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Nick Carter – Arizona-Jack als Detektiv – Kapitel 4

Nick Carter
Amerikas größter Detektiv
Arizona-Jack als Detektiv
Ein Detektivroman

Arizona-Jack wird Detektiv

Die Verfolgung führte die Detektive in verschiedene Saloons; in jedem derselben fragte der Verdächtige nach Gould und wurde zu einer anderen Wirtschaft weitergeschickt. Die Art seines Auftretens bewies dabei, dass er von der ihm zuteilwerdenden Beschattung auch nicht die leiseste Ahnung hatte.

Die von dem Detektiv befolgte Methode war die denkbar einfachste; Patsy folgte dem Fremden in den betreffenden Saloon, während die beiden anderen sich nahebei außerhalb verbargen, um die von dem Verdächtigen eingeschlagenen neue Wegrichtung beobachten zu können. Als der Letztere nach mancherlei Irrfahrten schließlich wiederum einen Saloon betreten wollte, traf er unter der Tür mit einem anderen Mann zusammen. Es erfolgte eine gegenseitige herzliche Begrüßung, und dann begaben sich die beiden gemeinsam in die Wirtschaft.

»Den Herrn, den unser Mann eben begrüßte, kenne ich und weiß, dass er ein durchaus anständiger Charakter ist«, bemerkte Nick. »Patsy, begib dich in den Saloon, ich will mich nahebei in den Hinterhalt legen und zuschauen, ob ich mit meinem Bekannten nicht ins Gespräch kommen kann. Entfernt sich unser Mann, Chick, so beschatte ihn, doch hinterlasse eine Fährte, damit ich dir jederzeit nachfolgen kann.«

Nachdem die beiden etwa fünf Minuten lang gewartet hatten, sahen sie den Fremden in großer Hast den Saloon wieder verlassen. Dicht auf seinen Fersen befand sich Patsy. Auch Chick schloss sich der Verfolgung an, während Nick Carter rasch die Wirtschaft betrat. Er gesellte sich seinem Bekannten zu und es fiel ihm nicht schwer, aus diesem herauszubekommen, dass der Fremde wirklich mit Macklyn identisch war.

»Well, kennen Sie Mr. Macklyn näher?«, fragte der Detektiv wie beiläufig.

Der Gefragte bejahte.

»Wir gehören demselben Athletenklub an und sitzen auch in verschiedenen Komitees gemeinsam.«

»Was für ein Mensch ist Ihr Freund eigentlich?«, wollte Nick wissen.

»Well, ein ganz guter Kamerad«, versetzte sein Bekannter leichthin, seinen Whiskeyrest mit Sodawasser anspritzend. »Geschäftlich haben wir keine Berührungspunkte, aber gesellschaftlich ist Macklyn ein famoser Kerl. Dabei hat er Schneid. Was er sich einmal in den Kopf gesetzt hat, das führt er ganz sicherlich durch, und kein Hindernis kann ihn davon abhalten.«

»Also so eine Sorte Holz, aus welchem die Führer der Menschheit und die Verbrecher geschnitzt werden«, warf der Detektiv dazwischen.

Sein Bekannter lachte.

»Well, das mag stimmen. Macklyn hat etwas von einer Bulldogge an sich, er lässt nicht mehr locker, hat er sich einmal verbissen. Das macht ihn sogar in den Komitees etwas unbeliebt, denn schließlich müssen alle nach seiner Pfeife tanzen, soll er nicht ungemütlich werden – und das ist nicht jedermanns Sache.«

»Auch ein großer Schürzenjäger, eh?«, meinte Nick spöttisch.

»Well, das ist seine Privatsache … Immerhin sagt man ihm nach, dass er im Verkehr mit dem schönen Geschlecht nicht allzu gewissenhaft sein soll … Ich hörte da mal so eine Geschichte mit einem jungen Mädchen, wo er sich einfach niederträchtig benommen hat, doch – holla, Carter!«, unterbrach er sich lachend. »Da vergaß ich richtig, dass Sie ein Detektiv sind. Wollen mich wohl ausfragen, eh?«

»Zugegeben«, gestand der gleichfalls Lachende. »Aber es ist mehr Neugier.«

»Liegt denn gegen Macklyn etwas vor? Er hatte heute Abend ein rätselhaftes Benehmen, Carter.«

»Da fragen Sie mich mehr, als ich beantworten kann«, entgegnete der sich verabschiedende Nick. »Mir ist wenigstens nichts von einer gegen Mr. Macklyn erhobenen Anklage bekannt.«

Doch draußen auf der Straße, als er hurtig die von Chick zurückgelassene Fährte verfolgte, änderte sich der Mienenausdruck des Detektivs.

