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Der berühmte Sandwirt Andreas Hofer … – Teil 5

Der berühmte Sandwirt Andreas Hofer aus Passeier in Tirol und der Tiroler Freiheitskampf im Jahr 1809
Verlag der J. Lutzenbergerʼschen Buchhandlung, Altötting und Burghausen, 1860

5. Vorbereitungen und Beginn des Tiroler Aufstandes im Jahre 1809

Nachdem die Deputation der Tiroler weiter noch mit dem berühmten Staatsmann v. Hormayr, einem geborenen Tiroler, das Nötige besprochen und reiflich überlegt hatten, wie der Aufstand ihrerseits mit glücklichem Erfolg durchgeführt werden könne, kehrten sie wieder auf geheimen Wegen in ihre Heimat zurück. Hofer war nunmehr zum Kommandanten und Anführer ernannt worden. Bereits in Salzburg besprach er sich mit manchen Freunden, die dahin beschieden worden waren. In Hall kam er mit dem bald nachher so berühmt werdenden Speckbacher zusammen und der Wirt in der Schupfen, Etschmann geheißen, über­nahm dann von ihm den gefährlichen Auftrag, das Geheimnis von Wirtshaus zu Wirtshaus, aus einem Tal ins andere, von einem Berg zum anderen zu befördern. Viele Wirte hatten in dieser Zeit ihre Namen der Nachwelt rühmlich zu vererben gewusst. Hormayr hatte in dem von ihm mit Hofer und seinen Freunden beredeten Plan gleich festgefetzt, dass bei dem Aufstand ein jedes Wirtshaus gleichsam ein Schilderhaus und eine Sturmglocke für Tirol werden müsse.

Auch Hofers Wirtshaus am Sand der wilden Passy wurde nun fleißiger besucht als je, seitdem seine Familie hier gehaust hatte; und eigentlich war es der Mittelpunkt der Verschwörung, wie das enge Tal hier gleichsam das Herz von Tirol ist.

Wie Hofer die Einleitung zu dem traf, was nun beginnen sollte, so hatte auch Martin Teimer, geboren zu Schlanders im Vintschgau und im Jahre 1805 schon Hauptmann der Tiroler Schützen, im Auftrag des Feldmarschallleutnants Chafteler im März des Jahres 1809 nach Tirol abgesendet, auf die listigste Weise sich hierbei tätig gezeigt. Er besuchte nämlich dem Schein nach seinen Vater, dagegen aber zog er bei allen bayrischen Behörden gehörige Kenntnis von ihrer Handlungsweise ein, indem er ihnen Nachrichten von dem schlechten Zustand der Dinge in Österreich mitteilte. Noch barocker benahm er sich sechs Tage vor dem Ausbruch der Insurrektion selbst, denn da wagte er sich zum zweiten Mal von Klagenfurt ins Land herein, mit Hofer gleichzeitig den Kampf zu beginnen.

Ein weiterer tätiger Bundesgenosse war der bereits oben genannte Joseph Speckbacher, geboren zu Gnadenwald, einem Dorf bei Hall, und um zehn Jahre älter als Teimer. Von Jugend auf an ein zügelloses Leben gewohnt, übernahm er später die Stelle eines Aufsehers beim Salzbau in Hall. Bereits 1797 hatte er sich bei Spinges als Scharfschütze ausgezeichnet; ebenso zog er 1800 aus und half 1805 bei der Verteidigung gegen den Marschall Ney mit.

