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Die Sternkammer – Band 3 – Kapitel 6

William Harrison Ainsworth
Die Sternkammer – Band 3
Ein historischer Roman
Christian Ernst Kollmann Verlag, Leipzig, 1854

Sechstes Kapitel

Von der Wette zwischen dem Grafen von Gondomar und dem Marquis von Buckingham

Bei einem Bankett in Whitehall, welches alle vorzüglichsten Herren und Damen des Hofes besuchten, wurde eine Wette zwischen dem Grafen von Gondomar und dem Marquis von Buckingham angestellt, deren Entscheidung man dem König überließ.

Die Sache geschah auf folgende Weise. Das Gespräch wurde auf das Turnier gelenkt. Der mächtige Günstling, der sich in allen kriegerischen Übungen und ritterlichen Spielen für unübertroffen hielt und sich vollkommen auf seine Geschicklichkeit verließ, erklärte prahlend, er habe nie jemand auf dem Turnierplatz getroffen, der ihm gewachsen gewesen sei, worauf der spanische Gesandte, der seinen Stolz demütigen wollte, sogleich erwiderte, er könne im Augenblick einen besseren Kämpfer stellen, als er sei. So gewiss sei er seiner Sache, dass er bereit sei, tausend Dublonen gegen hundert auf den Ausgang des Kampfes zu wetten.

Hierauf entgegnete Buckingham stolz, er nehme die Herausforderung des Gesandten an; aber die Bedingungen der Wette müssten verändert werden, denn so wie er sie vorgeschlagen hätte, könne er sie nicht annehmen. Er wolle alle Edelsteine, die er in dem Augenblick an seinen Kleidern trage, gegen den einzigen Diamanten setzen, den Gondomar als Agraffe an seinem Hut habe. Wenn das Anerbieten Seiner Excellenz genehm sei, habe er nichts weiter zu tun, als den Tag zu bestimmen und den Mann zu stellen.

Gondomar entgegnete, nichts könne ihm besser gefallen als diese Veränderung der Wette. Der Vorschlag sei völlig übereinstimmend mit den bekannten liberalen Ansichten Seiner Herrlichkeit; doch bat er, noch eine weitere Veränderung machen zu dürfen, nämlich, wenn der Ritter, den er auffordern wolle, von Seiner Majestät als Sieger erklärt werden sollte, dass diesem der reiche Preis ausgeliefert werde.

Buckingham willigte ein. Da nun die Bedingungen der Wette vollkommen festgesetzt waren, blieb weiter nichts übrig, als den Tag für den Versuch zu bestimmen. Dies wurde dem König überlassen, der den folgenden Donnerstag dazu bestimmte, und so, da das Bankett am Freitag war, beinahe eine Woche zur Vorbereitung ließ.

Jakob erfüllte auch gutmütig die Bitte des Gesandten und willigte ein, bei der Gelegenheit als Richter zu handeln. Er bemerkte lachend gegen Buckingham: »Ihr seid nicht gescheit, Steenie, all diese kostbaren Steine, womit Ihr bedeckt seid, auf die Geschicklichkeit zu setzen, womit Ihr eine schwache Lanze schwingen könnt; denn wir können Euch sagen, an welchem runden Hals all diese Halsbänder und schimmernden Zierraten nach einer Woche hängen werden, wenn Ihr geschlagen werdet? Denkt daran, mein lieber Junge!«

»Eure Majestät haben nichts zu fürchten«, versetzte Buckingham. »Ich werde gewinnen, und die Diamantenagraffe seiner Exzellenz tragen. Und nun wird der Graf uns vielleicht mit dem Namen und Titel meines mächtigen Gegners bekannt machen, auf dessen Geschicklichkeit er sich so sehr verlässt. Unsere beiderseitige Wahrscheinlichkeit des Erfolges wird dann einleuchtender werden. Wenn aber Gründe zum Geheimnis vorhanden sind, will ich nicht weiter darauf dringen, sondern die Mitteilung einer passenderen Zeit überlassen.«

»Nune est narrandi tempus (nun ist die Zeit zum Erzählen)«, versetzte der König. »Keine Zeit gleicht der gegenwärtigen. Wir sind begierig, zu erfahren, wer der Held sein mag.«

