Jim Buffalo – 17. Abenteuer – Kapitel 1
Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922
Die eiserne Frau
Das 17. Abenteuer Jim Buffalos
1. Kapitel
Eifersucht
Wir führen unsere Leser zum Fischerdorf in der Nähe von Valencia, der Küstenstadt am Mittelmeer. In den letzten Wochen hatten die valencianischen Fischer eine reiche Ausbeute gemacht und dieses frohe Ereignis wurde nach altem Brauch gebührend gefeiert.
Die Señores und die Señoritas schwenkten sich im Kreis. Sie tanzten nach dem Takt der Kastagnetten und ein Jauchzen und eine Luft herrschte überall, als ob die Welt nur aus einer langen Kette von Festtagen bestehe.
Das fröhliche Völkchen bestand nur aus Fischern und Fischerinnen, die sich in hellem Übermut ergingen. Es war eines jener spanischen Volksfeste, wie sie mit den Gebräuchen und Sitten der Südländer auf ewig verwachsen sind.
Man trank feurigen spanischen Wein und war lustig und guter Dinge.
Die Fischer waren ausschließlich prächtige Gestalten und wenn das Sprichwort von dem spanischen Stolz je zutraf, so war es bei den Bewohnern dieses Länderstriches.
Jeder Einzelne dünkte sich als ein Grande, d.h. ein Großer. Die Armut drückte diese Leutchen nicht. Sie trugen den breiten Kalabreser genauso vornehm und stolz wie ein Graf.
Auch den Fischerfrauen und Mädchen gegenüber waren sie von bezaubernder Liebenswürdigkeit, wahrscheinlich, diese Liebenswürdigkeit war diesem Geschlecht angeboren, denn anders konnte es nicht sein. So etwas war nicht anzulernen.
Freilich kam auch bei solchen Festen das heiße Blut zur Geltung und es war noch nicht entscheiden, ob nicht auch in diesem Fall irgendeine Messerstecherei dem Fest ein Ende bereitete.
Die Vorbereitungen waren gegeben. Es handelte sich um die schöne Vienca, die zwei Kavaliere hatte, die sich gegenseitig hassten. Schuld war eigentlich die schöne heißblütige Vienca, die Tochter der verwitweten Frau Varmas.
Diese Señorita gefiel sich darin, die beiden Rivalen gegenseitig scharf zu machen. Sie hatte bald den einen bei sich, bald den anderen. Es schien, als ob sie alle beiden liebe und sich nicht entscheiden könne, wem sie ihre Gunst gewähren solle.
Doch die Eingeweihten wussten Bescheid.
Der Schönere und Ritterlichere war unstreitig der Fischer Toledo, ein kraftvoller prächtiger Bursche mit dickem schwarzem Haar und einem Wuchs wie ein Adonis. Sein männlich schönes Gesicht war wert, bildlich verewigt zu werden.
Und in der Tat waren auch schon viele Maler in dem Fischerdorf gewesen und hatten Toledo als Modell benutzt. Er ließ sich malen, denn es wurde gut bezahlt und die Fische draußen im Meer warteten, bis es ihm gefiel, sie zu fangen.
Diesen Toledo hatte die schöne und kokette Vienca der sanften Maria abspenstig gemacht. Maria galt ursprünglich als die Verlobte Toledos, aber seit der junge feurige Fischer wusste, dass Vienca ihm nicht abhold war, begann er, die Braut zu vernachlässigen.
Wo er Vienca traf, gehörte sie ihm. Er nahm sie in den Arm und sie konnte sich nur mit Mühe seiner Liebkosung erwehren.
Vienca hatte in letzter Zeit mitunter eine Ahnung, als ob sie ein gefährliches Spiel treibe, denn sie wusste, dass ein Mann wie Toledo sich nicht ungestraft betrügen oder an der Nase herumführen ließ.
Aber sie hatte sich einmal in das Abenteuer hineingewagt und musste nun sehen, wie sie wieder herauskam.
Er gefiel ihr schon, aber sie musste sich gestehen, dass ein gut Teil Neid dabei gewesen war, als sie anfing, mit Toledo zu kokettieren. Sie gönnte diesen stattlichen Burschen nicht der sanften Marie. Sie sah deren Tränen nicht, denn sie hatte ein leichtsinniges Gemüt.
Da war außerdem noch der Sohn des Besitzers einer Mühle, die sich ganz in der Nähe befand. Seine Kleidung bestand aus echtem Tuch und an den Fingern trug er verschiedene schwere goldene Ringe.
Dieser junge Mann hieß Armand. Um ihn anzufeuern, hatte sich Vienca in das Abenteuer mit dem Fischer Toledo eingelassen. Und ihre Absicht gelang auch.
