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Paraforce Band 16

Tödliches Erbe
Eine Mission für Amanda Harris

Sie hat­te den Truck ge­nau im Fa­den­kreuz des Gra­nat­wer­fers.

Aman­da Har­ris schluck­te den Staub der Wüs­te. Er lag schwer auf den Atem­we­gen. Trotz­dem zit­ter­te ihre Hand nicht.

Dort un­ten in der Sen­ke fuhr der Last­wa­gen mit der töd­li­chen Fracht.

Er durf­te al­les – nur sein Ziel nicht er­rei­chen! Sie muss­te ihn auf­hal­ten!

Der Ab­zugs­fin­ger der Pa­ra­force-Spe­zi­al­agen­tin such­te den Druck­punkt.

Jetzt!

Da mel­de­te sich der Alarm­ton ih­res Mo­bil­te­le­fons.

»Schei­ße!«, durch­fuhr es sie. Wer wuss­te die­se Num­mer?

Nur zwei Leu­te. Aber wenn sie jetzt die Ak­ti­on un­ter­brach, fuhr der Lkw nicht mehr im rich­ti­gen Win­kel.

Sie at­me­te zwei­mal durch, dann leg­te sie die schwe­re Waf­fe ne­ben sich. Sie ak­ti­vier­te den Ruf.

»Was?«, bell­te sie in das Ge­rät.

Da ver­nahm sie die Stim­me von Blacks­to­ne. »Nicht ab­schie­ßen!Um Got­tes wil­len, Miss Har­ris! Dann wird die ganze At­mos­phäre ver­seucht! Die Behäl­ter sind beschädigt! Ein Kon­struk­tions­feh­ler! Wenn der Wagen ve­run­glückt …«

Die Agen­tin schluck­te.

»Him­mel, Blacks­to­ne … ich habe nicht mein Le­ben ris­kiert, um jetzt zu stop­pen!«

»Es geht nicht an­ders! Hö­ren Sie …«

Wie aus wei­ter Fer­ne ver­nahm sie die Er­klä­rung des Pa­ra­force-Man­nes. Bil­der tauch­ten vor ih­rem geis­ti­gen Auge auf. Sze­nen, die sie bis hier­her be­glei­tet hat­ten und an die sie teil­wei­se mit Grau­en zu­rück­dach­te …

 

Mit­tel­meer, nahe Gib­ral­tar

Satt blau brei­te­te sich das Meer aus. So weit das Auge se­hen konn­te.

Die schnit­ti­ge Mo­tor­jacht fuhr mit ge­mä­ßig­tem Tem­po. Die Stra­ße von Gib­ral­tar lag fast hin­ter ihr.

Aman­da Har­ris saß ent­spannt im Frei­luft-Cock­pit. So konn­te sie bei die­sem herr­li­chen Wet­ter nicht nur das ge­sam­te Boot über­bli­cken, son­dern auch weit zum Ho­ri­zont se­hen.

Wei­ße Se­gel – wohl min­des­tens zehn Mei­len ent­fernt – zo­gen bei 10 Grad Steu­er­bord da­hin.

Seit sechs Wo­chen schip­per­te Aman­da von der Küs­te der Bre­tag­ne bis hier her. Das hieß – bis Ma­ri­na d’Em­pu­ri­ab­ra­va.

Dort in dem klei­nen Küs­ten­ort be­saß die Agen­tin eine klei­ne, aber fei­ne Fin­ca. Hier­her zog sie sich zu­rück, wenn sie ab­so­lu­te Ruhe ha­ben woll­te.

Wie konn­te sie auch nur im Ent­fern­tes­ten ah­nen, was sich in na­her Zu­kunft zu­sam­men­brau­en wür­de …

Sie fuhr al­lein – wie so oft.

Das Sig­nal des Un­ter­was­ser­ra­dars be­merk­te sie erst auf den zwei­ten Blick. Mit leicht ge­run­zel­ter Stirn schau­te sie auf das Echo.

Ein ge­wal­ti­ger Fisch­schwarm, schoss ihr durch den Kopf. Doch dann fiel ihr auf, dass die Be­we­gung des Echos da­für viel zu schnell aus­fiel.