Eine nicht minder werktätige und mit besonderem Ansehen, vermöge ihrer geistigen Würde, ausgerüstete Person in diesem Freiheitskampf war der Kapuziner Joachim Haspinger. Wie die oben Aufgeführten hatte er sich ebenfalls schon in den früheren Kriegen ausgezeichnet, wo das Tiroler Landgebot mitwirkte. Allein bald nachher vertauschte er das Leben des Studenten mit der ärmlichen Lebensweise eines Bettelmönches. Im Jahre 1797 erwarb er sich die silberne Ehrenmedaille, welche er aber beim Eintritt ins Kloster dem Gnadenbild des heiligen Franziskus zu Eppan bei Bozen weihte. Von großer Bildung des Geistes war bei ihm ebenso wenig die Rede, wie bei den meisten seiner Kampfgenossen. Desto richtigeren Takt aber hatte er, desto mehr glühte er gleich ihnen voll Hass gegen alles Neue, folglich gegen Bayern sowie umgekehrt von Anhänglichkeit an Österreich, den beschützenden Genius des Alten. Überzeugt von dem, was er lehrte, wirkte seine natürliche Beredsamkeit, im verrufenen Kapuzinerton gehalten, mehr, als jede andere Form vermocht hätte. Je treuer er die Pflicht eines Seelsorgers mit der des Patrioten verband, desto größer musste sein Einfluss auf die Gemüter des Volkes sein. Er verlor am wenigsten den Mut, wenn auch alles verloren ging, und rastete nicht, wenn nur noch etwas zu tun war. Ehre machte es ihm, dass er, einer der gefürchteten Anführer, nur mit den geistlichen Waffen seines Ordens ins Feld zog. In seine braune Kutte gekleidet, mit einem Strick umgürtet, stritt er mit seinem großen Kruzifix aus Ebenholz an der Spitze voran und benutzte es, den Fanatismus der Landleute zu entflammen. Nötigenfalls soll er auch manchmal einem Bayer oder Franzosen einen tödlichen Schlag damit versetzt haben. Das Volk erzählte von ihm ebenso viele Wunder, die sein Glaube bewirkte, wie es die rühmte, die sein Arm vollbracht hatte. Es wurde ihm der Name Rotbart beigelegt. Wie er, so dachten und handelten noch manch andere seines Standes, denn gerade der Mönchsklerus hatte in der neuen Regierungsweise die meiste Beeinträchtigung erfahren.

Ebenso herrschte aber auch im Allgemeinen der Geist, welcher Hofer, Teimer, Speckbauer und Haspinger beseelte, unter den übrigen Anführern, die sich teils bei einzelnen Vorfällen bemerkbar machten, teils im Allgemeinen nicht besonders hervorragend dem Blick entschwinden. Sie setzten Dinge durch, welche anderen besser Unterrichteten kaum in Zeit von einigen Monaten gelungen wären, und wozu sie kaum einige Wochen brauchten. Gab es manche Männer, welche sich nicht gerade zum Kampf aufgelegt fühlten, so suchten sie in der Art zu nützen, wie es List und Verschlagenheit erlaubten.

So standen die Dinge Anfang April 1809. Hofer erließ gemeinschaftlich mit Teimer folgende 0ffene Ordre.

Am 9. April frühmorgens marschieren Herr General Hiller aus Salzburg nach Unterinntal und Herr General Chasteler aus Kärnten nach Puster­tal in Eilmärschen. Am 11. oder 12. April wird Ersterer in Innsbruck und Letzterer in Brixen ein­treffen. Die Mühlbacher Klause wird auf Befehl Seiner kaiserlichen Hoheit des Erzherzogs Johann von Pustentaler Bauern der Kuntersweg von Rittnern doch so besetzt, dass alles, was aus Bozen nach Brixen marschiert, passieren gelassen und erst dann die allerstrengste und wirksamste Sperre angelegt, sobald man bemerkt, dass sich bayerische Zivilisten oder Militär nach Bozen flüchten will. Aber es darf dann gar nichts mehr vorbeigelassen werden, nicht einmal Fuhrwerk. Herr Kölbl, Bauersmann am Ritten, soll auf Befehl des Erzherzogs Anführer am Kuntersweg sein. Was sich am Ritten ober sonst wo immer an königlichen Ärarialgut findet, soll mit Zuziehung dreier rechtschaffener Männer in Beschlag genommen und gut verwahrt werden. Der Personen sowie der Papiere jener bayerischen Beamten, die sich während der bayerischen Regierung gegen das Haus Österreich oder die Tiroler besondere gehässig gezeigt haben, ist sich mit Art und Ordnung ohne die geringste Misshandlung zu versichern. Vom Ritten soll auch niemand, habe er Vorwand, was für einen er will, nach Bozen gelassen werden. Die Löhnung der Gemeinen wird nachträglich, wie der Erzherzog Johann oder der General Chasteler ankommt, gleichwie auch die Offiziersgagen bezahlt werden. Ebenso wird für Kaltern und die dortige Gegend, wie Salurn, Neumarkt usw. als Kommandant auf Erzherzog Johanne Befehl erwählt Johann von Morandl zu Kaltern, der bereits seine Weisung, was zu tun ist, hat. In Nonnsberg kommandiert Herr Graf von Arzt.

