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Romantruhe-Western Band 49

C. C. Slaterman
Romantruhe-Western Band 49
Der Gentleman-Killer

Western, Paperback, Romantruhe, Kerpen-Türnich, April 2020, 64 Seiten, 4,95 Euro, Titelbild: Romantruhe-Archiv
www.romantruhe.de

Kurzinhalt:

Das Anwesen lag in einem fruchtbaren Tal unweit des Rio Brazos.
Sterling Blair, den meisten Menschen des nahen Städtchens Granbury noch als Richter Blair bekannt, trat im Licht des schwindenden Tages auf die Veranda seines Hauses, in der Rechten ein Tablett mit einem Krug Zitronenlimonade und einem leeren Glas, und drückte mit dem Absatz seines Stiefels die Haustür hinter sich ins Schloss. Der Stoff von seinem rechten Hemdärmel war bis zum Ellbogen aufgerollt, der linke hingegen kurz nach der Schulter abgeschnitten und zugenäht, ein Andenken an den Bürgerkrieg. Aber das lag bereits über zehn Jahre zurück und Blair hatte inzwischen gelernt, das Leben auch einarmig zu meistern …

Leseprobe:

»Ver­damm­te Schwei­ne­rei!«, knurr­te Matt Swan­son, der She­riff von Gran­bu­ry, und be­trach­te­te an­ge­ekelt das vie­le Blut. »Wenn ich die Dreck­sau er­wi­sche, die Blair ab­gesto­chen hat, hän­ge ich ihn ei­gen­hän­dig an den höchs­ten Baum im Coun­ty.«

Fins­ter blick­te er in das ver­zerr­te Ge­sicht des To­ten.

Dann wand­te er sich ab und wink­te ei­nen sei­ner Män­ner he­ran.

Sie wa­ren zu viert hier­her ge­rit­ten, nach­dem sie Blairs Farm­ge­hil­fe alar­miert hat­te. Er, ei­ner sei­ner De­pu­tys und zwei Män­ner aus der Stadt, die sich ihm schon öf­ters an­ge­schlos­sen hat­ten, wenn er ein Auf­ge­bot zu­sam­menstell­te und de­nen er ver­trau­en konn­te.

»Schaf­ft ihn in die Stadt zum Doc. Er soll ihn sich noch ein­mal an­se­hen, be­vor sich Sparks mit ihm be­schäf­tigt.«

Der Mann, der in Gran­bu­ry auf­ge­wach­sen war, nick­te wis­send. Swan­sons letz­ter Satz er­gab nur für Ein­hei­mi­sche ei­nen Sinn. Kaum ein Orts­frem­der wuss­te, dass Ro­bert Sparks der Lei­chen­be­stat­ter von Gran­bu­ry war.

Der She­riff ging um den To­ten he­rum und be­trat das Haus.

Drin­nen in der Kü­che stand Andrew Bale, der Farm­ge­hil­fe, am Spül­stein und trank ein Glas Was­ser. Sein Ge­sicht war blass und in sei­nen Au­gen stand na­men­lo­ses Ent­set­zen. Als er be­merk­te, wie Swan­son he­rein­kam, zuck­te er zu­sam­men und dreh­te sich um.

»War­um?«, stam­mel­te er.

Swan­son sah, wie Ba­les Hän­de zit­ter­ten.

»Rich­ter Blair war ein al­ter Mann, im­mer freund­lich und hilfs­be­reit. Erst neu­lich hat er mei­ner Frau zum Ge­burts­tag ei­nen Bal­len Stoff ge­kauft, da­mit sie sich da­raus ein schö­nes Kleid nä­hen kann. Vers­te­hen Sie, was ich da­mit sa­gen will? Mein Boss kauft mei­ner Frau, die nur sei­ne Haus­häl­te­rin war, ei­nen Bal­len Stoff, der in Mur­phys La­den si­cher­lich ein hal­bes Ver­mö­gen ge­kostet hat. Wer bringt denn so ei­nen Mann um?«

»Ich weiß es nicht, Andrew!«, mur­mel­te Swan­son schwer. »Ich weiß es wirk­lich nicht. Aber ich wer­de es he­raus­fin­den, und wenn es das Letz­te ist, das ich in mei­nem Le­ben tun wer­de.«

Nach­denk­lich starr­te der She­riff aus dem Kü­chen­fens­ter.