Sie dros­sel­te die Ge­schwin­dig­keit der Jacht wei­ter. Dann ver­such­te sie das Sig­nal zu prä­zi­sie­ren.

Das Echo – was im­mer es sein moch­te – ras­te ge­nau auf sie zu. Tie­fe: etwa vier Me­ter.

Ver­flucht! Wenn sich die Lage des Ob­jek­tes auch nur ei­nen Me­ter nach oben ver­än­der­te, schlug es ih­ren Rumpf in Stü­cke.

Aman­da gab Gas.

Das Neun­zehn­me­ter­boot hob sich mit dem Bug aus dem Was­ser und mach­te ei­nen Satz nach vorn. Ge­ra­de noch recht­zei­tig.

Die Agen­tin sah ei­nen grün­lich flu­o­res­zie­ren­den Kör­per knapp am Heck vor­bei­ra­sen. Da­bei zog es ei­nen Stru­del hin­ter sich her, dass die Jacht trotz ih­rer Di­men­si­on nach Back­bord wir­bel­te. Aman­da schob den Gas­he­bel er­neut vor, um sich von der Strö­mung zu be­frei­en.

Das Sig­nal auf dem Ra­dar wur­de schwä­cher und ver­schwand.

Was moch­te das ge­we­sen sein?, schoss es ihr durch den Kopf. Ein neu­er U-Boot-Typ? Die wahn­sin­ni­ge tech­no­lo­gi­sche Ent­wick­lung stopp­te nicht.

Sie nahm ih­ren Kurs wie­der auf, be­hielt die In­stru­men­te aber sehr ge­nau im Auge. Doch es er­eig­ne­te sich nichts Be­sorg­ni­ser­re­gen­des mehr.

Als die Son­ne blut­rot hin­ter der Electra II das Meer »küss­te«, warf Aman­da den Treib­an­ker. Sie be­fand sich weit ge­nug von den ob­li­ga­to­ri­schen Schiffs­rou­ten ent­fernt. Das Rund­um-Ra­dar wür­de recht­zei­tig war­nen. Sie hat­te es auf ei­nen wei­ten Kreis und größ­te Emp­find­lich­keit ein­ge­stellt. Rou­ti­ne­mä­ßig griff sie noch ein­mal zum Fern­glas, konn­te aber nichts aus­ma­chen. Der Him­mel zeig­te auch kei­ne Ver­än­de­run­gen auf, die Grund für be­son­de­re Maß­nah­men ga­ben, so stieg sie vom Hoch-Cock­pit und ging in die Ka­bi­ne.

Hier im Mit­tel­meer­be­reich setz­te die Dun­kel­heit rasch und ohne lan­ge Däm­me­rung ein. Aman­da gönn­te sich ein gu­tes Abend­es­sen auf der über­dach­ten Heck­ter­ras­se der Jacht. Von hier führ­te eine klei­ne Trep­pe zum Was­ser, so­dass man be­quem schwim­men konn­te.

Die Agen­tin hat­te die Po­si­ti­ons­lich­ter ge­setzt und woll­te es sich be­quem ma­chen, als sie schräg rück­wärts an Back­bord et­was be­merk­te, was ihre Auf­merk­sam­keit auf sich zog.

Ein merk­wür­di­ger Wi­der­schein lag auf dem Was­ser. Er moch­te drei Mei­len ent­fernt sein.

Sie griff hin­ter sich ins Re­gal und nahm das Nacht­glas.

Sie er­kann­te im Rest­licht­auf­hel­ler ein Boot. Eine Jacht, aber in der al­ter­tüm­li­chen Bau­art der 50er Jah­re. Viel Holz und sehr eckig.

Aman­da konn­te den Na­men am Bug nicht ent­zif­fern. Auch er­kann­te sie kei­ne Be­we­gun­gen an Bord. Nur das merk­wür­di­ge, fla­ckern­de Licht.

Sie woll­te sich schon wie­der in ih­rem Bord­stuhl zu­rück­leh­nen, als sie das Ge­fühl über­kam, da könn­te et­was nicht stim­men.

In der Re­gel konn­te sie sich auf ihre Ah­nun­gen ver­las­sen.

