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Sagen der mittleren Werra 67

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Vom Schatz auf dem Rittergut

Rechts von dem aus Steinbach nach Ruhla führenden Fußweg, und zwar da, wo er aus dem Kalwichsgrund (Kaltenbachsgrund) in die Altensteiner Straße mündet, und zwischen dem weiter hinauf an den Luthergrund sich anschließenden Birkicht heißt es das Rittergut, weil dort auf einer etwas erhöhten Stelle des Tals vor dem Dreißigjährigen Krieg ein Edelhof gestanden hatte. Hier soll der Sage nach noch ein reicher Schatz in der Erde liegen, der sich dann und wann Glückskindern zeige.

a) Von der Kanne mit Laub

Ein Steinbacher Mädchen, das dort oben auf einer der Wiesen im Heumachen gewesen war, fand beim Heimgehen in der Mittagsstunde eine mit Laub gefüllte, hölzerne Kanne auf dem Rittergut. In der Meinung, dass sie von einigen weiter unten noch mit Mähen beschäftigten Männern vergessen worden sei, nahm das Mädchen die Kanne, um sie jenen zuzustellen, zu sich. Da sie ihm aber während des Tragens immer schwerer zu werden schien, öffnete es den Deckel und schüttete das darin entdeckte frische Laub auf die Wiese. Da die Mäher aber nichts von der Kanne und ihrem Inhalte wissen wollten, so nahm sie das Mädchen vollends mit nach Hause, um sie dem sich meldenden Eigentümer zurückzugeben. Hier aber schien es ihm, als wenn etwas in der Kanne klappere. Es stürzte sie daher um und sah zu seinem größten Erstaunen nun ebenso viele Dukaten in die Stube rollen, wie es vorher noch Laubblättchen in der Kanne gesehen hatte. Nun erst fiel es ihm bei, dass es die Kanne auf dem Rittergut fand und sie ihm während des Tragens immer schwerer geworden war. Es lief daher eilends und jagend zurück und suchte überall auf der Wiese, wo es das Laub ausgeschüttet hatte. Sein Mühen war aber vergebens. Es hatte einen Reichtum unbewusst verschmäht, mit dem es ganz Steinbach hätte auskaufen können.

b) Von den drei silbernen Leuchtern

Ein anderes Mal kam ein Mädchen oben von der Glasbach. Dies sah, als es eben den Seitenweg nach Steinbach einschlagen wollte, drüben auf dem Rittergut drei prächtige, silberne Leuchter in der Sonne glitzern, ging darauf los, hob einen derselben auf, betrachtete ihn eine Weile kopfschüttelnd und sprach dann verwundert: »Hm! Wer mag die dahingestellt haben?«

Doch kaum waren die Worte über die Lippen, als es zu seinem Entsetzen gewahrte, dass es nun statt des kostbaren Leuchters einen silberfarbigen Pilz in der Hand hielt, die beiden anderen aber spurlos verschwunden waren. Nun erst fiel es ihm ein, dass es auf dem Rittergut war, und da es ihm gruselte, warf es den Pilz weit von sich und machte, dass es davonkam.

c) Die Schatzgräber

Einige Steinbacher, die auch um den großen Schatz auf dem Rittergut wussten, aber das rechte Fleck, wo er festsaß, nicht kannten, weil die Schätze alle sieben Jahre durch ihre tückischen Hüter fortgerückt werden, gewannen einen der Wünschelrute kundigen Bergmann, dass er ihnen zu den Reichtümern verhelfe. Die gingen dann zusammen eines Tages zur guten Stunde zu dem Platz. Der Bergmann ließ die Wünschelrute schlagen und diese zeigte bald die richtige Stelle. Sie gruben nach, und als sie nach vielen Mühen endlich auf den Kessel stießen, da wurden sie plötzlich durch ein ungewöhnliches Läuten der Steinbacher Glocken in ihrer Arbeit gestört. Mit Schrecken dachten sie an einen Brand daheim, griffen aber auf ein Zeichen des Bergmanns wieder zu Hacke und Schaufel, und bald darauf stand dann auch der Schatz, ein Kessel voll blinkenden Goldes, vor ihren Augen. Schon wollten sie nach dem Henkel greifen, als sie auf einmal ein arges Lärmen und Schreien, als ob die ganze Gemeinde im Anzug sei, auf dem Weg von Steinbach her vernahmen. Sie schauten sich hastig um und sahen diese wirklich heranziehen, den Ortsvorstand an der Spitze, der ihnen mit dem Geschrei »Hallo! Fangt sie, die verfluchten Schatzgräber und Geisterbeschwörer!« immer näher auf den Leib rückte. Vor Angst und Schrecken ließen diese alles im Stich und stürzten mit dem Ruf »Reißt aus!« dem Birkicht zu. Im nämlichen Augenblick aber verschwand der Schatz mit einem Krachen, als wäre der Berg hinter ihnen eingestürzt, und hinter diesem ertönte ein gellendes Gelächter. Die Schatzgräber standen wie in den Boden gewurzelt; von der Gemeinde und dem Vorstand war nichts mehr zu sehen und zu hören, und so sahen sie denn bald ein, dass sie von dem bösen Geist, der den Schatz bewachte, gehörig gefoppt worden waren.