Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Der Fluch von Capistrano – Kapitel 19

Johnston McCulley
Der Fluch von Capistrano
New York. Frank A. Munsey Company. 1919
Ursprünglich in fünf Teilen in der All-Story Weekly ab der Ausgabe vom 9. August 1919 als Serie veröffentlicht.
Kapitel 19

Capitano Ramón entschuldigt sich

»Capitano Ramón ist ein Scheusal!«, sagte das Mädchen leise.

»Er ist ein unwürdiger Kerl«, stimmte Don Diego zu.

»Er … das heißt … er wollte mich küssen«, sagte sie.

»Und Sie haben ihn natürlich nicht gelassen.«

»Señor!«

»Ich … ich habe es nicht so gemeint. Natürlich haben Sie es nicht zugelassen. Ich nehme an, Sie haben ihm eine Ohrfeige gegeben.«

»Das habe ich«, sagte die Señorita. »Und dann hat er sich mit mir gestritten und mir gesagt, ich solle nicht so wählerisch sein, da ich die Tochter eines Mannes sei, der in der schlechten Gunst des Gouverneurs stehe.«

»Ach, die höllische Bestie!«, rief Don Diego aus.

»Ist das alles, was Ihr dazu zu sagen habt, Caballero?«

»Ich kann in Ihrer Gegenwart natürlich keine Eide sprechen.«

»Sie verstehen nicht, Señor! Dieser Mann kam in Ihr Haus und beleidigte das Mädchen, das Sie zur Frau nehmen möchten!«

»Verflucht sei der Schurke! Wenn ich seine Exzellenz das nächste Mal sehe, werde ich ihn bitten, den Offizier auf einen anderen Posten zu versetzen.«

»Oh!«, rief das Mädchen. »Haben Sie denn gar keinen Mut? Haben Sie ihn vertrieben? Wären Sie ein richtiger Mann, Don Diego, würden Sie zum Presidio gehen, würden diesen Capitano Ramón zur Rechenschaft ziehen, Ihren Degen durch seinen Körper stoßen und alle auffordern, zu bezeugen, dass ein Mann die von Ihnen bewunderte Señorita nicht beleidigen und den Folgen entgehen kann.«

»Es ist so anstrengend, zu kämpfen«, sagte er. »Lasst uns nicht von Gewalt sprechen. Vielleicht werde ich den Kerl aufsuchen und ihn zurechtweisen.«

»Ihn zurechtweisen!«, rief das Mädchen.

»Lasst uns von etwas anderem sprechen, Señorita. Sprechen wir von der Sache, über die ich neulich erwähnt habe. Mein Vater wird bald wieder auf mich zukommen, um zu erfahren, wann ich mir eine Frau nehmen werde. Können wir die Angelegenheit nicht irgendwie regeln? Haben Sie sich entschieden?«

»Ich habe nicht gesagt, dass ich Sie heiraten werde«, erwiderte sie.

»Warum zögern Sie?«, fragte er. »Haben Sie sich mein Haus angesehen? Ich werde es sicher zu Ihrer Zufriedenheit herrichten lassen. Sie können es nach Ihrem Geschmack einrichten, aber ich bitte Sie, es nicht zu sehr zu verändern, denn ich mag es nicht, wenn die Dinge durcheinander sind. Sie werden eine neue Kutsche bekommen und alles, was Sie sich wünschen.«

»Ist das Ihre Art zu werben?«, fragte Lolita und blickte ihn aus den Augenwinkeln an.

»Wie lästig ist es, zu werben«, sagte er. »Muss ich Gitarre spielen und schöne Reden schwingen? Können Sie mir Ihre Antwort nicht ohne all diese Albernheiten geben?«

Sie verglich diesen Mann neben ihr mit Señor Zorro, und Don Diego war ihm nicht gerade ebenbürtig. Sie wollte mit dieser Farce fertig werden, Don Diego aus ihrem Blickfeld haben und keinen anderen als Señor Zorro in ihr.

»Ich muss offen mit Euch reden, Caballero«, sagte sie. »Ich habe mein Herz erforscht und ich finde keine Liebe für Euch. Es tut mir leid, denn ich weiß, was unsere Heirat für meine Eltern und für mich selbst in finanzieller Hinsicht bedeuten würde. Aber ich kann Euch nicht heiraten, Don Diego. Es ist sinnlos, dass Ihr darum bittet.«

»Nun, bei den Heiligen! Ich dachte schon, es wäre alles geklärt«, erwiderte er. »Habt Ihr das gehört, Don Carlos? Eure Tochter sagt, dass sie sich nicht mit mir vermählen kann – dass es nicht in ihrem Herzen ist, dies zu tun.«

»Lolita, zieh dich in dein Zimmer zurück!«, rief Doña Catalina aus.

Das Mädchen tat es gern. Don Carlos und seine Frau eilten durch den Raum und setzten sich neben Don Diego.