Gegeben am Sand im Gericht Passeier
am 9. April 1809
Martin Teimer
Andreas Hofer, Sandwirt

Major Teimer eilte nun persönlich ins Oberinn­tal, dort den Landsturm aufzubieten. Speckbauer, mit der Ordre ebenfalls betraut, bearbeitete das Unterinn­tal. Allen Übrigen, die bereits von dem Vorhaben verständigt waren, wurde der Beginn des Aufstandes durch Zettel kund gemacht, auf welchen nur die Worte standen: Es ist Zeit!

Bedeutsame Worte, die doch dem Uneingeweihten nichts verrieten. Frauen und Kinder trugen diese Zettel von Gehöft zu Gehöft, von Berg zu Berg, ohne selbst zu wissen, dass ihre Botschaft die Furie des Krieges erwecke, welche über das Land die volle Schale ihres Zornes ausgießen sollte.

Da aber doch nicht jeder, dem es zu wissen nötig war, einen solchen Zettel, so schnell wie es nützlich schien, erhalten konnte, so streuten die oben auf den Bergen Wohnenden Sägespäne oder auch wohl Mehl in ihren nahen Bach oder gossen das Blut frisch geschlachteter Tiere hinein. Wo der Bach seinen Lauf hinlenkte, verkündete er rauschend, welche Stunde bald schlagen werde. Wer aber, was er sagte, verstand, warf ihm neue Sprachelemente zu. Der Inn dagegen trug Balken und Bretter auf seinem Rücken, auf denen ein totes Fähnlein prunkte. Ehe der 10. April um war, hatten auf einfache Art, mitten unter den Feinden, beobachtet von allen Beamten, Groß und Klein, Tausende erfahren, welcher Trunk beim Sandwirt Andreas Hofer für Letztere getan worden war. Jeder holte den verborgenen Stutzen hervor; wer es versäumt hatte, Kugeln zu gießen, schritt eilig zu diesem Geschäft. Die Tasche wurde gut mit Munition und Lebensmittel versorgt, um treu auf dem Posten ausharren zu können.

Und wenn nun auch dennoch vielen, namentlich in den Städten das große Werk noch unbekannt geblieben wäre, so weckte sie ein Aufruf, aus Hormayrs Feder kommend, sowie einer vom Erzherzog Johann unterzeichnet, die den Mut und die Begeisterung der Tiroler in außerordentlicher Weise erregten.

Die verhängnisvolle Mitternachtsstunde vom 8. Auf den 9. April 1809 hatte geschlagen. Stürmisch gestaltete sich noch das Wetter, aber gegen Morgen klärte es sich auf. Chasteler und Hormayr arbeiteten, als ob es Tag wäre, in ihrem Kabinett im Hauptquartier zu Drauburg, um für die nächstfolgenden Tage das Nötige zu beraten.

Am 10. April standen vor dem Wirtshaus Hofers die langen, starken, schönen Männer des Passeier Tales versammelt, über welche ihm das Oberkommando ausdrücklich von ihnen anvertraut und von Chasteler und Hormayr bestätigt worden war. Alle hatten den schönsten Schmuck angelegt, als gelte es einem herrlichen Freudenfest, nicht aber einem Kampf auf Leben und Tod. Im Laufe das Tages trafen auch die Züge von Algund und Meran ein. Mitten unter ihnen stand der Sandwirt da, nicht durch seine Kleidung an sich als Anführer bezeichnet, desto mehr durch seine kolossale Gestalt und seinen langen breiten Bart sich auszeichnend, ein kleines silbernes Kruzifix am Hals tragend, welches die breite Brust bedeckte. Ein rotes Unterwams leuchtete hell unter den handbreiten grünen Hosenträgern heraus, an deren einem ein zinnernes Marienbild befestigt war, und welche ein Paar schwarze gamslederne Hosen straff heraufhielten. Ein Paar rote Strümpfe bekleideten auch die starken kraftvollen Waden. Die Knie waren unbedeckt, die Füße steckten in schweren Alpenschuhen. Ein breiter schwarzer Gürtel mit eingenähten Buchstaben lief um den Leib und ein kurzer Rock von grüner Farbe ohne Knöpfe war das Oberkleid. Den Knopf zierte ein niedriger schwarzer Hut mit breitem Rand, geschmückt mit herabhängendem schwarzen und grünen Band. Sein breites, volles Gesicht flößte allen Vertrauen ein, wie er es selbst hatte; drückte den Glauben aus, wie ihn nur diese schlichten Bergbewohner haben können, und sprach ebenso sehr durch Gutmütigkeit wie durch fröhlichen, heiteren Sinn an, indem doch eine gewisse Schlauheit, List und Schadenfreude, welche den Feind hinters Licht geführt sah, aus den schwarzen Augen leuchtete.

