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Ein Ostseepirat Band 1 – Eine Ahnung

Carl Schmeling
Ein Ostseepirat
Historischer Roman
Erster Band
IX.

Eine Ahnung

Der Abend senkte sich herab.

Der Schoner war von einem flauen Hauch, der jedoch zuletzt fast schwieg, langsam südwärts geschoben und hatte unter mäßiger Segellast um die gedachte Zeit den Gellen erreicht.

Im ganzen Schiff herrschte tiefes Schweigen, die Mannschaft erwartete auf diese Weise die Befehle des alten Lotsen Nehls, der am Steuerrad stand, aber vorläufig keine Befehle zu erteilen hatte; auf der Schanze spazierten Dyk und van Swieten leise auf und ab.

Während aber der Lotse auf seine Landmarken achtete, musterten auch sie die Küsten zu beiden Seiten oder horchten auf die Laute, welche von dort herüberdrangen.

»Hier meine ich«, sagte plötzlich Dyk zu dem Lotsen, »hier wird die Brigg sonst wohl geankert haben?«

»Wohl Herr,« antwortete Nehls, »und hier werden auch wir die Nacht ankern. Meine Marken werden neblig und der Wind tut es nicht – Anker klar!«

Dieses Kommando galt der Mannschaft, die sich beeilte, demselben nachzukommen, und Nehls ließ das Schiff noch eine leichte Wendung machen. Ein Klatsch, ein leichtes Surren und der Schoner schwenkte mit dem Spiegel nach Süd herum, die Segel wurden mit den Geitauen aufgehoben, der Merkur lag vor Anker.

»So, Ihr Herren«, sagte Nehls den Hut lüftend, »Schiss vor Anker, kümmert meiner Verantwortung nichts; sprechen wir morgen weiter davon.«

»Gut, mein Alter!«, erwiderte Kapitän Dyk, »ich denke indessen, man wird auch für Euch zum Abendessen pfeifen und zwar in der Kajüte, wenn es sonst gefällig ist.«

»Große Ehre für meine geringe Person«, entgegnete der Lotse mit einer linkischen Verbeugung, »bedanke mich bestens.«

»So kommt.«

Der Kapitän hatte dabei den Arm des Lotsen ergriffen und führte ihn über das Schanzdeck zu dem Kajüthäuschen. Beide stiegen die Treppe hinab und nach einem Rundblick über Land, Meer und Schiff folgte auch van Swieten.

Keine Viertelstunde später saßen die drei Männer um den Hängetisch der Kajüte, welcher heute nicht schaukelte. Sowohl der Kapitän als auch der Steuermann nötigten den Lotsen, tapfer zuzulangen.

»Kehrt Euch dabei nicht an mich«, sagte Dyk, der wenig nahm, »Ihr wisst ja, ich habe erst spät bei Eurem Major getafelt und das gut, wie ich hinzufügen muss. Ein braver Herr, sollt ich meinen.«

»Das ist er«, bekräftigte der Lotse, »es gibt keinen Besseren.«

»Auch der Herr Pastor, sollt ich denken«, fuhr Dyk fort.

»Nu«, brummte Nehls, »ich will nicht das Gegenteil behaupten, tut aber so vornehm, wie alle Loyalen.«

Kapitän Dyk und Steuermann Swieten hoben den Kopf ziemlich schnell und warfen sich einen aus Überraschung und Einverständnis gemischten Blick zu.

»Seid Ihr denn kein Loyaler?«, fragte Swieten.

»Wüsste nicht, weshalb«, entgegnete der Lotse kühl. »Was seid Ihr denn?«, warf Dyk ein.

»Lotse, nichts als Lotse«, erwiderte der alte Nehls mit Nachdruck.

Es war unverkennbar, das die beiden Seeleute sich nach dieser Äußerung des alten Burschen vollkommen getäuscht fühlten. Er plauderte offenbar nur etwas nach, ohne Sinn dafür oder Verständnis davon zu haben, was sich schon bei seiner nächsten Antwort zeigte.

»Was denkt Ihr Euch denn unter einem Loyalen?«, fragte nämlich Dyk.

»Einen vornehmen Herrn«, antwortete der Lotse so gleichmütig wie vorhin.

