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Der Fluch von Fyvie Castle

Fyvie Castle in Aberdeenshire, Schottland ist nicht nur eines der bekanntesten Schlösser, sondern auch eines der schönsten. Das Anwesen hat eine lange und turbulente Geschichte hinter sich. Wenn Wände sprechen könnten, würden wir so manche Geschichte hören können.
Umgeben von einer schönen und ruhigen Parklandschaft stammt der älteste Teil der Burg aus dem 13. Jahrhundert. Die Lage wurde ursprünglich aufgrund seiner defensiven Position gewählt – in einer Biegung des Flusses Ythan. Landeinwärts befand sich vor dem Schloss ein Sumpfgebiet, welches einen guten Schutz gegen Angriffe bot.
Der Name Fyvie hat sich wahrscheinlich seit frühesten Zeiten mehrmals geändert. Einige Forscher glauben, dass der Ursprung des Wortes bei den uralten Pikten zu suchen sei. Andere Quellen behaupten, dass es vom gälischem flodh abhuinn, eine »Wildnis am Fluss« abstammt. Andere wiederum vermuten, dass die Bezeichnung Fyvie »Hirschhügel« bedeutet.
Es existieren viele alte Urkunden, welche die bewegte Geschichte von Fyvie Castle dokumentieren und von schottischen Monarchen berichten, die auf der Burg verweilten. Einer der ersten Gäste war William the Lion (William I.), der für die Anfänge von Fyvie Castle verantwortlich zeichnete. Es folgte sein Sohn Alexander II., und in den 1300er Jahren hielt Robert the Bruce Hof auf Fyvie. Später gehörte auch Charles I. zu den Besuchern der Burg.
Nach der Schlacht von Otterburn im Jahre 1388 begann die Burg mehr und mehr das uns heute vertraute Aussehen anzunehmen. Im Laufe ihres langjährigen Bestehens gab es eine Tradition, von der berichtet wird, dass die Türme die fünf Familien symbolisieren, die das Schloss im Besitz hatten. Alle bauten ihren eigenen Turm, die Prestons, Meldrums, Setons, Gordons und Forbes-Leiths.
Erblickt man die Pracht des Schlosses, ist es schwer vorstellbar, dass seine Geschichte in all den Jahren nicht immer romantisch war. Im Laufe der Jahrhunderte finden wir Flüche, Mord, Intrigen und Geister, um nur ein paar von den faszinierenden Geschichten rund um Fyvie zu nennen.

Wie bereits erwähnt, hat Fyvie Castle im Laufe der Jahrhunderte viel vom romantischen Flair verloren. Schuld daran, so wird behauptet, sei der Fluch des Thomas the Rhymer, und Tod als auch Mord waren seit dieser Zeit ständige Gäste auf Fyvie Castle.
Eines der traumatischsten Ereignisse seit Menschengedenken war die Schlacht zwischen Royalisten und Covenanter am 28. Oktober 1644.  Unter Führung des Earl of Montrose konnten die Royalisten den Kampf für sich entscheiden. Das Blutvergießen war gewaltig, und es war nicht abzuschätzen, wie viele Männer beider Seiten ihr Leben auf bestialische Weise an diesem Tag verloren hatten.
Einer der seltsamsten Räume innerhalb des Schlosses ist die Bibliothek. Tapeziert in Blutrot befinden sich Hunderte von Büchern in den Regalwänden. Und der Raum beherbergt ein grausiges Artefakt. Unter den wunderschönen alten und seltenen Büchern befindet sich eine Büste. Allerdings ist es keine gewöhnliche Büste. Dabei handelt es sich um die Totenmaske eines Mörders, der gehängt wurde. Der Schlingenabdruck soll noch heute auf dem Hals zu sehen sein.
Einem anderen grausamen Geheimnis kommt man auf die Spur, wenn man die Haupttreppe hinauf zum Douglas-Zimmer geht.  Vor vielen Jahrhunderten wurde eine Frau der Familie Forbes-Leith dort eingesperrt und verhungerte. Obwohl viele ihrer Verwandten versuchten, die Frau zu retten, wurden sie gefangen genommen und ermordet. Ihre Leichen warf man einfach aus einem Fenster des oberen Stockwerkes. Angeblich soll das vergossene Blut noch heute auf den Dielen zu sehen sein.
Nicht immer war die Treppe Schauplatz einer finsteren Geschichte. Manchmal ging es auf ihr auch humorvoll zu. Angehörige der Gordon-Familie zum Beispiel schlossen Wetten ab, wer von ihnen am schnellsten nach oben und wieder nach unten reiten konnte. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass es fast unmöglich ist, mit einem Pferd vorwärts die Treppe hinunterzureiten.