Also en­ter­te sie das Frei­luft-Cock­pit wie­der und star­te­te die bei­den schwe­ren Die­sel­ma­schi­nen. Vier­hun­dert­zehn PS dreh­ten die Dop­pel­schrau­ben.

Die Electra II ge­hör­te zu ei­ner ab­so­lu­ten Son­der­an­fer­ti­gung von Boo­ten, die es auf dem nor­ma­len Markt nicht gab.

Aman­da be­saß da ihre Be­zie­hun­gen.

Sie wen­de­te und nä­her­te sich dem an­de­ren Schiff. Etwa hun­dert Yards vor­her stopp­te sie die Mo­to­ren und ließ ihr Schiff trei­ben.

Nun sah sie im Licht des Such­schein­wer­fers den Na­men: Lin­coln IV.

Zounds! Wo hat­te sie den Na­men schon ein­mal ge­hört?

Es fiel ihr nicht ein.

Sie konn­te im­mer noch kei­ne Be­we­gun­gen an Bord aus­ma­chen. Was sich als fla­ckern­des Licht er­wie­sen hat­te, war ein Bu­tan­gas­grill, der an Deck vor ei­nem ge­schmack­voll ge­deck­ten Tisch stand. Er­le­se­nes Por­zel­lan war auf­ge­fah­ren wor­den, Wein­fla­schen stan­den in Kühl­be­häl­tern … Aber wo zum Teu­fel wa­ren Be­sat­zung und mög­li­che Pas­sa­gie­re?

Die Jacht maß wohl fünf­zehn Me­ter, war also et­was klei­ner als die Electra.

Aman­da an­gel­te die 45er aus dem klei­nen Fach ne­ben dem Steu­er. Das Kla­cken des Si­che­rungs­flü­gels dröhn­te wie eine Ex­plo­si­on durch die Nacht.

Kaum hör­bar rausch­ten die sanf­ten Wel­len.

Aman­da ma­nö­vrier­te längs­seits, sprang auf das Deck he­run­ter und warf eine Tros­se zur Lin­coln. Nun stell­te sie Ma­schi­ne ab.

Sie war­te­te. Dann rief sie mehr­mals: »Je­mand an Bord?«

Da nie­mand ant­wor­te­te, sprang sie hi­nü­ber. Sie fühl­te die ed­len Ma­ha­go­ni­plan­ken un­ter den nack­ten Fuß­soh­len.

Mit ei­ner star­ken Stab­lam­pe in der ei­nen und der ein­satz­be­rei­ten 45er in der an­de­ren Hand be­gann sie das Schiff zu er­for­schen. Die Wein­fla­schen zeig­ten sich un­ge­öff­net. Eine ei­ser­ne Trep­pe führ­te zu ei­nem klei­nen Um­lauf. Von dort führ­te eine Tür in die Kom­bü­se. Der Herd war an­ge­schal­te­te. Ein Topf koch­te über. Aman­da stell­te den Herd ab.

Teu­fel!, durch­fuhr es sie. Ich bin doch nicht im Ber­mu­da-Drei­eck!

Sie durch­kämm­te die gut aus­ge­stat­te­ten Ka­bi­nen, den Ma­schi­nen­raum … kei­ne Men­schen­see­le.

Zum Schluss be­trat sie das Ru­der­haus.

Auf­ge­schla­gen lag ein Log­buch auf ei­nem Kar­ten­tisch. Auf ei­ner See­kar­te war der Kurs mar­kiert. Vom Golf von Lion nach Tan­ger.

Nun sah sie sich das Log­buch an. Sie über­flog die letz­ten vier Ein­trä­ge.

»Feld ver­folgt uns. Au­ßer Kon­trol­le … völ­lig in­sta­bil … Müs­sen aus­wei­chen … Mys­te­ri­ö­ser Funk­spruch … Bot­schaft un­verständ­lich … Es wird ernst … hät­ten uns nie da­rauf ein­las­sen sol­len …«

Die Ein­tra­gun­gen vor­her be­zo­gen sich sach­lich auf das Wet­ter, Kurs­kor­rek­tu­ren und das Üb­li­che.

Die Agen­tin nahm das Log­buch und klet­ter­te auf ihre Jacht zu­rück. Über ihr Sa­tel­li­ten­te­le­fon nahm sie über eine ge­hei­me Lei­tung Kon­takt mit New York auf.

In der Pa­ra­force-Zen­tra­le mel­de­te sich Sö­ren­son. Aman­da gab kurz und prä­zi­se den Sach­ver­halt durch.

» Lin­coln IV?«, kam die ver­blüff­te Fra­ge zu­rück. »Bist du si­cher?«

»Ich bin nicht se­nil!«, blaff­te Aman­da zu­rück.

»Nur ru­hig«, kam es be­schwich­ti­gend zu­rück. »War­te ’ne Se­kun­de …«

Aman­da trom­mel­te ner­vös mit den Fin­gern auf die Re­ling. Sie hör­te, wie Sö­ren­son auf die Tasta­tur des Com­pu­ters hack­te. »Also …«, kam es dann, » … die­se Jacht Lin­coln IV ge­hör­te ei­nem Ame­ri­ka­ner aus New Eng­land. Ro­bert Dus­berg – In­ha­ber der Dus­berg Flug­zeug­mo­to­ren­wer­ke. Er ver­schwand un­ter mys­te­ri­ö­sen Um­stän­den im Mit­tel­meer, ver­mut­lich hun­dert See­mei­len vor Gib­ral­tar. Die Sa­che wur­de nie ge­klärt.«

Aman­da schluck­te tro­cken. »Was meinst du? Du sprichst in der Ver­gan­gen­heit.«

»Si­cher – das Gan­ze pas­sier­te am 4. Juli 1958. Der Küs­ten­wa­che wur­de eine her­ren­lo­se Jacht ge­mel­det. Laut Luft­auf­nah­men der See­ret­tung ein­wand­frei die Lin­coln IV. Als ein Küs­ten­wacht­kreu­zer zu der Stel­le kam, war das Boot ver­schwun­den.«

»Schei­ße, Sö­ren­son! Das Ding hängt an mei­ner Tros­se. Ver­las­sen! Das Es­sen in der Kom­bü­se ist noch warm!«

Ei­nen Mo­ment war es still in dem Mo­bil­te­le­fon, ehe die Stim­me aus New York frag­te: »Du bist nicht zu­fäl­lig high?«

»Arsch­loch!«, zisch­te die Agen­tin und un­ter­brach die Ver­bin­dung.

Sie starr­te auf die Jacht, die ne­ben ih­rem Boot düm­pel­te. Dann sprang sie kurz ent­schlos­sen noch ein­mal hi­nü­ber und raff­te al­les zu­sam­men, was sie in der Ka­jü­te fin­den konn­te. Eine gol­de­ne Re­pe­tier-Ta­schen­uhr, ein Etui, in dem ein Füll­fe­der­hal­ter steck­te, in den der Name Ro­bert Dus­berg ein­gra­viert war. Dann jag­te sie zu­rück auf die Electra. Sie be­fes­tig­te eine Tros­se am Bug der an­de­ren Jacht und nahm die­se ans Schlepp­seil. Dann star­te­te sie die Ma­schi­nen.

Schwer be­gan­nen die bei­den Die­sel zu stamp­fen. Doch die Electra be­weg­te sich kei­nen Zen­ti­me­ter von der Stel­le.

Aman­da fluch­te, dass es ei­nem Drosch­ken­kut­scher in Boston zur Ehre ge­reicht hät­te.

Noch ein­mal gab sie Voll­gas.

Mit ei­nem oh­ren­be­täu­ben­den Knall barst die Schlepp­tros­se. Wie ein Ka­ta­pult­seil zisch­te das Ende des Schlepp­seils ge­gen die Bord­wand der Electra. Eine Schei­be split­ter­te.

Da ge­schah Selt­sa­mes.

Die Lin­coln um­hüll­te plötz­lich ein grün­li­ches Licht. Es wur­de so in­ten­siv, dass Aman­da ge­blen­det die Au­gen schlie­ßen muss­te.

Als sie wie­der et­was se­hen konn­te, be­fand sie sich mit ih­rer Jacht al­lein un­ter dem glit­zern­den Ster­nen­him­mel.

Wäre die ab­ge­ris­se­ne Tros­se nicht ge­we­sen, sie hät­te al­les als Alb­traum ab­ge­tan.


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