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Nick Carter – Ein fingierter Einbruch – Kapitel 4

Nick Carter
Amerikas größter Detektiv
Ein fingierter Einbruch
Ein Detektivroman

Ein Stündchen beim Chef der Kriminalpolizei

Es hatte nur der Dazwischenkunft und freundlichen Zusprache Nick Carters bedurft, um die in dem jungen Policeman schlummernden Fähigkeiten zur Entfaltung und ihn selbst aus dem lethargischen Gemütszustand zu bringen, in welchen die Erkenntnis der verhängnisvollen Folgen seines dienstlichen Übereifers ihn versetzt hatten. Seine Überführung zum Polizeihauptquartier in einem geschlossenen Wagen wurde mühelos bewerkstelligt und griff ihn auch nicht sonderlich an, zumal er über eine außerordentlich kräftige Konstitution verfügte und der Gedanke, die am Morgen erlittene Schlappe wieder gutmachen zu können, ihn die immer wieder einsetzende Schwäche siegreich überwinden ließ.

Bald darauf sah sich Mullen in einem behaglichen Lehnsessel ausgestreckt, und zwei Beamte waren damit beschäftigt, ihm auf Nick Carters Geheiß die nach vielen Tausenden zählenden Bildkarten vorzulegen.

»Nur keine Überstürzung«, ermahnte ihn der Detektiv, ehe er wieder aufbrach. »Vor Nachteinbruch haben Sie drei gute Bekannte gefunden. Was wetten wir?«

Mullen machte große Augen.

»Ich werde mir alle Mühe geben, Mr. Carter!«, versicherte der Policeman. »Ihr freundlicher Zuspruch hat mich wieder zum Mann gemacht!«

Nick Carter nickte ihm freundlich zu und begab sich ungesäumt in das Privatzimmer des Chefs der Geheimpolizei, Inspektor McClusky.

»Well, Nick, gut dass du kommst!«, empfing der Inspektor den vertrauten Freund, indem er auf einen offenen Brief in seiner Hand wies. »Schöne Geschichten, die man da über Nick Carter zu hören bekommt!«

»Ich soll doch nicht etwa silberne Löffel gestohlen haben?«, scherzte der Detektiv, indem er sich dem anderen gegenüber niederließ. »Doch schieß los, was hast du auf dem Herzen?«

»Nun, ich habe soeben ein langes Schreiben von Mr. James Wilson, dem Präsidenten der North American Bank, erhalten, in welchem er über deine Aufführung bittere Beschwerde führt. Du sollst ihm nicht nur deinen Beistand behufs Entdeckung der Bankräuberei versagt, sondern ihm dürr ins Gesicht gesagt haben, dass du ihn selbst für den Täter hältst … Ich muss sagen, das ist genial!«

»Das weniger, aber es ist teilweise wahr!«, warf Nick lächelnd ein.

»Well, dann hat Wilson mit seiner Behauptung wohl recht, dass er dich irrtümlich für den größten jetzt lebenden Detektiv gehalten habe. In Wirklichkeit seist du aber nur ein verkappter Narr!«, scherzte der Inspektor.

»Großartig! Ich muss den Mann nicht schlecht geärgert haben!«, konstatierte Nick, sich behaglich im Sessel zurücklehnend.

»Erlaube mal!«, entgegnete McClusky eifrig. »Weißt du auch, was der Mann von mir verlangt?«

»Genau das, wozu mein Benehmen ihn reizen sollte!«

»Und das wäre, verehrter Freund?«

»Hm, man soll sich nie dümmer stellen, als man leider ohnehin schon ist! Der Mann wünscht die Zuweisung eines Detektivs von der Zentrale, da er und seine Direktoren mit Nick Carter nichts mehr zu tun haben wollen.«

»Nun, dann hast du deine Absicht erreicht, denn das gerade verlangt er von mir!«, bemerkte McClusky trocken, den Freund kopfschüttelnd dabei anschauend.

