Varney, der Vampir – Kapitel 51
Thomas Preskett Prest
Varney, der Vampir
oder: Das Blutfest
Ursprünglich als penny dreadful von 1845 bis 1847 veröffentlicht, als es zum ersten Mal in Buchform erschien, ist Varney, der Vampir ein Vorläufer von Vampirgeschichten wie Dracula, die es stark beeinflusst hat.
Kapitel 51
Das Gespräch zwischen dem Mob und Sir Francis Varney. Das mysteriöse Verschwinden. Die Weinkeller
Der Ruf, der die Parteien, die in einen schrecklichen Kampf verwickelt waren, so in Unordnung brachte, kam von einer Gruppe oben.
»Hurra! Hurra!«, schrien sie mehrmals in einem wilden Ausbruch der Freude. »Hurra! Hurra! Hurra!«
Tatsächlich hatte eine Gruppe des Mobs eine Veranda erklommen und einige der oberen Zimmer betreten. Von dort aus tauchten sie direkt über dem Landebereich auf, wo die Bediensteten die Angriffe des Mobs abwehrten.
»Hurra!«, rief der Mob unten.
»Hurra!«, rief der Mob oben.
Es gab eine momentane Pause, dann teilten sich die Bediensteten in zwei Gruppen, wobei sich die eine den oben und die andere den unten zuwandte.
Ein gleichzeitiger Ruf kam von beiden Gruppen des Mobs und sie stürmten gleichzeitig an. Die Bediensteten von Sir Francis Varney wurden im Handumdrehen zerschlagen. Sie wurden sofort getrennt und ziemlich durchgeschüttelt, aber sie wurden sich selbst überlassen, denn der Mob hatte ein wichtigeres Ziel im Auge.
»Nieder mit dem Vampir!«, schrien sie und stürmten kreuz und quer durch die Räume, bis sie zu einem Raum kamen, dessen Tür teilweise offen stand. Sie sahen eine Person ganz gelassen sitzen.
»Hier ist er«, riefen sie.
»Wer? Wer?«
»Der Vampir.«
»Nieder mit ihm! Tötet ihn! Verbrennt ihn!«
»Hurra! Nieder mit dem Vampir!«
Diese Rufe wurden von einem Dutzend Stimmen geschrien und die Menschen stürmten kopflos in den Raum.
Doch hier wurden ihre Gewalt und ihre Kopflosigkeit durch das beeindruckende und ruhige Auftreten der Person, die dort saß, plötzlich zurückgehalten.
Der Mob betrat den Raum und bot einen Anblick, der, wenn er sie nicht erstaunte, sie zumindest dazu brachte, vor der Person, die dort saß, innezuhalten.
Der Raum war voller Möbel. Ein Vorhang war quer durch den Raum gezogen und in dessen Mitte stand ein Tisch, hinter dem Sir Francis Varney selbst saß. Er lächelte über das ganze Gesicht und strahlte Höflichkeit aus.
»Ach, verflixt, mein Kittel!«, sagte einer. »Wer hätte das gedacht? Es scheint ihm nicht viel auszumachen.«
»Also, ich bin verdammt!«, sagte ein anderer. »Er scheint jedenfalls ziemlich entspannt zu sein. Was wird er tun?«
»Meine Herren«, sagte Sir Francis Varney und erhob sich mit dem freundlichsten Lächeln, »bitte, meine Herren, gestatten Sie mir, den Grund für diese Herablassung Ihrerseits zu erfragen. Der Besuch ist nett.«
Der Mob schaute Sir Francis an, dann sich gegenseitig und schließlich wieder Sir Francis an, doch niemand sprach. Sie waren von diesem gentlemanhaften und gesammelten Verhalten beeindruckt.
»Wenn Sie mich aus reiner Zuneigung und nachbarschaftlicher Wohlgesinnung mit diesem Besuch beehren, danke ich Ihnen.«
»Nieder mit dem Vampir!«, rief einer, der sich hinter den anderen versteckt hielt und nicht so beeindruckt war, da er Sir Francis nicht gesehen hatte.
