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Oliver Bottini – Das verborgene Netz

In einem Berliner Hotel wird ein Mann zusammengeschlagen und schwer verletzt. Ein Mordversuch? Der Täter, der sich in einem Zimmer neben der Zeugin Esther Graf aufgehalten, diese von dort observiert hat und wohl zu einem Team von Profis gehört, entkommt unerkannt.
Die Freiburger Kriminalhauptkommissarin Louise Bonì vom Dezernat für Kapitalverbrechen wird von der Berliner Kripo um Unterstützung gebeten, weil eine Spur des Verbrechens nach Freiburg führt. Sie ermittelt zunächst in Berlin mit ihrem Kollegen Eberhardt Rohwe von der dortigen Polizeidirektion 2 und erhält erste Informationen, insbesondere den Namen der Zeugin und den Namen des Opfers, Hans Peter Steinhoff, ehemaliger Reporter, eventuell mit Beziehungen zum BND. Dieser aber lässt sich trotz seiner gravierenden Verletzungen aus dem Krankenhaus entlassen und taucht ab.
Die Zeugin der Tat, Esther Graf, hat nicht sehr viel davon mitbekommen, weil sie sich zur Tatzeit ausnahmslos in ihrem Hotelzimmer aufgehalten hat. Sie ist aber von dem Unbekannten aus dem Nebenzimmer durch zwei Schläge mit der Pistole an die holzgetäfelte Zwischenwand der Zimmer gewarnt worden. Wie passt das alles zusammen?
Im Zuge der weiteren Ermittlungen wird Kollege Rohwe von seinem Chef zurückgepfiffen, wohl deshalb, weil der Verfassungsschutz involviert ist. Bonì aber ermittelt in Freiburg weiter, und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der Verfassungsschutz auch der Freiburger Kripo ihre Nachforschungen verbieten lässt.
Die Spur führt zur Firma GoSolar, einem Unternehmen der Solarenergiebranche, bei welchem Esther Graf beschäftigt ist. Wird diese Firma am Ende von der französischen Konkurrenz ausspioniert? Ist sogar der französische Geheimdienst beteiligt? Bevor Louise Bonì alle Fragen beantworten kann, werden zwei Menschen ermordet.

Oliver Bottini greift in seinem Krimi ein modernes Thema auf: Ein Netz von Wirtschaftsspionage wird um ein deutsches Unternehmen der Solarenergiebranche gesponnen. Die Hintermänner wollen mit deutschem Know- How Millionen machen und schrecken dabei auch vor mehreren Morden nicht zurück. Mit von der Partie ist der Verfassungsschutz, der seine Aufgabe wahrnimmt, deutsche Unternehmen zu schützen.
Neben all diesen für den normalen Menschen wenig transparenten Gegebenheiten wirkt die Ermittlerin Louise Bonì manchmal etwas hilflos. Sie ist zuerst strafversetzt, wird dann zurückgeholt und auf diesen Fall angesetzt und hat oft genug mit ihrer ehemaligen Alkoholsucht und dem ihr vorauseilenden Ruf als – um es dezent auszudrücken – Ermittlerin mit ungewöhnlichen Methoden zu kämpfen.
Sie arbeitet bis zu ihrer psychischen und physischen Erschöpfung, die mir von ihrem Schöpfer manchmal als ein wenig zu drastisch dargestellt erscheint. Wenn ein Ermittler tatsächlich dermaßen beeinträchtigt wäre, wie hier erzählt, so wäre ein Ermittlungserfolg wohl sicherlich nicht möglich.
Dennoch muss in aller Deutlichkeit gesagt werden, dass Oliver Bottini es versteht, die psychischen Eigenschaften seiner Figuren darzustellen, insbesondere auch die seiner Hauptakteurin Bonì, was für ihn sicherlich auch deshalb schwierig war, weil er selbst keine Frau ist.
Die Dialoge und die Gedankenwelt der Personen sind überzeugend beschrieben und auch die Erzählung des Ablaufs und der Zusammenhänge der Taten befriedigen den kritischen Leser durchaus. Vor allem aber die bis zum Ende der Geschichte aufrechterhaltene Spannung und die Aufklärung der ganzen Wahrheit erst am Ende des Romans geben der Geschichte den Kick, den der verwöhnte Krimileser nicht missen will.

Fazit:
Das verborgene Netz ist ein sehr moderner Kriminalroman mit einer sympathischen, engagierten Ermittlerin, die hier ihren fünften Fall auf genialische Weise löst, allen Intrigen, Rückschlägen und den Aktionen des Verfassungsschutzes zum Trotz. Ob die Beschreibung der Umstände und Taten den realen Gegebenheiten bei derartigen Ermittlungen tatsächlich entspricht, sei dahingestellt. Spannend und überzeugend geschrieben ist der Roman von Oliver Bottini jedoch allemal. Er sei deshalb dem Genießer gehobener Krimiunterhaltung empfohlen.

Der Autor

Oliver Bottini wurde 1965 in Nürnberg geboren. 1985 machte er in München Abitur, bevor er dort seinen Zivildienst ableistete. Anschließend verbrachte er ein halbes Jahr in Neuseeland und Australien. Dann absolvierte er in München ein Studium der Neueren deutschen Literatur, Italianistik und Psychologie, das er mit dem Magister abschloss. Seit 1995 arbeitet er als freiberuflicher Autor und Lektor. Er bekam diverse Literaturstipendien, u.a. in München und Berlin, und gewann neben anderen Preisen mit seinen Kriminalromanen drei Deutsche Krimipreise (jeweils 3. Platz) und den Krimipreis von Radio Bremen. 2001 bis 2003 absolvierte Bottini in München eine Ausbildung in Familien- und Wirtschaftsmediation.
Seit 2008 wohnt der Autor in Berlin. Seine Krimis gehören zu den von Kritikern und Publikum gleichermaßen sehr beachteten Romanen dieser Art in Deutschland.

Quellen:

  • Oliver Bottini, Das verborgene Netz, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, 2010.
  • www.bottini.de /Biografie
  • www.wikipedia.de /Oliver Bottini

Bilder:

  • Cover der Taschenbuchausgabe des Romans. Mit freundlicher Genehmigung des Fischer Taschenbuch Verlags.
  • Autor: Oliver Bottini [das ist Oliver Neumann]. Foto: Hans Scherhaufer. Das Foto ist honorarfrei.

Copyright © 2013 by Wolfgang Wiekert