»Famos, George! Nun will ich dir auch sagen, wen du schicken sollst!«

»Das zu hören, bin ich wirklich neugierig.«

»Mich sollst du schicken!«, bemerkte Nick Carter gelassen.

»Wen – dich?« Der Inspektor stutzte zuerst und brach dann in ein herzhaftes Lachen aus. »Wenn da nicht wieder ein echter Nick Carter-Trick dahintersteckt!« Er drohte schalkhaft mit dem Finger. »All right!«, meinte er dann, ernsthaft werdend. »Du sollst deinen Willen haben! Ich kann mir schon denken, was du damit bezweckst. Wilson ersucht mich, ihm über den Fernsprecher mitzuteilen, wann er den Besuch meines Mannes erwarten darf … Nun, was soll ich ihm ausrichten?«, fragte der Inspektor, indem er nach dem Hörrohr seines Tischapparates griff.

Nick saß mit lässig übereinandergeschlagenen Beinen und spielte mit den Quasten der Tischdecke. »Sage ihm, du seiest über Nick Carters merkwürdiges Benehmen höchst entrüstet und würdest dir den Mann vornehmen, sobald du ihn zu sehen bekämest … Hörst du, George? Weiter sagst du, dass du einen verlässlichen Mann zur Hand hättest, der zur Übernahme der Sache wie geschaffen und auch bereit wäre.«

»Aha! Ich rieche Lunte! Welchen Namen soll ich angeben?«

»Welchen du willst. Alles andere überlasse ich dir, George!«

Mit einem verschmitzten Lächeln drehte der Inspektor an der Kurbel. »Hör zu, Nick, und richte dein Verhalten nach meinen Worten ein!«

»Schon recht … Nun mache den nötigen Schaumschlag! Der Mann muss gut eingeseift werden!«, brummte der Detektiv gelassen.

Eine Minute später war McClusky, der mit bereitgehaltenem Hörrohr saß, mit dem Bankpräsidenten verbunden.

»Mr. Wilson?«, begann die Unterredung. »Hier Inspektor McClusky. Ich erhielt Ihren Brief, Mr. Wilson. Nick Carters Aufführung erscheint mir unverständlich … Ja, ja, ganz recht, mir sind auch schon Zweifel über seinen Geschäftszustand aufgestiegen.« Er warf einen humoristischen Blick auf den Freund, der Miene machte, als ob er dem Polizeigewaltigen ein Buch an den Kopf werfen wollte. »Verlassen Sie sich darauf, ich werde mit ihm Rücksprache halten … Ja, ich denke, ich kann Ihnen einen äußerst tüchtigen Mann schicken … Nein, der gehört der Zentrale nicht an … Nein, kein New Yorker, sondern er kommt aus London und gehört dort zur Scotland Yard-Zentrale. Er weilt hier, um unsere Einrichtungen kennenzulernen und möchte gern sein Licht leuchten lassen … Gewiss, ich kann ihn durchaus empfehlen … Nein, nein, Mr. Wilson, er kennt New York gründlich, just so gut wie ich auch! … Sein Name? Das hatte ich ganz vergessen. Er heißt Bob Hopkins … Wie? … Nein, nein, er ist viel bescheidener als sein berühmter New Yorker Kollege.«

Hier musste sich der Inspektor notgedrungen unterbrechen, weil Nick rückwärts an ihn herangetreten war und einen freundschaftlichen Erwürgungsversuch machte.

»Wie meinen Sie, Mr. Wilson?«, rief er dann wieder in den Apparat. »Ich schicke ihnen den Mann … Vielleicht um spätestens halb vier Uhr ist er bei Ihnen … Gut so! Good bye!

