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Nick Carter – Arizona-Jack als Detektiv – Kapitel 11

Nick Carter
Amerikas größter Detektiv
Arizona-Jack als Detektiv
Ein Detektivroman

Eine große Überraschung

Zu Hause angekommen, wurde Nick höchst ungnädig von Ida empfangen, welche ihn schließlich derb auslachte und ihm bedeutete, dass sie eine große Überraschung für ihn habe.

»Im Nebenzimmer ist Besuch«, erklärte sie. »Die Herrschaften haben schon lange gewartet.«

»Besuch – um zwei Uhr nachts – Besuch bei mir, der ich grundsätzlich keine Privatbesuche annehme oder erwidere?«, staunte der Detektiv. Kopfschüttelnd ging er, als Ida belustigt zu lachen fortfuhr, auf die Verbindungstür zum Parlor zu und öffnete sie, aber nur, um im selben Augenblick auch schon mit einem kurzen Ausruf äußerster Verblüffung zurückzufahren.

Wachte oder träumte er? Durfte er seinen Augen trauen? In seinem eigenen Parlor saß die von ihm in ganz New York vergeblich gesuchte Grace Armory, zwar bleich und angegriffen, trotzdem aber merkwürdig heiter ausschauend … Und der würdige alte Herr, der sich eben aus dem Lehnstuhl erhob und lächelnd auf Nick Carter zugeschritten kam, war kein anderer als Mr. Armory.

»Ich falle aus allen Wolken!«, erklärte der Detektiv, indem er sich in einen Stuhl fallen ließ. »Herrschaften, um des Himmels willen sagen Sie mir nur, wie kommen Sie hierher?«

»Ich habe Miss Armory und deren Vater hierher geführt«, sagte Ida, als ob sich dies von selbst verstünde. »Mehr noch, ich habe die Herrschaften zu einem späten Nachtmahl oder einem zeitigen Frühstück eingeladen. Willst du die Güte haben, Nick, Miss Armory zum Diningroom zu führen?« Und mit anmutigem Lächeln nahm sie den ihr ritterlich gebotenen Arm des Bankiers.

»Aber ich bitte dich, Ida!«, rief der kaum seinen Sinnen trauende Detektiv. »Willst du mir nicht erklären … nicht sagen …«

»Bei Tisch«, entgegnete seine Cousine, schelmisch lächelnd. »Ich nehme an, Ihr habt nach den ausgestandenen Strapazen sämtlich tüchtigen Appetit.«

»Sogar einen Riesenhunger!«, platzte Arizona-Jack unter allgemeiner Heiterkeit heraus.

Lachend wendete Ida sich an Nick.

»Nimm dir eine Lehre daraus, mein Lieber. Man soll Damen nie warten lassen, sonst rächen sie sich … Denn, bist du auch mein Meister im Beruf und ich nur deine Gehilfin, heute war es die Lady, die du warten ließest … Ich verzeihe dir huldvoll …«

»Gott, wie gnädig!«, rief Patsy unter stürmischer Heiterkeit dazwischen.

»… weil du nämlich Miss Armory so ritterlich aus großer Gefahr errettet hast. Ich habe, um diese Vergnügungsnacht wenigstens harmonisch enden zu lassen, eigenmächtig gehandelt. Und sollte ich dir dadurch einige qualvolle Stunden bereitet haben, so bedenke, dass auch du mich warten ließest … Und nun bitte ich zu Tisch!«

 

*

 

Als man dann behaglich trotz der ungewöhnlichen Stunde beieinander saß und die Gläser aneinander klingen ließ, berichtete Ida, wie es ihr möglich geworden war, Nick eine derartige Überraschung zu bereiten. Der Detektiv erfuhr, dass Mr. Armory, als er seine Tochter im Wagen entführt und gleich darauf seinen langjährigen Kutscher leblos auf der Straße liegen sah, sich in seiner Not sofort durch den Fernsprecher mit Nick Carter verbinden ließ. Der Zufall hatte gewollt, dass Ida gerade aus dem Opernhaus zurückgekehrt war, die auf dem Wege dorthin durch Patsy genug erfahren hatte, um den Zusammenhang zu erraten. Da sie nicht wusste, wo Nick und seine Gehilfen sich befanden, hatte sie dem alten Herrn angeraten, sich schleunigst zu dem Parkeingang an der 86th Street zu begeben, wo sie mit ihm zusammentreffen wollte. Da Armory ihr nun durch den Fernsprecher eröffnete, dass er mit seiner Tochter durch den Central Park zu der Ost 63th Street hatte fahren wollen, so vermutete die scharfsinnige Ida sofort, dass im Central Park für den Wagen und dessen Insassen irgendeine Falle geplant war. Der Gang der Ereignisse hatte ihr vollkommen Recht gegeben.

