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Abenteuer des Captains Bonneville 40

Washington Irving
Abenteuer des Captains Bonneville
oder: Szenen jenseits der Felsengebirge des fernen Westens
Verlag von J. D. Sauerländer. Frankfurt am Main, 1837

Neununddreißigstes Kapitel

Vergnügtes Leben zu Monterey – Mexikanische Reiter – Ein kühner Dragoner – Gebrauch des Lassos – Die Vaqueros – Ein Bärenfang mit Schlingen – Hetze zwischen einem Ochsen und einem Bären – Abreise von Monterey – Indianische Pferdediebe – Grausamkeiten der Reisenden. – Unwille des Captains Bonneville hierüber

Die wandernde Biberfängerbande wurde zu Monterey gut aufgenommen. Die Einwohner wünschten sie bei sich zu behalten und boten jenen, die sich auf mechanische Künste verstanden, einen außerordentlich hohen Lohn an. Wenn sie auf das Land gingen, so wurden sie von den Priestern der Missionen ebenfalls freundschaftlich bewirtet, da diese gegen Fremde immer gastfreundlich sind, von welchem Rang oder Religion sie auch sein mögen. Sie litten keinen Mangel an Lebensmitteln, da ihnen erlaubt wurde, so viel von den großen Herden des auf dem Land weidenden Hornviehs zu töten, wie sie wollten, unter der Bedingung jedoch, dass sie die Häute den Eigentümern ablieferten. Sie wohnten Stierkämpfen und Pferderennen bei, vergaßen den Zweck ihrer Expedition, verschleuderten freigebig das nicht ihnen gehörende Eigentum, kurz, sie schwelgten in einem vollkommenen Narrenparadies.

Was sie vorzüglich ergötzte, waren die Reitkünste der Kalifornier. Die große Menge und Wohlfeilheit der Pferde in diesem Land machen einen jeden zum Reiter. Die Mexikaner und Halbblute Kaliforniens bringen den größten Teil ihrer Zeit im Sattel zu. Sie sind furchtlose Reiter und ihre gewagten Ritte auf noch nicht abgerichteten Füllen und wilden Pferden setzten unsere Biberfänger in Erstaunen, ob sie gleich an die verwegenen Reiter der Prärien gewöhnt waren.

Ein mexikanischer Reiter hat in manchen Stücken eine große Ähnlichkeit mit den alten spanischen Rittern, vorzüglich mit dem ruhmredigen Caballero Andalusiens.

Einen mexikanischen Dragoner zum Beispiel beschreibt man in einer runden, blauen Jacke, mit roten Puffen und Kragen, in Hosen von blauem Baumwollsamt, die bis an die Knie aufgeknöpft sind, um seine weißen Strümpfe zu zeigen, Stiefelchen von Hirschfell, einem runden Hut und sein Haar zu einem Zopf gebunden. Auf seinem Sattelknopf trägt er eine lange Muskete, deren Schloss mit einem Fuchsbalg verwahrt ist. Er hat einen Harnisch von doppeltem Hirschfell an, trägt eine Ochsenhaut als Schild, sitzt auf einem maurischen Sattel, der vorn und hinten hoch ist. Seine Füße stellt er in schachtelähnliche Steigbügel nach Weise der Mauren, ein furchtbares Paar eiserner Sporen klirren an seiner Ferse. So ausgerüstet und beritten, betrachtet er sich als die Herrlichkeit Kaliforniens und den Schrecken des Universums.

Ein kalifornischer Reiter reitet selten aus, ohne sein Lasso, das heißt, ohne einen langen Strick mit einem Schlupf, womit sie bewundernswürdig geschickt sind. Das Lasso, das sich nun fast gänzlich auf das spanische Amerika beschränkt, soll von hohem Altertum sein und ursprünglich aus dem Morgenland herstammen. Es war, wie man uns erzählt, bei einem Hirtenvolk persischen Ursprungs im Gebrauch, von welchen achttausend die Armee des Xerxes begleiteten. Die spanischen Amerikaner bedienen sich seiner zu mehreren Zwecken, unter anderen zum Holzrücken. Ohne abzusteigen, schlingen sie den Schlupf um ein Klotz und schleppen es nach Hause. Die Vaqueros oder indianischen Viehtreiber haben den Gebrauch des Lassos ebenfalls von den Spaniern gelernt und verwenden es, um wildes Vieh damit zu fangen, indem sie ihnen dasselbe um die Hörner werfen.

Das Lasso ist ebenfalls stark im Gebrauch, um dem Publikum ein etwas barbarisches Lieblingsschauspiel zu liefern; nämlich Hetzen zwischen Bären und wilden Ochsen. Zu diesem Zweck begeben sich drei oder vier Reiter in einen von Bären besuchten Wald, legen einen toten Ochsen hin und verbergen sich in der Nähe. Die Bären werden bald von dem Köder angelockt. Sobald sich einer sehen lässt, der zu ihrem Zweck passt, reiten sie mit ihren Lassos auf ihn zu und legen ihm auf eine geschickte Weise Schlingen an alle Beine. Wenn sie ihn hierauf in vollem Rennen fortgerissen haben, bis er ermüdet ist, dann versichern sie sich seiner besser, binden ihn auf den toten Ochsen und ziehen ihn im Triumph zu dem Platz, wo er auftreten soll. Er ist nun zu solcher Wut gereizt, dass sie genötigt sind, ihn mit kaltem Wasser zu übergießen, um solche etwas abzukühlen; und gefährlich würde es für Ross und Reiter sein, wenn er sich in dieser Wut von seinen Banden losmachen könnte.

