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Der Welt-Detektiv Band 6

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Ritter Busso von Falkenstein – 1. Teil

Ritter Busso von Falkenstein
oder die Geheimnisse der Totengruft
Ein schauderhaftes Gemälde aus den Ritterzeiten
Verlegt durch Gottfried Basse zu Quedlinburg, 1813

Welche große und unüberwindbare Gefahr gibt es denn hier? Wie sollen wir unsere Arme Kraft zeigen, wenn sich uns kein Feind nähert?«

»Ist der Anblick dieser furchtbaren Umgebungen nicht hinreichend«, versetzte der knappe, »den unerschrockenen Mann in banges Grauen zu versetzen? In solchen ein öden Haus sind Unholde und böse Geister!«

»Mein Gewissen«, versetzte Busso, »macht mir keine Vorwürfe, die mir die Rache der Höllengeister sollten fürchten lassen. Ich rechne auf den Schutz des Himmels. Die Engel des Lichts werden mich vor der Hinterlist der Geister der Dunkelheit schützen.«

»Wollte Gott«, antwortete Robert, »ich hätte mein Ross umgelenkt und mich auf die Reise durch diese Gegenden nicht eingelassen.«

»Dies war unvermeidlich«, versetzte der Ritter, »indem du dich selbst mir zum Wegweiser zu der Eulenburg antrugst.«

»Ich glaubte spätestens bei Sonnenuntergang dort anzukommen«, sagte Robert, »Ihr seid aber gar zu langsam geritten.«

»Da hast du recht«, erwiderte der Ritter. »Indem ich in süßen Gedanken vertieft war, die ich bloß dir anvertraute, ließ ich mein Ross ganz langsam einhergehen.«

Der Ritter fing von Neuem an, sich einem ernsten Nachsinnen zu überlassen; aber der Knappe, welcher die Bemerkung gemacht hatte, dass ein trauliches Gespräch das Grauenvolle der Nacht einigermaßen zerstreute, versuchte solches wieder anzuknüpfen. Da er mit den Liebesangelegenheiten seines Herrn bekannt war, so wusste er selbige eben nun zu seinem Vorteil zu benutzen.

»Wenn ich nicht irre, strenger Herr«, hob er an, »so habe ich Euch sagen hören, dass Ihr seit drei Jahren Fräulein Adelheid nicht gesehen habt.«

»Wohl noch länger nicht«, versetzte der verliebte Ritter, »und wenn ich mein Herz frage, so ist ein Jahrhundert seit unserer Trennung verflossen. Ach, was gebe ich drum, wenn ich erfahren könnte, ob sie mir bei unseren Wiedersehen wohl noch einen holden Blick zuwirft!«

»Es ist beinahe unmöglich«, gestrenger Herr, »dass das Fräulein gegen Eure Vorzüge und so seltene Ausdauer unempfindlich sein könnte.«

»Ob ich gleich fern von ihr lebte, so hörte ich doch immer der gleichen Schmeicheleien gern. Mein eigenes Herz sagte sie mir oft. Es ist wahr, Adelheid hat mir ihre Zuneigung zu mir nie gestanden; ich weiß aber auch, dass sie mir nie einen anderen vorgezogen hat. Selbst daraus, dass sie bisweilen meinen Umgang mit ihr zu vermeiden versuchte, glaube ich, vorteilhafte Schlüsse für mich ziehen zu dürfen. Wahrlich, in der Voraussetzung, dass ihr meine Liebe ein Geheimnis war, konnte sie keinen anderen Grund haben, mich mit weniger Auszeichnung als die anderen zu behandeln; und wenn sie eben so sorgfältig verborgene süße Gefühle wie die meinen empfunden hätte, so konnte ihr die Liebe allein dies Rätsel lösen.«

Hierauf schwieg der Ritter einige Zeit und schien in Gedanken vertieft zu sein. Bald aber hob er von Neuem an: »Diese Gedanken allein machten mir das Leben, seit ich sie nicht sah, erträglich. Heute aber, da ich mich der schönen, liebevollen Adelheid nähere, erhebt eine frohe Hoffnung meine Brust. Habe ich mich getäuscht, auf welche grausame Art werde ich zurechtgewiesen werden! Und selbst, wenn meine süßeste Hoffnungen nicht ganz unbegründet wären, wenn meine zärtliche Liebe einigermaßen erwidert würde, dürfte ich mir dennoch wohl einbilden, dass nach einer so langen Abwesenheit ich noch einen Platz in ihrem Herzen behaupte? Aber ein anderer Liebesritter, der würdiger ist, sie zu besitzen, hat vielleicht mein Andenken gänzlich aus ihrem Herzen verscheucht!«

