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Jim Buffalo – 4. Abenteuer – Kapitel 2

Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922

Johnson, der Bankdefraudant
Das 4. Abenteuer Jim Buffalos

2. Kapitel

Der Mann mit der Teufelsmaschine

»Jetzt schlägt’s dreizehn!«

Das war das Einzige, was der Inspektor seinem wieder einmal ellenlangen Fluch nachschickte. Das, was er auf der Straße erblickte, ließ ihn wie gebannt am Fenster stehen bleiben.

Ein unheimliches Panzerautomobil kam mit hoher Geschwindigkeit herangebraust, um direkt vor dem Gebäude der Detektivzentrale zu halten. Während die Passanten teils erregt, teils in verwunderte Rufe ausbrachen, dass die Straße davon widerhallte, war das sonderbare Gefährt, das mit gräulichen Teufelsfratzen bemalt war, lautlos herangekommen, was wohl auf die großen Pneumatiks zurückzuführen war, mit denen die sechs Räder des Automobils bereift waren.

Jetzt fiel in dem Fahrzeug eine Klapptür. Eine hochgewachsene, schlanke Gestalt in Pilotenkleidung verließ den Wagen und schloss blitzschnell wieder die Tür.

Ehe sich die im Nu um den Wagen gesammelten Gaffer im Klaren waren, was eigentlich geschah, hatte der Fremde schon mit schnellen Schritten das Gebäude der Detektivzentrale betreten.

Noch immer stand Dufferin am Fenster.

Ja, Tod und Teufel, was war denn das da unten? Ei der Tausend, wegen dem Kerl hatte man ihn heute schon dreimal an das Telefon gezerrt! Dem wollte er die Wahrheit zeigen! So ein Wahnsinn, in solch einem Ding durch die Straßen zu rasen, um die Leute rebellisch zu machen. Das war grober Unfug.

Dufferin geriet in Zorn. Seine Finger fuhren zum Klingelknopf.

»Schaffen Sie mir den Kerl herbei, dem die Teufelskarre da unten gehört!«, brüllte er dem hereintretenden Beamten entgegen.

»Verzeihung, Herr Inspektor, aber …«

»Ich habe gar nichts zu verzeihen! Marsch, marsch! Den Himmelhund hierher, oder ich drehe Ihnen die Kehle um.«

Die Beamten jedoch schienen an die impulsive Art ihres Inspektors, der sonst der herzlichste und beste Mensch war, gewöhnt zu sein, denn der Mann zeigte ein liebenswürdiges Lächeln, als er noch einmal begann: »Verzeihung, Herr Inspektor, aber .…«

»Los … los … rasen Sie! … Sausen Sie! Damned! Was glotzen Sie mich denn so an?«

»Der Herr … der Himmelhund steht ja schon vor der Tür und wünscht, Sie zu sprechen!«

»Der … der … was will er? Mich sprechen?«

»Hier ist seine Karte.«

Jim Buffalo, las der Inspektor. Kopfschüttelnd drehte er sie hin und her. »Herein mit dem Kerl!«, knurrte er dann.

Als der Fremde hereinkam, funkelte ihn Dufferin zornig an.

»Gehört Ihnen das Automobil mit den Höllenfratzen da unten?«

Der Herr nickte mit leisem Lächeln.

»Dann werde ich erstens dafür sorgen, dass Ihnen die Konzession entzogen wird! Zweitens, dass Sie eine ganz gehörige Strafe wegen groben Unfugs aufgeknallt kriegen. Drittens, dass der Benzinkasten da sofort abgetakelt wird! Viertens, dass … dass … mein Lieber, wenn Sie sich auch noch über mich lustig machen wollen, lasse ich Sie einsperren!«

Jetzt lachte Jim Buffalo schallend auf und öffnete dabei lässig die Druckknöpfe der ledernen Handschuhe.

»Wissen Sie auch, was der Benzinkasten, wie Sie eben meine Teufelsmaschine so nett bezeichneten, für wunderbare Eigenschaften besitzt?«

»Das ist mir ganz schnuppe!«, fauchte Dufferin.

»Man kann mit meiner Maschine in die Zukunft und in die Vergangenheit reisen!«

»Was kann man?«

»Und mehr noch! Die Teufelsmaschine erreicht eine Stundengeschwindigkeit von 200 Kilometer auf Chausseen und Landstraßen, eine solche von 160 Kilometern auf dem Wasser!«

»Und in der Luft?«, höhnte der Inspektor.