»Ich will Eure Majestät keinen Augenblick in Ungewissheit lassen«, sagte Gondomar. »Der junge Ritter, den ich zum Gegner des Marquis zu bestimmen beabsichtige und der gewiss dankbar sein wird für eine solche Gelegenheit der ehrenvollen Auszeichnung, ist hier bei dem Bankett zugegen.«

»Hier!«, rief Jakob, sich umsehend. »Wen meint Ihr, Graf? Es kann nicht Sir Gilbert Gerrard oder Sir Henry Rich sein, denn ohne nachteilig von ihrer Tapferkeit reden zu wollen, ist doch keiner von beiden Buckingham gewachsen. Ah! Da haben wir es! Ihr meint Sir Jocelyn Mounchensey.«

Als der Gesandte zugestand, dass der König recht habe, wendeten sich die Augen aller auf den jungen Ritter, der, wenn auch sehr überrascht, nicht umhin konnte, sich sehr gehoben zu fühlen.

»Wahrlich, Graf«, sagte Jakob mit deutlichem Wohlgefallen, »Ihr hättet eine schlimmere Wahl treffen können, das müssen wir bekennen. Wir beginnen für Eure schönen Juwelen zu zittern, Steenie.«

»Sie sind sicherer, als ich erwartete«, versetzte Buckingham verächtlich. Aber obwohl er lachte, war es doch einleuchtend, dass er unzufrieden war. Er flüsterte seinem vertrauten Freund, dem Lord Mordaunt, zu: »Ich durchschaue die ganze Sache. Dies ist ein verabredeter Plan, diesen hochstrebenden Jüngling weiter zu bringen; aber er soll eine Lehre erhalten für seine Anmaßung, die er nicht so leicht vergessen wird, während zu gleicher Zeit diejenigen, die ihn zu ihren eigenen Zwecken benutzen, die Gefahr erkennen sollen, der sie sich aussetzen, wenn sie mir zu widerstreben wagen.

Die gegenwärtige Gelegenheit soll nicht versäumt werden.«

Nachdem Buckingham diesen Entschluss gefasst hatte, erlangte er allem Anschein nach seine Heiterkeit wieder und bat den König, dem Kampf dadurch Wichtigkeit zu verleihen, dass er ihn auf dem königlichen Turnierplatz zu Whitehall stattfinden lasse und die Anzahl der Kämpfer auf vierzehn – sieben auf der einen und sieben auf der andern Seite – festsetze. Die Bitte wurde vom Monarchen sogleich gewährt, der ein lebhafteres Interesse an der Sache zu nehmen schien, als Buckingham lieb war, und ihn in dem Entschluss bestärkte, sich auf immer von dem Hindernis zu befreien, welches Mounchensey ihm in den Weg stellte. Als die Anzahl der Kämpfer bestimmt war, wurde zunächst beschlossen, dass Buckinghams Partei vom Herzog von Lennox angeführt werden, während Mounchenseys Partei unter dem Kommando des Prinzen Karl sein sollte. Wenngleich die Anordnung für seinen Gegner zu schmeichelhaft war, um dem stolzen Günstling durchaus angenehm zu sein, so konnte er doch keine vernünftige Einwendung dagegen erheben und war daher genötigt, sich mit Anmut zu fügen.

Die beiden Parteien wurden dann vom König in folgender Ordnung verteilt: Auf der Seite des Herzogs von Lennox waren, außer Buckingham selber, die Grafen von Arundel und Pembroke, und die Lords Clifford und Mordaunt. Als der König wegen des Siebenten noch unentschlossen war, schlug der Marquis Sir Giles Mompesson vor, und Jakob nahm ihn seinem Günstling zu Gefallen an. Auf der Seite des Prinzen Karl standen der Marquis von Hamilton, die Grafen von Montgomery, Rutland und Dorset, Lord Walden und natürlich Sir Jocelyn Mounchensey. Als diese vorläufigen Verhandlungen beseitigt waren, kamen andere Gegenstände zur Verhandlung. Das Gelage, welches einigermaßen gestört worden war, wurde wieder erneuert und nebst den darauf folgenden Unterhaltungen bis nach Mitternacht fortgesetzt.