Armand, nicht so stattlich wie Toledo, fing viel rascher Feuer, als er merkte, dass er einen Nebenbuhler bekam. Wenn er auch seinen Reichtum in die Waagschale zu werfen vermochte, so wusste er doch, dass er im Aussehen nicht im Entferntesten mit Toledo zu konkurrieren vermochte.
Er hasste den jungen Fischer und dieser betrachtete ihn mit finsteren Blicken, wenn er in der Nähe der schönen Vienca auftauchte.
Heute auf dem Volksfest fehlten nicht viel und die beiden Nebenbuhler während Dank des Verhaltens Viencas zusammengeraten. Die Messer saßen bei beiden bedenklich locker im Futteral.
Vienca hatte soeben ihren wundervollen Tanz beendet und die Zuschauer klatschten rasenden Beifall.
Sie wollte abseits treten, da stand plötzlich Armand an ihrer Seite und riss sie in seinen Arm.
»Du tanzt jetzt mit mir, Vienca«, flüsterte er heiß.
Sie blickte ihn mit hochgehendem Busen an. Ihre roten Kirschenlippen leuchteten wie die Granatblüten in ihrem blauschwarzen seidenglänzenden Haar.
»Wenn ich will«, sagte sie trotzig.
Gleichzeitig entschlüpfte sie ihm. Er biss sich auf die Lippen und wollte sie haschen, doch im nächsten Moment stand eine große breitschultrige Gestalt zwischen ihnen.
Es war Toledo. An seiner mächtigen Gestalt prallte Armand ab.
Der reiche Müllersohn biss sich auf die Lippen. Er blickte seinen Nebenbuhler hassfunkelnd an.
»Gib den Weg frei«, forderte er drohend und eine Hand griff nach dem Stilett.
Aber Toledo war auf seiner Hut. Er fasste blitzschnell das Handgelenk seines Nebenbuhlers und wand ihm die Waffe aus der Hand.
Armand musste unter dem Hohngelächter der anderen abziehen, denn bei diesem Völkchen imponiert nichts so sehr als die brutale Kraft.
Und nun riss Toledo den Arm der schönen Vienca an sich und ging mit ihr weiter.
Sie blickte in Furcht und Liebe zu ihm auf.
»Du«, sagte er drohend, wobei er mit den weißen Zähnen knirschte, »das lasse ich mir nicht länger gefallen, denn du gehörst zu mir. Hüte dich, ein Doppelspiel zu treiben. Ich will dich besitzen und in Kürze heirate ich dich.«
»Und Maria«, fragte sie mit leisem Beben in der Stimme. Sie bereite ihr Doppelspiel, denn zum Heiraten hatte sie sich den reichen Armand viel lieber gewünscht. Sie wollte nicht leben, wie die anderen Fischerfrauen, die vom Morgen bis zum Abend vor den Häusern saßen und die Netze knüpften.
Aber sie musste gute Miene zum bösen Spiel machen, denn mit Toledo war nicht zu spaßen. Das wusste sie.
Sie ließ sich von ihm zu dem Berg führen, wo die alte Burg stand. Hier oben waren lauschige Winkel und Höhlen.
Toledo riss sie unterwegs in seine Arme. Er suchte ihren Mund und entrang ihr das Jawort zur Heirat.
Währenddessen suchte unten Armand sich anderen Zeitvertreib. Er hatte sich mit einer Anzahl Burschen angefreundet, von denen er sonst nichts wissen wollte und traktierte sie mit Wein.
Da sah er die unglückliche Marie traurig auf einer Bank sitzen. Er trat auf sie zu und redete sie an.
»Du trauerst um deinen Herzallerliebsten«, sprach er zu ihr und lachte höhnisch.
Sie blickte unmutig zu ihm auf und biss die Zähne herzhaft zusammen, denn sie wollte mit ihrem Kummer allein sein.
»Ich trauere nicht«, sagte sie und erhob sich. Er aber ließ sie nicht aus den Augen und verfolgte sie. Er hatte eine Entdeckung gemacht, die nicht ohne Interesse für ihn war.
Er sah mit einem Mal ein, dass Marie nicht minder Vorzüge besaß als die kokette Vienca; wohl war sie nicht von deren blendenden Schönheit, aber ohne Zweifel war sie eine der lieblichsten Mädchenknospen, die man sich denken konnte. Und dann hatte sie einen Vorzug: Sie war treu wie Gold.
Als Armand zu dieser Erkenntnis gekommen war, machte er Marie rasend den Hof. Sie entzog sich wie betäubt seinen Huldigungen und beide verschwanden jenseits des Festplatzes im Grünen.