräuber gejagt wurde und sein Steckbrief an jedem Baum zwischen Glasgow und Edinburgh hing. Sein Verbrechen bestand lediglich darin, Mitglied bei den Chartisten zu sein, einer Arbeiterbewegung, die gegen die Obrigkeit demonstrierte und für soziale Reformen, Abschaffung der Kinderarbeit und gegen das Klassenwahlrecht einstand.

Im März 1842 heiratete er heimlich im Untergrund und am 9. April des gleichen Jahres schmuggelte sich das frisch vermählte Paar an Bord eines Frachtdampfers nach Amerika. In der kleinen Stadt Dundee, einige Meilen nordöstlich von Chicago, ließ er sich als biederer Handwerker nieder. Erst dort fand er schließlich seine wahre Bestimmung, jener ungestüme, junge Mann namens Allan Pinkerton, der heute noch als der Urvater aller Detektive gilt.

1847 stieß der unbedarfte Böttcher durch Zufall auf das Versteck einer Bande von Falschmünzern, die der County-Sheriff schließlich mit seiner Hilfe dingfest machen konnte. Als er wenig später erneut einen Fälscherring entlarven konnte, war sein Ruhm bis in die Großstadt Chicago gedrungen und man machte ihm das Angebot, erster Detektiv der hiesigen Stadtpolizei zu werden.

Rasch machte er sich einen Namen als unerschrockener, außerordentlich scharfsinniger junger Mann, der gegen Gesetzlose unnachgiebig vorging.

Aber bereits ein Jahr später gab er diesen Posten wieder auf. Er war mehrfach mit Politikern und Honoratioren der Stadt aneinandergeraten, denen er eindeutig Korruption und Beziehungen zur Unterwelt nachweisen konnte. Er wurde Special Agent bei der US-Post, und als es ihm gelang, binnen kurzer Zeit mehrere raffinierte Postdiebstähle aufzuklären, schrieben im ganzen Land alle Zeitungen nur noch Lobenswertes über ihn. Allan Pinkerton erkannte die Zeichen der Zeit und gründete kurz darauf die North Western Police Agency. 1854 klärte er einen Diebstahl bei der Adams Express Company auf, die in jenen Jahren das größte Transportunternehmen der USA waren. Er entwickelte ein völlig neues Wachsystem für die Transporte der Gesellschaft und baute 1860 eine Wachmannschaft für die Schlachthöfe von Chicago auf, woraus sich der heute in großen Industrieunternehmen gebräuchliche Werksschutz entwickelte.

In den Jahren des Bürgerkrieges enttarnte er so nebenbei ein Komplott gegen Abraham Lincoln. Seine Methoden zur Verbrechensbekämpfung, die sich auf die noch junge Technik der Fotografie und auf ein dichtes Informantennetz in der Unterwelt stützte, wurden zu Eckpfeilern einer Organisation, die noch heute unter dem Namen FBI bekannt ist. Jerry Cotton lässt grüßen!

Als er 1884 starb, hinterließ er seinen Söhnen William und Robert eine Firma, deren Markenzeichen ein allseits drohend blickendes Auge auf allen Geschäftspapieren war, mit jenem weltbekannten Zusatz We never sleep.

Aber jedes Heldenlied hat auch seine dunklen Seiten.

1869 erlitt Allan einen Schlaganfall, dessen Folgen ihn zu einem starrsinnigen, uneinsichtigen Patriarchen werden ließen, der Diskussionen oder Widerspruch nicht mehr duldete. Sein Dickkopf mündete schließlich in dem Fiasko bei der Jagd nach Jesse James, als bei einem Bombenanschlag nicht die beiden gesuchten Brüder Frank und Jesse in die Falle gingen, sondern an ihrer Stelle der achtjährige Halbbruder der James sein Leben verlor und die Mutter der James-Brüder einen Arm einbüßte.

Aber das ist eine Geschichte, die man nicht so gerne in einem Bericht über die Firmenhistorie der Pinkerton liest.

Quellen:

In diesem Sinne, bis zum nächsten Mal.

Euer Slaterman