Secret Service Band 3 – Kapitel 15
Francis Worcester Doughty
Secret Service No. 3
Old and Young King Brady Detectives
The Bradys after a million
Oder: Ihre Verfolgungsjagd zur Rettung einer Erbin
Eine interessante Detektivgeschichte aus dem Jahr 1899, niedergeschrieben von einem New Yorker Detective
Wer kennt ihn nicht, den berühmten Detektiv Old King Brady, der mehr Rätsel gelöst hat als jeder andere Detektiv, von dem man je gehört hat.
In der Reihe der Geschichten, die in SECRET SERVICE veröffentlicht werden, wird ihm ein junger Mann zur Seite stehen, der als Young King Brady bekannt ist und dessen einziges Lebensziel darin besteht, Old King Brady darin zu übertreffen, gefährliche Fälle aufzuklären und die Verbrecher zur Strecke zu bringen. Wie gut ihm dies gelingt, wird in den folgenden, im SECRET SERVICE veröffentlichten Geschichten ausführlich geschildert.
Kapitel 15
Ein cleveres Spiel
McCue führte sie zu einer dunkelgrünen, mit Filz bezogenen Tür in der Nähe der Bar.
Durch diese drängten sie sich hindurch.
Der Anblick, der sich den Detektiven bot, war erstaunlich. Der Raum war voller Tische. An einer langen Bar saß ein Vertreter der Glücksspielkunst, der offenbar als Croupier in dem Roulettespiel fungierte, das in dieser neuartigen Spielhölle seit einiger Zeit gespielt wurde.
An den Tischen zockten Männer mit Karten. Poker und California Jack waren weit verbreitet.
Trotz der Bemühungen der Polizei in Chicago und allen anderen Großstädten florierte das Glücksspiel weiter.
Dieser Ort wurde von einigen der reichsten Männer Chicagos frequentiert.
Früher oder später würde er mit Sicherheit von der Polizei gestürmt werden.
Doch vorerst war der Besitzer durch seinen enormen politischen Einfluss geschützt.
Die Detektive betraten den Raum mit einer selbstbewussten, überlegenen Haltung. McCue zwinkerte Danton zu.
»Wir haben ein paar Trottel erwischt«, flüsterte er. »Lasst uns sie ausnehmen!«
»Ich bin dabei!«
»Wenn wir fertig sind, wird nicht mehr viel übrig sein.«
»Da hast du recht.«
Sie suchten sich einen Tisch aus und setzten sich zu viert daran.
McCue holte ein Kartenspiel hervor.
Er warf die Karten auf den Tisch.
»Wer teilt?«, fragte er.
»Die niedrigste Karte?«, fragte Young King Brady.
»Wie du willst.«
»So soll es sein.«
»In Ordnung.«
Young King Brady zog eine Zwei.
»Ich gebe dir«, sagte McCue und zeigte seine unregelmäßigen Zähne in einem Grinsen. »Gib mir ein gutes Blatt. Alle setzen!«
Die Einsätze wurden gemacht und die Karten ausgeteilt. Old King Brady warf sein Blatt in den Stapel. Danton tat dasselbe.
Young King Brady und McCue behielten hingegen ihre Karten. Ersterer zog ein Paar Neuner zu seinen drei Vieren.
McCue schob einen Zehn-Dollar-Schein in den Stapel. Der junge King Brady erhöhte um fünf. McCue ging mit.
»Drei Gleiche und ein Paar«, sagte der junge Detektiv und warf seine Karten hin. McCue drehte seine Karten um.
»Nicht gut«, erklärte er kühl. »Hier sind vier Zehner.«
McCue strich das Geld ein.
Die nächste Runde gewann Old King Brady mit drei Assen. Dann wurden die Einsätze höher.
Aber irgendwie schien McCue das Glück hold zu sein.
Er gewann ununterbrochen.
Sehr bald stellten die Detektive fest, dass sie hundert Dollar im Minus waren. Doch Old King Brady beklagte sich nicht.
Er zahlte nur den Preis, den er für wertvolle Ergebnisse als fair erachtete. Diese Ergebnisse waren zum Greifen nah.
Plötzlich warf der alte Detektiv seine Karten auf den Tisch.
»Spielt weiter!”, sagte er. »Ich hole eine Flasche Brandy und ein paar Gläser.«
McCue, benommen vom Erfolg, rief: »Ich bin dabei! Das ist mein Lohn.«
Old King Brady verschwand in der Bar. Als er zurückkam, hatte er eine Flasche Brandy mit geöffnetem Korken und vier Gläser dabei.
