Al Capone – Band 19
Al Capone
Band 19
Die Brillanten der Kaiserin
1. Kapitel
O’Banions Beerdigung
James Genna blickte sich um und sah einen irischen Bekannten vor sich stehen.
»Hallo, Frank Yale! Was gibt’s?«, rief er ihm zu.
»Ich wollte dir mein Beileid aussprechen. Ihr Sizilianer habt doch Trauer!«
»Was meinst du? Wegen des Todes von Scarface? Ja, wir waren Rivalen im Kampf um den Alkohol, aber anständige Rivalen. Das weiß auch jeder!«
»Nein, ich meine nicht Al Capone«, sagte Frank Yale. »Du bist Sizilianer und weißt noch nicht, was passiert ist? Dann pass mal auf: Vor einigen Stunden ist Mike Merlo, der Vorsitzende der Unione Siciliana, gestorben, anscheinend eines natürlichen Todes.«
»Was, Mike Merlo ist tot?! Ach! Ich wusste zwar, dass seine Gesundheit nicht die beste war, aber ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell gehen würde.«
»Ja, ja, er ist tot. Morgen wird er beerdigt und dabei wird wohl allerlei los sein«, meinte Frank Vale. »Das wird ein gutes Geschäft für meinen Verwandten Dion O’Banion werden! Der wird Blumen und Kränze in Hülle und Fülle verkaufen. In seinem Laden werden sich die Kunden gegenseitig die Klinke in die Hand geben. Hm, ach, sag mal nebenbei, Genna«, fügte Yale mit gesenkter Stimme hinzu, »kannst du mir hundert Dollar leihen? Dieses verdammte Roulette hat mir meinen letzten Cent weggenommen, ich bin vollkommen ausgeplündert.«
»Bist du nicht der Vetter der Frau von Dion O’Banion?«, fragte James Genna, ebenfalls leise. »Warum pumpst du ihn denn nicht an?«
»Ja, so sieht Dion aus, als ob er mir noch einen Cent außer der Summe geben würde, die er mir jede Woche auszahlt. Wenn du denkst, dass Dion O’Banion mir einen solchen Gefallen erweisen würde, dann kennst du ihn schlecht. Du dagegen bist ein Weltmann und weißt, wie man auf dieser Erde mal schwach werden kann …«
»Hör schon auf. Was willst du damit sagen? Dass ich mich schon so oft von dir habe anpumpen lassen? Na ja, ich habe schließlich nichts dazu gesagt. Ich bin zwar großzügig, das wisst ihr alle, aber nicht dumm. Nur ein dummer Mensch schmeißt sein Geld zum Fenster hinaus.«
»Worauf willst du hinaus?«, erwiderte ihm Frank Yale voller Ungeduld. Dieser eingefleischte Spieler lauerte schon darauf, den Schein in seinen Klauen zu spüren, den er von der Großmütigkeit James Gennas erwartete.
»Warte draußen auf mich!«
»Wo?«
»Im Billardsaal!«
»Lässt du mich auch nicht zu lange warten?«
»Hab keine Bange!«
Es dauerte auch nicht lange, dann stellte sich James Genua bei Frank Yale im Billardsaal, der gerade leer war, ein.
»Hast du Lust, tausend Dollar zu verdienen, Frank Yale?«
»Hast du gesagt, tausend Dollar, hochgeschätzter Gönner?«
»Tausend Dollar!«
»Und was soll ich dafür machen?«
»Du kennst doch den Blumenladen von Dion O’Banion?«
»Mach doch keine Witze! Tausendmal war ich doch schon bei meinem geliebten Verwandten.«
»Also gut, morgen früh um zehn Uhr … ist Dion dann wohl schon in seinem Laden?«
»Und wenn er die ganze Nacht herumbummelt und sich überall amüsiert, ist er am Morgen bestimmt in seinem Laden. Kurz nachdem sein Angestellter den Laden aufgemacht hat, erscheint er und setzt sich sofort ganz eifrig an die Arbeit.«
»Davon habe ich schon gehört, dann bin ich also richtig unterrichtet. Deine
Aufgabe, Yale, wird darin bestehen, morgen früh in Begleitung der beiden Jungs, die du an meinem Tisch gesehen hast, in den Laden von Dion zu gehen. Du wirst sie ihm vorstellen und ihm sagen, dass sie beide aus Sizilien kommen und Mike Merlo ihren letzten Dank abstatten wollen. Dafür wollen sie Blumen für sein Begräbnis bestellen. Du begleitest sie, damit er sie anständig behandelt und ihnen keinen zu hohen Preis für seine Blumen abfordert …«
»Und … Was noch?«, fragte Frank Yale verwundert.
»Was noch?«, erwiderte James Genna in aller Ruhe. »Gott, weiter eigentlich nichts!«
»Dann kann ich mir also tausend Dollar verdienen, indem ich Dion O’Banion sage, er soll die beiden Jungs nicht übers Ohr hauen?«
»Sehr richtig!«
»Verstehe ich nicht!«
»Dann werde ich es dir mal auseinandersetzen. Ich habe dir doch früher bei verschiedenen Gelegenheiten Geld geborgt. Für einige dieser Darlehen hast du mir eine Quittung ausstellen müssen, die ich sorgfältig aufbewahrt habe. Wenn du dich nun verplapperst und Dion vorher von dem Besuch erzählst, den du ihm in Begleitung dieser beiden Sizilianer machen sollst, dann wird er sofort erfahren, dass du schon früher mit mir in Verbindung gewesen bist. Ich werde ihm nämlich umgehend die Quittungen von dir zukommen lassen. Und dann, mein lieber Frank Yale, werde ich mich deiner … annehmen. James Genna hat es noch niemals vergessen, jemanden, der ihn verraten hat, ins Gras beißen zu lassen. Also, Yale, du hast die Wahl: Entweder tausend Dollar aus meiner Tasche in deine Tasche oder einen Sarg für deinen Leichnam!«
Der Ire war totenblass geworden.
»Du überlegst ein bisschen lange, Yale!«, sagte James Genna in drohendem Ton.
»Sei doch still! Was soll ich denn überlegen? Das Einzige, was ich mir überlegen kann, ist, dass ich dir blindlings gehorchen muss!«
»So ist’s richtig! Das habe ich erwartet! Aber, mein Lieber, ohne Umschweife und Hinterlist! Ich versichere dir, Yale, bei diesem Kartenspiel geht es um Leben und Tod. Und ich glaube nicht, dass du, obwohl du ein so leidenschaftlicher Spieler bist, in diesem Fall um deine Haut spielen willst. Umso mehr, da du die hundertprozentige Gewissheit hast, sie zu verlieren.
»Ehe mir auch nur ein Härchen auf dem Kopf gekrümmt wird, kann lieber Dion O’Banion tausendmal umkommen, auch wenn meine Cousine sich zu Tode heult, weil sie ihren Mann verliert!«
»In Ordnung!«, sagte Genna voller Genugtuung.
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