Heftroman der Woche

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Sagen der mittleren Werra 15

Sagen-der-mittleren-Werra

Vom Hasen am großen Hermannsberg

Mein Vater, so erzählte ein Steinbach-Hallenberger, sah einmal droben am Hermannsberg einen Hasen sitzen, der war so groß, wie er noch keinen gesehen hatte. Er schlich sich leise zu ihm heran und – schnapp – hatte er ihn an den langen Ohren und hob ihn hoch auf. Da aber guckte ihn der Hase so martialisch in die Augen, dass es dem starken Mann sonderbar zumute war und er das unheimliche Vieh wieder fallen ließ. Als er darauf zu den anderen Holzhauern kam und die Geschichte erzählte, meinten diese kopfschüttelnd, er hätte den Hasen festhalten und ihn fragen sollen, denn der wüsste den Schatz am Hermannsberg. Und als nun mein Vater wieder an die Arbeit wollte, da fand es sich, dass er sich die ganze Hand, mit der er den Hasen gehalten, verbrannt hatte.

 

Vom Kegelspiel am großen Hermannsberg

Bei uns, so erzählte ein Steinbach-Hallenberger, ist es gebräuchlich, dass das junge Volk – besonders in der Johannisnacht – die hohen Berge erklettert, um dort den Sonnenaufgang zu betrachten. So war auch einmal ein junger Bursche, der sich mit noch anderen verabredet hatte, hinauf zum großen Hermannsberg gegangen, hatte sich aber dabei in der Zeit geirrt und kam zu früh, und zwar in der Geisterstunde an die Kuppe.

Da hörte er einen martialischen Lärm oben, blieb stehen und vernahm deutlich, wie seine Kameraden Kegel schoben. Da dachte er, er habe sich verspätet und eilte vollends hinauf, aber da war wieder alles totenstill und leer. Einige Stunden später kam erst einer um den anderen von seinen Kameraden. Und nun wusste er, wen er gehört hatte.

Ein anderes Mal hütete der Hirtenjunge von Oberschönau mit seinen Kühen droben am großen Hermannsberg. Da hörte er von ferne sprechen und Kegel rappeln. Er ging darauf zu und sah eine Menge kleiner Jungen Kegel dort schieben, und da ihn einer der Kleinen gar freundlich ersuchte, ihnen aufzusetzen und ihm das Ding selber Spaß machte, so ging er gutwillig darauf ein.

Darüber aber war die Zeit schneller vergangen, als er gedacht, und als die Kleinen endlich genug hatten, schenkten  sie ihrem Aussetzer das ganze niedliche Spiel. Der bedankte sich höflich, steckte es in seinen Brotsack, machte, dass er zu seinen Kühen kam und trieb heim. Da aber erging es ihm schlimm, denn er war weit über die Zeit ausgeblieben. Als er die Geschichte mit dem Kegelspiel seinen Leuten erzählte, lachten die ihn aus, denn das Ding wollte ihnen nicht zu Kopf.

Er aber blieb dabei und setzte hinzu, er habe die Kegel mitgebracht und unter die Bodentreppe geschüttet, und dort müssten sie noch liegen. Und so war es auch. Die Kegel samt den Kugeln lagen richtig da. Die Leute aber wussten nicht, was sie sagen sollten, denn das ganze Spiel war von purem Gold. Der Hirtenjunge wurde nun ein reicher und glücklicher Mann. Er hatte den Zwergen des großen Hermannsberges die Kegel aufgesetzt.