»Du hast also wirk­lich nichts ge­hört oder ge­se­hen?«, frag­te Swan­son und mach­te eine run­de Hand­be­we­gung, die das gan­ze um­lie­gen­de Land vor dem Fens­ter er­fass­te. »Ich mei­ne, die Farm liegt ziem­lich ein­sam, da fällt je­mand Frem­des schnell auf.«

»Rich­ter Blair lieb­te die Ein­sam­keit. Durch sei­nen Be­ruf hat­te er stän­dig Men­schen um sich und vie­le von ih­nen wa­ren al­les an­de­re als gute Men­schen. Des­halb war er froh, wenn er sich nach den Ver­hand­lun­gen wie­der hier­her zu­rück­zie­hen konn­te.«

»Ich ver­ste­he.«

Ei­nen Mo­ment lang herrsch­te Stil­le.

Dann hob Andrew un­ver­mit­telt den Kopf. »Da fällt mir ein, die Hüh­ner sind seit vor­gestern so un­ru­hig. Bis­her dach­te ich an ei­nen Fuchs oder so, aber jetzt, wo du nach ei­nem Frem­den fragst …«

»Dann ge­hen wir doch zum Hüh­ner­stall, scha­den kann es je­den­falls nicht.«

In die­sem Mo­ment kam Swan­sons De­pu­ty aus dem Ar­beits­zim­mer des ehe­ma­li­gen Rich­ters.

Er hielt ein klei­nes No­tiz­buch in den Hän­den, mit dem er vor den Ge­sich­tern der Män­ner he­rum­we­del­te. Da­bei grins­te er wie ein Ho­nig­ku­chen­pferd.

»Ich weiß zwar nicht, wer Rich­ter Blair um­ge­bracht hat, aber ich den­ke, ich weiß, war­um.«

Swan­son leg­te den Kopf in den Na­cken.

»Schön für dich, aber hast du auch ir­gend­ei­nen Be­weis für dei­ne Be­haup­tung?«

Der De­pu­ty nick­te so hef­tig, dass der She­riff be­fürch­te­te, ihm fie­le sein Kopf je­den Mo­ment von den Schul­tern.

»Ei­nen?«, frag­te er dann ge­dehnt. »Mann Swan­son, ich habe vier­zehn­tau­send da­von!«

»Vier­zehn was? Ver­dammt Co­lin, von was re­dest du da?«

»Blair hat­te ir­gend­wo in sei­nem Ar­beits­zim­mer vier­zehn­tau­send Dol­lar ge­bun­kert. Steht al­les in die­sem Büchlein hier drin. Frag mich aber nicht, wo­her sein Mör­der da­von wuss­te.«

»Muss ich auch nicht«, sag­te der She­riff und ver­dreh­te die Au­gen.

Vier­zehn­tau­send Dol­lar, gü­ti­ger Him­mel!

Kein Wun­der, dass man den Rich­ter er­mor­det hat­te, bei die­ser ge­wal­ti­gen Sum­me kam so manch ei­ner auf dum­me Ge­dan­ken. Selbst er, als ei­ner der Bes­ser­ver­die­nen­den in die­sem Land, er­hielt am Mo­nats­en­de sel­ten ei­nen Ge­halts­scheck, auf dem mehr als ein­hun­dert Dol­lar ver­merkt wa­ren. Wenn die­se Sum­me be­kannt wur­de, war im Coun­ty der Teu­fel los. Die ein­zi­ge Hoff­nung, den Mör­der zeit­nah zu fas­sen, be­stand da­rin, dass die­ser durch den Wir­bel, den die­ses Ver­mö­gen bei sei­ner Be­kannt­ga­be ver­ur­sach­te, so ner­vös wur­de, dass er ei­nen Feh­ler mach­te.