Der berühmteste Fluch auf Fyvie Castle wird dem großen schottischen Propheten Thomas the Rhymer (1220-1298) zugeschrieben. Überlieferungen weisen darauf hin, dass Thomas als sehr junger Mann unter einem Eildon-Baum in der Nähe von Melrose Abbey schlief. Während des Schlafes soll er der Queen of Faery begegnet sein, welche ihn mit in ihr Reich nahm. Nach wenigen Minuten kehrte Thomas in seine Welt zurück und stellte fest, dass er für sieben irdische Jahre weg war. Seit dieser Zeit wird behauptet, dass Thomas the Rhymer all sein Wissen und seine magischen Fähigkeiten im Wettstreit mit dem berühmten Mystiker und Zauberer Merlin erlangt haben soll. Der Ort, an welchem Thomas schlief, ist mit dem Rhymer Stone gekennzeichnet worden, da der Baum selbst nicht mehr existierte. Sir Thomas wurde auch als True Thomas bekannt, da er stets die Wahrheit sagte.
Nach der Rückkehr aus dem Reich der Queen Faery folgte Thomas einer bereits erhaltenen Einladung und stand zum ersten Mal vor den Toren von Fyvie Castle. Ein plötzlich aufkommender Wind schlug ihm das sieben Jahre und einen Tag lang geöffnete Burgtor vor seiner Nase zu. Darüber zutiefst beleidigt sprach er einen Fluch über das Schloss aus:

»Fyvie, Fyvie, thou’ll never thrive
As long as there’s in thee stones three:
There’s one in the oldest tower,
There’s one in the lady’s bower,
There’s one in the water-gate,
And these three stones you’ll never get!«

»Fyvic, Fyvie, du wirst nie gedeihen
Solange drei Steine in dir sind.
Einer ist im ältesten Turm,
Einer ist im Frauengemach,
Einer ist im Wassertor,
Und diese drei Steine wirst du nie finden.«

Was hat es mit den drei Steinen auf sich?
Ursprünglich stammten die drei Steine von einem Kirchen- und Gemeindegrundstück in der Nachbarschaft von Fyvie Castle.
Der Fluch des Thomas the Rhymer wurde so interpretiert, dass er solange als böses Omen auf Fyvie Castle wirken würde, als die drei Steine Teil des Gebäudes sein würden. In der Tat wurde bisher nur einer dieser Steine gefunden. Ursprünglich im Frauengemach des Anwesens vermauert, befindet er sich heute in einer Holzschale im Kartenzimmer. Mal ist der Stein knochentrocken, mal quillt aus ihm Wasser, sodass die Schale randvoll gefüllt wird.
Sowohl der Stein, der sich unter dem Wassertor befinden soll, als auch der, welcher in einem Turm eingemauert wurde, konnten bisher nicht gefunden werden.
Eine weitere Deutung des Fluches besagt, dass niemals ein Erbe auf Fyvie Castle geboren werden würde. Laut Überlieferungen bis in das Jahr 1433 zurück bestätigen diese Deutung der Prophezeiung. Auch konnte kein erstgeborener Sohn das Erbe seines Vaters antreten, da sie alle verstarben.

Thomas the Rhymer war nicht der Einzige, der Fyvie Castle mit einem Fluch belegte.
Lady Meldrum lebte im 13. Jahrhundert auf der Burg. Als sie im 13. Jahrhundert starb, bat sie darum, ihre sterblichen Überreste in einem geheimen Raum des Meldrum Towers einmauern zu lassen. Derjenige, der diesen Raum betreten würde, belegte sie mit einem Fluch. Während Renovierungsarbeiten im Jahr 1920 entdeckten Arbeiter diesen Raum. Sie informierten den Gutsbesitzer. Daraufhin wurden Lady Meldrums sterblichen Überreste auf den Friedhof getragen, wo sie ein ordentliches Begräbnis bekam. Danach ging der  Geist der Grey Lady auf Schloss Fyvie Castle umher und das Schloss wurde von fremdem Lärm und ungeklärten Ereignissen geplagt. Darüber sehr erschrocken ließ der Gutsherr die sterblichen Überreste der Lady in den geheimen Raum bringen und diesen durch Bauarbeiter wieder verschließen.
Der Fluch selbst wird auf den Tod des Gutsbesitzer und/oder auf die Blindheit seiner Frau zurückgeführt, kann aber nicht eindeutig überprüft werden. Noch heute wird dieser Fluch so ernst genommen, dass der geheime Raum verschlossen bleibt.

