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Der Fluch von Capistrano – Kapitel 34

Johnston McCulley
Der Fluch von Capistrano
New York. Frank A. Munsey Company. 1919
Ursprünglich in fünf Teilen in der All-Story Weekly ab der Ausgabe vom 9. August 1919 als Serie veröffentlicht.

Kapitel 34

Das Blut der Pulidos

Die beiden Soldaten kamen in den Raum zurück. Sie berichteten, dass sie das Haus gründlich durchsucht hatten und in jeden Winkel eingedrungen waren, aber keine Spur von einer anderen Person gefunden hätten als die einheimischen Diener von Pater Felipe, die alle zu verängstigt waren, um die Unwahrheit zu sagen, und erklärten, sie hätten niemanden im Haus gesehen, der nicht dorthin gehörte.

»Ha! Gut versteckt, kein Zweifel!«, sagte Gonzales. »Freundchen, was ist das da in der Ecke des Raumes?«

»Ballen voller Felle«, antwortete Bruder Felipe.

»Ich habe es von Zeit zu Zeit bemerkt. Der Händler aus San Gabriel muss recht gehabt haben, als er sagte, dass die Häute, die er von dir gekauft hat, nicht richtig gepökelt waren. Stimmt das?«

»Ich denke, Sie werden feststellen, dass es so ist.«

»Warum haben sie sich dann bewegt?«, fragte Sargento Gonzales. »Dreimal sah ich, wie sich die Ecke eines Ballens bewegte. Männer, sucht dort.«

Bruder Felipe sprang auf. »Genug von diesem Unsinn«, rief er. »Ihr habt alles durchsucht und nichts gefunden. Durchsucht als nächstes die Scheunen und dann geht! Lasst mich wenigstens in meinem eigenen Haus Herr sein. Ihr habt meine Ruhe schon genug gestört.«

»Ihr werdet einen feierlichen Eid ablegen, Mönch, dass sich hinter diesen Fellballen nichts Lebendiges befindet?«

Felipe zögerte, und Gonzales grinste. »Ihr seid nicht bereit zu schwören, was?«, fragte der Sargento. »Ich dachte mir schon, dass du da zögern würdest, mein gewandeter Franziskaner. Soldaten, durchsucht die Ballen.«

Die beiden Männer machten sich auf den Weg zur Ecke. Aber sie hatten noch nicht einmal die Hälfte der Strecke zurückgelegt, als Señorita Lolita Pulido hinter den Fellballen auftauchte und ihnen gegenüberstand.

»Ha! Endlich entdeckt!«, rief Gonzales. »Hier ist das Päckchen, das Señor Zorro in der Obhut des Kampfes zurückgelassen hat! Und ein hübsches Päckchen ist es! Sie geht zurück in den Kerker, und diese Flucht wird ihre Verurteilung nur noch verschärfen!«

Aber in den Adern der Señorita floss Pulido-Blut, und das hatte Gonzales nicht bedacht. Nun trat die Señorita an das Ende des Fellstapels, sodass das Licht des Kerzenleuchters voll auf sie fiel.

»Einen Moment, Señores«, sagte sie.

Eine Hand kam hinter ihrem Rücken hervor, und in ihr hielt sie ein langes, scharfes Messer, wie es Schafhäuter benutzten. Sie legte die Spitze des Messers an ihre Brust und betrachtete die beiden tapfer.

»Señorita Lolita Pulido kehrt weder jetzt noch sonst irgendwann in das verruchte Gefängnis zurück, Señores«, sagte sie. »Lieber würde sie sich dieses Messer ins Herz stoßen und so sterben, wie es sich für eine Frau von gutem Blut gehört. Wenn seine Exzellenz eine tote Gefangene wünscht, kann er sie haben.«

Sargento Gonzales stieß einen verärgerten Ausruf aus. Er zweifelte nicht daran, dass die Señorita tun würde, was sie angedroht hatte, wenn die Männer einen Versuch unternahmen, sie zu ergreifen. Während er im Fall einer gewöhnlichen Gefangenen den Versuch vielleicht angeordnet hätte, war er sich nicht sicher, ob der Gouverneur sagen würde, er hätte richtig gehandelt, wenn er es diesmal anordnete. Schließlich war Señorita Pulido die Tochter eines Don, und ihr selbst herbeigeführter Tod könnte seiner Exzellenz Ärger einbringen. Er könnte der Funke für ein Pulverfass sein.

»Señorita, wer sich das Leben nimmt, riskiert die ewige Verdammnis«, sagte der Sargento. »Fragen Sie diesen Haufen, ob es nicht so ist. Sie sind nur verhaftet, nicht überführt und verurteilt. Wenn Sie unschuldig sind, werden Sie zweifellos bald wieder auf freien Fuß gesetzt.«

»Es ist nicht die Zeit für verlogene Reden, Señor«, erwiderte das Mädchen. »Ich kenne die Umstände nur zu gut. Ich habe gesagt, dass ich nicht ins Zuchthaus zurückkehren werde, und ich habe es ernst gemeint – und meine es auch jetzt. Ein Schritt auf mich zu, und ich nehme mein eigenes Schicksal in die Hand.«

»Señorita …«, begann Bruder Felipe.