Kaum war sie mit dem Bankier am Parkeingang zusammengetroffen, da hörten sie im Parkinneren auch schon Schreie und Schießen. Nun drangen die beiden unter Idas Führung, sich immer im Schatten der Gebüsche haltend, in den Park ein und kamen bald zu der Stelle, wo Nick und seine Begleiter den Kampf mit den vier Kerlen aufgenommen hatten. Hier sah Ida, wie dicht vor ihr ein im Gebüsch lauernder Mann dem plötzlich davonsausenden Wagen nacheilte. Sie folgte ihm auf dem Fuße, vermutete sie doch ganz richtig, dass der Mann zu den Rowdys gehörte und dem Wagen, in welchem sich Miss Armory befinden musste, in keiner guten Absicht folgte.

Sie kam gerade zur rechten Zeit, um aus nächster Nähe mit anzusehen, wie Gould – denn dieser war es – den Wagenschlag aufriss, die ohnmächtig gewordene Grace heraushob und mit raschem Sprung ins Gebüsch setzte – doch nur, um im Bruchteil derselben Sekunde bereits mit dem ihm von Ida schnell entschlossen vorgehaltenem Revolver Bekanntschaft zu machen.

Da Ida nicht wissen konnte, ob der Kutscher zu den Rowdys gehörte oder nicht, da sie auch nicht um Hilfe zu schreien wagte, um nicht etwa andere Strolche herbeizulocken, so beschloss sie, unter Beihilfe von Mr. Armory dessen zum Glück wieder zu sich gekommene Tochter schleunigst aus dem Park und in Sicherheit zu bringen.

Gern hatten Vater und Tochter Idas Aufforderung entsprochen, sich mit ihr zu dem zunächst gelegenen Haus des Detektivs zu begeben. Dort angelangt, war dann in Ida der Wunsch erwacht, dem berühmten Detektiv einen kleinen Schelmenstreich zu spielen, und zwar umso mehr, als ihr die Wirtschafterin berichtet hatte, dass während ihrer Abwesenheit Nick sehr dringlich antelefoniert habe. Sie zog Vater und Tochter ins Vertrauen, und beide waren gern bereit, dem Detektiv eine gelungene Überraschung zu bereiten. Es drängte sie auch, ihm für all das, war er in ihrem Interesse vollbracht hatte, warm zu danken.

Natürlich machte Nick gute Miene zum bösen Spiel und revanchierte sich schon am nächsten Tag mit einem Paar wunderschöner Brillantohrringe, die Ida nun mit besonderem Stolz trägt. Die von dem Detektiv dem Bankier Macklyn und dessen Helfershelfern bereitete Überraschung endete für diese allerdings wesentlich unerfreulicher. Die beiden Hauptschuldigen wurden zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt.

Was Arizona-Jack anbelangt, so kehrte dieser, reich beschenkt von Mr. Armory und dessen Tochter, bald darauf in den Wilden Westen und in seine Vaterstadt Red Gulch zurück. Er hatte nämlich im Detektivberuf doch ein Haar gefunden, zumal er, als er das nächste Mal auf eigene Faust nach Nick Carter’schem Rezept allein in einem übel verrufenen Saloon den Detektiv spielen wollte, derart verprügelt wurde, dass er das dringende Bedürfnis empfand, die nächsten zwei Wochen im Bett zu liegen. Die Leute in New York wären ihm zu rücksichtslos, behauptete Arizona-Jack.

»Aber schön war es doch!«, pflegte er regelmäßig zu versichern, erzählte er abends am Lagerfeuer den staunenden Cowboys und Trappern in Arizona von seinen gemeinsam mit seinem Freund Nick Carter verübten Heldentaten.

Als Band 9 dieser Serie erscheint:

Der Raubüberfall im Grand-Central-Depot