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Comic-Legenden – Teil 4

Von rauchenden Colts, einer Männerwirtschaft in Nevada und Witzfiguren, die wahrlich ein Witz waren

Was den Western-Comic in Deutschland zwischen 1960 und 1990 betrifft, so sind noch heute Bessy, Silberpfeil oder Lasso das Maß aller Dinge. Gemeinsam brachten es die drei ehemaligen Flagschiffe aus dem Basteiverlag beinahe auf 2500 Hefte mit einer geschätzten Auflage im dreistelligen Millionenbereich. Was an Serien nebenher oder noch danach erschien, war bis auf wenige Ausnahmen rasch vergessen. Obwohl unter diesen – aus was für Gründen auch immer – ziemlich schnell eingestellten Heftchen sich so manche Perlen befanden. Deshalb werden jene Ausnahmen heute das Thema dieser Kolumne sein.

Die Langlebigste dieser Reihen war zweifelsohne Buffalo Bill von Hansrudi Wäscher, die Anspruchsvollste Rauchende Colts, die Bekannteste Bonanza und Chick Bill, die wohl Seltsamste. Aber der Reihe nach.

Nachdem Hansrudi Wäscher 1969 zum Bastei-Verlag gewechselt war, konzipierte er dort eine Westernserie, die ab der Nummer 116 bis Band 376 regelmäßig mit allen geraden Heftnummern in der Reihe Lasso erschienen. Die ungeraden Nummern blieben Reno Kid und Arpaho vorbehalten, die mit mäßigem Erfolg von unterschiedlichen Zeichnern gestaltet wurden.

Der 1928 in St. Gallen in der Schweiz geborene Wäscher war schon zu dieser Zeit eine lebende Legende. Bis heute unvergessen sind seine im Walter Lehning Verlag Hannover erschienenen Comics um Helden wie Sigurd, Falk, Tibor oder Nick der Weltraumfahrer. Deshalb war es nur eine Frage der Zeit, bis die Abenteuer um Buffalo Bill aus der Lasso-Reihe ausgekoppelt wurden, um als eigenständige Serie zu erscheinen.

Dies war dann von 1975 an der Fall, bis 1984 mit Band 671 Schluss war. Wer im Internet stöbert, wird rasch erkennen, dass diese Reihe auch heute noch zahlreiche Fans besitzt.

In den 70er kam zusätzlich die Ära der Fernsehcomics auf den Markt. Man nutzte die Gunst der Stunde und sprang auf den erfolgreichen Zug der Westernserien auf.

Zu einer Zeit, in der Begriffe wie DVD, Privatfernsehen und PC noch Zukunftsmusik waren, identifizierte sich die Jugend damals gerne mit jener Männer-WG in Nevada, die heute noch unter dem Namen Bonanza bekannt ist, lief in Gedanken mit Matt Dillon durch die staubigen Straßen von Dodge City oder zügelte das Pferd, um den Leuten von der Shiloh-Ranch beim Rinderauftrieb zuzusehen. Manche dieser Comicadaptionen wurden erfolgreich, manche nicht. Seltsamerweise waren gerade die weniger Erfolgreichen die künstlerisch Wertvollsten.

Begleitend zur Westernserie Bonanza erschien im Jahre 1973 mit dem Titel Eine Falle für Hoss Band 1 der gleichnamigen Comicserie. Nur so als Hinweis, Folge 1 der Fernsehserie lief im TV unter dem Titel Eine Falle für Little Joe.

Die Reihe brachte es immerhin auf 103 Bände, ehe 1977 Schluss war.

Wer ehrlich ist, muss allerdings zugeben, dass sich die für damalige Zeiten langlebige Erscheinungsweise nur aus der Bekanntheit des Namens Bonanza ableiten lässt. Qualitativ waren diese Comics eher in den mittleren Regionen der Zeichenkunst anzusiedeln. Ganz anders verhielt es sich da mit der Serie Rauchende Colts.

Dahinter stand ein geradezu revolutionäres Konzept.

Angelehnt an die bekannte Westernserie wurden die Comics von Harry Bishop, einem Zeichner der Extraklasse, erschaffen. Handlung der Geschichten, Umsetzung als Comic, eine Leserseite und geradezu geniale Bilder machten aus Rauchende Colts ein Meilenstein in der Serienlandschaft des Westerncomics.

Leider Jahrzehnte zu früh. Damals war man einfach noch nicht reif für derartige anspruchsvolle Comics. Noch war die Bessy-Lasso-Schiene das Maß aller Dinge: einfache Geschichten, klare Trennung von Gut und Böse, sowie grellbunte naiv wirkende Bildchen für das jugendliche Publikum. Die Comics von Harry Bishop hingegen wandten sich mehr der reiferen Leserschaft zu.

Deshalb wurden Bishops Geschichten, die 1977 mit Band 1 Faustrecht der Prärie begannen, bereits nach einem Jahr mit Heft 32 Das Spiel ist aus wieder eingestellt.

Danach kam die große Leere.

Auf die anschließend erscheinenden Comics, deren Existenz vor allem auf die frankobelgische Schule begründet wurde, wird in einer späteren Folge der Westerncomics eingegangen. Bastei jedenfalls versuchte es nach weiteren misslungenen Fehlversuchen wie Flammender Speer oder Jerry Spring weg von der Action mit einer Funversion des Westerngenres.

Aber da hatten bereits andere mit Serien wie Lucky Luke oder Umpah-pah die Nase vorn. Deshalb waren Heftreihen wie Chick Bill oder Bud und Chester schon von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Mal ehrlich, wer zieht sich als Westernfan gerne Hefte rein mit Titeln wie Der wilde Ritt nach Bröckelstone, Der Badewannentango von Utah oder Die Testpiloten der Kavallerie?

Die Hefte waren selbst in ihrem Ursprungsland Belgien wenig erfolgreich, und hierzulande kommt auf dieser Schiene eben niemand an Lucky Luke vorbei.

Deshalb war schon bald Schluss mit lustig. Letztgenannte zwei Serien erreichten nicht einmal Band 25.

Nach diesen Fehlversuchen nahm Bastei nach und nach seine ganzen Comics vom Markt. Was bis heute blieb, sind Erinnerungen. Dennoch entwickelte sich in den Jahren danach eine Comickultur, in der Legenden entstanden, die heute noch Gültigkeit haben. John Kendall, Comanche und ein Lieutenant namens Blueberry sind nur einige davon.

Aber davon mehr in einer der nächsten Ausgabe dieser Kolumne.

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