»Da muss ich tief bedauern. Fliegen kann sie leider nicht!«

»Und unter Wasser?«

»Oh … damit kann ich dienen! Unter Wasser fahre ich mit der Teufelsmaschine 120 Kilometer in der Stunde!«

»Sind Sie verrückt!«

»Leider muss ich widersprechen. Zumindest ist mein Hirn genauso intakt wie das Ihre, Herr Inspektor!«

»Unverschämter Patron!«

»Aber nicht doch«, forderte Jim Buffalo nachsichtig. »Ich sehe gar nicht ein, warum wir uns gegenseitig in die Haare kriegen sollen. Ich habe nämlich ein Anerbieten zu machen.«

»Mir?«

»Wie man’s nimmt. Eigentlich der New Yorker Polizeibehörde, doch da ich Sie für das geistige Oberhaupt dieser Behörde halte, wende ich mich direkt an Sie, zumal ich zu wissen glaube, dass Sie doch bald Polizeichef sind!«

Inspektor Dufferin nickte besänftigt. Nein, verrückt schien dieser Mann nicht zu sein.

»Es handelt sich um Folgendes«, fuhr Jim Buffalo fort. »Ich befinde mich, wie gesagt, im Besitz einer Maschine, die Leistungen vollbringt, wie man sie bis heute nicht kannte. Meine Teufelsmaschine vereinigt Panzerautomobil, Rennwagen, Motorboot, Tauchboot und eine von uns zu kommenden und vergangenen Jahrhunderten führende Verbindungsmöglichkeit … alles zusammen in sich! Ich bin nicht der Mensch dazu, diese geniale Maschine für mich allein zu behalten – nein, ich möchte sie Ihnen und der Menschheit nutzbar machen, weswegen ich auch zu dem Entschluss gekommen bin, mich mit meiner Maschine der Polizeibehörde zur Verfügung zu stellen, um diese in ihrem Kampf gegen das Verbrechertum auf allen Gebieten zu unterstützen!«

Inspektor Dufferin schüttelte den Kopf. Zwar war sein Zorn verraucht, aber dafür die Ungläubigkeit in ihm eingezogen.

»Das, was, wie Sie sagen, Ihre Maschine leistet, erscheint mir unmöglich«, sagte er.

»Unmöglich?«

Jim Buffalo nickte stumm vor sich hin. Dann meinte er: »Was glauben Sie wohl, was unsere Vorfahren gesagt hätten, wenn plötzlich jemand mit der Behauptung gekommen wäre, er habe das Rätsel der drahtlosen Telegrafie gelöst? Oder denken Sie an unsere Ureltern und stellen Sie sich vor, wir hätten zu deren Kindheit die Gelegenheit gehabt, mir ihnen zu reden. Und Sie würden ihnen von einem Telefon erzählen, einem Draht, durch den man über Länder und Meere sprechen kann, oder einem Automobil, einem Wagen also ohne Pferde, der trotzdem die hundertundnochmehrfache Geschwindigkeit erreicht – was glauben Sie, was diese Leute Ihnen zur Antwort gegeben hätten? Dasselbe, was Sie soeben aussprachen: Unmöglich! Oh – nichts ist unmöglich, Mister Dufferin! Aber es braucht alles seine Zeit, und noch solange, wie die Welt bestehen wird, wird auch immer was Neues erfunden werden! Können wir wissen, wann der Punkt erreicht wird, an dem der menschliche Geist erschöpft ist?«

Der Inspektor war still geworden. Die Worte Jim Buffalos hatten ihren Eindruck auf ihn nicht verfehlt.

»Sie haben recht«, konstatierte er. »Man soll kein Urteil fällen, ehe man sich nicht überzeugt hat. Sollte sich Ihre Maschine so bewähren, wie Sie sagten, so würden Sie sich allerdings um den ganzen Staat verdient machen.«

Jim Buffalo neigte den Kopf.

»Ich weiß schon heute«, sprach er, »dass wir einmal gute Freunde werden, Mister Dufferin. Mir schwant, wir werden noch manchen Strauß gegen Gesindel im Frack und Gesindel mit Ballonmütze und Knüpftuch gemeinsam ausfechten. Doch … um noch einmal auf meine Teufelsmaschine zurückzukommen: Liegt nicht augenblicklich ein Kriminalfall vor, in dem ich durch meine Tätigkeit den Beweis erbringen könnte, dass meine Maschine das hält, was sie verspricht?«

»Augenblicklich nein .…«, murmelte der Inspektor, da schrillte die Telefonglocke zum vierten Mal in dieser Stunde.