Ein wilder Ochse der grimmigsten Art, den man gefangen und auf dieselbe Weise gereizt hat, wird dann vorgeführt und beide Tiere auf dem Kampfplatz eines kleinen Amphitheaters losgelassen. Ein Kampf auf Tod und Leben beginnt sodann augenblicklich und anfänglich immer zum Nachteile von Petz, ermüdet, wie er durch die vorherige Misshandlung ist. Endlich durch das wiederholte Stoßen des Ochsens gereizt, packt er ihn mit seinen scharfen Tatzen am Maul und hängt sich an seinen empfindlichsten Teil an, indem er ihn vor Wut und Todesangst brüllen macht. In der Hitze und der Wut streckt der Ochse seine Zunge heraus, die der Bär augenblicklich packt, seinen furchtbaren Gegner mit einem verzweifelten Ansatz über den Haufen wirft und ihn dann ohne Mühe tötet.

Außer diesen Belustigungen wurden die Reisenden auch mit einem Stierkampf in der echten alt spanischen Manier fetiert, da die Kalifornier für die besten Stierfechter im mexikanischen Gebiet gehalten werden.

Nach einem langen Aufenthalt zu Monterey, der mit diesen erbaulichen, aber nicht sehr vorteilhaften Unterhaltungen hingebracht wurde, begab sich der Anführer dieser vagabundierenden Partie wieder auf seine Rückreise. Statt seinen Weg zurück durch das Gebirge einzuschlagen, gingen sie um dessen südliche Spitze und kamen, nachdem sie eine Reihe niedriger Hügel überstiegen hatten, in die Sandebene, südlich des Ogden und litten, indem sie über dieselben zogen, äußerst Mangel an Wasser.

Im Laufe ihrer Reise begegneten sie einer Partie Mexikaner, die eine Horde von Eingebornen verfolgten, welche Pferde gestohlen hatten. Die Wilden dieses Teils von Kalifornien schildert man als äußerst arm und nur mit Pfeilen mit Steinspitzen bewaffnet, da es nicht in der klugen Politik der Spanier liegt, sie mit Feuergewehren zu versehen. Da es ihnen schwerfällt, mit ihren stumpfen Schäften das Wild der Gebirge zu erlegen, so verschaffen sie sich bisweilen Nahrung dadurch, dass sie die Pferde der Spanier fangen. Sie treiben sie heimlich in Gebirgsengen und Hohlwege, schlachten sie ohne Schwierigkeit und trocknen sich das Fleisch für Vorräte. Bisweilen führen sie welche weg, um sie an ferne Stämme zu verhandeln. Auf diese Weise gehen die spanischen Pferden unter den Indianern von Hand zu Hand, bis sie endlich selbst ihren Weg über die Felsgebirge finden.

Die Mexikaner sind beständig wachsam, um diese Diebe aufzugreifen. Die Indianer überlisten sie jedoch meist und zwingen sie, weite Ausflüge zu machen, um ihre gestohlenen Pferde ausfindig zu machen.

Zwei der Leute der eben erwähnten mexikanischen Banden gesellten sich zu jener der Trapper und erwiesen sich als würdige Gefährten von ihnen. Im Laufe ihrer Reise durch das von den armen Wurzelgräbern durchzogene Land scheinen sie unter sich gewetteifert zu haben, wer sich am gröbsten gegen die Eingeborenen vergehen könne. Die Biberfänger betrachteten sie noch immer als gefährliche Feinde und wahrscheinlich legten ihnen die Mexikaner den Pferdediebstahl zur Last. Wir wüssten sonst nicht die schändlichen Grausamkeiten zu erklären, deren sie sich, ihrem eigenen Geständnis gemäß, gegen sie schuldig machten, die armen Indianer gleich wilden Tieren zu jagen und sie ohne Barmherzigkeit zu töten. Die Mexikaner zeichneten sich in dieser rohen Jagd aus, indem sie ihre unglücklichen Opfer in vollem Galopp jagten, ihnen ihre Lassos um den Hals warfen und sie zu Tode schleiften.

Dieses sind die wenigen Einzelheiten dieser schändlichen Expedition; wenigstens alles, was Captain Bonneville die Geduld hatte, darüber nieder zu schreiben, denn so sehr schmerzte ihn das Misslingen seines Planes und so unwillig war er über die ihm erzählten Grausamkeiten, dass er sich mit Abscheu und Entsetzen von den Erzählern wegwendete. Hätte er ein wenig vom Lynchgesetz der Wildnis Gebrauch gemacht und jene geschickten Reiter an ihren eigenen Lassos aufgehängt, so würde dies eine wohl verdiente und heilsame Handlung der vergeltenden Gerechtigkeit gewesen sein.

Das Fehlschlagen dieser Expedition war ein Schlag für den Stolz des Captains und noch ein größerer für seine Börse. Der Große Salzsee blieb unerforscht und zu gleicher Zeit waren die Mittel, die er so freigebig geliefert hatte, um seine Lieblings-Expedition auszurüsten, samt den Pelzwaren, die auf dem Weg gesammelt worden waren, alle zu Monterey verschleudert worden. Er hatte daher seinen Gesellschaftern in den Vereinigten Staaten für dieses Jahr nur sehr geringe Retouren zu machen und lief große Gefahr, dass sie entmutigt würden und die Unternehmung enden ließen.

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