»Mit jedem Schritt weiter wird das Verschulden dieses Macklyn mehr offenbar … Er ist der Auftraggeber, der die Strolche auf Miss Armory losgelassen hat … und ich will es beweisen, noch ehe die Nacht verflossen ist!«, sagte er vor sich hin.

Zwei Blocks weiter die Straße hinunter traf er Chick vor einem Ecksaloon, welcher ihm mitteilte, dass der Beschattete sich in der Wirtschaft befinde. »Du hast recht gehabt«, meinte Nick, »unser Mann ist wirklich Macklyn. Ich weiß jetzt auch, dass er ein verzweifelter Charakter ist, der auch krumme Wege geht, führen ihn die geraden nicht zum Ziel.«

»Du hältst also Macklyn für den eigentlichen Urheber der ganzen Affäre?«, erkundigte sich Chick.

»Ganz sicher. Ich möchte sogar wetten, dass er genau in der nämlichen Angelegenheit so eifrig darauf aus ist, mit diesem Gould zusammenzutreffen. Nun, ich bringe es schon an den Tag!«

»Well, was wird dann aus unserer Vergnügungsnacht und vor allem Ida?«, fragte Chick lachend.

Nick wollte lachend eine Entgegnung machen, doch er kam nicht dazu, denn eben öffnete sich die Saloontür, und in großer Eile schoss ein Mann heraus, in welchem die Detektive nach der ihnen von Colton gegebenen Beschreibung ohne Weiteres Harry Hunton wiedererkannten.

»Soll ich ihm folgen?«, fragte Chick, dem hurtig straßenabwärts Eilenden nachschauend.

»Unnötig, Chick«, meinte Patsy, der eben auch aus dem Saloon geschlüpft kam und die letzten Worte gehört hatte. »Der Bursche ist unterwegs, um Gould aufzuspüren, und unser Mann wartet in dieser Zeit drinnen im Saloon auf die beiden.«

»Hörtest du, was sie miteinander sprachen?«, forschte Nick Carter.

»Gewiss, Meister. Die beiden tuschelten in einem Winkel, doch sie hatten nicht bemerkt, dass ich hinter den Fernsprechervorhang geschlüpft war. Da hörte ich alles … Es war nicht viel, unser Mann fragte und Hunton antwortete; er wisse selbst nicht, was eigentlich los sei, meinte er. Es scheine, als ob Nick Carter und seine Leute die Entführung des Mädchens vereitelt hätten.«

»Macklyn ist immer noch darauf aus, sich mit Gould zu besprechen?«, warf Nick fragend ein.

»Macklyn? Ist das unser Vogel?«

Dann, als der Detektiv nickte, ließ Patsy ein erstauntes Pfeifen hören.

»Well, er erklärt, Gould durchaus sprechen zu müssen, deshalb ging Hunton weg.«

Die Unterhaltung der auf dem Bürgersteig unmittelbar vor dem Salooneingang Stehenden wurde durch die unterwartete Dazwischenkunft Arizona-Jacks und seines Begleiters jäh unterbrochen. Lärmend begrüßte der unverwüstliche Präriemann die Detektive und wollte sie überreden, mit nach dem Saloon zu kommen und sich einen Schluck zu genehmigen.

»Kommt!«, rief er begeistert. »Ich zeige Euch die neueste Art, wie man bei uns in Arizona auf eine höllisch gebildete Weise Wein trinkt. Jeder muss seine Flasche mit einem Revolverschuss öffnen, dann gehört sie ihm. Gentlemen, das ist zu unterhaltend, sage ich Euch!«

Mit vieler Mühe gelang es ihm, den braven Jack von seiner Absicht zurückzuhalten, sie sämtlich in dem Saloon freizuhalten, indem er ihm auseinandersetzte, dass er und seine Gehilfen einen in der Wirtschaft befindlichen Mann beschatteten.