Aber an­ge­sichts der Kalt­blü­tig­keit die­ser Tat war es eine vage Hoff­nung.

 

*

 

Spring Lake, Te­xas, vier Wo­chen spä­ter.

Aman­da McCurdy war so auf­ge­regt wie eine Jung­frau vor dem ers­ten Mal. Sie hat­te den Kaf­fee­tisch im Wohn­zim­mer zwar schon vor über ei­ner Stun­de ein­ge­deckt, aber in der Zwi­schen­zeit Tas­sen, Tel­ler und Zu­cker­do­se ge­fühlt mehr als ein­hun­dert Mal neu zu­recht­ge­rückt. Ge­ra­de eben erst hat­te sie eine ima­gi­nä­re Fal­te ih­rer ge­hä­kel­ten Spit­zen­tischde­cke wie­der mit der Hand glatt ge­stri­chen.

Ei­nen Mo­ment lang be­trach­te­te Aman­da das Er­geb­nis mit wohl­wol­len­dem Blick, dann dreh­te sie sich um und ging in die Kü­che. Als sie wie­der zu­rück­kam, hielt sie eine Glas­scha­le mit selbst ge­ba­cke­nen Hafer­kek­sen in den Hän­den.

Sorg­fäl­tig stell­te sie die Scha­le zwi­schen das ge­blüm­te Ge­schirr, schob sie so lan­ge da­hin und dort­hin, bis sie schließ­lich zu­frie­den nick­te und ihre Bli­cke noch ein­mal durch das Wohn­zim­mer schwei­fen ließ.

Als ihre Au­gen da­bei über das Zif­fer­blatt der schwe­ren Stand­uhr glit­ten, zuck­te sie zu­sam­men, als hät­te sie der Schlag ge­trof­fen.

14 Uhr! In ei­ner knap­pen Stun­de kam ihr Be­such und sie geis­ter­te im­mer noch mit die­sem un­säg­li­chen Haus­kleid und der Kü­chen­schür­ze durch die Ge­gend. Mit ei­nem spit­zen Schrei stürz­te Aman­da ins Schlaf­zim­mer und riss die Tür zu ih­rem Wä­sche­schrank auf.

Mit flie­gen­den Fin­gern wühl­te sie so lan­ge in ih­ren Klei­dern, bis ihr Blick schließ­lich an ei­nem Traum aus wei­ßem Lei­nen und blau­en Strei­fen hän­gen blieb.

Sie hat­te es das letz­te Mal vor zwei Jah­ren an Weih­nach­ten ge­tra­gen, als sie mit Owen, ih­rem Mann, und den an­de­ren Ho­no­ra­ti­o­ren der Stadt in der Ge­mein­de­hal­le Heil­ig­abend fei­er­ten. Kurz da­rauf war Owen tot. Das Herz.

Das Trau­er­jahr war in­zwi­schen vor­bei, doch Aman­da war nicht be­reit, mit ih­ren acht­und­drei­ßig Jah­ren das Le­ben als ver­trock­ne­te Jung­fer zu be­en­den. All­er­dings hat­te sich im Coun­ty bis­her noch kein Mann ge­fun­den, der ih­ren An­sprü­chen als ver­mö­gen­de Ge­schäfts­frau auch nur an­nä­hernd ent­sprach.

Bis vor vier Wo­chen, als die­ser jun­ge, ele­gant ge­klei­de­te Mann mit den über­aus höf­li­chen Ma­nie­ren in die Stadt ge­kom­men war. Er sah nicht nur aus wie ein Gen­tle­man, son­dern er be­nahm sich auch als sol­cher und schien zu­dem auch nicht un­ver­mö­gend zu sein. Vor zwei Wo­chen war es dann zu ei­ner ers­ten Ver­ab­re­dung ge­kom­men, vor ei­ner Wo­che zu ei­nem Pick­nick am Fluss und vor­gestern zum ers­ten Kuss.

Heu­te kam er zu ihr und Aman­da war fest ent­schlos­sen, es dies­mal nicht nur bei ei­nem Kuss zu be­las­sen.

