Interview mit Autoren des Zamorra-Teams
Geisterspiegel: Wie ist deine Einschätzung zum Heftromanmarkt im Allgemeinen?
Manfred H. Rückert: Fakt ist, dass der Heftromanmarkt im Gegensatz zu den 80er Jahren stark abgenommen hat. Weiter gebe ich keine Vermutungen oder Statements ab.
Susanne Picard: Ich persönlich finde das Format »Heftroman«, sprich Print in Serie, eigentlich eine spannende Sache. Im Gegensatz zu vielen anderen kann ich nicht finden, dass die bösen Computerspiele das Lesen behindern oder die Leute per se weniger lesen. Menschen allen Alters interessieren sich nach wie vor für Geschichten, ich halte das für ein Grundbedürfnis des Menschen an sich.
Aber das Image des Heftromans ist wirklich mies. Meist werde ich mit einem erstaunten, aber milden Lächeln angesehen, wenn ich von Zamorra erzähle. »Was denn, solche Heftchen gibt es noch? Wer liest denn so was?« Man sieht förmlich, dass dem Frager ein Schauder ob solcher »Heftchen« über den Rücken läuft. Dem Heftroman klebt eine Vorstellung von Schmuddeligkeit und Trivialität an, der auf den Leser übertragen wird. Man will sich nicht dazuzählen. Das konnte (wollte?) bisher kein Verlag abschütteln, vielleicht, weil gerade viele, die über das Budget entscheiden, genauso denken.
Dabei ist serielles Erzählen selbst im Print, geschweige denn im TV oder auf der Leinwand doch kein Problem – im Gegenteil: Panini verdient mit Romanen zu Computerspielen wie World of Warcraft oder Filmen wie Star Wars; aber auch andere Verlage verdienen an Serien: David Weber, J. K. Rowling, Simon R. Green, Jim Butcher, George R. R. Martin, selbst Markus Heitz oder Kai Meyer – kaum noch Fiction, die nicht fortgesetzt wird.
Man mag als Argument dagegenhalten, dass solche Geschichten einen immensen Umfang haben, aber das Fernsehen macht es auch vor, wie es kleinteiliger (und noch endloser) geht: Sicher eignen sich Serien wie CSI, die mit Farbfiltern, Splitscreens und ihren beinahe schon legendären Handlungsorten, die traumhaft in Szene gesetzt werden und sehr auf Optik und Atmosphäre angelegt sind, nicht unbedingt für eine Printumsetzung, aber Serien wie 24 oder auch Emergency Room, aber auch Computerspiele aller Couleur kann ich mir problemlos als Heftserie vorstellen. Die Erzählstruktur ist ähnlich. Auch und gerade Computerspiele, die auch vom Worldbuilding und den Storys her, die der Spieler respektive sein Avatar erleben können, immer komplexer werden, würden sich meiner Meinung nach ganz hervorragend für Heftromane eignen.
Aber ich sehe auch, dass ein entsprechendes Marketing beinahe nicht zu stemmen ist, da man eben gegen dieses »Schmuddelimage« in den Köpfen der Menschen angehen müsste – das ja per se reichlich unsinnig ist. Serie ist Serie, ob Print oder Bewegbild oder Spiel, oder? Die Geschichte ist das Bedürfnis, um das es gehen sollte.
Und Menschen ändert man dann eben nicht so leicht. 🙂
Simon Borner: Wie überall im Buchsegment werden es die kleinen und mittelgroßen Namen auch hier zunehmend schwerer haben. Dennoch halte ich den Heftroman für wichtig und praktisch. Wo sonst können sich neue, talentierte Autoren noch so gut ausprobieren, ohne auf ihren Lohn verzichten zu müssen?
Christian Schwarz: Hält sich hartnäckig. Und das völlig zu Recht. Und hoffentlich noch so lange, bis ich in Rente bin.
Oliver Fröhlich: Meine Einschätzung zum Heftromanmarkt ist, dass meine Einschätzung nicht allzu erheblich ist. Klar, früher gab’s mehr davon. Aber das ist der Lauf der Dinge. Etwas geht gut, es boomt, es wird mehr produziert und noch mehr, das Überangebot wird zu groß, das Interesse der Leute erlahmt, der Trend dreht sich um, der Großteil stirbt nach und nach weg und übrig bleibt eine Handvoll Qualität. Egal ob Nachmittags-Talkshows, Gerichtsshows, Kochsendungen, Heftromane, Schmusevampirfilme. Es ist immer das Gleiche. Insofern glaube ich nicht, dass das Romanheft im Sterben liegt. Ich glaube eher, das Sterben ist schon vorüber. Freuen wir uns, dass Zamorra zu der Handvoll Qualität gehört, die überlebt hat. Natürlich wird es auch irgendwann das Romanheft nicht mehr geben, so wie es heute keine neuen Schellack-Platten oder Leihbücher mehr gibt und irgendwann keine Gerichtsshows mehr geben wird. Das ist der Lauf der Zeit. Aber nur, weil es vielleicht wirklich irgendwann keine Romanhefte mehr gibt, heißt das nicht, dass mit ihm auch der Heftroman verschwinden wird. Nur wird er dann halt nicht mehr im Heft erscheinen.
Andreas Balzer: Gibt es den noch? Kleiner Scherz! Natürlich sind die Hefte inzwischen ziemliche Nischenprodukte. Aber es ist doch noch eine sehr vitale Szene mit sehr treuen Lesern. Außerdem finde ich, dass die Qualität und der Anspruch in den letzten Jahrzehnten wirklich enorm gestiegen sind. Manchmal bin ich wirklich überrascht über das, was im Heftroman heutzutage möglich ist.
Michael Breuer: Seit ich meinen ersten Zamorra gelesen habe, hat sich der Markt sehr verändert. Das große Heftromansterben in den 80ern ist den Älteren von uns wohl noch deutlich in Erinnerung. Zamorra ist immer noch unter uns und sicherlich nicht ohne Grund. Im SF-Fandom wie auch im Horror-Bereich gibt es rührige Fans, die ihren Serien unverbrüchlich die Treue halten. Möglicherweise wird sich der Markt in Zeiten von E-Books weiter verändern, aber die Nachfrage nach guter, flotter Unterhaltung wird trotzdem immer noch vorhanden sein. Freilich denke ich, dass man den Heftroman nicht vorschnell totreden sollte, wie es heutzutage ja sehr gern getan wird.
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