»Ich habe mich oft gewundert, gestrenger Herr, dass Ihr Euch bei einer so heftigen Neigung für Fräulein Adelheid habt entschließen können, die Gegend und den Ort ihres Aufenthalts zu verlassen, ohne ihr Eure Empfindungen zu entdecken und alle möglichen Mittel so zärtlicher Liebe zu versuchen, ihre Gunst und ihr Ja-Wort zu erhalten.«

»Ich habe dir schon gesagt, Robert«, versetzte Ritter Busso, »dass ich lieber hätte sterben wollen, als Adelheid, deren Wohl mir mehr als mein eigenes am Herzen liegt, zu verpflichten, ihr Glück mit einem Mann zu teilen, der nicht vermögend ist, sie in eine, ihrer Verdienste würdige Lage zu versetzen. Selbst heute wage ich es noch nicht, solche vermessenen Wünsche in meinem Herzen zu hegen. Ich will sie nur sehen, und wenn meine Neigungen mehr wollen, so hat mein Herz keinen Teil daran. Vielleicht, seitdem ich auf so manchem Turnier den Preis davontrug und ich den Reichsritterorden aus den Händen des Kaisers erhalten habe, mir auch mehrere Freunde unter den Großen des Reiches zu machen gewusst habe, die mir ihre Dienste versprachen, vielleicht darf ich nun wohl hoffen, in eine Lage versetzt zu werden, die noch mal die … Nochmals sage ich es aber, ich will mich bei solchen angenehmen Gedanken nicht aufhalten. Wie weit, Robert, ist das Schloss Rabeneck, welches sie eigentlich bewohnt, von der Eulenburg?«

»Etwas über eine Meile«, erwiderte der knappe. Da ich auf der Eulenburg wohnte, ging ich öfters zum Schloss Rabeneck. Der Oheim des Fräuleins Adelheid bewohnte diese Burg damals und ihr Vater hat sie vor einigen Monaten geerbt.«

Auf dieses Gespräch folgte ein abermaliges Stillschweigen

Robert aber, der es immer gern unterbrach, fragte seinen Herrn, ob er dem Grafen Friedrich nichts von seiner Liebe entdeckt hätte.

»Kein Wort!«, erwiderte der Ritter. »Es ist wahr, seit der Zeit, da ich das Glück hatte, ihm in einem Kampf das Leben zu retten, ist er immer für mich sehr eingenommen gewesen, aber die Härte und Unempfindlichkeit seines Charakters hat mich immer abgehalten, ihm diese Entdeckung zu machen. Eines Tages, der da er mich, wie es nicht selten der Fall war, auf seine Burg zu einer Gasterei entbot, gab er mir zufälligerweise zu verstehen, dass er sich in die Nähe des Vaters der Adelheid wünsche. Ich habe seit dieser Zeit öfters daran gedacht, dass, wenn eine ähnliche Leidenschaft wie mich ihn beherrschte, er mein Geheimnis damals leicht hätte erraten können.«

»Noch ehe Ritter Friedrich den Helm trug«, erwiderte der Knappe, »zeigte er schon einen stolzen und aufbrausender Charakter.«

»Sage lieber, einen für Mitleid und Menschenliebe unempfänglichen Charakter! Obwohl er mir gleich öfters Beweise seiner Freundschaft und Zuneigung gegeben hat, obwohl ich gleich des Schutzes seines Vaters stets versichert sein darf, so schätze ich mich doch immer am glücklichsten, wenn ich ihre Burg im Rücken habe. Robert! Was ist das für ein heller Schein, der unseren Weg mit einem Mal erleuchtet? Ist vielleicht der Mond hinter einer dunklen Wolke hervorgetreten?«

»Der Mond ist längst untergegangen«, erwiderte der Knappe, welcher in dem Augenblick alle Schrecknisse der Nacht und des Waldes von Neuem vor Augen zu haben glaubte.

Der Ritter blickte empor, aber dicht belaubte und verwachsene Zweige der Bäume hemmten den Blick des forschenden Auges. Er sprengte mit klirrender Rüstung zu einem etwas freieren Platz und wurde nun eine kleine schwarze Wolke gewahr, die, von den übrigen getrennt, über seinem Haupt hin und her schwebte und deren kugelförmige Umgebungen helle Strahlen auf den düsteren Wald warfen und so des irrenden Ritters Pfad beleuchteten.

Ritter Busso betrachtete dieses Phänomen mit einer Aufmerksamkeit und Bestürzung, deren man sich beim Anblick einer außerordentlichen und unerklärbaren Naturerscheinung nicht enthalten kann. Robert aber, von Schrecken ergriffen, verbarg sein erblasstes Gesicht in der Mähne seines Rosse und erwartete in Todesangst den Ausgang einer schrecklichen Begebenheit.

