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Ninragon – Band 1

Die standhafte Feste

»Ein Fantasy-Roman der neuen Generation, mit einer starken, frischen Stimme.« Für Fans von George R. R. Martin, Scott Lynch, Joe Abercrombie und Steven Erikson.

Horus W. Odenthals Fantasy-Roman Ninragon – Band 1, der erste Teil einer Trilogie ist als E-Book bei Amazon erhältlich.

Der Autor wurde unter dem Namen Horus bekannt als Autor und Zeichner von Comics. In diesem Medium wurden seine Werke in Deutschland und Amerika veröffentlicht und erhielten zahlreiche Nominierungen und Preise. Die meiste Aufmerksamkeit auch außerhalb der Leserschaft von Comics erzielte seine Comic-Novelle Schiller!, veröffentlicht im Schiller-Jahr 2005  in Zusammenarbeit mit der Deutschen Schillergesellschaft.

 

Zwei Männer, die kaum unterschiedlicher sein könnten, führt das Schicksal zusammen.

Der eine ist Darachel, ein Ninra, Angehöriger einer uralten Rasse, die sich aus der Welt in ihre abgelegenen, gewaltigen Festungen zurückgezogen hat. Der andere ist ein Valgare aus dem hohen Norden, den Darachel schwerverletzt in den Fetzen einer Uniform des Idirischen Reiches findet. Er hat einen tödlichen Verfolger, der den Ninraé einen blutigen Kampf liefert.

Die überlebenden Ninraé bringen den Schwerverletzten in ihre Große Feste Himmelsriff, und dort erzählt der Mensch dem Elfen Darachel sein Leben.

Dies ist die Geschichte von Auric Oriksohn, Auric Torarea Morante, genannt Auric der Schwarze. Es ist die Geschichte eines einzelnen Mannes, der dachte, nur um sein eigenes Leben und Schicksal zu kämpfen, sich aber unversehens in etwas viel Größeres, Dunkleres und Weitreichenderes verstrickt sieht.

Es ist die Geschichte eines Mannes, der furchtbaren Geschöpfen aus den Tiefen einer mythischen Vergangenheit trotzen muss, der in eine Zeit geboren wird, in der diese Vergangenheit zurückzukehren droht, mit Kampfkolossen einer älteren Welt und den unheimlichen Fertigkeiten und Schöpfungen der Bleichen Rasse.

Es ist die Geschichte von einer sich allmählich abzeichnenden Verschwörung gegen das gewaltige Idirische Reich, von singenden Festungen, die den Wahnsinn in die Hirne der Menschen schicken, von gefangenen und gebrochenen Geistern, von Gilden, die eifersüchtig das Geheimnis ihrer Fähigkeit Geistesbotschaften zu senden hütet. Von Schachzügen der Politiker und Militärs und der einfachen Menschen und Soldaten, die dafür bluten müssen.

Es ist die Geschichte darüber, wie die Abgründe der Vergangenheit das Leben der Gegenwart formen. Es ist die Geschichte des Mannes, der es wagte, dem legendären Eisenkrone und seinem Magiervertrauten Vanwe entgegenzutreten.

Es ist die Geschichte von Machtstreben und Korruption in einem Reich, das dennoch die große und einzige Hoffnung in einer dunklen Welt auf Kultur, Zivilisation und Frieden darstellt. Es ist die Geschichte von den Geheimnissen und Widersprüchen in den Seelen der Menschen und den Gräben und Schlachten, die dort ausgetragen werden.

Es ist die Geschichte Ninragons.


Leseprobe

Da war dieses Wispern, das allgegenwärtig in der Luft hing.

Fast wie unter einem inneren Zwang lauschte er wieder in die Nacht. Er horchte auf das mahlende Vibrieren, das immer wieder unverhofft auf beirrende Weise seine Präsenz von jenseits der Hörschwelle bemerkbar machte und das doch, wenn man dann seine Aufmerksamkeit darauf richtete, nirgends zu vernehmen war.

Auric war in dieser Nacht der zweiten Wache zugeteilt, und immer wieder blickte er über die nächtlichen Schatten struppigen Baumwerks zu dem massiven Schattenriss hinüber, dessen Masse das östliche Blickfeld zu beherrschen schien und der dagegen alles andere unter der Himmelsdecke zu geisterhafter, verwaschener Unwirklichkeit herabwürdigte.

Im Licht des Vollmondes wirkte die verlassene Elfenfestung noch zyklopischer als bei ihrer Annäherung am Vorabend.

Am größten Teil des Himmels waren die Wolkenbänke zu einem tief hängenden, kompakten Dach zusammengeschoben. Wo Himmelslicht dort spärlich und abgedämpft durchdringen konnte, trat es lediglich in purpurnen Schwelkanten gegen die Dunkelheit hervor. Nur am Standort des Mondes ließ sein bleicher, bohrender Mahlstrom die Wolkendecke ringsherum aufbrechen wie Eisschollen um ein Wasserloch.

In der Mitte der Nacht ragte die Elfenfeste empor wie ein massiver kantiger Zentralpfeiler, eine pfählende Nabe im Bauch des Ungetüms der Nacht.

