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Aeternica – Interview mit Michael Till-Lambrecht

2012 war bisher schon ein bewegtes Jahr für die Verlage der deutschsprachigen Phantastikszene. Gestandene Verlage und Imprints haben sich verabschiedet, während gleichzeitig mehrere Kleinverlage den Weg ins Licht der Szeneöffentlichkeit gewagt haben.
So auch der EBook-Verlag Aeternica, dessen Spektrum über Science-Fiction, Fantasy und Mystery bis hin zu Thrillern mit Phantastikelementen reicht. Neben Kurzromanen und Gedichten sind bisher der Fantasyroman Handbuch für Drachentöter von Manuel Timm und der Thriller Echte Werte von Catarina Ehrlich erschienen. In Kooperationen mit Print-Verlagen wurden darüber hinaus bislang drei Fantasy-Romane für den E-Book-Markt bearbeitet und unter dem Titel Tanz des Lebens zwei Anthologien (Band 1: Tagwärts, Band 2: Nachtwärts) veröffentlicht.

Inhaber des im Wesentlichen auch von ihm geführten Verlags ist Michael Till-Lambrecht, der sich freundlicherweise einigen Fragen gestellt hat.

Geisterspiegel: Hallo Michael. Im Januar dieses Jahres hat der Aeternica Verlag die Welt erblickt. Wie kam es dazu?

Michael Till-Lambrecht: Aufgrund einer Verkettung einiger Zufälle in Verbindung mit einer abenteuerlichen Idee.

Denn ursprünglich hatte ich nie vorgehabt, einen Verlag zu gründen. Im Sommer 2011 experimentierte ich zusammen mit einem befreundeten Verleger ein wenig mit E-Books. Und zu unserer Überraschung entwickelten sich einige dieser Experimente erstaunlich gut. Viel besser, als erwartet. Obwohl es doch allgemein hieß, der E-Book-Markt sei tot. Das waren die Zufälle, die zu meiner Überzeugung führten, dass E-Books deutlich interessanter sind als ihr Ruf. Und die abenteuerliche Idee bestand darin, diese Veröffentlichungsform – und die Vorteile und Potenziale, die sie in sich trägt – zum Vorteil der Autoren zu nutzen. Denn die meisten Autoren klagen zurzeit über sich ständig verschlechternde Rahmenbedingungen. Auch die Zahl der Schwarzen Schafe in der Verlagsbranche scheint zuzunehmen. Also dachte ich darüber nach, ob und wie sich die Vorteile und Potenziale des E-Books zur Verbesserung der Situation der Autoren einsetzen lassen könnten. Ergebnis dieses Nachdenkens war dann halt die abenteuerliche Idee, es selbst mit einem Verlag zu versuchen, um zu zeigen, dass es möglich ist. So kam es zur Gründung des Aeternica Verlags.

Geisterspiegel: Wie bereits angemerkt, handelt es sich bei Aeternica um einen reinen E-Book-Verlag. Weshalb wurde dieser Weg gewählt, worin siehst du die Vorteile?

Michael Till-Lambrecht: Die Investitionskosten für die Veröffentlichung eines neuen Titels sind geringer. Nicht dramatisch geringer – wie manche denken –, denn viele Kosten fallen unabhängig von der gewählten Veröffentlichungsform an, aber doch deutlich spürbar. Das macht dieses Medium für alle Beteiligten – Autoren, Leser und Verlage – interessant, sofern dieser Vorteil auch allen gleichermaßen zugutekommt. Wenn darauf geachtet wird, können E-Books trotz günstigerer Verkaufspreise für die Autoren unterm Strich höhere Honorare bringen als bei dem deutlich teureren gedruckten Buch – so unglaublich das klingen mag.

Das E-Book eignet sich auch sehr gut für »Experimente« und »Wagnisse«. Also für die Titel, vor denen die großen Verlage in aller Regel zurückschrecken, weil sie – vermutlich – nicht »massenmarkttauglich« sind. Außerdem gibt es beim E-Book sehr viel mehr Freiheiten hinsichtlich der Länge eines Textes. Bestimmte Textmengen lohnen sich beim gedruckten Buch wirtschaftlich einfach nicht. Das E-Book ist in dieser Hinsicht deutlich variabler.

Interessant ist das E-Book auch für alte, längst nicht mehr verlegte Titel, welche sich Autoren bereits wieder zurückgeholt haben. Denn auf diese Weise lassen sich solche Titel wieder den Lesern zugänglich machen.

Geisterspiegel: Neben den E-Books gibt es Kooperationen mit anderen Verlagen, welche die Bücher auf dem klassischen Print-Wege veröffentlichen. Wie kann man sich diese Kooperationen vorstellen? Kommen die anderen Verlage auf euch zu, wenn sie ihre Bücher als E-Books anbieten wollen oder umgekehrt?

Michael Till-Lambrecht: Diese Kooperationen gibt es in beide Richtungen. Einerseits bieten wir anderen Verlagen, die sich vor allem auf das Verlegen gedruckter Bücher konzentrieren, an, uns um die Veröffentlichung ihrer Titel als E-Book zu kümmern. Auf diese Weise entstehen diesen Verlagen keine zusätzlichen Kosten, sondern nur zusätzliche Einnahmen. Andererseits bemühen wir uns, für bei uns als E-Book erscheinende Romane auch die Veröffentlichung als gedrucktes Buch zu finden. Denn natürlich ist der Markt der gedruckten Bücher immer noch um ein Vielfaches größer als der der E-Books. Der Vorteil für andere Verlage besteht darin, sehen zu können, wie gut ein Titel als E-Book ankommt, und so sehr viel besser das Verkaufspotenzial eines physischen Buches einschätzen zu können. Außerdem entfallen so Investitionskosten, die ein Verlag normalerweise in die Entwicklung eigener Titel stecken müsste. Beide Arten von Kooperationen basieren also letztlich auf Lizenzvergaben untereinander. Mal in die eine Richtung und mal in die andere.