Einige tausend Köpfe zählte die Schar, welche die rauschende Passeier hier versammelte. Alle aber verhielten sich still und waren des Augenblicks gewärtig, wo Hofer ihnen das Ziel ihres Weges anweisen werde. Große, gekünstelte Reden zu halten, war ihm so wenig, wie in der Regel irgendeinem Tiroler gegeben. Er ließ die Aufmerksamkeit der Freunde daher nicht lange in Spannung, sondern sagte ganz einfach, jedoch natürlich in seiner Mundart: »Wenn ihr ein hölzernes Heiligenbild fertig habt, könnt Ihr es dann nach Wien tragen und verkaufen? Heißt das frei sein? Tiroler seid Ich, zumindest nannten sich eure Väter so. Nun sollt ihr euch Bayern nennen. Und dazu in unser altes Schloss Tirol geschleift worden. Seid Ihr damit zufrieden ? Erntet ihr drei Ähren Mais, so fordert man euch davon zwei ab. Heißt das Glück? es gibt eine Vorsehung und Engel, und mir wurde offenbart, wenn wir darauf dächten, uns zu rächen, würde uns geholfen werden. Auf denn! Gegen die Bayern! Zerreißt die Sch… mit den Zähnen, solange sie stehen, aber wenn sie knien, so gebt ihnen den Pardon!«

Es ist viel natürliche Beredsamkeit und Originalität in dieser Ansprache, während sie andererseits die größte Einfachheit, die möglichste Kürze und Klarheit voraus hat, ohne dass ein Hauptgrund der Beschwerde fehlt, welche das Land hatte, wenn man die Eingriffe in das Kirchenwesen hinzudenkt. Und Ehre macht seinem Herzen noch der Schluss. Mit seinem Willen sollte nicht unnötige Grausamkeit geübt werden.

Mit lautem Beifallrufen setzte sich sodann die Schar den Jauffenberg hinauf in Bewegung, an dessen Fuß sie sich versammelt hatte. Doch ehe diese drohende Schar wie ein Wildbach sich auf der anderen Seite nach Sterzings Ebene herab ergoss, war an einer anderen Stellen, früher als es hätte sein sollen, bereits Blut geflossen. In Brixen hatte nämlich der hier kommandierende bayerische Oberstleutnant Wrede zu derselben Zeit die Nachricht erhalten, dass die Österreicher über Linz her im Drautal herauf in seine Flanke marschieren würden. Die Kunde war sehr unbestimmt, doch Vorsicht schadet nicht. Er gab daher dem im Flecken Brunnecken stehenden Posten, welche hier den Übergang über den Rienz zu decken hatte, Befehl, sich langsam auf Brixen zurückzuziehen, aber die über den Rienz beim Dorf St. Lorenzen führende Brücke hinter sich abzubrechen, damit die etwa je kommenden Österreicher nicht so schnell folgen könnten, zu welchem Behuf er eine Abteilung Sappeurs sandte. Als die Tiroler sahen, was hier vorging, stutzten sie, und Verschworene, welche wussten, was beim Sandwirt Hofer vorgegangen war, setzten sich zur Wehr. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel bisweilen tödlich herabfährt, sandten sie ihre Kugeln von der Höhe auf die Bayern. Diese fürchteten, dass viele Schützen auf der Bergwand sich sammeln könnten, und zogen sich eilig etwas zurück. Ein abermaliger Versuch, die Brücke zu demolieren, nachdem bereits Artillerie und Reiterei zum Schutz der Arbeitenden mit angerückt kam, war von ebenso geringem Erfolg. Die Tiroler Schützen waren auf den Höhen zu gut postiert und nötigten daher die Bayern abermals, sich nach Brixen zurückzuziehen.

Da nun Wrede fürchten musste, durch die aufstehenden Bauern von den Truppen jenseits des Brenners abgeschnitten zu werden, beschloss er, so schnell wie möglich nach Sterzing zu marschieren, wo ebenfalls ein kleines Korps Bayern stand.