Nun, Mr. Bob Hopkins?«, wendete er sich lächelnd an Nick, nachdem er den Apparat wieder abgestellt hatte. »Dein neuestes Wildbret ist also ein waschechter Bankpräsident?«

»Das ist schon möglich!«, versetzte Nick bedächtig, der wieder Platz genommen hatte. »Mullen ist gerade dabei, das betreffende Bild im Verbrecheralbum herauszusuchen … Ich kann dir Mullen empfehlen. Der Mann ist für den Straßendienst zu schade, nimm ihn hierher in die Zentrale. Was Mr. Wilson anbelangt, so ist ihm noch der Lockstep geläufig.«

»So, so!«, meinte der Inspektor gedehnt. »In der Regel erlernen den unsere Bankpräsidenten erst, wenn sie sich unfreiwillig von der schweren Bürde ihres einträglichen Amtes getrennt haben. Hier scheint es umgekehrt zu sein.«

»Die Ausnahme bestätigt die Regel!«, meinte Nick lachend. »Trügt mich nicht alles, so wird Wilson bald ausgiebige Gelegenheit erhalten, von seiner früheren Fertigkeit zu profitieren, falls man ihn nicht höflichst einlädt, im elektrischen Stuhl Platz zu nehmen. Ich fürchte, er wird sich dazu bequemen müssen.«

»So sicher sind wir schon?«, fragte McClusky. »Na, dann gute Nacht, Herr Bankpräsident!«

»Lieber Freund, so weit sind wir noch nicht!«, widersprach Nick. »Ich gestehe freimütig, ich halte den Mann jeglicher Schandtat für fähig, und mein Gefühl – du magst es auch kriminalistische Witterung nennen – sagt mir, dass er der wirkliche Bankräuber ist. Doch mit Vermutungen ist der Jury nicht gedient, sie will Beweise haben. An denen hapert es vorläufig noch sehr, und wir haben es außerdem mit einem so schlauen wie gefährlichen Mann zu tun, der es meisterlich verstanden hat, allen und jeglichen Verdacht auf Dritte abzulenken. Einen wichtigen Beweis gegen ihn habe ich schon halb und halb. Er hat die 350.000 Dollar zur Abhebung für einen Kunden bereitlegen lassen, scheint nun aber nicht in der Lage zu sein, diesen namhaft machen zu können. Trifft meine Vermutung zu, so steht er mindestens in eigentümlicher Beleuchtung da … Doch davon wollte ich nicht mit dir sprechen!«, unterbrach er sich. »Mir lässt diese rätselhafte Ambulanzgeschichte keine Ruhe.«

»Wieso das?«, fragte der Inspektor.

Nick gab nicht gleich eine Antwort. Er war aufgestanden und ging mit auf dem Rücken zusammengelegten Händen im Raum auf und nieder.

»Je länger ich über die Sache nachdenke, desto mehr erscheint mir unser Fall von langer Hand vorbereitet«, bemerkte er wie in halblautem Selbstgespräch. »Der Nachtwächter sollte sterben, vielleicht auch Mullen … Aus einem Banklokal lassen sich Leichen Ermordeter schwer fortschaffen, es sei denn in aller Morgenfrühe und unter Zuhilfenahme einer Ambulanz. Ein derartiges, gewissermaßen amtliches Fuhrwerk wird auch mit der unheimlichsten Last nicht beanstandet oder gar aufgehalten, zumal wenn neben dem Kutscher ein Policeman in voller Uniform sitzt. Hm, hm, der Einfall ist genial zu nennen! … Aber er ist auch gefährlich, denn Ambulanzen sind keine gewöhnlichen Fuhrwerke, sondern sie ziehen die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich.«

»Das will ich wohl gern glauben!«, schaltete der Inspektor ein. »Wo eine solche auftaucht, ist auch schon die liebe Jugend dahinter her!«

»Auf diese Eigentümlichkeit des New Yorker Publikums müssen wir fußen. Wir wissen, dass die Ambulanz nach der oberen Stadt in der Richtung nach dem Broadway davonfuhr. Ich möchte dich bitten, ungesäumt deine ganze Mannschaft aufzubieten. Wir müssen wissen, welchen Weg die Ambulanz genommen hat.«