Dyk ließ die Unterhaltung über dies Thema fallen, man sprach einige Zeit über die Vorfälle des Tages.

Hiervon kam man auf den Wert und die Beschaffenheit des Schoners zu sprechen, der überhaupt den Beifall des Lotsen hatte, weil er sich so gut steuern lasse.

Nehls sprach demnächst seine Meinung aus, dass das Schiff in einem preußischen Hafen erbaut sei, was ihm von Dyk unter der nötigen Erklärung, wie es in seinen Besitz gekommen war, zugestanden wurde.

»Habt aber doch ein gutes Auge, Lotse!«, fügte der Kapitän noch hinzu.

»Will’s meinen!«, antwortete Nehls, »kenne auch Euch, Herr!«

»Wirklich?«, fragte der Kapitän aufmerksam.

»Ja, ja!«, antwortete der Lotse, sich den Mund wischend, »ich irre mich nicht und wenn ich sage, ich kenne auch Euch, so will dies so viel heißen, als ich habe Euren Vater gekannt, der nun, wenn er noch lebt, mit mir in einem Alter sein musste; nur der Name will nicht passen, doch vielleicht hatte er sich einen anderen gegeben und Ihr führt die rechte Flagge. Er war in einer Lage, die so etwas wohl glaublich macht, doch Ihr seht ihm ähnlich wie ein Ei dem anderen!«

»Dennoch dürftet Ihr Euch irren!«, sagte Dyk langsam, »mein Vater ist schon lange tot!«

»Tut mir leid Euretwegen!«, erwiderte der Lotse, »und auch so etwas, meinetwegen, war dem Mann gut; übrigens, wenn Ihr’s erlaubt, will ich Euch erzählen, wie ich mit ihm zusammengekommen bin und dann mögt Ihr das Eure davon nehmen!«

Der Kapitän gab sich den Schein, als sei ihm das Geplauder des Mannes gleichgültig, doch gelang ihm dies nicht besonders und wenigstens erkannte Swieten, dass ihn die Erzählung des Lotsen in bedeutendem Grad berührte.

»Erzählt nur!«, sagte Dyk, ein gefülltes Glas nehmend, »aber vergesst nicht dabei zu trinken. Es wird Euch besser an den Wind gehen lassen, schenkt ein Swieten!«

»Seid sehr gütig!«, brummte der Alte sein Glas langsam leerend und sich zurecht setzend.

»Wir schrieben damals!«, begann er, »Anno 18… und war eine teufelmäßig schlechte Zeit. Der an die zwanzig Jahre dauernde Krieg hatte alles arm gemacht, Handel und Wandel lag darnieder, gab keinen Verdienst und schließlich starb auch noch unser großer König!«

Nehls faltete einen Augenblick andächtig seine Hände und der Kapitän nickte, während seine Augen leuchteten, mit dem Kopf.

»Nun!«, fuhr der Lotse fort, »ich befand mich in jenem Winter in Stockholm, lag brach und hatte keine Aussicht, vor dem Frühjahr heimzukommen. Wir junges Volk trieben uns viel in der Stadt umher und so sah ich denn manches, was ich sonst nicht kennen gelernt hatte. Doch das gehört hier eigentlich nicht her, aber sie machten damals einem Großen, ich glaube einem Minister den Prozess, weil er das Land verraten, das Volk betrogen, viele meinten, gar den König ermordet hätte!«

Dyk war mit jedem Wort der letzten Rede des Alten aufmerksamer geworden. Sein Antlitz war bleich, seine Stirn finster und drohend.

»Um Verlaub, Herr!«, unterbrach sich Nehls, als er dies bemerkte, »wenn ich Unrechtes spreche, so ist das nicht meine Schuld, ich wiederhole nur was ich damals hörte!«

»Weiter!«, sagte Dyk finster.

