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Marcel Riepegerste – Raum 211

Marcel Riepegerste – Raum 211

Man schreibt das Jahr 2026, und der Schauplatz des Thrillers ist vor allem eine kleine Insel in der Ostsee.

Die Bewohner haben diese Insel verlassen, denn die Regierung und ein großes Pharmaunternehmen wollen sie für ein Experiment nutzen und haben diesen stattdessen gute Perspektiven an anderen Orten der Republik angeboten. Einzig eine kleine Gruppe von Einheimischen, meist Rentner und recht immobil, ist geblieben.

Das Experiment, das auf der Insel stattfinden soll, wird von einem Team aus Wissenschaftlern geleitet, die noch einiges Personal, zum Beispiel für die Küche oder als Wache, benötigen. Der Bundeskanzler und sein Justizminister sind eingeweiht und verkünden dem Volk, es handele sich um ein Experiment, bei welchem Straftäter in einer freien Form auf der Insel zusammenleben sollen, wie es in anderen Ländern schon passiert sei. Auf diese Weise sollen Fragen der Presse und der Bürger verhindert werden und das Experiment ganz in Ruhe stattfinden können.

In Wahrheit allerdings soll durch das Experiment, an welchem eine Reihe von Straftätern beteiligt sind, die Frage geklärt werden, ob die Entscheidung dafür, dass der Mensch eine Straftat begeht, bewusst getroffen wird und er sich auch dagegen entscheiden könnte, oder ob diese Entscheidung aufgrund seiner Gene und seiner Psyche bereits feststeht, bevor er denkt, dass er sie trifft, also, ob es Willensfreiheit überhaupt gibt.

Der federführende Forscher bei diesem Experiment ist Professor Euler, der hofft, mit der Lösung jener Frage den Nobelpreis zu gewinnen. An seiner Seite arbeitet eine junge Schönheit namens Doktor Sanja Kostic, die als Kind mit ihren Eltern aus Bosnien nach Deutschland kam und bei dem Pharmakonzern Karriere machte, der nun dieses Experiment startet und ein Mittel auf den Markt bringen will, mit welchem die Straftäter therapiert werden sollen, auch wenn sie die Entscheidung für ihre Verbrechen nicht bewusst treffen können.

Neben Doktor Kostic und dem Professor wird noch ein junger Sozialarbeiter namens Alex ins Team berufen, der einen Studienabschluss mit der bestmöglichen Zensur erreichte und eine Laufbahn als Bewährungshelfer begonnen hat. Er soll das Experiment zusammen mit den anderen betreuen.

Auf der Fahrt mit dem Schiff zur Insel lernt er Tamara, genannt Tammy, kennen, die sich kürzlich heimtückisch an ihren Ex-Freund gerächt hat, welcher sie betrog und leider auch noch der Sohn des Justizministers der Republik ist. Sie ist als Straftäterin an Bord.

Zunächst spielt sich auf der Ostseeinsel alles ruhig und normal ab, bis das Experiment Fahrt aufnimmt und am Ende durch Einflussnahme der Teamführung völlig aus dem Ruder zu laufen scheint.

 

Der Autor, dessen Lebenslauf Parallelen zu dem seiner Figur des Sozialarbeiters Alex aufweist, erzählt seine Geschichte aus der Perspektive einiger seiner Figuren, wobei nicht nur Alex und Tammy, sondern auch der Professor und Doktor Kostic, Gunnar, einer der zurückgebliebenen Bewohner der Insel, der Bundeskanzler und sein Justizminister usw. gleichrangig als Helden der Geschichte behandelt werden.

Der Erzähler selbst nennt seine Story eine Dystopie, was sie in gewissem Sinne auch ist, vor allem, weil ein mögliches künftiges wissenschaftliches Experiment beschrieben wird, das die Bundesrepublik und später wohl auch die ganze Welt negativ beeinflussen könnte.

Dabei zitiert Riepegerste im Prolog und auch später wiederholt ein Gespräch, das der Strafverteidiger und Autor Ferdinand von Schirach 2013 im ZDF mit dem Philosophen Richard David Precht führte. In diesem Gespräch geht es auch um die Frage nach der Schuldfähigkeit des Straftäters, ja, des Menschen allgemein und die Frage, ob er überhaupt die Möglichkeit hat, sich frei für oder gegen ein Handeln zu entscheiden.

Im Nachwort seiner Dystopie erläutert der Autor dann ausführlich, wie weit die Forschung auf diesem Gebiet heute ist und welchen Einfluss diese Frage auf sein Buch hatte.

Ich persönlich hätte mir gewünscht, mehr in diesem Buch zu lesen, als der Erzähler tatsächlich geschrieben hat und bin sehr gespannt auf eine Fortsetzung, die Riepegerste am Ende ankündigt.

Fazit:

Marcel Riepegerste schreibt mit Raum 211 eine Dystopie, die ein interessantes wissenschaftliches Problem aufgreift, dessen Lösung der Geschichte nach und auch realistisch betrachtet zu einer anderen Republik und später zu einer anderen Welt führen muss. Er erzählt dabei die Story aus dem Blickwinkel von vielen Helden, ein Stil, der sie spannend macht, Einblick in die Psyche der Charaktere gibt und dem Inhalt angemessen ist.

Ich kann dieses Buch jedem Leser empfehlen, der Interesse an wissenschaftlichen Fragen und düsteren Zukunftsvisionen hat. Da man als Leser mehr über den beschriebenen Stoff erfahren möchte, darf man sich freuen, denn in Kürze wird wohl eine Fortsetzung des Romans erscheinen.

 

Der Autor:

Marcel Riepegerste wurde im Oktober 1993 in Lüdenscheid in Westfalen geboren und studierte nach dem Abitur in Koblenz. Er schloss als Jahrgangsbester mit der Note 1,0 ab und erhielt den Förderpreis der Hochschule. Als Sozialarbeiter und Sozialpädagoge arbeitete er zuletzt jahrelang in einer forensischen Psychiatrie, das heißt in einer stark gesicherten psychiatrischen Einrichtung für psychisch erkrankte Straftäter.

Raum 211 ist sein erster Roman, der auch bereits in die Midlist (= 15 beste Crime-Titel des Jahres) des Skoutz Award 2022 übernommen wurde, in den Top 3 der Krimi-Couch auftaucht und auf Amazon in einer Kategorie unter den Top 10 ist.

Teil 2 der Geschichte soll noch im August 2022 erscheinen und trägt den Titel Raum 211², Rachespiel.

Quellen:

Marcel Riepegerste, Raum 211, Redrum Books, Berlin, Deutsche Erstausgabe, 1. Auflage, 2021.

Bilder:

  • Cover des Romans. Mit freundlicher Genehmigung von Marcel Riepegerste
  • Foto des Autors. Ebenfalls mit freundlicher Genehmigung von Marcel Riepegerste

(ww)