Sir Francis Varney erhob sich zu seiner vollen Größe, ein Lichtstrahl durchquerte seine Gesichtszüge, die nun stark definiert waren. Auch seine langen Vorderzähne zeigten sich, als er lächelte, und er sagte in freundlichem Ton: »Meine Herren, ich stehe zu Ihren Diensten. Gestatten Sie mir zu sagen, dass Sie alle willkommen sind, alles zu tun, was ich für Sie tun kann. Ich befürchte, dass Ihnen das Treffen etwas unbequem und unangenehm sein wird. Was mich betrifft, so stehe ich Ihnen völlig zur Verfügung.«
Während er sprach, verbeugte Sir Francis sich, legte die Hände zusammen und trat vor. Doch statt auf sie zuzugehen, ging er hinter den Vorhang und war sofort aus ihrem Sichtfeld verschwunden.
»Nieder mit dem Vampir!«, rief einer.
»Nieder mit dem Vampir!«, hallte es durch das Zimmer. Der Mob, nun nicht mehr durch die Gelassenheit und Höflichkeit von Sir Francis eingeschüchtert, stürmte vor, warf den Tisch um und riss den Vorhang zu Boden. Zu ihrem Erstaunen war dort jedoch kein Sir Francis Varney mehr zu sehen.
»Wo ist er?«
»Wo ist der Vampir?«
»Wohin ist er gegangen?«
Das waren die Rufe, die jedem über die Lippen kamen, doch niemand konnte eine Antwort geben.
Sir Francis Varney war nicht dort. Sie waren völlig perplex. Sie konnten nicht herausfinden, wohin er verschwunden war. Es gab keinen Fluchtweg, den sie erkennen konnten. Es gab keine Ecke oder etwas, das auch nur im Entferntesten den Verdacht erwecken könnte, dass er sich dort vorübergehend verborgen haben könnte.
Sie untersuchten jeden Quadratzentimeter des Bodens und der Wandvertäfelung, doch sie konnten keine Spur entdecken.
»Wo ist er?«
»Ich weiß es nicht«, sagte einer. »Ich kann nicht sehen, wohin er hätte gehen können. Es gibt nicht einmal ein Loch so groß wie ein Schlüsselloch.«
»Meine Augen!«, sagte einer. »Ich wäre nicht überrascht, wenn er das ganze Haus in die Luft sprengen würde.«
»Du sagst nicht!«
»Ich habe noch nie gehört, dass Vampire so etwas tun können. Sie sind nicht die Sorte Leute«, sagte ein anderer.
»Aber wenn sie das können, können sie auch das andere.«
»Das ist sehr wahr.«
Und was noch mehr: Ich habe noch nie gehört, dass ein Vampir sich selbst in nichts verwandeln kann, doch das hat er getan.«
»Er mag jetzt in diesem Raum sein.«
»Das könnte er.«
»Meine Augen! Was für lange Zähne er hatte!«
»Ja, und hätte er einen von ihnen in deinen Arm gerammt, hätte er jeden Tropfen Blut aus deinem Körper gezogen, darauf kannst du dich verlassen«, sagte ein alter Mann.
»Er war sehr groß.«
»Ja, er war zu groß, um irgendetwas Gutes zu sein.«
»Ich hätte nicht gewollt, dass er mich erfasst, so groß wie er ist. Und dann hätte er mich hoch genug gehoben, um mir das Genick zu brechen, wenn er mich fallen lässt.«
Der Mob durchsuchte den Raum, riss alles aus seiner Position. Da das Objekt ihrer Suche weit außerhalb ihrer Reichweite schien, stieg ihr Mut entsprechend. Sie schrien und brüllten, der Lärm und die Aufregung nahmen proportional zu. Schließlich rannten sie wütend herum und richteten so viel Schaden an, wie in ihrer Macht stand.
Dann wurden sie destruktiv, rissen die Möbel aus ihrer Position und zerbrachen sie in Stücke. Anschließend amüsierten sie sich daran, die Biergläser zu zerschlagen und furchtbare Löcher in sie zu machen. Zuletzt zerbrachen sie die Rahmen.
Jede Ecke und jeder Winkel des Hauses wurde durchsucht, doch Sir Francis Varney war nicht zu finden.
»Die Keller, die Keller!«, rief eine Stimme.
»Die Keller, die Keller!«, widerhallte es von nahezu jedem Paar Lippen im ganzen Raum. Im nächsten Moment drängten und schoben sie sich, um in die Keller zu gelangen.