»Gut also!«, sprach Nehls weiter, »sie verurteilten den Herrn auch, dass er geköpft werden sollte und sonst noch allerlei, was vielleicht nicht so schlimm sein mochte, wie jenes. Das Ding ging denn auch im Frühjahr vor sich und ich lief hin, es anzusehen. War ein stattlicher Herr, dem sie da unter vielem Zulauf die Oberstange kappten und starb wie ein ganzer Mann. Meinten damals viele Leute, dass er es nicht so böse gemacht und wenn es nach dem Rechten ginge, ganz andere statt seiner hätten abgetakelt werden müssen. Wollten auch wissen, dass die neue Königin nicht mit Recht zum Thron gekommen und noch viel andere Sachen, auf die ich jedoch wenig achtete. War das erste Mal, dass ich dergleichen sah und ging mir heftig an die Nieren, dass ich mehr tot als lebend nach Hause kam. Ja, ich dachte, es wäre besser für mich gewesen, nicht nach Skinnaricken hinausgelaufen zu sein!«

Der Lotse machte eine Pause, sah ernst vor sich hin und nippte langsam an seinem Glas.

»Sollte indessen noch mehr von der Sache genießen!«, fuhr er dann fort, »es war ein paar Tage darauf und sie wollten am Abend den König, dessen Leiche von Norwegen, wo er im Krieg geblieben, hergeschafft worden war, beerdigen, das heißt in die Ritterholmskirche bringen und war unsere Absicht der Feierlichkeit, die bei Fackelschein vor sich gehen sollte, ebenfalls beizuwohnen. Kam indessen nicht dazu, weil mir der Baas beim Mittag stach, dass es eine Heuer gäbe. Ein deutscher Kapitän, der schon morgen als der Erste auslaufen werde, wolle Leute haben, Deutsche wo möglich und nahm unserer dreie vor, darauf anzubeißen. Nun, Herr, wir waren dem Baas schuldig, jeder für sechs Monat Essen, Trinken und Kojengeld. Das alles wollte der Mann zahlen, ohne späterer Abzug von der Heuer, weil es ihm eben um Hände zu tun war und sollten auch noch drei andere anschaffen, wie wir. Es blieb uns nichts übrig, als Ja zu sagen. So taten wir es denn ganz dreist. Am Abend wollte uns der Kapitän selbst abholen, was denn auch geschah. Nun seht, Herr, der Mann trat ein bei uns und als ich Euch heute auf dem Damm stehen sah, denke ich, es ist derselbe Mann, ganz derselbe!«

Nehls bekräftigte seine Worte noch dadurch, dass er einige Male heftig nickte; der Kapitän sagte nichts.

»Wir gingen dann an Bord«, hob Nehls wieder an. »Das Schiff lag am Kastellholm, Ladung war schon beigestaut, auch sonst noch Hände im Schiff. Es dauerte jedoch nicht lange, so hieß uns der Kapitän wieder ihm ans Land folgen, das heißt uns eben erst Angenommene. Doch wir stiegen nicht am Kastell oder dem Skeppsbron auf das Bollwerk, sondern gingen unter der Schleuse durch, immer weiter hinter Skinnaricken fort, von wo zwei Mann mit dem einen Boot nach dem Nordermalm legten, um unsere Kisten und Sachen zu holen. Bis diese wieder kamen, blieben wir ruhig liegen, der Kapitän ging am Strand umher. Unsere Sachen wurden dann in beide Fahrzeuge verteilt.

Während dieser Zeit war es sehr lebendig um uns her, denn alles strömte zum Ritterholm zur Beisetzung, welche genau um Mitternacht stattfinden sollte. Um diese Zeit wurde es einsam um uns und die Nacht so finster, dass man nicht die Hand vor den Augen sehen konnte. Da erschien eine Dame und fragte, ob alles bereit sei.

»Alles bereit, gnädigste Baronesse«, antwortete der Kapitän und hieß uns mitgehen, was wir auch taten.

Dass es eine Heimlichkeit, ein Wagstück geben würde, sahen wir nun wohl ein und flüsterten es uns auch zu, doch dachten wir nicht an so etwas, was da kommen sollte.

Wir gingen und gingen, der Kapitän und die Dame vorauf, bis zum Helenenberg zu, und mir fing es nun an, kalt den Rücken herab zu kriechen, denn es war die Gegend und richtig – als wir hielten, was geschah, weil noch ein paar Männer zu uns traten, da streckte sich der Querbalken über unsere Köpfe hin, noch schwärzer als die schwarze Nacht – brrr!«

Der Lotse schüttelte sich in der Erinnerung an die damalige Situation und griff etwas hastig zum Glas, ohne jedoch zu trinken. Der Kapitän starrte ihn an, und selbst das bisherige spöttische Lächeln in den Zügen van Swietens war verschwunden.