Das berühmteste Gespenst auf Fyvie Castle stammt aus dem 17. Jahrhundert. Es handelt sich dabei um Lady Lillias Drummond. Diese unglückselige Dame wurde von ihrem Mann Sir Alexander Seton grausam behandelt. Einige Quellen besagen, dass Lady Lillias fünf Mädchen und keinen einzigen Sohn gebar. Daraufhin beschloss Sir Seton sie los zu werden und suchte für sich sie eine jüngere Braut – Lady Grizel Leslie. Er hoffte sehnlichst, sie würde einen Sohn auf die Welt bringen. Es wird berichtet, dass er diese Affäre mit seiner zukünftigen Braut hatte, noch bevor Lady Lillias starb. Um den Tod seiner Ehefrau zu beschleunigen, schloss er sie in eine der oberen Kammern ein und ließ sie verhungern.
Die Hochzeitsnacht von Lord Seton und Lady Leslie war weit davon entfernt, romantisch zu sein. Beide wurden mitten in der Nacht abrupt durch die übernatürlichen Geräusche geweckt. Sie hörten im Schlafzimmer, wo sie schliefen, geisterhaftes Seufzen und Kratzen und sahen überhaupt nichts. Doch  am Morgen sahen sie auf dem steinernen Fenstersims eine Nachricht – den Namen D. Lillias Drummond. Was ist noch beängstigend daran ist, ist die Tatsache, dass der Name auf dem Kopf steht. Um ihn richtig lesen zu können, müsste man in der Luft vor dem Fenster schweben oder auf einem Gerüst stehen. Doch in jener Nacht stand kein Gerüst vor besagtem Fenster. Dieser Teil der Geschichte ist somit keine Legende. Der eingeritzte Name kann noch heute besichtigt werden.
Der Geist von Lillias Drummond erscheint als Green Lady. Sie ist von mehreren Besuchern als Reflexion in einem der großen Spiegel gesehen worden. Zeugen behaupten auch,  dass die Lady zu Fuß in den Fluren des Schlosses unterwegs sein soll. Sie ist bei allem, was man von ihr berichten konnte, ein sehr gütiger Geist, der bisher niemanden geschadet hat. Es kann durchaus möglich sein, dass sie einfach ihre Geschichte erzählen möchte. Einige Zeugen behaupten, dass die Green Lady wie eine normale und attraktive Frau in einem Kleid aus dem 17. Jahrhundert erscheint. Aber viele andere sind darüber schockiert , dass ihr Kopf als Knochenschädel erscheint, als jemand, der zu Tode gehungert wurde. Es gibt auch andere Quellen, die besagen, das Lady Lillias Drummond an einem gebrochenen Herz gestorben sei.

Ein weiterer Geist auf Fyvie Castle ist ein Mann namens Andrew Lammie. Er wurde als Sklave nach Westindien verkauft, weil er sich in die Müllerstochter Agnes verliebte. Weder ihre Eltern noch der Herr von Fyvie Castle, welcher es selbst auf die Müllerstochter abgesehen hatte, konnten die Folgen für ihren Frevel erahnen. Andrew gelang die Flucht aus Westindien. Als er nach Hause kam, um Agnes zu ehelichen, hieß es, dass sie einige Jahre zuvor an einem gebrochenen Herzen gestorben sei. Andrew verfluchte sowohl die Eltern als auch Schlossherrn und schwor: Jedes Mal wenn eine Trompete erklingt, würde es den Tod eines Lords of Fyvie bedeuten. Von einer Reihe von Zeugen soll über einen langen Zeitraum berichtet worden sein, dass eine Trompete zu hören war, wenn ein Herr von Fyvie starb. Dies könnte Andrew, gekleidet in feinem Tartan, gewesen ein.

Egal, ob Sie an Geister, Flüche oder irgendetwas anderes glauben, es gibt viele Gründe, einmal die schöne Burg Fyvie Castle zu besuchen. Es ist nicht nur die sagenumworbene Geschichte, sondern auch die schöne Natur, die Gärten, die historischen Schätze, die Schwerter, Rüstungen und unbezahlbaren Kunstwerke.
Denken Sie daran als Jemand, der an Geister glaubt, oder als Skeptiker, dass die Menschen, die Sie dort antreffen, nicht immer das sind, als was sie erscheinen. Wenn diese in einem Nebel, in einem unbekannten Raum oder in einem Spiegel zu sehen sind oder sogar durch die Luft schweben, kann es durchaus möglich sein, dass Sie einem der berühmten Geister von Fyvie Castle begegnet sind.

Quellen:

Copyright © 2012 by Wolfgang Brandt