Sagen der mittleren Werra 92
Hinter dem Dorf Waldfisch rechts von der aus dem Werratal nach Eisenach sich hinziehenden Straße finden sich noch die spärlichen Reste zweier Raubburgen, des alten und neuen Ringelsteins. Beide gehörten lange Zeit zu den Besitzungen der Dynasten von Frankenstein, welche sie auch erbaut haben sollen, und wurden der Sage nach von Rudolph von Habsburg oder Adolph von Nassau zerstört. Im 15. Jahrhundert gehörten sie zur Landgrafschaft Thüringen.
Der neue Ringelstein, auch die Altmühle genannt, liegt mehr nördlich von Waldfisch und dichter an der Straße an einem kleinen Felsvorsprung. Er ist noch mit einem ziemlich tiefen Graben nach der Talseite hin umgeben. Der alte Ringelstein liegt höher hinauf in östlicher Richtung von jenem im Gebirge auf einem Vorsprung am Fuß des hohen Kießels (Kießlings) und wird nur durch ein kleines Tal, in welchem der Bruitborn (Brautborn) quillt, von jenem Berg getrennt. Die ehemalige Ringmauer schloss sich an eine 20 Schritt lange, 12 Fuß breite und ebenso hohe in das Urgestein gehauene Einfahrt an, hinter welcher der breite, nun ausgefüllte Wallgraben lag. Der eigentliche Burgplatz ist ein Oval von 32 Schritt in die Länge und 15 in die Breite, in dessen Mitte sich noch eine in den Felsen gehauene, nun fast ganz ausgefüllte Vertiefung, wahrscheinlich der ehemalige Ziehbrunnen zeigt. Ein Landmann aus Waldfisch teilte mir Nachstehendes über die beiden Ringelsteine mit:
»Ich glaube von dem ganzen Kram, mit dem man sich hier herumträgt, weiter nichts, als dass, Gott mag es wissen, vor vielen hundert, meinetwegen auch wohl tausend Jahren ein sogenannter Ritter den alten Ringelstein erbaute und vielleicht auch meinetwegen den neuen oder die Altmühle, wie wir es dort heißen. Woher jedoch das vornehme Gesindel gekommen und wie sie geheißen, das weiß von uns niemand; dass es aber gottheiloses Volk, Raubzeug und Taschenklopfer gewesen, die niemanden ungerupft und in Frieden vorüberziehen ließen, und wenn sie meinetwegen ausritten, ihren Pferden die Eisen verkehrt aufschlugen, das weiß hier noch jedermann. Wann und wie das Schloss nun meinetwegen zerstört wurde, das weiß auch wieder keiner.«