Heftroman der

Woche

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Nacht des Jägers

Knapp fünf Jahre vor Norman Bates trieb ein anderer Psychopath sein filmisches Unwesen. Harry Powell, der als Wanderprediger durch die USA fährt und ahnungslose Witwen ermordet. Die Nacht des Jägers zählt heute zu den Filmklassikern. Bei seiner Veröffentlichung Mitte der 50er Jahre jedoch wurde er von den meisten Zuschauern geschmäht. Die Gründe dafür sind nicht ganz klar. Filmhistoriker sind der Meinung, dass Mitchums extreme Darstellung des Serienmörders sowie Laughtons expressionistische Inszenierung die Zuschauer zu sehr verstört hätten. Produzent Paul Gregory dagegen schiebt die Schuld für den finanziellen Misserfolg auf das Filmstudio, dass Die Nacht des Jägers zu wenig beworben habe.

Wie dem auch sei. Sicher ist jedenfalls, dass die Figur Harry Powell neben Norman Bates die spätere Popkultur wesentlich beeinflussen sollte. Der Film selbst handelt davon, dass Harry Powell einem zum Tode verurteilten Raubmörder im Gefängnis trifft und von ihm erfährt, dass er 10000 Dollar versteckt hat. Nach seiner Freilassung sucht Powell die Witwe des Mannes auf, die zusammen mit ihren beiden Kindern in einem kleinen Dorf wohnt. Dort versucht er alles, um an das Geld zu kommen.

Auch heute noch wirkt Robert Mitchum in seiner Rolle als Harry Powell unglaublich beängstigend. Seine mit den Buchstaben H-A-T-E und L-O-V-E tätowierten Finger sind legendär und dienen bis heute immer wieder als Filmzitat in diversen Thrillern und Horrorfilmen (die Zitierfreude beschränkt sich dabei keineswegs auf Hollywood, sondern reicht bis nach Südkorea). Mitchum gelingt es, der Figur des Wanderpredigers ein solch unheimliches Wesen zu verleihen, dass man auch nach mehrmaligem Anschauen von dieser extremen Wirkung beeinflusst wird. Charles Laughton erhöht diese unheimliche Aura durch seine wunderbare Regiearbeit. So zeigt er z.B. nicht direkt die Ankunft Powells in dem kleinen Ort, sondern hebt die nahende Bedrohung auf eine symbolische Ebene, indem ein düsterer Zug zu sehen ist, der durch die Nacht rast. Als schließlich die Kinder von Powell verfolgt werden, zeigt Laughton dies aus einer düster-märchenhaften Perspektive, die dem Film seine surreale bzw. expressionistische Note verleiht. Laughton selbst bezeichnete seinen Film, der seine einzige Regiearbeit bleiben sollte, als düsteres Märchen. Er vermischte darin Alptraum mit unschuldiger Naivität und schuf dabei ein Kunstwerk, das man nicht vergisst.

Fazit:
Die Nacht des Jägers ist ein genauso spannender wie faszinierender Film, der nicht nur in die Sammlung von Thriller- und Horrorliebhabern gehört.

Copyright © by Max Pechmann

 

Nacht des Jägers
Originaltitel: Night of the Hunter
Regie: Charles Laughton
Drehbuch: James Agee
Produktion: Paul Gregory
Darsteller: Robert Mitchum,
Shelley Winters, Lillian Gish,
James Gleason
USA 1955
Laufzeit: 90 Minuten