Der Weg dahin führte im engen Eisacktal hinauf. Da sich von der französischen Kolonne, welche sich zufällig auf dem Marsch von Italien aus nach Deutschland befand, einige tausend Mann unter dem General Bisson anschlossen, weil die gemeinschaftliche Gefahr sie vereinte, so schien dieser Bewegung nach Sterzing hin gar kein Hindernis von Bedeutung entgegenzustehen.

Mit aller Eile waren viele Bauern vorausgeeilt, unter Anführung des Lechner Wirts, die uralte, von den Römern gebaute Brücke bei Ladisch zu zerstören. Die über zwei Felsen sich in einem einzigen Bogen erhebt und unter demselben die tobende Eisack hindurchlässt. Eben um die Zerstörung dieser Brücke zu verhindern, hatte Wrede seinen Abmarsch beschleunigt. Bevor man jedoch dahin gelangte, musste man durch einen engen Felsenpass, die Brixener Klause. Auf den Felsen selbst standen die Tiroler, zum großen Teil von dem Wirt in Schabs angeführt. Sie warfen Felsstücke herab und rollten Bäume hinunter im lauten Jubel; mit Spott, Hohn und Schimpfworten gemischt sandten sie der Kolonne, die unten zusammengedrängt dahinzog, ihre Kugeln zu. Die erbitterten Krieger, an solche Szenen nicht gewöhnt, feuerten vergeblich in die Höhe hinauf, wo ihre Feinde einzeln zwischen Felsen und Bäumen herumkletternd nur zum Vorschein kamen, wenn sie wieder frisch geladen hatten. Endlich war der schreckliche, mit vielfachem französischen und bayerischen Blut gedüngte Pass zurückgelegt; es gab freieren Raum. Aber die Brücke lag in Ruinen und die Tiroler standen in Menge da, keinen Feind hinüberzulassen. Doch die größere Fläche gab diesem besseren Spielraum und ein gewisseres Ziel. Das geregelte, gegen sie eröffnete Feuer konnten die Tiroler nicht lange ertragen. Das Jodeln und Jauchzen, so oft sie einen glücklichen Schuss von dem Felsen getan hatten, nahm allmählich ein Ende. In jedem Augenblick gewannen die Bayern und Franzosen mehr Raum. Es gelang ihnen, eine Notbrücke über die Eisack zu schlagen und glücklich über dieselbe zu kommen.

Doch eben als sie nun den ferneren Rückzug gesichert währten, stieg ein noch furchtbares Gewitter gegen sie herauf. Was Wrede gefürchtet hatte, ging in Erfüllung. Die Österreicher waren in vollem Anmarsch. Ein wildes Geschrei der Tiroler erfüllte mit einem Mal die Lüfte.

»Die Kaiserlichen kommen! Die Kaiserlichen kommen! Unsere Retter!«, schallte es tausendfach im Rücken der retirierenden Kolonne, als auf den Höhen von Schabs der österreichische Vortrab aus etwa 70 leichten Reitern und 200 Mann Fußvolk aus Jägern bestehend sich zeigte.

Umso widrigeren Eindruck musste nun der Jubel erregen, welcher alle Berge ringsherum erfüllte und keine Grenzen kannte. Wütend, gleichsam blind, stürzte man von den Bergen herab, dem Feind nachdrängend, mit Kolben, Dreschflegeln und was zur Hand war, auf ihn loshämmernd. Doch dieser glaubte sich nun sicher, in der Voraussicht, keinen Übergang mehr erzwingen zu müssen. Er zog längs dem rechten Eisackufer hinauf, sich den Rücken mit seinen Geschützen und Reitern deckend, so gut es nur Disziplin und kriegerisches Ehrgefühl zuließ. Arg war der bisherige Verlust gewesen und aufs Neue erwachten alle Schrecknisse, als man bei dem von 1797 her so berühmte Dorf Spinges die Mühlbacher Klause durchziehen musste, wo die Szenen sich wiederholten, welche beim Anmarsch aus Brixen so vielen das Leben geraubt hatten. Endlich öffnete sich hinter dem Flecken Mauls die Fläche oder das Moos von Sterzing, wo man zu rasten und mit den hier im Quartier liegenden Kameraden sich zu vereinigen hoffen konnte.