Jetzt, nur vom Mondlicht beleuchtet, erschienen die Kanten ihrer in steiler Neigung aufsteigenden Wälle nur noch glatter und gerader, so unheimlich glatt und regelmäßig, dass sie unmöglich von menschlichen Wesen gestaltet sein konnten, so als könnten sie nur von einem übernatürlichen, titanischen Wesen aus einem vom Himmel gefallenen Meteor herausgeschnitten worden sein, mit einem Messer, das hartes, schwarzes Felsgestein wie Butter durchdrang.

In den zyklopischen Wänden der Festung gab es nur einen einzigen tunnelartigen Eingang. Alles andere schien eher an einen in die Weite der Landschaft gerammten Klotz als an ein für die Bedürfnisse menschlicher – oder menschenähnlicher – Wesen geschaffenes Bauwerk zu erinnern.

Einer seiner Mitkämpfer aus dem Trupp hatte am Vorabend gefragt, ob schon einmal jemand in der Festung gewesen sei.

»Ich meine, sie ist doch seit ewiger Zeit verlassen. Hat niemand nachgeschaut, was ihre Bewohner da drin zurückgelassen haben?«

»Dort im Torweg ist irgendetwas«, gab Kaustagg ihm mit bedeutungsschwangerem Blick hinüber zu der Drohung aus dunklem Stein zur Antwort, „der Wächtergeist eines Monstrums oder irgendetwas wesenlos und empfindungslos Wirkendes aus Höllentiefen, was in diese Festung hineingebaut wurde, um ihren Eingang zu schützen. Viele tapfere Männer wollten durch den Torweg in die Festung hinein, aber sie brachten es nicht fertig, weil ihnen das Blut gefror, und vielen, die auf halbem Wege umkehrten, hat das Erlebnis die Haare gebleicht. Wie weißhaarige, ausgehöhlte Greise kehrten sie heim. Andere ließen sich davon nicht zum Umkehren bewegen, aber man hat nie mehr etwas von ihnen gehört. Nein, niemand war in dieser verlassenen Festung und ist zurückgekehrt, um von dort zu berichten.«

Im Angesicht dieser Festung, so bemerkte Auric, ging dem Schaudern seiner Stimme jener gewisse genüssliche Ton ab, der sonst immer mitschwang, wenn er Gräuelmäre zum Besten gab.

Es hatte in den Zeiten, da die Festung bewohnt war, noch weitere Zugänge gegeben, wusste Kaustagg weiter zu berichten, lange, breite unterirdische Tunnel, die weit vor der Festung in großen Torhäusern, schon fast eigenen kleinen Festungstürmen, ihren Ausgang nahmen und unter der kahlen, umgebenden Ebene hindurchführten. Die Schächte hatte man anscheinend irgendwann im Laufe der Vergangenheit gesprengt, die Zugangstunnel waren verschüttet, aber die Torhäuser standen zum Teil noch.

Im Schatten der Ruinen eines dieser Bauwerke hatten sie ihr Nachtlager aufgeschlagen.

Auric warf jetzt im Licht des Vollmonds einen Blick dort hinüber, während dessen bleicher Schein ganz allmählich von einer dahintreibenden Wolkenbank verdunkelt wurde. Selbst bei dem ruinenhaften Zustand des burgartigen Torhauses konnte man erkennen, dass es mehr unterscheidbare Einzelheiten und Strukturmerkmale besessen hatte als die Hauptfeste. Kantige Seitentürme ragten noch immer wie Reißzähne über Baumkronen empor.

Ein Wald, der ein Muster aus dem Ruder gelaufener Natur darstellte, umwucherte und bedrängte die Torruine: wild und wie feindlich gegeneinander drängende gegensätzliche Baumfamilien, chaotisch ineinander verhaktes Durcheinander unverträglicher Pflanzengesellschaften, ein Flickenteppich gewaltsam ineinander gepferchter Lebensräume. Eine Schicht aus Asche, die das ungezügelte Wachstum begünstigt haben mochte, drang mancherorts durch den Boden, als sei hier ein Brand an eine Schicht der Wirklichkeit gelegt worden, der alle Vernunft der Naturgesetze so verheerend weggesengt hatte, dass bei der Wiedereroberung dieser Räume durch die Natur die Ordnungsmächte pflanzlichen Wachstums außer Kraft blieben. Überwucherte Hügel und Wälle in denen sich Bautrümmer und verweste Pflanzenteile zu untrennbarem Gemenge mischten, wuchsen die alten Mauern hoch und verdeckten ihren unteren Teil; die Erde griff hoch nach den Bauten und wollte sie umschlingen. Dort, in einer Kuhle zwischen den Erhebungen war das Lager seiner Truppgenossen. Die Glut der zu einem letzten Rest herabgebrannten Lagerfeuer konnte man durch wirres Astwerk hindurch selbst bis hierher erkennen.

Der Graustelzer tauchte plötzlich und ohne Vorwarnung vor Auric auf.

Eine Sekunde vorher war da noch ein Baumstumpf gewesen, dann geschah etwas rasend schnell damit.

