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Die Abenteuer des Harry Dickson – Einführung

Die ursprüngliche Pulp-Magazinreihe, aus der später die Figur Harry Dickson hervorging, erschien erstmals im Januar 1907 in Deutschland unter dem Titel Detektiv Sherlock Holmes und seine weltberühmten Abenteuer im Verlagshaus für Volksliteratur und Kunst. Bis Juni 1911 wurden insgesamt 230 Hefte veröffentlicht. In den ersten zehn Ausgaben wurde tatsächlich der Name Sherlock Holmes verwendet. Aufgrund rechtlicher Bedenken wegen möglicher Urheberrechtsverletzungen durch die Anwälte von Sir Arthur Conan Doyle wurde die Serie ab der elften Ausgabe in Aus den Geheimakten des Weltdetektivs umbenannt. Die Hauptfigur trug jedoch weiterhin den Namen Sherlock Holmes, begleitet von einem jüngeren Assistenten namens Harry Taxson – eine Art moderner Dr. Watson.

Ab Oktober 1907 adaptierte der Verleger Fernand Laven sechzehn Ausgaben der deutschen Serie für die französische Zeitschrift La Nouvelle Populaire. Zunächst erschien die Reihe unter dem Titel Les Dossiers Secrets de Sherlock Holmes, ab der zweiten Ausgabe wurde sie in Les Dossiers Secrets du Roi des Détectives umbenannt.

Im Dezember 1927 veröffentlichte der niederländisch-flämische Verlag Roman-Boek-en-Kunsthandel eine niederländische Übersetzung unter dem Titel Harry Dickson, de Amerikaansche Sherlock Holmes. Der Name Harry Dickson war vermutlich eine Kombination aus dem deutschen Harry Taxson (dessen Name in der niederländischen Version zu Tom Wills geändert wurde) und dem australischen Detektiv Allan Dickson, einer Figur des französischen Autors Arnould Galopin. Allan Dickson war bereits 1910 in dem Roman La Ténébreuse affaire de Green Park sowie weiteren Geschichten aufgetreten, in denen er sogar auf einen alternden Sherlock Holmes traf. Die niederländische Reihe umfasste 180 Ausgaben und lief bis Mai 1935.

Im Jahr 1928 beauftragte der belgische Verleger Hip Janssens den belgischen Autor Jean Ray, die niederländische Serie ins Französische zu übertragen, um sie in Belgien und Frankreich zu vertreiben. Die französische Ausgabe unter dem Titel Harry Dickson, le Sherlock Holmes Américain erschien erstmals im Januar 1929 und erreichte bis April 1938 insgesamt 178 Ausgaben.

Schon bald hatte Ray genug davon, die eher durchschnittlichen Originalgeschichten zu übersetzen. Inspiriert lediglich von den Hefttiteln und den eindrucksvollen Titelillustrationen des bekannten deutschen Künstlers Alfred Roloff, der Mitglied der Berliner Akademie war, begann Ray, eigene Geschichten zu verfassen. Die Cover spielten eine entscheidende Rolle für den Erfolg der Serie: Als sie nicht mehr geliefert wurden, wurde auch die Veröffentlichung eingestellt. Da Roloffs Bilder meist Szenen aus der Vorkriegszeit zeigten, obwohl die Geschichten in den 1920er Jahren spielten, ließ Ray seiner Fantasie freien Lauf und schuf eine düstere, zeitlose Atmosphäre, die von Verfall, geheimnisvollen Dörfern und dem Gefühl einer untergegangenen Welt geprägt ist.

Die Abenteuer von Harry Dickson und seinem jungen Assistenten Tom Wills begeisterten Generationen von Lesern. Durch Rays Talent für fantastische Literatur entwickelte sich die Serie zunehmend in eine übernatürliche Richtung, weit entfernt vom rein rationalen Stil der Holmes-Geschichten. Besonders beliebt waren die Ausgaben, in denen Dickson nicht gegen gewöhnliche Kriminelle, sondern gegen übernatürliche Gegner wie gefallene Engel antrat. Was die Geschichten an Logik und Deduktion verloren, machten sie durch spannende Unterhaltung und Fantasie mehr als wett.

In Frankreich genießt Harry Dickson heute einen ähnlichen Kultstatus wie Sherlock Holmes oder Arsène Lupin. Sogar der renommierte Regisseur Alain Resnais plante in den 1960er Jahren eine Realverfilmung, die jedoch nie realisiert wurde.

Quelle:

Wikipedia

(wb)

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