Al Capone – Band 17
Al Capone
Band 17
Ein Zweikampf in den Lüften
1. Kapitel
Eine geheime Begegnung
Capone hatte, wie wir wissen, seine Freunde vor dem Überfallkommando der Polizei dadurch gerettet, dass er die dem Restaurant benachbarte Garage überfiel. Dort hatten sie sich der Wagen bemächtigt, die sie zur Flucht brauchten.
Nun entschloss sich Capone, zu dem Rendezvous zu gehen, das die Leiter der Mafia mit Colosimo verabredet hatten, damit dieser ihnen dort das nette Sümmchen von einer Million Dollar aushändigte, das der vermögende Big Jim indessen dem König der Gangster übergeben hatte. Capone trug diese Summe immer noch in seiner Brieftasche, außerdem aber hatte er auch noch das kleine Lederköfferchen bei sich, das ihn auf diesem Weg begleiten sollte und das er, kaltblütig, wie er war, auch dann nicht aus den Händen gelassen hatte, als der Überfall der Polizei im Restaurant die größte Aufregung hervorrief.
Frank Rio, sein unzertrennlicher Kline, hatte sich nun an das Steuer des
Wagens gesetzt, der Capone davonführte.
Dieser sah auf die Uhr und sagte zu dem Mann seines größten Vertrauens: »Fahre schnell! Ich habe keine Minute zu verlieren, wenn ich pünktlich am Treffpunkt sein will. Wir müssen in die Nähe des Eisenbahnviadukts in der Asher Avenue fahren. Kurz vorher kannst du schon halten. Aber beeile dich, Frank; ich gehöre nicht zu den Leuten, die jemand warten lassen!«
»Wird gemacht, Chef!«, erwiderte Kline lakonisch wie immer.
Es dauerte nicht lange, und sie hatten die Entfernung, die sie von diesem Ort trennte, der sehr einsam und weit entfernt von der City lag, durchmessen.
»Halt, hier!«, rief Capone.
Rio trat auf den Bremshebel und brachte sogleich den Wagen zum Stillstand. Sofort öffnete Scarface die Tür und sprang auf den Bürgersteig.
»Ich werde mitkommen, nicht wahr?«, fragte ihn Frank, seinen Vorschlag als ganz selbstverständlich ansehend.
»Nein!«, widersprach Capone. »Das ist nicht nötig. Du kannst hier auf mich warten für den Fall, dass ich wiederkomme, denn ich habe heute Nacht auch noch woanders etwas zu besorgen!«
»Für den Fall, dass du wiederkommst? Was meinst du damit?«, fragte Kline beunruhigt.
»Na, es könnte ja der Fall eintreten, dass man mich nicht wiederkommen lässt. Das heißt, meine beiden Beine würden dann für immer das Laufen verlernt haben!«, meinte der Schmugglerkönig lächelnd.
»Zum Teufel nochmal! Du stürzt dich in Gefahren, und ich soll dich nicht begleiten?!«
»Das muss ich allein ausmachen! So ist es verabredet, und so muss es innegehalten werden. Ich erwarte von deiner Mannhaftigkeit und von deiner Freundschaft, dass du mir nicht folgst!«
»Alfonso, verlangst du das wirklich von mir?«
»Es ist mein ausdrücklicher Wunsch, mein fester Wille!«
»Nun, dann wollen wir nicht weiter darüber reden. Wenn das so ist, dann bleibt mir nichts weiter übrig, als deinem Gebot Folge zu leisten, wenn ich auch sehr bedauere, dass du dein Leben so aufs Spiel setzt, dass dein Mut dich so weit treibt, dein eigenes Leben für nichts zu achten!«
»Lass nur, Frank. Für die Gefahr bin ich geboren, und wenn das Schicksal meinen Tod will, dann hat sich eben unerbittlich mein Dasein erfüllt zu der Stunde, die das Geschick schon vorher bestimmt hat. Wenn ich nicht wiederkomme, dann führe bitte nach den folgenden Auftrag aus. Fahre zum Eingang des Hyde Parks und warte dort auf die Ankunft von Dion O’Banion. Du kannst ihm dann sagen, dass es nicht mehr nötig ist, mich umzubringen, weil das schon ein anderer für ihn besorgt hat. Nur deswegen, weil ich mein Leben verloren hätte, könnte ich mich nicht mehr mit ihm treffen, um zur Beendigung unserer Feindseligkeiten das verabredete Duell mit ihm auszufechten. Und nun, Frank, noch einen Händedruck!«
Er streckte dem treuen Genossen seiner Kämpfe und Abenteuer die kräftige Rechte hin.
