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Die Schreckensherrschaft der Reno-Bande – Teil 1

Die Reno-Familie

South Indiana galt während der zweiten Hälfte der 1860er Jahre nicht als der Wilde Westen, wie es für Kalifornien aufgrund der Goldvorkommen oder für Kansas durch die Entstehung vieler Cow-Towns zutraf. Doch geriet in jener Zeit die Stadt Seymour im Jackson County, Indiana nach Beendigung des Amerikanischen Bürgerkrieges in die Schlagzeilen. Hier tauchte eine Bande von Outlows auf, die den Mittelwesten terrorisierte und vermutlich den ersten Eisenbahnüberfall in der Geschichte verübte. Dieser fand am 6. Oktober 1866 statt, fast sieben Jahre, bevor die berühmtberüchtigte James-Younger-Gang ihren ersten Zug bei Adair, Iowa anhielt.
Die Geschichte der Reno-Brüder ist kennzeichnend für unverschämte Taten und internationale Intrigen und nimmt ein grässliches Ende.

Seit 1813 waren die Renos in Indiana. Im genannten Jahr siedelte James Reno mit seiner Familie vom Salt River in Kentucky ins Jackson County. Dort angekommen ließen sie sich auf einer Farm bei Rockford nieder, etwas nördlich von der heutigen Stadt Seymour. 1835 heiratete Wilkinson, James Sohn, die junge Julia Ann und gründete mit ihr auf dem 1200 Morgen großen Besitz seine eigene Familie. 1837 erblickte sein ersten Sohn Frank das Licht der Welt. Es folgten 1838 John, 1843 Simeon, 1847 Clinton, 1448 William und schließlich 1851 die Tochter Laura.
Als Jugendliche lehnten die älteren Reno-Brüder die Schule ab, nahmen ihren Eltern ihre strenge religiöse Erziehung krumm, weil sie es für langweilig hielten, sich an Sonntagen stundenlang mit der Bibel zu beschäftigen. In John Renos Autobiografie aus dem Jahre 1879 ist zu entnehmen, dass er und sein älterer Bruder Frank es lieber vorzogen, Reisenden, die an ihrer Farm vorbeikamen, beim Kartenspiel abzuzocken. Ein recht früher Beginn ihrer kriminellen Karriere. Im Alter von 11 Jahren verließ John das elterliche Anwesen, stahl ein Pferd, ritt nach Louisville, Kentucky und weiter nach New Orleans. Ein Jahr später kam er zurück auf die Farm, veruntreute etwas Geld seiner Eltern und verließ die Farm erneut für unbestimmte Zeit.

Anfang 1851 begann eine Reihe mysteriöser Feuer in Rockford auszubrechen. Geschäfte und Wohnhäuser standen nachts und sogar am helllichten Tag in Flammen. In einem Zeitraum von 7 Jahren wurde fast die gesamte Stadt niedergebrannt, immer wieder aufgebaut. Doch der oder die Brandstifter gaben keine Ruhe. Niemand deckte die wahre Identität der Brandstifter auf. Einem Gerücht zufolge sollten die Renos hinter den Brandanschlägen stecken. Wahrscheinlicher liegen die Brandschatzungen darin begründet, dass Spekulanten billig an Grund und Boden kommen wollten. So konnte zum Beispiel im Jahr 1852 Meedy W. Shields, Grundbesitzer und Aufsichtsratsmitglied der neugegründeten Ohio & Mississippi Railroad Eastern Division erfolgreich den Eisenbahningenieur John Seymour davon überzeugen, die Strecke entlang des White River und damit an seinen Landbesitz zu führen. Im Gegenzug sicherte Captain Shields zu, dass die neu gebaute Stadt nach dem Ingenieur benannt und sich die Ost-West-Strecke mit der Jeffersonville, Madison and Indianapolis Railroad in der Stadt kreuzen würde. Damit die Züge auch tatsächlich in Seymour halten, schrieb Meedy W. Shields eine Gesetzesvorlage, in der er forderte, dies aus Sicherheitsgründen zu tun.
Der Reno-Clan war zu jener Zeit wohlhabend, hatte genügend Geld und Eigentum, um die Familie zusammenhalten zu können. Doch im Jahr 1858 trennten sich Julia und Wilkinson. John Reno gab in seiner Autobiografie als Grund für die Trennung seiner Eltern sein kriminelles Verhalten an. Ob dies so war, kann nicht nachvollzogen werden. Julia blieb mit Simeon und Laura auf der Farm. Zehn Jahre später starb Julia Anfang September und vererbte ihr Vermögen Clinton und Laura. William lebte bis 1877.
Kurz nach dem Beginn des Bürgerkrieges traten Frank Reno und sein Freund Frank Sparks den Jackson County Freiwilligen bei. Der Älteste der Renos wurde im August 1861 ehrenhaft ausgemustert. John Reno schrieb sich im Juni 1861 bei den Indianapolis Grays ein, verließ jedoch diese vor Ablauf seiner Freiwilligenzeit und durchstreifte lieber die Gegend. Am Grab von William Reno auf dem alten Stadtfriedhof von Seymour befindet sich eine Markierung, dass er als Soldat in der K-Kompanie des 140. Indiana-Regiments diente.
Frank und John – möglicherweise auch Simeon – entdeckten in den Zeiten des Bürgerkrieges eine Möglichkeit, an schnelles Geld zu kommen. Wohlhabende Wehrdienstpflichtige, die ihre Einberufung vermeiden wollten, konnten jemand anderes benennen, um ihren Platz einzunehmen. Die Renobrüder kassierten die Prämien, ließen sich registrieren, um später ihre Einheiten zu verlassen. Dieser Prozess wiederholte sich mehrmals. Damit alles nicht aufflog, trugen sie sich immer unter einem anderen Namen ein. Das ehemals lukrative Geschäft flaute nach und nach ab, sodass John und Frank Reno im Jahre 1864 nach Rockford zurückkehrten.
Dort bildeten sie unter Führung von Frank eine kriminelle Vereinigung von Fälschern, Dieben und Räubern, die in den kommenden Jahren für Schlagzeilen sorgte.

Text- und Bildquellen:

  • www.seymour.org
  • www.legendsofamerica.com

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