»Aha, mein berühmter Freund hält uns von der Zentrale mal wieder für Schlafmützen!«, scherzte der Inspektor gutmütig. »Unbesorgt, meine Jungen sind schon unterwegs, und ich hoffe, bald Gewissheit zu bekommen. Mehr noch!«, setzte er hinzu, neben den Freund tretend und diesem die Hand auf die Schulter legend. »Wir haben bereits in Erfahrung gebracht, dass von sämtlichen über die verschiedenen Hospitäler verteilten Ambulanzen gegenwärtig drei in Reparatur gegeben sind. Alle anderen Ambulanzen kommen nicht infrage, denn sozusagen ist deren Alibi nachgewiesen.«

»Alibi ist gut – besonders bei herumirrenden Ambulanzen!«, meinte Nick Carter. »Doch Ihr habt tüchtig vorgearbeitet, wie ich sehe … Kam nicht eine zu diesem Zweck extra hergerichtete Ambulanz zur Verwendung, so dürfte es sich um einen der drei in Reparatur befindlichen Krankenwagen handeln.«

Der Inspektor hatte wieder Platz genommen, nun bot er dem Freund eine duftende Regalia an und zündete sich selbst auch eine solche an.

»Wenn Mullen die Wahrheit gesagt hat, dann werden wir bald wissen, woran wir uns zu halten haben. Meine Jungen spüren den Weg, den die Ambulanz genommen hat, auf – wenn überhaupt eine solche fuhr.«

»Das bezweifle ich nicht!«, warf Nick ein. »Mullen sprach die lautere Wahrheit, und er ist ein heller Kopf, der scharf beobachtet. Lass es dir gesagt sein!«

»Also steht deine Meinung fest, Wilson hat seine eigene Bank beraubt?«

»Ich wollte, die Beweise ständen so fest wie meine Meinung!«, rief Nick energisch. »Sieh, Inspektor, die Sache ist einfach die. Das der Bank geraubte Geld – 350.000 Dollar in allem – war zurechtgelegt für einen angeblichen Kunden. Dieser Kunde existiert nicht, das ist jetzt schon so gut wie erwiesen. Wilson gesteht zu, dass von dem Vorhandensein des Geldes nur er und der Hauptkassierer wussten. Diesem werde ich nachher auf den Zahn fühlen. Jedenfalls konnte der Wachmann nichts davon wissen, dass 350.000 Dollar in Gold und Banknoten, deren Nummern nicht aufgezeichnet waren, vorhanden seien, und dass auf Anordnung des Präsidenten das Geld in einem gewöhnlichen Kassenschrank, der zur Aufbewahrung des täglichen Wechselgeldes diente, untergebracht worden war. Das ist der entscheidende Punkt. Dazu kommt, dass ausgerechnet nur diese Summe entwendet wurde. Ein gewöhnlicher Dieb hätte auch das offen danebenliegende Wechselgeld mitgehen lassen, zumal er nicht wissen konnte, ob überhaupt und welche Banknotennummern aufgezeichnet waren. Die Einbrecher glaubten, besonders schlau vorzugehen. In diesem Fall waren sie allzu schlau – und das dürfte ihnen den Hals brechen.«

»Mir will die Geschichte nicht in den Kopf!«, gestand der Inspektor nachdenklich. »Gesetzt den Fall, dieser Wilson habe sich wirklich mit anderen zur Beraubung seiner eigenen Bank zusammengetan. Dann verfuhr er doch unglaublich unklug. Unter allen Umständen musste er sich sagen, dass die Fortschaffung der Leiche ihres Opfers durch eine Ambulanz Aufsehen erregen musste. Bei solchen von langer Hand vorbereiteten Verbrechen wird jede Kleinigkeit sorgfältig erwogen und nicht dem Zufall überlassen. Was hätten wohl die Einbrecher gemacht, wenn statt des unerfahrenen Mullen ein alter Patrolman auf Runde gewesen wäre? Der hätte sich doch sicherlich nicht in die Löwenhöhle, will sagen das Banklokal, gewagt, sondern hätte mit seinem Knüppel Beistand herbeigerufen.«

»Gerade dieser Umstand spricht für die feine Überlegung der Einbrecher!«, widersprach Nick Carter lächelnd.

»Wie das?«, verwunderte sich der Inspektor.

»Höre mich an.«

Der Detektiv entzündete die ausgegangene Zigarre, legte sie aber im Eifer des Gesprächs nach wenigen Zügen wieder beiseite.

»Wir wissen, dass Wilson die Bekanntschaft des damaligen Bartenders in Badgers Restaurant gesucht hat. Mullen wusste, dass sein Bekannter Bankpräsident der North American Bank war, hielt diesen Umstand aber geheim, weil es nicht ruchbar werden sollte, dass ein solch feiner Mann in öffentlichen Wirtschaften verkehrte. Das klingt glaubhaft. Wahrscheinlich hat nur der Zufall Wilson und dessen Kumpane nach Badgers Lokal geführt, weil sie sich im Billardzimmer ungestört über ihr Vorhaben aussprechen konnten. Dafür spricht schon der Umstand, dass sie sich die Gegenwart des eigentlichen Kellners verbaten und vom Bartender bedienen ließen, der natürlich nur auf ein Klingelzeichen kam, weil er hinter der Bar zu tun hatte. Wilson wurde mit Mullen bekannt, hörte von diesem, wie er nun schon seit zwei Jahren auf Einberufung zum Polizeidienst wartete – und darauf bauten die Verbrecher ihren Plan auf.«

»Den zu hören, bin ich sehr begierig!«, warf McClusky ungläubig ein.

»Wer hier in New York mit Erfolg in eine Bank einbrechen will, muss sich zuerst über den Straßendienst der Polizei informieren«, fuhr Nick gelassen fort. »Das haben unsere Burschen getan. Sie wussten recht gut, dass wenige Minuten vor oder nach halb sieben Uhr der Policeman vom Dienst auf seinem Rundgang am Bankgebäude vorüberkommt. Um diese Zeit mussten sie arbeiten, denn vor sechs Uhr morgens rufen die Schutzgesellschaften halbstündlich an. Folglich war ihnen der Polizist im Wege. Sollte dieser nicht störend dazwischenkommen und ihr ganzes Vorhaben vereiteln, mussten sie den Mann bestechen; eine äußerst riskante Sache und in diesem Fall völlig ausgeschlossen, da Wilson doch Bankpräsident bleiben will. Da geht es nicht an, sich einen Mitwisser und möglichen Erpresser auf den Hals zu laden.«

»Zugegeben, aber was hat Mullen mit der Sache zu tun?«, warf McClusky ein.

»Wirst du sofort gewahr werden, Freund Inspektor«, entgegnete Nick, der wiederum einen vergeblichen Versuch gemacht hatte, seine Zigarre in Brand zu halten und sie nun ärgerlich im Aschenbecher zerstampfte. »Dass der Präsident der North American Bank durch Fürsprache die beschleunigte Anstellung eines Anwärters erreichen und es auch durchsetzen kann, dass der neugebackene Polizist in dem ihm genehmen Revier unterkommt, bedarf keiner Erörterung.«

»Nun ja, das kommt alle Tage vor!«, stimmte der Inspektor bei. »Ich selbst kann mich solcher Fürsprache oft nicht entziehen, wünsche ich sie innerlich auch zur Hölle.«

»Du wirst jedenfalls zugeben, dass es der hoch angesehene Bankpräsident durch eine Erkundigung nach seinem Schützling ganz unverfänglich in Erfahrung bringen konnte, wann Mullen Dienst tat.«

»Auch das will ich zugeben!«, pflichtete der Inspektor bei. »Ich kann es dem diensttuenden Sergeanten, ist es auch gegen die Vorschrift, nicht einmal übel nehmen, suchte er Wilson gefällig zu sein … Ein Bankpräsident ist immerhin, was man ein großes Tier nennt … Ich kann gut verstehen, dass Wilson etwa äußerte, er habe besonderes Vertrauen zu Mullen und sähe es gern, wenn dieser die Frührunde übernähme, zumal Einbrüche mit Vorliebe in den Morgenstunden begangen werden.«

