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Kaufrausch zu den Feiertagen – Der Handel diktiert

Der Handel suggeriert uns, was wir wann zu kaufen haben. Mit den Jahren haben wir in der Fülle der Angebote gänzlich den Hintergrund vieler Festtage vergessen.

Beginnen wir Anfang des Jahres mit dem Valentinstag. Wer von den Lesern kennt den wahren Hintergrund dieses Tages? Wochen vorher sind sämtliche Geschäftsauslagen mit roten Herzen geschmückt, um uns daran zu erinnern, Geschenke für die Liebste und den Liebsten zu kaufen. Ich will an diesem Tag weder ein Geschenk meines Mannes, noch verschenke ich etwas.
War es bis vor einigen Jahren zu Ostern noch ein kleines Osternest mit Süßigkeiten, das vom »Osterhasen« versteckt und von den Kindern jubelnd gefunden wurde, sind die Geschenke inzwischen größer und teurer geworden.
Mutter- und Vatertag sind eine lukrative Einnahme des Handels. Besonders der Blumenverkauf boomt vorm Muttertag, wobei die Preise um 30 % höher sind, als während des Jahres. Das heißt, ich beschenke meine Eltern nur an diesem einen Tag? Fein, dann brauche ich mir den Rest des Jahres keine Gedanken darüber zu machen.
Am 31. Oktober besuchen wir Halloweenpartys, die Kinder laufen durch die Straßen und betteln um Süßes. Das Einzige, das die meisten von uns über Halloween wissen, oder zu wissen glauben, ist, dass der Brauch aus Amerika stammt. Das war’s dann auch schon.
Am nächsten Tag zu Allerheiligen schauen wir uns am Friedhof erwartungsvoll um und lächeln still. Unser Grab ist das schönste, mit dem größten Gesteck. Das ist man den lieben Verstorbenen doch schuldig, nicht wahr?

Und dann, endlich, wie sehr haben wir das ganz Jahr darauf gewartet: Stress, Hektik pur, der Kaufrausch des Jahres. Weihnachten naht in großen Schritten. Bereits Ende August, während wir uns in der Sonne räkeln, gibt es Lebkuchen zu kaufen. Ich liebe Lebkuchen, allerdings nicht im Sommer. Wenn die Tage kürzer werden, haben die Verkäufer alle Hände voll zu tun, die eingetroffene Weihnachtsware den Kunden vorteilhaft zu präsentieren. Ab dem ersten Weihnachts-Einkaufssamstag bricht der Wahnsinn vollends aus. Menschen hetzen durch die Straßen, bevölkern die Geschäfte, um für ihre Liebsten ein Präsent zu finden, und von früh bis spät werden wir mit Weihnachtsliedern beschallt. Viele stürzen sich erst am letzten Tag in das Gewühl, um etwas Passendes zu kaufen. Ob ein Geschenk in allerletzter Minute ausgesucht, wirklich das Passende ist? Einkaufswägen quellen mit Lebensmittel über, um zum Teil nach den Feiertagen weggeschmissen zu werden. Ist doch egal, wenn Menschen anderorts hungern. An Heiligabend steht Mutter stundenlang am Herd, um ein opulentes Mahl zu zaubern, zwischendurch findet sie Zeit, dem Christkind oder Weihnachtsmann unter die Arme zu greifen und den Christbaum zu schmücken. Die Familienmitglieder versammeln sich vorm prachtvollen Baum, loben, wie hübsch er in diesem Jahr aussieht, und stürzen sich auf die liebevoll verpackten Geschenke. So manches Lächeln wirkt gekünstelt, da der Inhalt des Päckchens so gar nicht die Erwartung trifft. Kein Problem. Der Handel ist so kulant, nach den Feiertagen unerwünschte Geschenke umzutauschen. Auch unsere lieben Kleinen sind vor dem Wahnsinn nicht gefeit. Heißt es in der Schule »So wenige Geschenke hast du bekommen?«, flunkert man gerne ein bisschen, um mithalten zu können.
Gerade in der »besinnlichen« Zeit wird in vielen Familien gestritten und gezankt. Die Erwartungen sind einfach zu hoch. Also mal ehrlich. Wenn es das ganze Jahr über nicht harmoniert, warum sollte es an diesem Tag anders sein?

Vorm Jahreswechsel noch schnell zum Verkaufsstand huschen und Glücksbringer und Feuerwerk erstehen. Es mag schön sein, wenn bunte Sprühfunken durch den nächtlichen Himmel jagen, aber ist es sinnvoll, Zigtausende Euro zu verpulvern?

Viel mehr als Geschenke zählen für mich Plauderstündchen mit Menschen, die mir am Herzen liegen. Zeit für jemand zu haben, ist gerade in unserer schnelllebigen Gesellschaft wichtig und kann mit dem größten und teuersten Geschenk nicht aufgewogen werden.

So mancher Leser wird bei diesem Artikel aufschreien, da Festtage und Geschenke untrennbar miteinander verbunden sind, so wie Knallerei und Silvester. Ich möchte Traditionen weder infrage stellen, noch abschaffen. Ganz klar, dass wir mit Kindern das Weihnachtsfest traditionell feiern, mit Christbaum und Geschenken – das soll auch so sein.
Vielleicht sollten wir uns in der Zeit des Wohlstands überlegen, was wirklich zählt und uns Gedanken um das Wie und Warum machen. Ich liebe Geschenke und schenke gerne, doch es soll von Herzen kommen und nicht ein MUSS sein. Geschenke zu Weihnachten und zu allen anderen Festtagen gibt es bei uns schon seit Jahren nicht mehr. Ich mache dies während des Jahres. Ist doch viel schöner, überrascht zu werden, wenn man es nicht erwartet.
Und … Denken wir in der Zeit des Überflusses an Menschen, die in Not sind? Es könnten die Frau oder der Mann von nebenan sein, die an Weihnachten nichts zu essen haben, oder deren Heizung abgeschaltet ist, da Rechnungen nicht beglichen wurden.

Auch wenn der Beitrag nicht jedermanns Geschmack trifft. Ich wünsche jetzt schon allen Lesern und Leserinnen, den Geisterspiegel-Kollegen und Kolleginnen und ganz besonders den Herausgebern Anke und Wolfgang Brandt ein schönes, besinnliches Weihnachtsfest sowie Gesundheit und Glück im neuen Jahr!

Copyright © 2012 by Andrea Hoch