»Ja, Ihr Herren!«, rief Nehls; »wir standen unterm Galgen, auf der Stelle, wo vor einigen Tagen das Schafott gestanden, wo sie den Minister, oder was er sonst war, eingescharrt hatten. Als die Männer mitten unter uns waren, sahen wir, dass sie Schaufeln und Hacken hatten.

›Hier ist es!‹, sagte der eine von ihnen, die Dame schluchzte zum Gotterbarmen. Na, und uns war zumute, als habe uns der Gottseibeiuns schon in den Klauen.

Es trat eine Pause ein, denn der Kapitän antwortete dem Mann nicht, sondern drehte sich im Kreis herum, als wollte er jeden von uns ansehen. Ob ihm dabei was auffiel, weiß ich nicht. Ich sah nur, dass seine Augen durch die Nacht blitzten. Dann sprach er leise und langsam, aber do scharf, dass es mir ordentlich in die Brust schnitt.

›Jungen, wir haben zwar nicht regelrecht gemustert, aber ich habe Eure Papiere und Ihr habt mein Salz gekostet, was, wie ich meine, ein ehrbarer Seemannsvertrag ist. Ich habe Eure Schulden bezahlt und werde Euch auch für diese Nacht noch eine Monatssteuer extra geben, wenn Ihr mir den Willen tut. Ihr seid alle Deutsche, ich bin ein Deutscher und der hier liegt, war ein Deutscher, den das fremde Volk mit Hohn, Schande und Strafe gelohnt hat. Er soll wenigstens in guter deutscher Erde ruhen, und nun ans Werk!‹

Es war uns nicht recht, das Werk, Ihr Herren, aber es wagte niemand zu mucksen. Wir nahmen schweigend die Werkzeuge, hackten und gruben, bis wir auf den Sarg kamen, und hoben ihn heraus. Darauf gingen die Fremden abseits, während wir die Grube wieder füllten. Bald kamen sie mit einem anderen Sarg zurück, in den wir den ersten setzten. Als jener verschlossen war, befahl uns der Kapitän, ihn aufzuheben und fortzutragen.

Wir taten es; hatten aber noch keine drei Schritte gemacht, da trat eine neue Gestalt aus dem Dunkel. Wir waren nahe daran, unsere Last hinzuwerfen und davonzulaufen.

›Halt!‹, rief jedoch der Kapitän und streckte seine Hand aus, worin er wahrscheinlich eine Waffe hatte.

»Gut Freund!« antwortete jedoch der andere leise, ›nur ein Wort, teures Fräulein!‹

Die Dame, welche immerzu geweint hatte, schluchzte nun wieder laut, aber sie wendete sich ab. Und unser Kapitän sagte: ›Auch nicht mehr eine Silbe, Graf. Die Tochter dieses Toten kann mit dem Sohn eines ihrer Mörder nichts zu schaffen haben, und wenn Sie nicht wissen, was das bedeuten soll, so werde ich deutlicher werden!‹

Der Mann sagte nichts, sondern wendete sich ab. Es schien, als bedecke er sein Gesicht mit dem Mantel, den er umhatte. Wir aber setzten still unseren Weg fort zu unseren Booten, stiegen ein und fuhren los. Da war es, als ob uns eine Zentnerlast vom Herzen genommen worden. Mir wenigstens schien die Sache auf dem Wasser nicht so gefährlich wie auf dem Land.

Nun, das Schlimmste war auch vorüber, wir er reichten unser Schiff, brachten unsere Leiche an Bord, die Dame stieg hinauf, die beiden Männer auch, wir nahmen den Anker auf, wie es sonst vielleicht nur Gespenster tun könnten, und fort ging es. Wie wir durch die Scheeren gekommen sind, weiß ich heute noch nicht, doch wir kamen durch. Am anderen Tag sah ich, dass wir vier Passagiere hatten, zwei ganz junge Damen in Trauer und die Männer, welche Bedienstete waren.

