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Aus dem Wigwam – Wie der Mais entstand

Karl Knortz
Aus dem Wigwam
Uralte und neue Märchen und Sagen der nordamerikanischen Indianer
Otto Spamer Verlag. Leipzig. 1880

Vierzig Sagen
Mitgeteilt von Chingorikhoor

Wie der Mais entstand

s war in den frühesten Zeiten, als zwei Jäger die Nacht an ihrem Wachtfeuer in einer Bucht des Alabama River zubrachten. Wild und Fisch nahmen mit jedem Neumond mehr ab, und sie hatte nichts weiter, um ihren Hunger zu stillen, als das zähe Fleisch eines schwarzen Geiers. Sie waren sehr müde, und als sie über ihre Lage nachdachten und ihrer hungrigen Kinder sich erinnerten, waren sie sehr unglücklich und verzagt. Doch brieten sie ihren Vogel am Feuer und versuchten sich ihres Mahles zu freuen. Kaum hatten sie zu essen angefangen, als sie einen seltsamen Laut vernahmen, gleich dem Gurren einer Taube. Nach einer Seite blickend, sahen sie nichts anderes als den Mond, der sich eben über die dichten Wälder auf dem anderen Ufer des Flusses erhob. Den Strom auf und ab blickend, konnten sie nichts anderes sehen als die sandigen Ufer und die dunklen Gewässer, die ein leises Lied murmelten. Sie wandten ihre Blicke der Gegend des Mondes gegenüber zu und fanden dort die Gestalt einer schönen Frau, die auf dem Gipfel eines Grashügels stand. Sie eilten an ihre Seite, und sie sagte ihnen, dass sie sehr hungere. Darauf holten sie ihren gebratenen Geier und gaben ihn der Frau. Sie kostete kaum von der dargebotenen Speise, sagte aber zu den Jägern, dass ihre Freundlichkeit sie vor Leiden bewahrt habe, und dass sie ihrer gedenken werde, wenn sie in die seligen Gründe ihres Vaters, welcher der Hosh-tal-li oder Große Geist der Tschoktah sei, zurückgekehrt wäre. Sie habe aber um eines zu bitten, dass sie nämlich, wenn der nächste Mond des Hochsommers komme, die Stätte besuchen, wo sie nun ständen. Ein sanfter Wind rauschte durch die Waldblätter und die fremde Frau verschwand.

Die Jäger waren erstaunt, kehrten aber zu ihren Familien zurück und be­hielten alles, was sie gesehen und gehört hatten, in ihren Herzen verborgen. Der Sommer kam und sie besuchten wieder die Anhöhe an den Ufern des Alabama. Sie fanden sie mit einer Pflanze bedeckt, deren Blätter gleich den Messern der Weißen waren. Sie gab eine köstliche Nahrung, die seitdem unter den Tschoktah unter dem Namen des süßen Toucha oder indianischen Mais bekannt ist.

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