»Nun also …«

»Ja, das beweist noch gar nichts!«, fiel McClusky wieder ein. »Erstens konnten die Einbrecher unmöglich voraussehen, dass der Wachmann gerade in dem Augenblick hilfeschreiend auf die Straße stürzen würde, wo Mullen auf seinem Rundgang an der Bank vorüber kam.«

»Doch!«, versetzte Nick erhobener Stimme. »Gerade das behaupte ich. Der Wächter wurde mit Vorbedacht gerade in dem Moment zur Tür hinausgestoßen.«

»Da hört doch alles auf!«, rief der Inspektor und schlug vor Erstaunen die Hände zusammen. »Mein bester Nick …«

»Mein bester George!«, ahmte der Detektiv ihn lächelnd nach.

»Nein, im Ernst gesprochen, wie sollten die Einbrecher dadurch profitieren? Sie konnten doch gar nicht wissen, wie Mullen sich benehmen würde!«

»Ich denke, sie hatten vorgesorgt!«, bemerkte der Detektiv mit starker Stimme. »Vergiss nicht, dass Mullen den dunklen Ehrenmann Wilson als Bankpräsidenten kannte … Darauf hatten die Burschen ihren Plan gebaut. Am liebsten war es ihnen natürlich, beging Mullen die Unvorsichtigkeit, sich allein in das Bankinnere zu wagen. Darum hielt sich der Mann mit der Handtasche nahebei auf, um in Aktion treten zu können.«

»Und hätte sich Mullen nun von dem Menschen nicht beschwatzen lassen?«

»Aber mein Freund, dann wäre Wilson einfach in Erscheinung getreten, hätte eine Erkennungskomödie gespielt, den Policeman angerufen – und wie hätte dieser dem Hilferuf des ihm persönlich bekannten Bankpräsidenten widerstehen können? Er musste in die Falle gehen. Denn diese war zu geschickt gestellt – so oder so, die Halunken bekamen ihn in ihre Gewalt!«

»Goddamn!«, platzte McClusky heraus. »So meinst du das?«

»Ich meine es nicht nur, sondern es war auch so!«, betonte Nick voll ehrlicher Überzeugung. »Mullen sollte ebenso beseitigt werden wie der Wachmann. Beide wussten zu viel. Die Burschen glaubten Mullen tot, darum ließen sie ihn liegen; wahrscheinlich war es ihnen auch zu gefährlich, zwei Leichen in der Ambulanz zu transportieren, und ihr Streich wäre zweifellos gelungen, hätte Mullen nicht einen so beispiellos harten Schädel und nebenbei Geistesgegenwart genug besessen, sich tot zu stellen!«

Der Inspektor pfiff leise vor sich hin. Dann reichte er dem Freund schweigend die Hand.

»Nick, man möchte sich vor dir fürchten!«, gestand er. »Ich glaube, von unserem Handwerk doch auch etwas zu verstehen; doch sollte ich mal zufällig eine kleine Mordtat riskieren, dann sei so freundlich und setze dich nicht auf meine Fährte … Ich glaube, du hast recht! Es kann gar nicht anders sein!«

»Freut mich zu hören!«, bemerkte Nick Carter trocken. »Doch das alles ist nur Vermutung … Ich will nun zu der Bank gehen und zusehen, meinen Verdacht in kursfähige Beweise umzusetzen.«

»Schade, dass ich deiner Unterredung mit dem würdigen Mr. Wilson nicht beiwohnen kann! Es muss recht erbaulich werden!«

Nick lächelte nur; doch in seinem Lächeln lag eine schlimme Vorbedeutung für den Schuldigen.

»Hoffentlich haben deine Leute bis zu meiner Rückkehr etwas über unsere Ambulanz in Erfahrung gebracht, denn fast will es mir dünken, als müssten wir hier ansetzen, um wirkliche Schuldbeweise zu gewinnen!«

Damit verließ er mit leichtem Gruß das Zimmer.