Wir hielten uns später immer südwärts und liefen bald Rügen an. Dort begruben wir den Toten still auf dem Kirchhof von Zudar und da blieben auch die Passagiere, während wir den Gellen hinauf nach Stralsund liefen, wo wir alle samt und sonders abgelohnt wurden. Aber nochmals, Kapitän, bis auf den Unterschied, der im Alter liegen müsste, seht Ihr aus wie mein damaliger Kapitän!«

Kapitän Dyks Züge hatten während dieser Zeit verschiedentlich den Ausdruck gewechselt; die Beweglichkeit, welche ihnen ohnehin schon eigen war, zeigte sich in doppelt verstärktem Grad, aber es war ihm gelungen, ruhig zu bleiben und sich so weit zu beherrschen, dass er gegenwärtig vollkommen gleichgültig erschien.

»Das sind mir alles ganz fremde Sachen«, erwiderte er ruhig, »obwohl ich mir wohl denken kann, wer der Enthauptete ist. Ich höre das zum ersten Mal, bis auf die Sage, dass jener, der unterm Galgen begraben wurde, dort heimlich fortgenommen sein soll.«

»Nennt das, wie Ihr wollt«, erwiderte der Alte, »ich weiß, was ich weiß, und der Kapitän kann doch Euer Vater gewesen sein, muss es gewesen sein!«

»So war der Kapitän verheiratet?«

»Das weiß ich nicht, Herr, aber ob schon damals oder später, das ist gleich – er sah damals genau so aus, wie Ihr jetzt, und zwischen jener Zeit und heute liegen achtunddreißig Jahre!«

Kapitän Dyk errötete leicht.

»Nun, angenommen«, sagte er, »der Mann sei mir oder vielmehr ich ihm ähnlich, so passt doch, wie Ihr selbst sagt, der Name nicht – wie war der Name desselben?«

»Ja, der Name«, meinte der alte Lotse, »ich weiß nicht recht, ob ich den nennen darf. Der Name hatte später für Schweden, wenigstens für dessen Schifffahrt, einen bösen Klang, doch dann verschwand er, bis er vor einigen Jahren wieder auftauchte und gar nicht besser lautete – er ist bekannt genug!«

Diesmal färbte sich das Gesicht des Kapitäns fast dunkelbraun.

»Ich weiß nicht, von wem Ihr sprecht!«, rief er mit einem Anstrich von Unwillen.

»Na, Herr«, sagte Nehls langsam, »der Name heißt Peter Jacobson.«

»Unsinn!«, rief Dyk aufspringend, »reine Tollheit, mich mit dem zusammen zu bringen!«

»Nichts für ungut, Herr!«, sagte der Lotse, sich ebenfalls erhebend, »die Welt hat ihr Urteil und ich habe meins. Der Mann, welcher so oder meinetwegen anders hieß, war für mich ein ganzer Mann, und wenn er, wie ich mir denke, eine der Töchter des Enthaupteten geheiratet und sich das Heiratsgut, was Schweden vielleicht nicht gutwillig gegeben hat, mit Gewalt holte, so ist es seine Schuld, dass ich ihm dabei nicht, wie bei einer anderen Sache, geholfen habe. Hätte er mich dazu aufgefordert in meinen jüngeren Jahren, würde ich nicht Nein gesagt haben – doch es ist spät und morgen …«

Der Kapitän war plötzlich leichenblass geworden, ebenso plötzlich trat er dann vor und reichte dem Alten die Hand hin.

»Lotse!«, unterbrach er ihn dabei, »ich habe es ebenfalls nicht böse gemeint, jeder Mensch hat das Recht, seine Ansicht zu haben, und die Eure mag nicht die schlechteste sein. Ich danke Euch für die Erzählung, sie hat uns bessere Unterhaltung gewährt, als solche von Euch zu erwarten war. Eure Koje findet Ihr in der Bootsmannskammer, gehabt Euch wohl!«

Der Lotse schüttelte die ihm gebotene Hand, sagte aber kein Wort weiter, stieg die Treppe hinan und auf das Deck, auf welchem er nach vorne schritt, nachdem er seinen dicken Rock vom Steuerrad zu sich genommen hatte.

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