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Der Welt-Detektiv Band 6

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Deutsche Märchen und Sagen 174

Johannes Wilhelm Wolf
Deutsche Märchen und Sagen
Leipzig, F. A. Brockhaus, 1845

229. Trappler zu Coolscamp

Zu Coolscamp bei Lichtervelde liegt eine weite Haide, Stuifoen genannt. Durch dieselbe führt ein Weg, der nun sehr viel gebraucht ist, vor etwa fünfzig Jahren aber so sehr gescheut wurde, dass kein Mensch es wagte, denselben gegen Abend und noch weniger nachts zu betreten, und dies darum, weil sich dort ein Nachtspuk aufhielt. Nie oder selten nahm der Geist eine Gestalt an, man hörte ihn nur, und zwar trappelte er stets in der Nähe herum, wovon er auch den Namen der Trappler erhielt. Seit undenklichen Zeiten trug er den schon, aber noch keiner hatte den Spuk gesehen. Das war einem betrunkenen Bauern aufbehalten, der eines Nachts, des erwähnten Weges kommend, das gewöhnliche Getrappel hörte und rief: »Was trappelst du denn da ewig herum? Komm doch und lass einmal sehen, wer du bist.«

Kaum hatte der Mann die Worte aus dem Mund, als der Geist in Gestalt eines Pferdes sonder Kopf erschien, ihn zu Boden warf und dermaßen auf ihm herumtrappelte, dass man ihn am anderen Tag mehr tot denn lebendig auf der Stelle fand.

230. Klopfer

Auf einer berühmten Akademie in Deutschland hat sich Folgendes zugetragen: An die Tür einer Studentenkammer hörte man jeden Tag zu einer gewissen Stunde klopfen, konnte aber nie etwas sehen, auch geschah keinem ein Leid dadurch. Schwieg man nach dem ersten Klopfen und rief man nicht »Herein!«, dann war es still und klopfte nicht weiter. Rief man aber »Herein!«, dann klopfte es abermals. Die Studenten wussten das und achteten deshalb nie darauf. Es geschah aber, dass ein anderer Student die Kammer bezog. Als der am ersten Tag am Studieren saß, klopfte es zur bestimmten Stunde. Da er nicht anders denken konnte, dies sei einer seiner Kameraden, so rief er sein »Herein!« Doch da klopfte es wieder und hielt sich am Klopfen, so oft er »Herein!« rief.

Endlich wurde er dessen müde und schrie wütend: »Komm denn in des Teufels Namen herein!«, sprang zugleich auf und ging mit dem bloßen Degen in der Hand zur Tür, welche er aufriss. Doch im selben Augenblick erhielt er von unsichtbarer Hand eine sehr fühlbare Ohrfeige. Noch zorniger und vornehmlich darum, weil er niemand sah, schlug er mit dem Rapier nach allen Seiten um sich, ob er etwa den unsichtbaren Schläger treffen könnte, doch da klatschte es ihn zum zweiten Mal auf den Backen. Dadurch klug gemacht, trat er schnell rückwärts und schloss die Tür, hatte sich auch seit der Zeit nicht weiter mit dem Klopfer bemüht.