»Ich fürchte, Sie verstehen die Frauen nicht, mein Freund«, sagte Don Carlos. »Man darf die Antwort einer Frau nie für die letzte halten. Sie kann immer ihre Meinung ändern. Eine Frau mag es, einen Mann in der Schwebe zu halten, mag es, ihn kalt vor Angst und heiß vor Erwartung zu machen. Lassen Sie sie ihre Launen haben, mein Freund. Am Ende, da bin ich mir sicher, werden Sie Ihren Wunsch erfüllt sehen.«

»Das ist mir zu hoch!«, jammerte Don Diego. »Was soll ich jetzt tun? Ich sagte ihr, ich würde ihr alles geben, was ihr Herz begehrt.«

»Ihr Herz begehrt Liebe, nehme ich an«, meinte Doña Catalina aus der Fülle ihrer Frauenweisheiten.

»Aber sicher werde ich sie lieben und achten. Verspricht ein Mann das nicht bei der Zeremonie? Würde ein de la Vega sein Wort in dieser Sache brechen?«

»Nur ein kleines Werben«, drängte Don Carlos.

»Aber das ist so lästig.«

»Ein paar sanfte Worte, ein Druck der Hand hier und da, ein Seufzer oder zwei, ein schmachtender Blick der Augen …«

»Unfug!«

»Das ist es, was eine Dame erwartet. Sprechen Sie eine Zeit lang nicht von Heirat. Lassen Sie den Gedanken an sie herankommen …«

»Aber mein erhabener Vater kann jeden Tag ins Pueblo kommen und fragen, wann ich eine Frau nehmen werde. Er hat mir sogar befohlen, es zu tun.«

»Ihr Vater wird das sicher verstehen«, sprach Don Carlos. »Sagen Sie ihm, dass ihre Mutter und ich auf Ihrer Seite sind und dass Sie das Vergnügen haben werden, das Mädchen für sich zu gewinnen.«

»Ich glaube, wir sollten morgen zur Hazienda zurückkehren«, warf Doña Catalina ein. »Lolita hat dieses prächtige Haus gesehen und wird es mit unserem vergleichen. Sie wird begreifen, was es bedeutet, Sie zu heiraten. Und es gibt ein altes Sprichwort, das besagt, dass ein Mann und ein heiratsfähiges Mädchen, wenn sie getrennt sind, sich immer mehr lieb gewinnen.«

»Ich möchte nicht, dass Sie überstürzt abreisen.«

»Ich denke, es wäre unter diesen Umständen das Beste. Und reitet Ihr aus, sagen wir in drei Tagen, Caballero, und ich bezweifle nicht, dass Ihr sie bereitwilliger finden werdet, auf Euer Anerbieten zu hören.«

»Ich nehme an, Ihr wisst es am besten«, sagte Don Diego. »Aber Ihr müsst mindestens bis morgen bleiben. Und jetzt werde ich wohl zum Presidio gehen und diesen Capitano Ramón aufsuchen. Vielleicht wird das der Señorita gefallen. Sie scheint zu denken, dass ich ihn zur Rechenschaft ziehen sollte.«

Don Carlos dachte, dass ein solches Vorgehen für einen Mann, der nicht mit der Klinge geübt war und wenig vom Kämpfen verstand, verhängnisvoll sein würde, aber er unterließ es, dies zu sagen. Ein Gentleman mischt sich in solchen Situationen nie in seine eigenen Gedanken ein. Selbst wenn ein Caballero in den Tod ging, war das in Ordnung, solange er glaubte, das Richtige zu tun und so zu sterben, wie es ein Caballero tun sollte.

So verließ Don Diego das Haus und ging langsam den Hügel in Richtung des Presidio-Gebäudes hinauf. Capitano Ramón beobachtete seine Annäherung, wunderte sich darüber und knurrte bei dem Gedanken, mit einem solchen Mann die Klinge zu kreuzen.

Aber er war die kalte Höflichkeit selbst, als Don Diego in das Büro des Kommandanten geführt wurde.

Don Diego verbeugte sich als Antwort und nahm den Stuhl, den Ramón ihm anbot. Der Capitano wunderte sich, dass Don Diego keinen Degen an seiner Seite hatte.

»Ich war gezwungen, Ihren verfluchten Hügel hinauf zu steigen, um mit Ihnen in einer bestimmten Angelegenheit zu sprechen«, sagte Don Diego. »Ich habe erfahren, dass Sie während meiner Abwesenheit mein Haus besucht und eine junge Dame beleidigt haben, die mein Gast ist.«

»In der Tat?«, fragte der Capitano.

»Waren Sie vom Wein betrunken?«

»Señor?«

»Das würde die Beleidigung natürlich zum Teil entschuldigen. Und dann waren Sie verwundet und wahrscheinlich im Fieber. Waren Sie im Fieber, Kapitän?«

»Zweifelsohne«, meinte Ramón.

