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Oberhessisches Sagenbuch Teil 83

Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873

Das Frauchen von Hartershausen

Hartershausen liegt im Schlitzer Land und soll ehedem eine Burg gehabt haben, aus welcher der Graf erst einen Pachthof machte, nun aber ist es das Schulhaus. Es ist ein uraltes Gebäude mit riesig dicken Mauern und winzig kleinen Fenstern, dunklen Treppen und weiten Vorplätzen. Kein Wunder, dass die weiße Frau drin umgeht und sonst noch allerlei Unheimliches passiert. Eins hat aber nun aufgehört. Nämlich: Ehedem, wenn eine Frau im Haus in Kindsnöten lag, sahen die Bewohner ein uraltes Frauchen mitten auf der Türschwelle der Stube sitzen in ganz fremder Tracht, mit weißer Haube und schwarzem Deckel, und hörten es gar kläglich kritzen (ächzen) und stöhnen, als ob seine Schmerzen größer wären als bei der Frau im Bett. Man war seine Erscheinung längst gewohnt, als einmal der Balken der Türschwelle herausgenommen und neu eingezogen werden sollte. Da fand man ein kleines Särglein und in demselben das Gerippe eines neugeborenen Kindes. Diese Knochen wurden auf dem Kirchhof beigesetzt, und seit jener Zeit hat sich das arme Frauchen nie wieder sehen noch hören lassen.

Das Kind im Merlauer Schloss

Als das Schloss zu Merlau noch stand, welches ein stolzes Fürstenhaus war, wie kein anderes im Hessenland, sintemal es so viel Fenster hatte, wie Tage im Jahr, und eine solche Anzahl Gemächer und Kammern, dass man darin irre gehen konnte, war es in einer Stube nicht ganz richtig. Auf einen bestimmten Tag im Jahr hörte man da immer ein junges Kind jämmerlich schreien, als ob es am Spieß steckte, das war von seiner Rabenmutter, die es in Unpflichten geboren, hehlingerweise ermordet worden war. Auch befand sich darin eine doppelte Giebelöffnung, die vermochte man mit nichts zuzumachen. Dadurch soll der Teufel seinen freien Pass ins Schloss gehabt haben. Nur Erbsenstroh war dasjenige, womit man sie verstopfen durfte.

Fluch der Mutter

Der Breuerberg oder Brühberg, wie das Volk ihn nennt, ist eine Anhöhe in der Nähe der Stadt Lich, von welcher aus man eine köstliche Aussicht über die Umgegend hat, weshalb derselbe gar oft frohen Gesellschaften zu Spaziergängen und sonstiger Kurzweil zu dienen pflegt. Auf demselben bemerkt man noch heute die Überreste eines ehemaligen Kellers, der von einem früheren Sommerschlösschen der Herrschaften allein übrig geblieben sein soll. Der Erbauer desselben war aber gar ein leichtfertiger, lockerer Zeisig, der den abgelegenen Ort zur Stätte verbotener Lüste zu missbrauchen wusste. Einst hatte er eine schöne Müllertochter der Umgegend listiger Weise in seine Netze gelockt. Die bekümmerten Eltern wussten lange Zeit nicht, wo sich dieselbe befinden mochte. Endlich drang die immer gewisser werdende Kunde zu ihren Ohren, dass die Tochter mit dem Grafen in Unehren zu Fall gekommen sei und ein Kind geboren habe, das aber sogleich hehlings umgebracht und weggeschafft worden sei. Da erfasste die gottesfürchtige Mutter über den doppelten Frevel unbändiger Schmerz und sie sprach über die so schändlich missratene Tochter und ihren Verführer, dem sie nichts anhaben konnte, den schrecklichen Fluch aus, dass zur Strafe der Untat jedes Mal der erste Spross des Grafenhauses sterben und nicht zur Regierung kommen solle. Nach des Volkes Meinung ist merkwürdiger Weise derselbe auch noch immer eingetroffen.

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