Hierauf hörten sie ein schreckliches Geschrei in der Luft, welches die stärkste Menschenstimme weit übertraf. In demselben Augenblick krachte es in der Wolken, sie zerteilte sich und mehrere Stücke flogen in die weite Ferne; aber alle sie umgebenen Lichtstrahlen verwandelten sich in einem Augenblick in einen großen Feuerklumpen, welcher plötzlich zur Erde fiel. Er fiel mitten in ein dickes Gebüsch und war so groß, dass er noch hoch in der Luft einen hellen Schein um sich verbreitete.

Der Ritter, voller Neugierde, dieses sonderbare Ereignis in der Nähe zu betrachten, spornte sein Ross an und eilte pfeilschnell darauf zu. Vergebens bat ihn sein Knappe mit zitternder Stimme, sich keiner so augenscheinlichen Gefahr auszusetzen. Ohne Rücksicht auf Roberts ängstliches Flehen zu nehmen, bahnte Ritter Busso mit verhängten Zügel sich einen Weg durch die in Flammen stehenden Büsche auf den Ort des Schreckens los. Eine glühende und leuchtende Masse hing über dem Eingang einer unabsehbar tiefen Höhle und erleuchtete ihr Inneres mit blendenden Strahlen. In dem Augenblick seines Herannahens aber versenkte sich der Feuerball mit brüllenden Getöse in die Erde. Eine undurchsichtige Finsternis trat an seine Stelle.

Der Ritter war einige Augenblicke zweifelhaft, was er beginnen sollte. Sein ungestümer Mut, der ihn schon öfter den größten Gefahren ausgesetzt hatte, gab ihm ein, sich in die Höhle zu begeben. Einerseits machte ihm die vorherige Erleuchtung derselben, wobei er einen großen Teil durchblickt hatte, Hoffnung, in das Innerste einzudringen und dieses sonderbare Rätsel lösen zu können. Andererseits aber schien ihm die jetzige furchtbare Finsternis unüberwindbare Hindernisse bei dieser Entdeckung in den Weg zu legen.

Die Höhle schien einem Schlupfwinkel wilder und reißender Tiere ähnlich. Sollte er sich ihrer Wut aussetzen und ruhelos in diesem Abgrund als Opfer einer nicht zu entschuldigenden Verwegenheit sein Leben enden? Endlich entschloss er sich, die Untersuchung bis auf den morgigen Tag zu verschieben und nahm sich vor, mit dessen Anbruch wieder hier einzutreffen. Für diesen Augenblick aber hielt er es ratsam, seinen Weg zur Eulenburg fortzusetzen, wo er überdem schon das Burgtor verschlossen und nicht mehr eingelassen zu werden fürchtete.

Er begab sich demnach wieder zu seinem Robert, auf welchem dieses Schrecken einen solchen Eindruck gemacht hatte, dass er beinahe besinnungslos war. Der arme Knappe erzählte stammeln dem Ritter, dass ihm ein Geist verfolgt hätte, dass er ein Grausen erregende Geschrei, welches aus dem Schlund der Höhle zu kommen schien, gehört habe.

Ritter Busso, obwohl er einen sanftmütigen unnachgiebigen Charakter hatte, verlor endlich alle Geduld. Er warf dem Knappen seine kindische Furcht in harten Ausdrücken vor und bemühte sich, ihn durch vernünftige Vorstellungen wieder zu sich selbst zu bringen.

Kaum waren beide Rösser einige Schritte vorwärts getappt, wurde der Wald von Neuem durch einen hellen Strahl erleuchtet. Robert wurde erneut mit einem Schrecken überfallen, zitterte am ganzen Leib und wollte sein Pferd umwenden, in dem diese Neuerscheinung ihn ganz verwirrt machte und ihm vergessen ließ, dass sie nicht weit von der Eulenburg waren. Der Ritter meinte, dieses Leuchten wäre von der Eulenburg. Und seine Mutmaßung war richtig.

Da er sich ihr immer weiter näherte, wurde er gewahr, dass die ganze Vorderseite des Schlosses erleuchtet war. Durch das Geräusch eines fröhlichen Rundgesanges vernahm er die Töne einer lieblichen Musik.

Obwohl unser Ritter wenig zur Teilnahme an der auf der Eulenburg stattfindenden Festlichkeit aufgelegt war, so war es ihm doch wenigstens angenehm, dass die Zugbrücke, welche zur Burg führte, noch nicht hochgezogen war und die Torwächter noch an derselben standen. Er hatte sich vorgenommen, wenn die Burg schon verschlossen wäre, im Wald zu übernachten, um die Burgbewohner nicht im Schlaf zu stören.

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