Er füllte die Gläser.
Er hob eines davon und sagte: »Auf die Gesundheit des siegreichen Herrn«, wobei er McCue ansah.
»Lang lebe der Herr!«, rief der Gauner und leerte sein Glas. Doch Old King Brady hielt inne, als er das Glas gerade an seine Lippen führen wollte, und murmelte: »Oh, ich habe meinen Ingwer vergessen. Ich trinke Brandy immer mit Ingwer.«
Also eilte er in die Bar. Als er zurückkam, war sein Glas leer, und er wischte sich die Lippen ab. Aber niemand hatte ihn trinken sehen.
Danton trank sein Glas aus.
»Ich trinke nie Brandy«, sagte Young King Brady. »Ich habe noch etwas Bier.«
Immer wieder leerten die beiden Gauner ihre Gläser. Plötzlich beugte sich McCue vor und legte seinen Kopf und seine Arme auf den Tisch.
»Puh! Mir ist schwindelig!«, stöhnte er.
»Mir auch«, erwiderte Danton und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Und dann verloren die beiden Schurken das Bewusstsein.
Die anderen im Raum bemerkten sie nicht.
Tatsächlich stand der Tisch in einer Ecke, sodass er nur für diejenigen Spieler zu sehen war, die mit dem Rücken zu ihm saßen.
Sie waren zu sehr in ihr Spiel vertieft.
Es war nichts Ungewöhnliches, dass Männer tranken und an den Tischen schliefen. Daher wären sie ohnehin kaum aufgefallen.
Young King Brady und Old King Brady warfen sich einen Blick zu.
»Das mit dem Brandy hast du geschickt gemacht«, sagte der junge Detektiv.
»Ich mag solche Geschäfte nicht. Aber es musste getan werden.«
»Sicher.«
»Behalte jetzt den Rest des Raumes im Auge!«
»In Ordnung.«
Geschickt durchsuchte Old King Brady die Taschen der Raufbolde. In einer davon befand sich ein Bündel Briefe.
McCue hatte sie in seiner Tasche.
Die Briefe waren von einer Frau geschrieben und mit Meg Pierce unterschrieben. Der alte Detektiv las sie sehr aufmerksam durch.
Sie bescherten den Detektiven eine aufregende Enthüllung.
Einer der Briefe war an diesem Tag eingegangen. Er stammte von Meg Pierce und war in New York City aufgegeben worden.
Die Frau war also doch nicht in Chicago. Das war eine wichtige Entdeckung.
Der Brief lautete wie folgt:
Lieber Mike, dem Mädchen geht es schlecht, und ich habe Angst, dass sie zugrunde geht, bevor wir die Belohnung erhalten. Wenn du nicht schnell einen Deal machst, wird sie uns um alles betrügen. Nimm, was du kriegen kannst, und geh ein Risiko ein. Selbst hunderttausend sind nicht zu verachten. Hol es dir. Ich wohne bei Highgates. Du kannst mich unter folgender Adresse erreichen: Huber’s Cigar Store, Central Street, J. C. Ich habe noch keine Detektive gesehen. Aber sie können jeden Moment auftauchen. Sobald du einen Deal abgeschlossen hast, komm nach New York und schreib mir, wo ich dich treffen kann. Mit freundlichen Grüßen, Meg.
Old King Brady legte diesen Brief sorgfältig in sein Notizbuch.
Dann stand er auf.
»Wir müssen diese Kerle hier rausbringen«, flüsterte er Young King Brady zu, »und wir müssen es geschickt anstellen.«
»Ich verstehe.«
»Es bringt nichts, eine Gruppe Polizisten hierherzubringen, ohne dass es jemand bemerkt. Es würde zu einem Tumult kommen, und wir würden die Männer verlieren.«
»Das stimmt«, stimmte der junge King Brady zu.
»Ich habe einen Plan.«
»Ja.«
»Geh raus und besorg ein Taxi. Lass es an dieser Seitentür vorfahren und vereinbare alles mit dem Besitzer.«
»In Ordnung.«
Young King Brady verschwand.
Der alte Detektiv ging nun zur Bar. Er bedeutete dem Eigentümer durch eine Geste, sich zu ihm zu begeben.
»Es tut mir leid«, sagte er, »aber zwei Freunde von mir haben etwas zu viel getrunken und schlafen jetzt in dem Zimmer dort drüben.«
Das Gesicht des Besitzers verdüsterte sich.
