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Der Welt-Detektiv Band 6

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Das Buch vom Rübezahl – Teil 19

Das Buch vom Rübezahl
Neu erzählt von H. Kletke
Breslau, 1852

20. Der Rosstäuscher

Ein jüdischer Rosstäuscher kam mit etlichen schönen Pferden von Prag über das Gebirge und kehrte in ein am Berg gelegenes Wirtshaus ein, um allda auszuruhen und die Pferde abzufüttern. Unter andern hatte der Mann einen Rotschimmel, ein ungarisches Pferd von trefflichem Wuchs. Eben ein solches Pferd hatte auch der Wirt und die Rosse sahen einander so ähnlich, dass sie kaum zu unterscheiden waren.

Gleichwohl schien dem Rosstäuscher des Wirtes Pferd das bessere zu sein. Darum drang er ernstlich in denselben, mit ihm zu tauschen und wollte hundert Taler in Bar noch zulegen.

Der Wirt entgegnete: »Das Pferd ist mir lieb, doch weil ich zu dem anderen schon einen Käufer weiß, so mag es sein.«

Der Jude zählte also dem Wirt das Geld auf. Als er aber nachgehend noch das Zaumgeld geben sollte, weigerte er sich, sagte, der Wirt habe solches nicht ausbedungen, und gerieten beide darüber in harten Streit. Das Zaumgeld, behauptete der Wirt, ginge das Kaufgeld nichts an. Der Jude aber wollte, dass alles, was vor dem Kauf und Verkauf nicht ausbedungen sei, nach der Zahlung nicht geleistet zu werden brauche. Da sich der Wirth besann, dass er in diesem Stück wohl gefehlt habe, ließ er es gut sei , nahm sich indessen vor, es dem anderen nicht geschenkt sein zu lassen.

Sobald der Jude mit allem in Richtigkeit war, ließ er seine Pferde vorausführen, er aber setzte sich auf das Pferd, welches er vom Wirt erhandelt hatte.

Wie er eben fortreiten wollte, hielt er noch einmal an und sprach: »Holla, mir fällt noch was ein, Herr Wirt. Hat denn das Pferd auch Fehler? Denn wenn es einen Hauptfehler hat, bringe ich es wieder.«

»Bist du ein Narr!«, entgegnete der Wirth. »Da ich das Zaumgeld forderte, sagtest du, was vor dem Kauf nicht ausbedungen sei, dürfe man nach der Zahlung nicht fordern. Haben wir den Handschlag nicht getan und hast du das Geld nicht gegeben?«

»Es ist wahr«, sagte der Rosstäuscher, »freilich, ich habe es leider vergessen. Gleichwohl, wenn es einen Fehler hat, sagt mir es, damit ich beim Verkauf mich danach richten kann.«

»Das kann ich schon tun«, versetzte der Wirt, »wenn Euch damit gedient ist. Merkt wohl auf, es hat drei Hauptfehler: Erstens frisst es keinen Schweinebraten, zum anderen geht es über kein Eis, wenn es nicht muss, und drittens geht es ohne Not durch kein Wasser. Das Letzte meidet.«

Da kehrte ihm der Jude zornig den Rücken und ritt ohne Lebewohl davon. Als er den Weg nach Hernsdorf am Queiß herunter kam, war der Fluss angeschwollen, dennoch wollte der Rosstäuscher zwischen Krobsdorf und Egelsdorf hindurch. Wie er aber mitten im Wasser war, bemerkte er mit Schrecken, dass er nicht mehr auf seinem Pferd, sondern auf einem Bund Stroh saß. Er entschloss sich kurz, ritt mit dem Handpferd wieder zurück ins Wirtshaus, wo er das Pferd erhandelt hatte, und erzählte dem Wirt die Begebenheit.

»Wer kann dir helfen?«, entgegnete dieser. »Schau, hättest du mir, wie in der ganzen Welt gebräuchlich, das Zaumgeld gegeben, so wollte ich jetzt allen Schaden über mich nehmen. So aber, nach deinem Spruch, gebe ich dir keinen Kreuzer.«

Der Jude, welcher wohl merkte, mit wem er es zu tun habe, wollte sein Pferd mit List wieder an sich bringen.

Der Wirt aber sagte: »Soeben habe ich es fortgeschickt zu einem Käufer, der es gut bezahlt. Willst du es wiederhaben, musst du dreihundert Taler bares Geld geben, und außerdem zehn Groschen Zaumgeld.«

Als der Rosstäuscher das hörte, wurde er bitterböse und stieß gräuliche Verwünschungen aus.

Da schlich der Wirt still zur Tür hinaus. Als der Jude in seinem Eifer ein wenig nachließ, riss er die Augen weit auf, denn er sah, dass er nicht mehr in der Wirtsstube, sondern auf einem wüsten Gebirge unter einem verdorrten Baum stand. Er war nun froh, mit vieler Mühe wieder den Weg hinunterzufinden.