»Hurra!«, sagte einer, als er den Hals der ersten Flasche, die ihm in die Hände fiel, abschlug. »Auf das Glück bei der Vampirjagd! Viel Erfolg bei unserer Jagd!«
»Das sage ich auch, Nachbar, aber ist das deine Art, vor den Besseren zu trinken?«
Dabei schlug der Sprecher dem anderen auf den Ellbogen, während dieser gerade den Wein zum Mund führte. So verschüttete er ihn über sein Gesicht und seine Augen.
»Verdammt!«, rief der Mann. »Wie das in meinen Augen brennt! Verdammt sei dir! Wenn ich sehen könnte, würde ich dir den Hals umdrehen!«
»Viel Erfolg bei der Vampirjagd!«, sagte einer.
»Mögen wir noch Glück haben!«, sagte ein anderer.
»Ich wünsche mir nicht mehr Glück als das«, sagte ein weiterer, während er ebenfalls eine Flasche leerte. »Wir könnten uns kein besseres Vergnügen wünschen, wo die Rechnung doch komplett bezahlt ist.«
»Ausgezeichnet!«
»Sehr gut!«
»Hervorragender Wein, das!«
»Ich sag dir, Huggins!«
»Ja«, sagte Huggins.
»Was trinkst du?«
»Wein.«
»Welcher Wein?«
»Verdammt, wenn ich das weiß«, war die Antwort. »Es ist Wein, nehme ich an, denn ich weiß, dass es weder Bier noch Schnaps ist. Also muss es Wein sein.«
»Bist du sicher, dass es kein abgefülltes Menschenblut ist?«
»Was?«
»Abgefülltes Blut, Mann! Wer weiß schon, was ein Vampir trinkt? Es könnte Wein sein. Er könnte sich daran laben, bevor er abends zu Bett geht, auf jemandes Wohl trinken und sich mit abgefülltem Blut fröhlich machen!«
»Oh, verdammt! Mir ist so schlecht, ich wünschte, ich hätte das Zeug nicht genommen. Es könnte so sein, wie du sagst, Nachbar, und dann sind wir Kannibalen.
»Oder Vampire.«
»Das ist ein hübscher Gedanke.«
Inzwischen waren einige betrunken, einige teilweise betrunken und der Rest drängte sich in die Keller, um ihren Wein zu holen.
Die Bediensteten hatten sich inzwischen davongeschlichen. Sie wurden von den Randalierern nicht mehr beachtet. Da niemand mehr Widerstand leistete, dachten sie nur noch daran, den Vampir zu suchen und das Eigentum zu zerstören. Mehrere Stunden waren auf diese Weise vergangen, und doch konnten sie das Objekt ihrer Suche nicht finden.
Es gab keinen Raum, keinen Schrank oder Keller, der groß genug war, um eine Katze zu beherbergen, den sie nicht durchsuchten. Ein Teil der Randalierer hielt strenge Wache außerhalb des Hauses und in der Umgebung, um dem Vampir die Flucht zu verhindern.
In diesem Moment gab es einen allgemeinen Stopp der aktiven Feindseligkeiten; eine Reaktion auf die heftige Aufregung und Anstrengung, die sie aufgewandt hatten, um einzudringen. Auch die Flucht ihres Opfers und die geheimnisvolle Art und Weise, wie er verschwunden war, waren Gründe für die Reaktion. Die Randalierer sahen einander fragend an.
Vor allem trug die Entdeckung des Weinkellers dazu bei, sie von gewalttätigen Maßnahmen abzuhalten. Doch dies konnte nicht lange anhalten. Es muss ein Ende einer solchen Szene geben, denn es gibt keine große Menschenmenge, die sich zu einem bösen Zweck versammelt und über einen längeren Zeitraum hinweg friedlich bleibt.
Um die schlimmsten Auswirkungen des Alkoholkonsums zu verhindern, bekamen einige der Randalierer, nachdem sie einen kleinen Teil des Weins getrunken hatten, durch dessen besonderen Geschmack die Vorstellung, es handele sich um Blut, und begannen unverzüglich, den Wein und die Spirituosen anzugreifen. Bald mischten sie sich zu einem Strom im ganzen Keller.
Diese Zerstörung wurde von einem großen Teil der Randalierer, die tranken, lautstark kritisiert. Doch bevor sie irgendwelche Anstrengungen zur Rettung der Spirituosen unternehmen konnten, war das Werk der Zerstörung nicht nur begonnen, sondern auch beendet. Die Folge war, dass die Keller sehr bald von der Menge geräumt wurden.
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