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Felix Weber – Staub zu Staub

Felix Weber – Staub zu Staub

Es ist die Nacht vom 15. auf den 16. Oktober 1946, und Siem Coburg hört im Radio den Sender BBC, in dem gerade die Hinrichtungen von Kriegsverbrechern übertragen werden.

Coburg war im Zweiten Weltkrieg niederländischer Widerstandskämpfer und für seine Kaltblütigkeit bekannt. Deshalb wurde er von seinen Mitstreitern vermehrt dazu eingesetzt, Naziführer in den Niederlanden, zum Teil Deutsche, zum Teil selbst Niederländer, zu liquidieren.

Im Februar 1949 sucht schließlich Maria, die Schwester Coburgs, ihren Bruder auf seinem Hausboot auf. Sie findet ihn ziemlich verwahrlost vor, und er weiß nicht, warum sie ihn besucht. Sie erzählt ihm, dass der alte Bauer Tammens im Rollstuhl sitzt und ihn in einer wichtigen Angelegenheit sprechen will.

Am nächsten Morgen macht sich Siem auf den Weg zu Tammens, badet, geht zum Friseur und wird dort an seine Eltern erinnert. Sein Vater interessierte sich für Kunst und sammelte Drucke, wie der Vater des Malers eines Bildes, das sich im Friseursalon befindet und seine Mutter war psychisch labil, wie die Mutter des Malers.

Siem Coburg fährt nun mit dem Bus zum Hof des Bauern und erinnert sich beim Anblick seiner Ländereien an eine Episode aus seiner Zeit beim niederländischen Widerstand. Während er von Tammens‘ Haushälterin zum Hausherrn gebracht wird, denkt er weiter über die Szene aus dem Krieg nach.

Siem erfährt von dem Bauern, dass seine Frau und seine Tochter inzwischen gestorben sind, und nur die Söhne noch leben. Sie haben inzwischen ihren eigenen Hof und wollen den des Vaters nicht übernehmen.

Der Bauer ist traurig, weil auch sein Enkel Siebold tot ist. Beim Namen des gehandicapten Jungen erinnert sich Coburg daran, wie dieser ihm damals, als er vor den Deutschen zum Hof von Tammens flüchtete, durch sein Schreien das Leben rettete. Er war von Tammens vor den Verfolgern, die ihn mit Hunden jagten, versteckt worden, und der kranke Junge hatte über seinem Versteck im Bett gelegen, laut geschrien und sie dadurch dazu bewegt, nicht weiter zu suchen und den Hof zu verlassen.

Coburg will nun der Bitte von Tammens nachkommen und den Tod seines Enkels Siebold aufklären, der mit 17 Jahren unter mysteriösen Umständen im Sint Norbertus, einem katholischen Heim für geistig gehandicapte Kinder, umgekommen ist.

Felix Weber verdichtet in seinem Kriminalroman Staub zu Staub verschiedene Erzählstränge zu einer vorzüglichen Geschichte über die zwei Weltkriege, den Widerstand gegen die Nazis in den Niederlanden, eine Liebesbeziehung zwischen zwei Widerständlern und das Leben von geistig gehandicapten Kindern im Zweiten Weltkrieg und in der unmittelbaren Nachkriegszeit.

Wie die Aufzählung der Themen schon vermuten lässt, hat sich der Autor hier eine Mammutaufgabe vorgenommen, die er allerdings mit Bravour bewältigt. Die Geschichte berührt den Leser bis ins Mark und zeigt die Düsternis prägnant auf, die diesen Zeiten innewohnte.

Am Ende wird dann auch durch Quellenzitate belegt, dass der Teil der Geschichte, der über das katholische Heim Sint Norbertus geschrieben ist, durchaus auf realen Gegebenheiten fußt. Aber nicht nur dieser Teil des Buches ist wahr, sondern auch alle anderen Passagen, die über die Kriege und den Widerstand ebenso wie die über die dunklen Nachkriegsjahre.

Der recht schwierige Charakter des Siem Coburg ist dabei ebenso brillant beschrieben wie die der Mönche von Sint Norbertus und die der Polizei dieser Tage. Auch die Kommunisten aus dem niederländischen Widerstand gegen die Nazis sind authentisch dargestellt.

Man möchte fast schwören, dass alles und jeder in diesem Roman so existiert hat, wie Felix Weber es darlegt, auch wenn man weiß, dass einige Dinge und Personen der Story sicherlich der Fantasie des Autors entsprungen sind.

Fazit:
Der Autor entfesselt in Staub zu Staub ein grandioses Szenario, das die Zeit der beiden Weltkriege und nach dem Zweiten Weltkrieg intensiv und authentisch beschreibt. Es handelt sich hier um einen Roman der Extraklasse, der viel mehr ist als eine einfache Kriminalgeschichte.

Durch sein Können eröffnet Felix Weber dem Leser eine Reihe von Kriminalfällen der beschriebenen Zeitabschnitte sehr realistisch, auch wenn es sich in manchen Szenen um Fiktion handeln wird.

Ein durch und durch gelungener historischer Kriminalroman, den ich jedem an Geschichte, historischen Kriminalfällen und Aspekten der Kriminalgeschichte Interessierten empfehlen möchte.

Der Autor:

Felix Weber ist das Pseudonym eines niederländischen Thriller-Autors namens Gauke Andriesse. Er wurde 1959 geboren und arbeitete und lebte zehn Jahre lang als Entwicklungsökonom in den ecuadorianischen Anden. Seit dem Jahr 2000 arbeitete er für Cordaid, eine Organisation, die denjenigen hilft, die am schlimmsten von Armut und Krieg betroffen sind. Er reiste regelmäßig nach Afrika, um Organisationen zu unterstützen, die Kleinkredite an Kleinstunternehmer vergeben.

Für Staub zu Staub erhielt er bereits zum zweiten Mal den bedeutendsten niederländischen Preis für Kriminalliteratur, genannt Gouden Strop, das heißt der goldene Strick oder die goldene Schlinge.

Als der Autor einen Artikel über mysteriöse Todesfälle in Einrichtungen der katholischen Kirche las, war er sich sofort sicher, dass er darüber seinen neuen Roman schreiben wollte.

Quellen:

Bilder:

  • Cover des Romans. Mit freundlicher Genehmigung der Verlagsgruppe Random House GmbH
  • Foto des Autors. Copyright: privat. Ebenfalls mit freundlicher Genehmigung der Verlagsgruppe Random House GmbH

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