Geisterspiegel: Mit den 99ers veröffentlicht der Verlag auch Kurzromane und -geschichten, die 99ct kosten und unter deren Autoren sich auch Edward Bulwer-Lytton oder William Butler Yeats finden. Welches Ziel wird mit dieser Abteilung verfolgt? Wird sie generell einen Schwerpunkt auf Klassiker legen?

Michael Till-Lambrecht: Nein. Die sogenannten 99ers sind vor allem als Experimentalfeld gedacht. Denn mit 99-Cent-E-Books sind keine Gewinne zu erwirtschaften. Es gibt zwar bekannte Ausnahmen, die mit 99-Cent-Veröffentlichungen sehr viel Geld gemacht haben, aber das sind wirklich nur Ausnahmen. In aller Regel kann man froh sein, wenn man die investierten Kosten wieder hereinholen kann. Trotzdem sind die 99ers für uns interessant. Denn die Investitionskosten sind halt – im Gegensatz zu Romanen – auch sehr viel geringer. Für uns daher also eine ideale Veröffentlichungsform, um Sachen auszuprobieren. Die erwähnten Klassiker waren solche Experimente. Und eine Erkenntnis aus diesen Experimenten ist, dass es sehr viel interessanter ist, neue Autoren und Werke zu fördern, als alte Klassiker noch einmal zu veröffentlichen.

Das soll nicht heißen, dass es in Zukunft keine alten Klassiker mehr im Aeternica Verlag geben wird, aber sie werden ganz sicher nicht im Vordergrund stehen.

Geisterspiegel: Mit Ausnahme der Jugend- und Kinderfantasy und des Horrors zeigt sich der Verlag offen für alle Spielarten der Phantastik. Weshalb wurde diese Genrerichtung eingeschlagen?

Michael Till-Lambrecht: Weil es das ist, was ich persönlich am liebsten lese. Am besten ist es doch, wenn man sich mit dem beschäftigt, wozu man auch eine persönliche Verbindung hat. Als Verleger für Lyrik wäre ich beispielweise völlig überfordert. Weil ich mich überhaupt nicht damit auskenne. Wie sollte da jemals etwas Gutes entstehen können?

Ähnlich ist es mit Kinder- und Jugendliteratur, selbst wenn sie zur Fantasy gehört. Auch damit kenne ich mich überhaupt nicht aus. Schön wäre es zwar, auf längere Sicht hin, auch hier etwas im Programm zu haben, aber das geht vermutlich nur nach und nach, ganz allmählich. Vielleicht könnten Märchen und Sagen den Anfang bilden, die nicht nur für Kinder sind, sondern auch von Erwachsenen gelesen werden. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Zunächst ist es wichtig, in den wesentlichen Bereichen das Sortiment aufzubauen.

Geisterspiegel: Weshalb wurde der Name Aeternica gewählt?

Michael Till-Lambrecht: Weil er gut klingt, noch nicht anderweitig besetzt war und ein Kunstbegriff ist, der verschiedenste, thematisch passende Assoziationen in sich trägt.

Geisterspiegel: In zwei laufenden Ausschreibungen wendet sich der Verlag an interessierte Autoren. Seid ihr darüber hinaus an neuen Manuskripten interessiert? Was erwartet den potenziellen Autor bei euch?

Michael Till-Lambrecht: Ja, wir sind an neuen Manuskripten interessiert. Was wir bisher noch überhaupt nicht erhalten haben, ist bspw. Steampunk und Ähnliches. Gerne auch Kurzromane aus allen Bereichen der phantastischen Unterhaltungsliteratur. Allerdings muss ich zugeben, dass sich die Zeiten, bis wir ein Manuskript gelesen haben und uns dazu melden, immer mehr verlängert haben, obwohl wir uns bemühen, alles möglichst zeitnah zu erledigen. Aber Texte genau zu prüfen, dauert nun mal seine Zeit.

Unsere Autoren erwartet ein ziemlich normales Verlags-Autoren-Verhältnis. Ein entsprechender Vertrag selbstverständlich und genauso ein gewissenhaftes Lektorat des Manuskripts. Das reguläre Honorar liegt bei 30% vom Nettoerlös für alle E-Books. Und abgerechnet wird quartalsweise.

Geisterspiegel: Welche Projekte sind in Zukunft vom Aeternica Verlag zu erwarten?

Michael Till-Lambrecht: Wenn alles gut läuft, wird im Oktober der erste Band unserer Diebesreihe erscheinen, sowie die ersten drei Folgen der geplanten SF-Reihe. Danach ist eine weitere Kurzgeschichtenreihe zum Thema »Seltsame Begegnungen« geplant, die ähnlich wie die Diebesreihe angedacht ist. Des Weiteren steht noch in diesem Jahr die Veröffentlichung einer sechsteiligen Fantasy-Serie an. Alles Weitere ist noch nicht ganz sicher, daher kann ich derzeit noch nichts Konkretes dazu sagen.

Geisterspiegel: Gibt es noch etwas, das du den potenziellen Lesern auf den Weg mitgeben möchtest?

Michael Till-Lambrecht: Das Wichtigste überhaupt: Viel Spaß beim Lesen!

Geisterspiegel: Vielen Dank für das Interview!

Michael Till-Lambrecht: Ich habe zu danken. 😀


Verlagswebsite: www.aeternica.de

Die Fragen stellte Alessandra Ress.