Er entfaltete sich wie eine zuschnappende Gottesanbeterin. Die Spitze eines raubvogelspitzen Kopfes schnellte aus dem Stamm hoch und richtete sich auf Auric aus, Arme klappten zu den Seiten weg und wie lange Spinnenbeine auseinander, wo vorher nur der Anschein eines einzigen borkigen Stammkörpers gewesen war, das ganze Ding hob sich in einem Regen davon abfallenden toten Laubs und Erde aus dem Boden und in die Luft, emporgestemmt von sich halb aus dem Stamm, halb aus der Erde entfaltenden Beinen, grau und knöchern wie die Gebeine von Urzeitmonstern, lang und dürr wie die Gliedmaßen von Spinnentieren.

Auric konnte gerade noch dem peitschenden Zupacken der Arme entgehen, indem er sich nach vorne warf, unter ihnen weg und zwischen den Beinen des Wesens hindurch abrollte. Er stöhnte auf, als sein Schwert, das noch immer in der Scheide steckte, sich schmerzhaft in seine Seite grub.

Indem er emporkam, zog er es blank. Da war also eines jener Wesen, die diese nördlichen Gegenden heimsuchen sollten. Es gab sie also tatsächlich.

Mit unglaublicher Schnelligkeit drehte sich das Wesen auf seinen langen Beinen herum, rammte sie um die Achse kreiselnd in den Boden, richtete sich unbarmherzig wieder auf seine Beute aus. Seine Augen waren kleine, nur mit schwacher Wölbung in die knorrige, lange Form des Kopfes eingebettete schwarze Kugeln, kaum auffällig, die mit indifferenter, vogelartiger Intelligenz rollend all seinen Bewegungen folgten, als sei ihr Blick wie mit unsichtbaren Strängen physisch an seine Beute gekettet. Seine Bewegungen erweckten bei Auric den Eindruck, als habe es zu viele Gelenke in seinen scherenartig ausgreifenden Gliedern; sie hatten zugleich etwas Ruckhaftes, aber in der Gesamtheit des Ablaufes etwas auf beirrende Art reptilhaft Fließendes.

Seine Haut wirkte im Mondlicht wie graue Borke. Mal sehen, was eine mit Kraft geführte Klinge dagegen ausrichtet. Zum ersten Mal seit er in den Zügen war, wünschte er sich allen Ernstes, er halte statt des Schwertes eine Axt in Händen.

Die Arme schnellten ihm erneut entgegen, zerschnitten wie blitzschnelle Geschosse hierhin, dorthin packend die Luft. Augenblicklich einsetzende Instinkte, die ihn im Nacken packten und ihn tanzen ließen, retteten ihn. Er spürte den Lufthauch der Attacken, kalt in die Nachtluft gepflügt, als sei er mitten in einen Wirbelsturm von Dreschflegeln geraten. Gliedmaßen streiften ihn, etwas Scharfes wie Dornen zerschnitt ihm Haut und Kleidung.

Die Beine des Graustelzers bohrten sich mit rasender Schnelligkeit in den Boden. Laub flog nach allen Seiten hoch, ein Flattern dürrer Blätter wie Schwärme aufgeschreckter Fledermäuse. Er hieb durch die in der Dunkelheit aufstiebenden Wolken wirbelnden Raschelns hindurch nach einem der wild zuckenden Arme.

Es fegte ihn seitwärts von den Beinen, scharfer Schmerz durchfuhr seinen Unterarm. Ihm blieb die Luft weg, trotzdem warf er sich irgendwie zur Seite. Plump aber rechtzeitig. Um einem der zahlreichen scharfkantigen Sporne zu entkommen, die sich am Unterarm des Graustelzers aufgerichtet hatten. Der ihm dennoch durch die feste Kleidung hindurch eine lange, blutende Wunde in den Oberarm riss.

Er rollte sich herum, diesmal kontrollierter, dabei das Schwert sicher von sich gestreckt, wie er es gelernt hatte. Zur Seite. Schnellte dann hoch und vorwärts, fühlte einen der Arme ihn streifen wie ein Peitschenhieb, hieb mit aller Kraft zur Seite weg und spürte die Klinge in satten Widerstand beißen. Packte das Schwert mit beiden Händen diesmal – ein Satz zur Seite, dem erneut zustoßenden Arm zu entgehen – und hackte noch einmal mit aller Kraft in die gleiche Richtung. Ein hässliches Geräusch zwischen Knirschen und feuchtem Klatschen.

Auric machte einen Satz zurück und sein linker Mundwinkel zuckte in einem Grinsen grimmiger Befriedigung.

Der Graustelzer knickte mit abgehacktem Bein zur Seite weg.

Er war immer noch eine tödliche Gefahr mit seinen verbliebenen wild zustoßenden Gliedmaßen. Und er würde nicht leicht sterben.

Auric bleckte die Zähne, tänzelte in sicherem Radius um das Wesen herum und schwang sein Schwert mit beiden Händen in eine hohe Angriffsposition.

In diesem Moment begann das Schreien drüben bei den Lagerfeuern.

 

Veröffentlichung der Leseprobe mit freundlicher Genehmigung des Autors