Im glei­chen Mo­ment, in dem die schwe­re Stand­uhr im Wohn­zim­mer mit ei­nem dunk­len Gong die zwei­te Mit­tags­stun­de an­kün­dig­te, ver­nahm sie ein de­zen­tes Klop­fen an der Haus­tür. Ein Lä­cheln stahl sich auf ihre Lip­pen.

Er ist nicht nur ga­lant und sieht gut aus, dach­te sie zu­frie­den, er ist auch pünkt­lich.

Aman­da warf noch ein­mal ei­nen Blick in den Flur­spie­gel, zupf­te noch ein­mal an ih­rem Kleid he­rum und eil­te dann, als es er­neut klopf­te, vol­ler Er­war­tung zur Tür.

Das, was sie auf der Schwel­le sah, ließ ihre ge­heims­ten Wün­sche Wirk­lich­keit wer­den.

»Hal­lo, schön Sie wie­der­zu­se­hen. Ich …«, flö­te­te sie, aber ihr vor­nehm ge­klei­de­ter Be­such ließ sie nicht aus­re­den.

»Nicht re­den«, sag­te der Mann und dräng­te sie in ihre Woh­nung zurück.

Irr­itiert tau­mel­te Aman­da zu­rück, wäh­rend ihr Gast der Ein­gangs­tür mit dem Ell­bo­gen ei­nen leich­ten Stoß ver­setz­te.

»Wie­so, ich dach­te …«

Ihr Be­such ließ sie er­neut nicht aus­re­den.

»Sind wir al­lei­ne?«

Aman­da nick­te in­stink­tiv.

Im sel­ben Mo­ment wur­de aus dem freund­li­chen Lä­cheln des Man­nes ein kal­tes und grau­sa­mes Grin­sen.

»Ei­gen­tlich scha­de um dich, aber du bist sel­ber schuld. Du hät­test dir dei­nen Ehe­mann bes­ser aus­su­chen sol­len.«

Er ging lang­sam auf sie zu, wäh­rend sei­ne Rech­te aus dem In­nern sei­nes Ja­cketts ein schma­les, lan­ges Mes­ser her­vor­zau­ber­te. Ur­plötz­lich wur­de Aman­da die Be­deu­tung sei­ner ers­ten Wor­te be­wusst. Sie ging ei­nen Schritt rück­wärts. Ihr Herz schlug wie wild und ihr Blut poch­te hef­tig ge­gen die Schlä­fen. Mit un­si­che­ren Schrit­ten ging sie wei­ter rück­wärts bis zu ih­rem Schlaf­zim­mer.

Der Mann folg­te ihr.

Sei­ne Au­gen fun­kel­ten fa­na­tisch und sei­ne Be­we­gun­gen wa­ren so laut­los und ge­schmei­dig wie die ei­ner Raub­kat­ze.

»Bit­te … bit­te nicht …«, stam­mel­te Aman­da. »Ich gebe Ih­nen auch Geld, viel Geld! Sind tau­send Dol­lar okay für Sie? Es liegt drü­ben im Wohn­zim­mer­schrank.«

Der Mann schüt­tel­te den Kopf. Die Be­we­gung hat­te et­was End­gül­ti­ges an sich.

»Ich brauch dein Geld nicht. Nach­dem Owen nicht mehr lebt, musst du sei­ne Schuld til­gen. Die Ra­che ist mein, sprach der Herr. Auge um Auge, Zahn um Zahn!«

Aman­da riss vor Ent­set­zen die Au­gen auf.

Mit ei­nem spit­zen Schrei warf sich die Frau he­rum und flüch­te­te in ihr Schlaf­zim­mer. Sie hat­te die Klin­ke be­reits in den Hän­den und woll­te die Türe ge­ra­de schlie­ßen, als der Mann sei­nen Fuß auf die Schwel­le stell­te.

»Nein!«, schrie Aman­da ver­zwei­felt. »Nein!«

Es wa­ren die letz­ten Wor­te in ih­rem Le­ben.

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