»Sie müssen sie rausschaffen«, sagte er.
»Genau das habe ich vor«, antwortete Old King Brady. »In wenigen Augenblicken wird eine Kutsche an der Seitentür stehen. Ich werde sie vorsichtig hinausbringen.«
Das Gesicht des Besitzers hellte sich auf.
»Das ist in Ordnung«, sagte er. »Machen Sie keinen Lärm, sonst werden wir noch erwischt.«
»Das garantiere ich Ihnen.«
»All right.«
Old King Brady ging zu McCue und Danton zurück, die schliefen. Er musste nicht lange warten.
Plötzlich tauchte Young King Brady auf.
Der junge Detektiv gab ein Zeichen.
»Ausgezeichnet.«
Sie trugen die bewusstlosen Männer nacheinander zum Wagen. Dort befahl man dem Kutscher leise, zur Polizeistation in der Clark Street zu fahren.
Eine halbe Stunde später saßen die Männer der King Bradys hinter Gittern. Sie waren unter falschen Namen verhaftet worden und wurden auf Anordnung des Polizeichefs von Chicago wegen Glücksspiels und Trunkenheit festgehalten, bis Old King Brady die Auslieferungsunterlagen für sie beschaffen konnte.
Es war ein großer Coup für die beiden Bradys. Nun mussten sie nur noch Meg Pierce fassen und Gladys Baron befreien, um den Fall abzuschließen.
Wie Old King Brady es geplant hatte, würde auch dies keine schwierige Angelegenheit sein.
Sein Plan war ein Lockbrief.
Dementsprechend schrieb er ihn in Anlehnung an McCues Handschrift wie folgt:
Liebe Meg,
ich habe von Baron gehört, und er wird sich mit uns auf eine halbe Million einigen. Wir treffen uns nächsten Samstag im Boom 14, Oceanic House, West Street, New York. Sei um 20 Uhr dort. Dein treuer Mike.
Dieser Brief wurde an Meg Pierce an ihre Adresse in Jersey City geschickt.
Dann verließen die Detektive Chicago.
Sie nahmen einen Zug nach New York. Es war früher Samstagmorgen, als sie am Grand Central Depot ankamen.
Old King Brady begab sich sofort zum Hauptquartier. Der Chef des Geheimdienstes war hocherfreut, ihn zu sehen.
»Ich habe mich schon gefragt, was aus Ihnen geworden ist«, rief er. »Wie läuft der Fall Baron?«
»Sehr gut«, antwortete Old King Brady.
»Ah!«, rief der Chef aus. »Das sind gute Nachrichten. Was ist der neueste Stand?«
»Die endgültige Entwicklung wird sich heute Abend gegen 20 Uhr ereignen.«
Der Chef sprang von seinem Stuhl auf.
»Was?«, keuchte er. »Meinen Sie das ernst? Sind Sie schon so weit?«
»Der Fall Baron ist fast abgeschlossen.«
Der Chef starrte Old King Brady an.
»Das ist kein Scherz, oder?«
»Nein, Sir.«
Der Chef pfiff leise.
»Nun«, sagte er, »ich wusste, dass, wenn jemand dieses Problem lösen kann, dann sind es die Bradys. Wissen Sie, was das bedeutet? Abgesehen vom Ruf gibt es noch …«
»Eine halbe Million für jeden«, antwortete Old King Brady unerschütterlich. »Das ist alles. Der junge Mann und ich werden das Geld gut gebrauchen.«
»Daran zweifle ich nicht.«
»Ich kenne ein paar wohltätige Organisationen, die ich nicht vergessen werde.«
»Das ist gut.«
»Nun«, sagte Old King Brady. »Nun zum Geschäftlichen.«
»Was kann ich für Sie tun?«
»Besorgen Sie mir die Auslieferungsunterlagen für Mike McCue und Jake Danton. Die beiden sitzen in Chicago hinter Gittern. Schicken Sie sofort zwei Beamte zu ihnen.«
»Wie viel Zeit haben wir?«
»Die Polizei von Chicago wird die Gauner zehn Tage lang festhalten.«
»Das ist genug Zeit!«, rief der Polizeichef. »Sie sollen sofort nach New York gebracht werden.«
Damit verabschiedete sich Old King Brady. Vor ihm lag eine schwierige Aufgabe.
Schreibe einen Kommentar