»Es ist sinnlos, dass Ihr versucht, mich aufzuhalten, guter Pater«, unterbrach sie ihn. »Ich habe noch meinen Stolz, den Heiligen sei Dank. Seine Exzellenz bekommt nur meinen toten Körper, wenn er mich überhaupt bekommt.«

»Das ist ein ziemliches Durcheinander«, rief Gonzales aus. »Ich nehme an, uns bleibt nichts anderes übrig, als uns zurückzuziehen und die Señorita ihrer Freiheit zu überlassen.«

»Ah, nein, Señor!«, rief sie schnell. »Sie sind klug, aber bei Weitem nicht klug genug. Sie würden sich zurückziehen und Ihre Männer weiterhin das Haus umstellen lassen? Ihr würdet auf eine Gelegenheit warten, um mich dann zu ergreifen?«

Gonzales knurrte tief in seiner Kehle, denn das war seine Absicht gewesen, und das Mädchen hatte sie durchschaut.

»Ich werde diejenige sein, die geht«, sagte sie. »Gehen Sie rückwärts und stellen Sie sich an die Wand, Señores. Tun Sie es sofort oder ich stoße mir dieses Messer in den Busen.«

Sie konnten nichts anderes tun, als zu gehorchen. Die Soldaten blickten auf den Sargento, um Anweisungen zu erhalten, und dieser hatte Angst, den Tod der Señorita zu riskieren, weil er wusste, dass dies den Zorn des Gouverneurs auf sich ziehen würde, und der sagen könnte, dass er gepfuscht hätte.

Vielleicht wäre es doch besser, das Mädchen das Haus verlassen zu lassen. Sie könnte danach gefangen genommen werden, denn ein Mädchen kann den Soldaten sicher nicht entkommen.

Sie beobachtete sie genau, als sie durch den Raum zur Tür eilte. Das Messer hielt sie immer noch an ihre Brust.

»Bruder Felipe, wollt Ihr mit mir gehen?«, fragte sie. »Ihr könntet bestraft werden, wenn Ihr bleibt.«

»Doch ich muss bleiben, Señorita. Ich kann nicht weglaufen. Mögen die Heiligen Sie beschützen!«

Sie stellte sich noch einmal vor Gonzales und die Soldaten.

»Ich werde durch diese Tür gehen«, sagte sie. »Ihr bleibt in diesem Zimmer. Draußen stehen Soldaten, die versuchen werden, mich aufzuhalten. Ich werde ihnen sagen, dass ich Ihre Erlaubnis habe, zu gehen. Wenn sie rufen und dich fragen, sollst du sagen, dass es so ist.«

»Und wenn ich das nicht tue?«

»Dann benutze ich das Messer, Señor.«

Sie öffnete die Tür, wandte kurz den Kopf und schaute hinaus.

»Ich hoffe, Ihr Pferd ist ein ausgezeichnetes, Señor, denn ich werde es benutzen«, sagte sie zum Sargento.

Plötzlich huschte sie durch die Tür und knallte sie hinter sich zu.

»Ihr nach!«, rief Gonzales. »Ich habe ihr in die Augen gesehen! Sie wird das Messer nicht benutzen – sie hat Angst davor!«

Er stürzte quer durch den Raum, die beiden Soldaten mit ihm. Aber Pater Felipe war lange genug teilnahmslos gewesen. Nun schritt er zur Tat. Er hielt nicht inne, um die Konsequenzen zu bedenken. Er streckte ein Bein aus und brachte Gonzales zu Fall. Die beiden Soldaten stießen mit ihm zusammen, und alle fielen durcheinander zu Boden.

Bruder Felipe hatte etwas Zeit für sie gewonnen, und das war genug gewesen. Denn die Señorita war zu ihrem Pferd geeilt und in den Sattel gesprungen. Sie konnte reiten wie eine Eingeborene. Ihre winzigen Füße reichten nicht einmal bis zur Hälfte der Steigbügel des Sargento, aber das machte ihr nichts aus.

Sie wendete den Kopf des Pferdes und trat ihm in die Seiten, als ein Soldat um die Hausecke stürmte. Eine Pistolenkugel pfiff an ihrem Kopf vorbei. Sie beugte sich tiefer über den Hals des Pferdes und ritt davon.

Auf der Veranda stand nun ein fluchender Sargento Gonzales und rief seinen Männern zu, sie sollten auf die Pferde steigen und ihr folgen. Der Mond war wieder hinter einer Wolkenbank verschwunden. Sie konnten die Richtung, in die die Señorita ritt, nicht erkennen, es sei denn, sie lauschten auf die Geräusche der Pferdehufe. Und dazu mussten sie anhalten, und wenn sie anhielten, verloren sie Zeit und Distanz.