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Der Welt-Detektiv Band 6

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Sagen der mittleren Werra 80

Vom Eselsfuß

Ungefähr in der Mitte zwischen Liebenstein und Bairode bezeichnen zwei Felsen, gleichsam Torsteine, den Eingang zum Thüringer Tal. Zwischen diesen mitten im Waldweg und von einer nahen Quelle überrieselt, erhebt sich ein dritter nur wenig über den Boden. Jene werden der Katzenstein und der Eselssprung und dieser wegen der in den Porphyr eingedrückten Fußtapfen eines Tieres der Eselsfuß genannt. Er ist zugleich der Markstein der hier zusammentreffenden Fluren von Bairode, Liebenstein und Steinbach.

Mit Lächeln erzählt das Volk von ihm die seltsame Sage, dass der Heiland auf seinem Esel von den Pharisäern verfolgt, hier von dem Felsen herab auf die Platte gesprengt sei, allwo dann der Esel seine Fußtapfen zurückgelassen habe.

Von der Höhle am Eselsfuß

Zu dem alten Schlosser Timme auf dem Sauerborn, so erzählt der alte Fuchs zu Bairode, kam am Johannisabend ein Venediger und bat dringend um Herberge. Da aber der Mensch von der langen Reise ziemlich bloß und abgerissen war und sein ganzes Hopphöhe1 nur in einem leeren Sack bestand, so nahm ihn Timme nur auf wiederholtes Bitten endlich auf, wunderte sich aber nicht wenig, als der Fremde am anderen Morgen ohne Dank und Abschied auf- und davongegangen war. Gegen Abend jedoch trat plötzlich der Venediger mit vollem Sack auf dem Rücken wieder in das Haus des Schlossers und bat nochmals um Herberge. Am anderen Morgen dankte er und schied in seine Heimat.

Gerade so ging es ein Jahr darauf, nur dass diesmal der Venediger der Schlossersfrau einen schönen, seidenen Halslappen zum Geschenk mitbrachte und dabei nochmals um Aufnahme für das nächste Jahr bat. Als die Zeit herum war, stand auch richtig unser Venediger wieder auf der Schwelle des Schlossers und sprach denselben für das letzte Mal um Herberge an. Nachdem ihm diese zugesagt war, nahm er den alten Timme beiseite und teilte ihm mit, er habe nun in den hiesigen Bergen so viele Reichtümer geholt, dass, wenn er seinen Sack noch einmal gefüllt habe, er in seiner Heimat als glücklicher und reicher Mann leben könne. Nun aber sei auch die Zeit gekommen, wo er ihm für seine uneigennützige Gastfreundschaft lohnen wolle. Der Schlosser solle deshalb am anderen Morgen mit in die Berge gehen, dort würde er ihn an den Platz führen, wo noch so viel Gold zu finden sei, dass auch er mit den seinen reich und glücklich werden könne. Der Schlosser war’s zufrieden und machte sich in der Nacht mit dem Welschen auf den Weg.

Als sie den Eselsfuß erreicht hatten, blieb der Venediger stehen, deutete auf eine Pforte in den Berg, die der alte Timme, obwohl er schon mehr als hundert Mal am Eselsfuß gewesen war, noch nie gesehen hatte, und sprach: »Sieh, Freund, durch diese Pforte gelangen wir in eine Höhle des Berges. In der finden wir den Goldsand. Du darfst aber nicht erschrecken, du magst auch sehen und hören, was du willst, gehe nur immer dreist hinter mir drein, es kann dir kein Leid geschehen.«

Mit diesen Worten steckte der Venediger einen Schlüssel in die Pforte, die sprang auf und die beiden traten ein.

Kaum waren sie einige Schritte vorwärts, da gruselte es auch schon dem Schlosser so arg, dass er sich vor Angst nicht mehr zu retten wusste, rasch umwandte, über Hals und Kopf wieder ins Freie stürzte und nach Hause eilte.

Als sich endlich gegen Abend der Venediger mit gefülltem Sack auch dort einstellte, war er sehr ärgerlich und schalt den Schlosser einen furchtsamen Toren, der Frau aber schenkte er ein großes Goldstück. Am anderen Morgen schied er auf Nimmerwiedersehen in seine Heimat.

Die Pforte zu der Höhle am Eselsfuß hat aber niemand wieder zu Gesicht bekommen.

[1] Hab und Gut

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  1. Hab und Gut