»Warum geht Ihr nicht rein und räuchert den Fuchs aus?«, wollte der Desperado wissen.

»Weil die Sache noch nicht spruchreif ist«, entgegnete Nick. »Unser Verdacht reicht noch nicht aus, um ihn eines gemeinen Verbrechens, das er sicher begangen hat, zu überführen.«

»Was hat er eigentlich verbrochen?«, fragte Arizona-Jack wissbegierig.

»Etwas, das Euch ebenso verächtlich erscheint wie uns allen«, erwiderte Nick bedeutsam.

Er kannte Arizona-Jack wohl und wusste, dass dieser es nur für smart hielt, einen anderen Mann übers Ohr zu hauen, sei es nun beim Kartenspiel oder Pferdehandel, ja, dass es ihm auch nicht darauf ankam, seinen Gegnern acht Zoll kaltes Eisen oder ein paar Lot Blei zu verabfolgen. Der andere war auch ein Mann, so gut wie er, und mochte sich dagegen zu jener ritterlichen Huldigung verpflichtet fühlen, die den Amerikaner im Allgemeinen vorteilhaft auszeichnet. Sich an einem schwachen, weiblichen Wesen brutal zu vergreifen, dünkte dem Mann aus dem Wilden Westen schändlicher als ein halbes Dutzend Raubmorde. Gestützt auf seine Menschenkenntnis fragte der Detektiv nun bedächtig: »Jack, was war eigentlich vorhin die Veranlassung, dass es zur Rauferei kam?«

»Ich sagte den Kerlen in aller Höflichkeit, dass sie die erbärmlichsten Halunken seien, die in diesem gesegneten Land frei herumlaufen, das war alles«, ereiferte sich jener.

»Was verbrachen denn diese von Euch so höflich zurechtgewiesenen Gentlemen?«

»Hundeseelen sind es!«, knurrte Jack. »Sie wollten ein Frauenzimmer mit dem Lasso fangen, die feigen Kojoten, ein Mädchen, das ihnen gar nichts getan hat!«

»Und da sagtet Ihr ihnen eben Eure Meinung, eh?«, erkundigte sich Nick lächelnd.

»Well, nur durch die Blume, Pard, hier im Osten darf man ja nicht von der Leber weg sprechen. Ich sagte ihnen, dass ein Kerl, der andere zu so einem erbärmlichen Handel mietet, so ziemlich der größte Lump sei, mit Respekt zu sagen … Und gar solche, die sich dazu hergeben – die wären nicht mal gut genug für eine Lassoschlinge und einen dazugehörigen Baumast!«

»Gut gesagt!«, schmunzelte der Detektiv. »Nun sagt mal, Pard, für was haltet Ihr einen Kerl, der einen Korb von einem reizenden Mädchen erhalten hat und sich nun Rowdys mietet, damit sie das Mädchen überfallen, entführen und zu einem sicheren Ort bringen sollen, wo er sie zur Heirat zwingen kann?«

»Der muss einfach gelyncht werden«, meinte Arizona-Jack. »Aber warum sagt Ihr das alles, Pard?«

»Weil wir den Mann drinnen für einen solchen Lump halten«, erwiderte Nick.

Statt jeder Antwort zog der biedere Jack zwei große Schießeisen aus seinem unter den Rock geschnallten Waffengurt hervor. »Pard«, erklärte er ernsthaft, »lasst uns hineingehen, und ich will aus ihm ein Sieb machen!«

»Kaltes Blut, Pard!«, rief der Detektiv lachend. »Erst müssen wir vollgültige Beweise haben, und solche zu sammeln, sind wir gerade dabei.«

»Blödsinn!«, knurrte Jack. »In so einem Fall ist es besser, erst das Ungeziefer zu vertilgen und die Schuldbeweise hinterher zu sammeln, wenn es sich dann überhaut noch lohnt!«

Lachend hielt der Detektiv seinen Mann zurück. Die allgemeine Heiterkeit wurde nun durch einen Zuruf des unablässig auf der Lauer liegenden Patsy unterbrochen, dass Hunton zurückkehre. Sofort tauchte die kleine Gruppe in einem Versteck nahebei unter, und trotz seines Sträubens musste der Hinterwäldler sich anschließen.