Kline sagte voll tiefer Bewegung: »Ich weiß nicht, ob ich dir die Hand geben soll, denn ich darf dich doch nicht allein lassen. Wie kann ich zugeben, dass du dich in Gefahr begibst, während ich hier untätig sitze?«
»Frank, versuche nicht, mir zu widersprechen! Wenn ich umkomme, kann dir Colosimo erzählen, wer mich auf dem Gewissen hat! Adieu, und dass du dich nicht von hier wegbewegst!«
Und Capone schickte sich an, mit elastischen, leichten Schritten davonzugehen.
»Hör doch, Alfonso …«
»Pst, Ruhe!«, befahl Capone gebieterisch, sich zum letzten Mal umdrehend.
Als Frank Rio ihn davongehen sah, stritten sich in seiner Brust zwei sich widersprechende Gefühle: die Liebe, die er für seinen Meister hatte, und der Gehorsam, mit dem er immer seine Befehle befolgte.
Er machte einen Schritt, blieb aber gleich wieder stehen; er wusste, wie Scarface war, er wusste auch ganz genau, dass dieser es ihm niemals verzeihen würde, wenn er gegen seinen Willen handelte, sich in seine Angelegenheiten mischte.
Mit gesenktem Kopf kehrte er in bedrückter Stimmung wieder zum Wagen zurück und setzte sich auf den Fahrersitz.
Al Capone trug in der linken Hand das kleine Köfferchen, während er die Rechte in die Manteltasche steckte, wo er den Griff einer guten Starpistole packte, deren Magazin gefüllt war; außerdem steckte noch eine Kugel im Lauf, sodass er sofort losknallen konnte, wenn es nötig war.
Der Schmugglerkönig ging langsam weiter, immer ließ er seinen spähenden Blick in die Runde schweifen, alles sahen seine Augen, aus denen die Klugheit leuchtete.
Nun befand sich Al Capone genau unter dem Bogen der Nordbahn.
Auf einmal löste sich von einem der dicken Pfeiler, die die Wölbung der Brücke stützten, ein Mensch los, der bis dahin unsichtbar gewesen war.
Er ging auf den eben Gekommenen zu, ohne die Hand aus der Tasche seines Pelzmantels, der eine kräftige Gestalt umhüllte, herauszuholen.
Es war ein junger Mensch, vielleicht achtundzwanzig Jahre alt, mit glänzendem, dunkelschwarzem Haar wie ein Zigeuner, mit einem bräunlichen Gesicht und dunklen Augen, die hart, durchbohrend blickten und nichts Gutes verhießen.
»Kommst du von Jim Colosimo?«, fragte dieser Mann, der Stefano Cosmano hieß, den vor ihm stehenden Capone durchdringend ansehend.
»Jawohl, Big Jim schickt mich.«
Capone wusste genau, mit wem er es zu tun hatte. Es war der Älteste der Brüder Cosmano, ein Neapolitaner, also ein engerer Landsmann von ihm, der ihn aber fürchterlich hasste, mit dem unglaublichen, tiefen Hass, den die ekelhafte Giftschlange dem stolzen Adler gegenüber verspürt.
Wenn er mich erkennt, knallt er mich über den Haufen, dachte Scarface, der an der Ausweitung der Manteltasche, die die Pistole machte, feststellte, dass Stefano den Lauf seines Revolvers auf seine Brust richtete.
Aber der Neapolitaner erkannte ihn nicht, denn der Vorsicht halber hatte Capone vorher sich durch Maskierung mit einem falschen Bart unkenntlich gemacht.
»Wer bist du?«
»Hast du nicht gehört? Ein Bote von Colosimo. Und bist du ein Abgeordneter der Mafia?«
»Ja!«
»Kannst du mir das beweisen?«
»Gewiss kann ich das. Aber erst nimm mal die Hand aus der Tasche.«
»Das mach du nur zuerst!«
»Hast du Misstrauen? Na schön, wir wollen es beide zu gleicher Zeit machen.«
Und so bewerkstelligten die beiden Männer dieses anscheinend doch einfache Manöver, das ihnen aber unter diesen besonderen Umständen viel Sorge machte.
Nun hielt Cosmano eine Abschrift des Briefes, den die Schwarze Hand an Colosimo gesandt hatte, Capone vor die Augen; sie glich genau dem Schriftstück, das Big Jim zu Hause hatte.
»Genügt dir das?«
»Ja!«
»Hast du das Geld?«
»Natürlich!«
»Her damit!«
»Da!«
Capone hielt ihm das kleine Köfferchen, das er mitgebracht hatte, hin, wobei er es gleichzeitig öffnete und dem anderen zeigte, dass es vollgestopft war mit kleinen Banknoten.
»Hier ist das Geld!«, sagte Scarface nur.
Cosmano, der eine elektrische Taschenlampe angeknipst hatte, blieb mit offenem Mund stehen, als er diese Riesenmenge von Papiergeld sah, das nun in seine Hände übergehen sollte.
»Ist das eine Menge!«, murmelte der Neapolitaner verzückt.
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