»Fieber ist eine furchtbare Sache – ich hatte mal eine heftige Krise davon. Aber Sie hätten die Señorita nicht belästigen dürfen. Sie haben nicht nur sie beleidigt, sondern auch mich. Ich habe die Señorita gebeten, meine Frau zu werden. Die Sache ist noch nicht entschieden, aber ich habe ein gewisses Recht in diesem Fall.«

»Ich bin in Euer Haus gekommen, um etwas über diesen Señor Zorro zu erfahren«, log der Capitano.

»Sie … äh … haben ihn gefunden?«, fragte Don Diego.

Das Gesicht des Kommandanten errötete. »Der Kerl war da und hat mich angegriffen«, antwortete er. »Ich war natürlich verwundet und trug keine Waffe. So konnte er seinen Willen an mir auslassen.«

»Es ist eine höchst bemerkenswerte Sache«, entgegnete Don Diego, »dass keiner von euch Soldaten diesem Fluch des Capistrano begegnen kann, wenn ihr auf gleicher Augenhöhe sein könnt. Immer fällt er über euch her, wenn ihr hilflos seid, oder bedroht euch mit einer Pistole, während er euch mit einer Klinge bekämpft, oder hat eine Schar von Gefährten um sich. Gestern Abend traf ich Sargento Gonzales und seine Männer auf der Hazienda von Pater Felipe. Der große Sargento erzählte eine erschütternde Geschichte von dem Wegelagerer und seinen Männern, die seine Truppen auseinandergetrieben haben.«

»Wir werden ihn noch kriegen«, versprach der Capitano. »Und ich möchte Sie auf einige wichtige Dinge aufmerksam machen, Caballero. Don Carlos Pulido hat, wie wir wissen, keinen guten Ruf bei der Obrigkeit. Dieser Señor Zorro war auf der Hazienda der Pulidos, wie Sie sich erinnern werden, und hat mich dort überfallen, wobei er aus einem Schrank herauskam.«

»Ha! Wie meinen Sie das?«

»Noch einmal, in der letzten Nacht war er in Ihrem Haus, während Sie abwesend und die Pulidos Ihre Gäste waren. Langsam sieht es so aus, als hätte Don Carlos seine Hand im Spiel, wenn es um Señor Zorro geht. Ich bin fest überzeugt, dass Don Carlos ein Verräter ist und dem Schurken hilft. Sie sollten es sich zweimal überlegen, bevor Sie sich mit der Tochter eines solchen Mannes verheiraten.«

»Bei allen Heiligen, was für ein Geschwätz!«, rief Don Diego aus, als ob er sich wunderte. »Sie verwirren mich. Glauben Sie das alles?«

»Das tue ich, Caballero.«

»Nun, die Pulidos kehren morgen zu ihrer Hazienda zurück, glaube ich. Ich bat sie, meine Gäste zu sein, damit sie die Taten dieses Señor Zorro nicht miterleben müssen.«

»Und Señor Zorro folgte ihnen ins Pueblo. Verstehen Sie?«

»Kann das sein?« Don Diego schnappte nach Luft. »Ich muss die Sache überdenken. Oh, diese turbulenten Zeiten! Aber sie kehren morgen auf ihre Hazienda zurück. Natürlich möchte ich nicht, dass seine Exzellenz denkt, dass ich einen Verräter beherberge.«

Er stand auf, verbeugte sich höflich und schritt dann langsam zur Tür. Dort schien er sich plötzlich an etwas zu erinnern und wandte sich wieder dem Capitano zu.

»Ha! Ich bin im Begriff, die Beleidigung ganz zu vergessen!«, rief er aus. »Was haben Sie über die Ereignisse der letzten Nacht zu sagen, Capitano?«

»Natürlich, Caballero, ich entschuldige mich bei Ihnen in aller Bescheidenheit«, erwiderte Capitano Ramón.

»Ich nehme an, dass ich Ihre Entschuldigung annehmen muss. Aber bitte lassen Sie so etwas nicht wieder vorkommen. Sie haben meinen Despensero sehr erschreckt, und er ist ein ausgezeichneter Diener.«

Dann verbeugte sich Don Diego de la Vega erneut und verließ das Presidio. Capitano Ramón lachte lange und laut, dass die Soldaten im Krankenzimmer befürchteten, ihr Kommandant müsse den Verstand verloren haben.

»Was für ein Mann!«, rief der Capitano aus. »Ich habe ihn von dieser Señorita Pulido abgewandt, glaube ich. Und ich war ein Narr, dem Gouverneur gegenüber anzudeuten, dass er des Verrats fähig sein könnte. Ich muss diese Angelegenheit auf irgendeine Weise berichtigen. Der Mann hat nicht genug Grips, um ein Verräter zu sein!«

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert