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Kobrin – Die schwarzen Türme

Caroline G. Brinkmann
Dark Edition
Kobrin – Die schwarzen Türme

All-Age-Fantasy, Taschenbuch, Klappenbroschur, Papierverzierer Verlag, Essen, März 2014, 432 Seiten, 14,95 Euro, ISBN 9783944544557, Cover: Timo Kümmel
Synopsis: Kobrin hat keinen Zugang zur Magie, wie andere Elfen in ihrem Alter, denn sie kann sie weder sehen noch lenken. Als ihre Heimat Argorn, das friedliche Lichtbaumreich, von einem unbekannten Feind angegriffen wird, muss ausgerechnet sie den Gegenstand behüten, der ihre Welt retten soll. Zur gleichen Zeit infiltriert der Mensch Daidalor das Heer des Feindes. Seine Mission führt ihn nach Argorn, wo die Schatten unheilvolle Türme errichten und mit dunkler Magie experimentieren. Um sie aufzuhalten, muss er mehr als nur sein Leben riskieren.

Wälder sind wie Kathedralen – mächtig und erhaben. Man wandelt auf geheimnisvollen Pfaden, taucht ein in die Stille und ist von Bäumen umgeben, deren Wipfel bis in den Himmel reichen. Man glaubt sich unter einer grünen Kuppel, genießt in aller Ruhe die Schönheit der Natur und blickt tief in den Grund seiner Seele. Man hört das Rauschen der Blätter, wenn der Wind sie zärtlich streichelt, und saugt das Flüstern der Bäume in sich auf. Vor dem geistigen Auge öffnet sich ein Tor in eine längst vergessene Zeit, in welcher die Bäume von der Ewigkeit zu berichten wussten.

»Der Wind fegte durch die Baumkronen und trug einen ungewohnten Geruch heran. Kobrin atmete tief ein, filterte die Luft nach Hinweisen. Es gelang ihr nicht, den Geruch einzuordnen. Er kam gewiss nicht aus der Gegend. Er war fremd und unnatürlich. Kobrins Wurzeln tasteten sich durch die Erde. Sie schmeckte faulig. Die Würmer und Käfer darin wirkten nervös. Kobrin fragte sie nach dem Grund für ihre Unruhe. Von Norden her käme der Tod, flüsterten sie. Die anderen Bäume erwachten aus ihrem Schlaf. Auch sie waren beunruhigt und flüsterten, wisperten ohne Unterlass. Kobrin hörte, wie sie miteinander sprachen. Etwas Unbekanntes näherte sich und sie mochten das Unbekannte nicht.«

Längst vergangen scheinen die Zeiten zu sein, in denen die Menschen von geheimnisvollen Wesen zu berichten wussten und sich vor der Finsternis fürchteten. Hinter riesigen Baumstämmen sollen sich Wichtel und Gnome versteckt haben, unter den Blättern lauerten Baumgeister und selbst in den dunklen Gewässern vermutete man Wassergeister. Angst herrschte unter den Menschen, welche eiligen Schrittes durch das Reich der Elfen und Naturwesen liefen. Bald darauf kam die Zeit, als Menschen damit begannen, die alten und mächtigen Bäume zu fällen, Flüsse zu begradigen, die Schätze der Erde ans Tageslicht zu befördern und das Antlitz des Blauen Planeten zu verändern. Das, was den Menschen Angst machte, sollte beseitigt werden. Was außerhalb des menschlichen Verstandes existierte, schien hässlich und wertlos zu sein.

Caroline G. Brinkmann versteht es gekonnt, mit Kobrin – Die schwarzen Türme den Leser an ihrem Waldspaziergang und ihren dabei gewonnenen Eindrücken teilhaben zu lassen. Bereits mit den ersten Zeilen des Romans befindet man sich mitten in Kobrins Welt, als ob man beim Waldspaziergang durch ein Dimensionstor geschritten ist und die reale Welt hinter sich gelassen hat. Im Verlaufe der Handlungen kreuzen Zauberer, Waldgeister, der sprechenden Frosch Wessel und andere fantastische Wesen den Weg der kleinen Fee. Nicht jedes ist ihr feindlich gesinnt, und so mancher wird gar zu ihrem Wegbegleiter. Ein wenig tollpatschig kommt Kobrin daher. Doch schlummern in ihr ungeahnte Fähigkeiten, was die alte Kräuterhexe veranlasst, ihr ein kleines Säckchen anzuvertrauen, um es dem Auserwählten, welcher die Welt retten kann, zu übergeben.

Das Aufteilen des Romans in zwei Handlungsstränge, der ständige Wechsel zwischen den Hauptprotagonisten Kobrin und Daidalor sowie die detailgetreue Herausarbeitung der unterschiedlichsten Charaktere machen Kobrin – Die schwarzen Türme zu etwas Besonderem. Auch wenn sich die Autorin an die klassische Quest der Fantasy hält, versteht sie es, der Story mithilfe eines lebendigen und abwechslungsreichen Schreibstils eine Eigendynamik zu verleihen. Dabei gelingt ihr es gut, innerhalb des Romans mit den Worten zu »spielen« und sukzessive die Handlungsstränge miteinander zu verknüpfen. Weniger erfreulich ist die Tatsache, dass die anfänglich sich auf hohem Niveau befindliche Spannung nicht bis zum Schluss aufrecht gehalten wird. Was es zum Beispiel mit der besonderen Gabe Kobrins auf sich hat, hätte eher und vor allem detaillierter herausgearbeitet werden müssen. Gerade dieser Aspekt wirft mehr Fragen auf, als diese zu beantworten und lässt für die Folgebände einiges vermuten.

Das Cover von Timo Kümmel lässt dem Roman etwas Erhabenes zuteilwerden. Der Leser spürt bereits beim Anblick des Buches den Kampf zwischen Gut und Böse, erahnt, welche dunklen Mächte am Werk sind, um eine friedliche Welt zu zerstören.

Fazit:
Mit ihrem magiegeladenen Debütroman Kobrin – Die schwarzen Türme reiht sich Caroline G. Brinkmann würdig in die Riege der Fantasyautoren ein. Sie versteht es durch ihre Art der Beschreibungen der vielen Wesen, Bilder im Kopf und ein Gefühl entstehen zu lassen, sich mitten in einer faszinierenden Szenerie zu befinden. Die Autorin erschafft eine Welt, in der es Licht- und Schattenseiten gibt. Sie scheint gelegentlich durch nicht nachvollziehbare Handlungen der Protagonistin Kobrin den roten Faden zu verlieren, was jedoch das Lesevergnügen nicht schmälert.

(wb)