Nicht wenig gehoben durch das Kompliment, welches der spanische Gesandte seiner Tapferkeit gezollt hatte, und glühend, eine Lanze mit Buckingham zu brechen, fasste Sir Jocelyn einen Entschluss, sich bei dem Kampf auszuzeichnen. In der letzten Zeit hatte ihn das Glück beständig begleitet. In den letzten wenigen Wochen war er zum Kammerherrn ernannt worden, und dies wurde als die erste Stufe zu einem höheren Posten betrachtet.

Durch Gondomars Einfluss unterstützt und von seinen eigenen persönlichen Verdiensten aufrecht gehalten, die nun, ungeachtet aller Feindseligkeit, geschätzt zu werden begannen – während der König selber günstig und Prinz Karl freundschaftlich gegen ihn gesinnt war, während viele von ihren Hofleuten ihm ihre Dienste anboten, die die erzwungene Herrschaft des anmaßenden Günstlings von sich zu werfen und einen anderen an dessen Stelle zu setzen wünschten – bei all diesen Vorteilen ist es nicht zu verwundern, dass er in kurzer Zeit auf jener glatten und verräterischen Oberfläche, dem Fußboden des Palastes, festen Fuß fasste, für viele ein Gegenstand des Neides und der Eifersucht und für wenige ein Gegenstand der Bewunderung wurde.

Bei der Fähigkeit, sich in die Umstände zu fügen, benahm sich Sir Jocelyn mit seltener Klugheit. Während er es vermied, andere zu beleidigen, gestattete er nie, dass man sich eine Freiheit gegen ihn herausnahm. Da er sich gleich anfangs einen Ruf des Mutes begründete, wurde er später wenig belästigt. Es war rühmlich für ihn, dass er an einem Hof, wo die Moral so niedrig stand, wie an dem Jakob des Ersten, unverdorben geblieben war und dass alle Lockungen der zahlreichen Schönen, von welchen er umgeben war und die ihre Schmeicheleien anwendeten, um ihn in ihre Netze zu ziehen, ihn keinen Augenblick zur Untreue an den Gegenstande seiner zärtlichen Neigung bewegen konnten. Es war rühmlich für ihn, dass er bei den häufigen Gelagen, wobei er zugegen sein musste, wo die Nüchternheit verspottet, die Schwelgerei bis zum Übermaß getrieben wurde, bei keiner Gelegenheit die Grenzen der Klugheit und Schicklichkeit überschritt. Noch rühmlicher war es für ihn, dass er in jenen verderbten und bestechlichen Zeiten seine Redlichkeit treu bewahrte. So streng geprüft, erwies sich der wahre Wert seines Charakters und er ging ohne Makel aus der Versuchung hervor.

Die vielen trefflichen Eigenschaften, die den neuen Kammerherrn und Ritter auszeichneten, vereint mit seinem vorzüglichen persönlichen Vorteilen und seinem einnehmenden Wesen, welches durch die jüngst empfangene Politur noch beträchtlich verbessert worden war, zogen, wie wir bereits angedeutet haben, die Aufmerksamkeit der zweiten Person im Königreich auf ihn. Von seinem Benehmen und den Gesinnungen, die er aussprach, angezogen, nahm Prinz Karl häufig Gelegenheit, sich mit ihm zu unterreden und würde eine hohe Achtung für ihn empfunden haben, wäre Buckinghams eifersüchtiges Einschreiten nicht gewesen, der keinen Rivalen beim König oder dem Prinzen dulden konnte und insgeheim beide gegen ihn aufzubringen suchte. Doch so groß war die Beständigkeit von Sir Jocelyns Charakter, so groß seine Festigkeit sowie sein richtiges Urteil und der Respekt, den er einflößte, dass es wahrscheinlich schien, er werde über alle ihm gelegten listigen Schlingen triumphieren. So standen die Sachen, als die Prüfung der Geschicklichkeit im Turnier von Gondomar vorgeschlagen wurde. Der listige Gesandte hatte wahrscheinlich einen geheimen Beweggrund zu diesem Vorschlag; aber welcher auch derselbe sein mochte, er war seinem Schützling unbekannt.

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