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Benjamins Parasit

Benjamin Wilson ist 39 Jahre alt und Lehrer an einer Highschool. Er hat eine liebevolle Ehefrau und eine sechzehnjährige Tochter, die ihren Eltern keine großen Schwierigkeiten bereitet. Nach der Beerdigung seines Schülers Brian, der eines Abends unerwartet seine Mutter mit einem Fleischerbeil attackierte und von einem Nachbarn in Notwehr erschossen wurde, nimmt Benjamins Leben allerdings eine dramatische Wendung. Er entwickelt Heißhunger auf Sex und Schokolade, verzockt massenhaft Geld beim Glücksspiel und beginnt sich absonderlich zu benehmen. Schließlich bricht er in der Schule mit schrecklichen Magenkrämpfen bewusstlos zusammen. Was die Ärzte in der Klinik, in die Benjamin eingewiesen wird, jedoch diagnostizieren, ist alles andere als beruhigend. Offenbar hat sich in seinem Verdauungstrakt ein tintenfischähnlicher Parasit eingenistet. Bevor eine Notoperation in die Wege geleitet werden kann, erscheint plötzlich die attraktive Kopfgeldjägerin Julie und entführt Benjamin aus dem OP-Saal. Von da an beginnt eine wahnwitzige Hetzjagd nach Kalifornien, denn nur dort ist, laut Julie, Benjamins Leben noch zu retten. Allerdings hat die Sache einen Haken. Skrupellose Killer sind hinter dem Highschool-Lehrer und seinem Parasiten her, der Benjamin zu immer merkwürdigeren Handlungen zwingt …

Jeff Strand ist hierzulande durch seine Andrew-Mayhem-Romane bekannt geworden (Grabräuber gesucht, Alleinstehender Psychopath sucht Gleichgesinnte), in denen er bereits Horror- und Thriller-Elemente mit jeder Menge schwarzem Humor verknüpfte. In Verbindung mit Strands flottem Schreibstil ein todsicheres Rezept für unterhaltsame Lesestunden, das auch beim vorliegenden Roman Anwendung fand. Benjamins Parasit ist ein in jeder Hinsicht ungewöhnlicher und lesenswerter Horror-Roman, dessen komödiantische Einlagen hervorragend aufeinander abgestimmt sind und die Geschichte nie ins Lächerliche abdriften lassen. Im Gegenteil, verhelfen sie der aberwitzigen Handlung doch zu der nötigen Selbstironie und vermeiden dadurch, dass sich der Roman selbst zu ernst nimmt. Mit Benjamin schuf Strand einen typisch amerikanischen Durchschnittsmann mit einem durchschnittlichen Beruf und einer durchschnittlichen Familie. Die ideale Identifikationsfigur für den Leser, der dadurch Benjamins Martyrium umso plastischer nachempfinden kann. Zumal der Autor das großartige Talent besitzt, seine Figuren sehr lebensnah und sympathisch darzustellen. Selbst die beiden dusseligen, aber nicht weniger mordlustigen, Brüder Clyde und Joey kann man in sein Herz schließen, insbesondere nach der großartigen Diskussion über Einschüchterung und Glaubwürdigkeit, die die beiden führen, während Benjamin mit Handschellen an ein Lenkrad gefesselt in einem Auto auf einem belebten Parkplatz festsitzt. Was den Roman über den glänzend pointierten Humor auszeichnet, ist die Übelkeit erregende Brutalität und das enorme Tempo der Geschichte. Man spürt beim Lesen geradezu, wie sich etwas in den Eingeweiden zu regen beginnt und entwickelt ein ganz neues Gefühl von Körperwahrnehmung. Manchem Leser mag die zweite Hälfte des Romans vielleicht eine Spur zu überdreht sein, doch irgendwie passt es zu der verrückten Handlung. Vermutlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich jemand findet, dieses Buch zu verfilmen. Wünschenswert wäre es allemal.

Treffendes Covermotiv, das neugierig auf den Roman macht, ohne jedoch wirklich viel zu verraten. Die Übersetzung von Verena Hacker ist äußerst gelungen und auch die Druckfehler beschränken sich auf ein erträgliches Maß.

Fazit:
Selbstironischer Horrorroman mit Tempo und Witz. Nach diesem aberwitzigen Lesevergnügen lernt man seine eigene Gesundheit umso mehr schätzen.

Copyright © 2013 by Florian Hilleberg

 

Jeff Strand
Benjamins Parasit
Benjamin’s Parasite
USA 2009
Voodoo Press, Traiskirchen
Mai 2012
Taschenbuch, Horror
272 Seiten, 12,95 Euro
ISBN: 9783902802187
Aus dem Amerikanischen
von Verena Hacker
Titelillustration von
iStockphoto

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