Doch kaum hatte Jack in dem Näherkommenden einen der Kerle erkannt, mit denen er vorhin Händel gehabt hatte, da riss er auch schon sein Dolchmesser heraus und wollte sich durchaus auf den alten Widersacher stürzen. Zum Glück hatte der in großer Eile befindliche Hunton, ohne rechts und links zu blicken, schon den Saloon betreten und konnte darum von der Bewegung des fuchsteufelswild gewordenen Desperados nichts mehr wahrnehmen. Nick hatte außerdem den Wildwester auch bereits mit eisernem Griff beim Arm gepackt und ihm ärgerlich zugeflüstert: »Ich möchte mir ausbitten, Jack, dass Ihr mir meine wohlerwogenen Pläne durch solch einen Unsinn nicht zerstört, verstanden?«

»Aber der Kerl hat mich angegriffen!«, beharrte Arizona-Jack grimmig.

»Mag sein«, unterbrach ihn Nick bestimmt. »Doch hier habe ich zu befehlen, und sollen wir zusammenbleiben, so müsst Ihr Euch blindlings meinen Weisungen unterwerfen.«

Während der schwer zu besänftigende Desperado sein Messer wieder einsteckte, war Patsy wiederum in den Saloon geschlüpft, und es war ihm abermals gelungen, so dicht an Macklyn und Hunton heranzukommen, dass er Letzteren sagen hörte, Gould sei mit Sicherheit in einem Saloon an der 8th Avenue, unweit der 23th Street, er hielte sich diesen Abend downtown auf, weil die Erregung in der Nachbarschaft wegen des Attentats auf Grace Armory zu groß sei und er jeder Auseinandersetzung oder neugierigen Fragen zu entgehen wünschte.

Als Patsy schleunigst Bericht erstattet und hinzugefügt hatte, dass Macklyn unverzüglich nach dem betreffenden downtown Saloon aufzubrechen gedächte, nickte der Detektiv befriedigt.

»Well, Jungens«, meinte er zu seinen beiden Gehilfen, »dann gehen wir zu dem Saloon voraus und nehmen dort unseren Freund Macklyn gleich in Empfang.«

Sie wollten sich von Arizona-Jack und dessen Begleiter verabschieden, doch damit war Ersterem wenig gedient. Er drückte vielmehr seinen Wunsch aus, sich der weiteren Verfolgung tätig anzuschließen. Das ging dem Detektiv allerdings sehr gegen den Strich, musste er doch befürchten, dass der brave Jack durch seine ungestüme Art alles verderben könnte. Er schwieg zögernd. Da mischte sich Patsy, dem der urwüchsige Wildwester helles Vergnügen bereitete, bittend ein.

»Lassen Sie ihn mitkommen, Meister«, bat er. »Kommt es zum Kampf, haben wir einen mehr!«

»Ein Dutzend, Kleiner!«, schmunzelte Jack selbstgefällig. »Well, ich sage dir, der Desperado von Red Gulch bringt den New Yorker Loafers die Flötentöne bei, darauf kannst du dein gesegnetes Leben wetten.«

So willigte er denn, als Nick einsah, dass sie ihren neuen Freund nicht wieder loswerden konnten, und Chick scherzend meinte, es sei doch eigentlich ergötzlich, so einen wilden Desperado Detektivarbeit in New York verrichten zu sehen, endlich widerstrebend ein. »Meinetwegen!«, versetzte er. »Doch Ihr müsst genauso Order parieren wie Chick und Patsy, verstanden?«

»All right«, sagte Arizona-Jack, »ich folge Eurer Fährte durch Dick und Dünn!«

Auch Colton wurde mitgenommen; indessen nur aus Vorsicht, obwohl der Detektiv von seiner Harmlosigkeit überzeugt war. In einem Saloon an der 8th Avenue, unweit des Platzes, zu welchem die Detektive ihre Schritte lenkten, wurde Colton denn auch versetzt und war es gern zufrieden, einen ihm zu diesem Behuf von Jack gereichten Fünfer in Flüssigkeit umzuwandeln.