Maud Woolf – Die 13 Tode der Lulbelle Rock
Maud Woolf
Die 13 Tode der Lulbelle Rock
Originaltitel: Thirteen Ways to Kill Lulabelle Rock
Thriller, Science-Fiction, Cyberpunk, Gebundene Ausgabe, Fischer Tor Frankfurt am Main, 27. November 2024, 336 Seiten, 20,00 EUR, ISBN: 978-3596709311, Übersetzung: Ruggero Leo
Klappentext:
Als der 13. Klon einer berühmten Filmschauspielerin hat Lulabelle Rock es nicht leicht. Schon weil sie kurz nach ihrer Geburt eine Pistole in die Hand gedrückt bekommt zusammen mit dem Auftrag, alle früheren Versionen ihrer selbst umzubringen, die in Bubble City unterwegs sind. Was als Marketing-Coup beginnt, nimmt als Killing-Spree seinen Lauf und verwandelt sich, Mord für Mord, in die Suche nach Antworten auf existenzielle Fragen. Was macht uns als Individuum aus? Wie kann man seine Freiheit finden, in einer Welt, in der jede Handlung vorherbestimmt zu sein scheint? Eins ist klar: Am Ende ihrer langen Reise durch die Nacht wird Lulabelle Rock nicht mehr dieselbe sein.
Folgende Ausgangslage: Stell dir vor, du bist der – im übertragenen Sinne – frisch aus dem Ei geschlüpfte Klon einer weltberühmten Filmschauspielerin und dazu nicht eine beliebige Doppelgängerin. Weit gefehlt. Glückwunsch, du bist nämlich das 13. Ebenbild! Unglückszahl, sagst du? Bist du etwa abergläubisch? Also bitte. Sieh es locker. Genieße den leckeren Schirmchendrink und danach schnappst du dir die bereitliegende Wumme, düst ab nach Bubble City und eliminierst die restlichen zwölf. Keine Fragen. Rein in den Wagen und brav die Liste abarbeiten. Assapissimo!
Wäre es nur so profan. Bei näherer Betrachtung sind die übrigen Klone alles andere als gefühlloses Gemüse auf zwei Beinen. Da wäre der Pseudo-Star, die Musikerin, das Partyluder, die Malerin … Für jede etwaige Gelegenheit die richtige Kopie? Scheint so. Aber zu welchen Zwecken? Und wenn dem so ist, welche Stellung nimmt dann Lulabelle Nummer 13 ein?
Welch wilde Ausgangslage. Rückbetrachtend entspringt die Grundidee zu Die 13 Tode der Lulabelle Rock laut Maud Woolf der eigenen Resonanz auf eine Lebensphase, in der ihr mehrere Doppelgängerinnen sehr genehm gewesen wären. Uni, Nebenjob, wenigstens ein bisschen Privatleben … Mitunter wäre es fein, würde jemand – oder mehrere Jemande – die (Drecks-)Arbeiten für einen erledigen. Was direkt die Kernfrage des Buches auslöst: Ist ein Klon nichts anderes als ein fleischgewordener Automat? Was empfinden Klone? Schmerz, Liebe, Sehnsucht? Kreativität?
Ein ebenso philosophischer wie nachdenklicher Gegenpart zum überaus flotten Stil, der einen ab Seite 1 ins bitterkalte Wasser schmeißt und parallel den Feuerwehrschlauch aufdreht. Die Unglückszahl – Lulabelle, dieses glitzerknallbunte Konglomerat aus dem Terminator, Killing Eve und dem Replikantenjäger Rick Decker aus Blade Runner, den bekanntermaßen auch Zweifel an der eigenen Existenz überfielen – grundsympathisch, eben weil ihrer anfänglichen Unwissenheit; weil das Glas noch nicht gefüllt ist. Dafür ausgestattet mit einer Bauernschläue, die ihr regelmäßig aus der Patsche hilft. So lange bis die ersten Zweifel auftauchen; ihre und die Achillesferse des Buches. Vor lauter – pardon – mörderischem Spaß wächst der Autorin der eigene Ehrgeiz über den Kopf. Schnurrte früher der Motor wie eine Katze, klingt es plötzlich zeitweise wie ein mittelschwerer Raucherhusten. Sie findet die Spur, aber es bleiben Kratzer an der zuvor makellosen Karosserie. Doch Maud Woolf muss man keinen Strick drehen, dafür ist ihr unbestreitbares Talent zu kostbar. Wenn überhaupt, dann gebührt dem Lektorat ein ordentlicher Rüffel. Zum Beispiel, weil am Ende Fragen unbeantwortet bleiben oder einfach unter den Tisch fallen. Oder weil man vor lauter Spaß einfach versäumt hat, ein Auge auf die Logik zu werfen?
Spaß. Gutes Stichwort. Trotz seiner Mängel strahlt Die 13 Tode der Lulabelle Rock. Barbie als Amokläuferin in einer modernen Smaragdstadt. Ein beeindruckendes Debüt einer originellen Stimme, das Lust auf mehr macht.
(tsch)