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Abenteuer des Captains Bonneville 33

Washington Irving
Abenteuer des Captains Bonneville
oder: Szenen jenseits der Felsengebirge des fernen Westens
Verlag von J. D. Sauerländer. Frankfurt am Main, 1837

Zweiunddreißigstes Kapitel

Ein Lager der Nez Percé. Ein Häuptling mit einem sehr schwierigen Namen. Die großherzigen Menschen des Ostens. Gastfreundliche Bewirtung. Geheimnisvolle Beratungen. Der geschwätzige Häuptling. Ein indianisches Grab. Großer indianischer Empfang. Ein indianisches Fest. Öffentlicher Ausrufer. Ehrlichkeit der Nez Percé. Des Captains Versuch im Heilen.

Dem Lauf des Immahah folgend, erreichten Captain Bonneville und seine drei Gefährten bald die Gegenden des Snake River. Ihr Weg führte sie nun über eine Reihe steiler und zerstreuter Hügel mit tiefen Tälern. Am zweiten Tag, nachdem sie Abschied von dem liebreichen alten Patriarchen genommen hatten und eben in eines jener tiefen Täler steil hinabsteigen wollten, nahmen sie Rauch wahr und kurz hierauf bekamen sie ein Lager der Nez Percé zu Gesicht.

Als die Indianer sich versichert hatten, dass es eine Partie weißer Menschen sei, die sich ihnen näherten, begrüßten sie solche mit einer Salve aus Feuergewehren und luden sie in ihr Lager ein. Diese Gruppe stand gleichfalls unter der Regierung eines ehrwürdigen Häuptlings, namens Yo-mus-ro-y-e-cut, ein Name, womit wir unsere Leser nicht öfter behelligen wollen als es notwendig ist. Dieser alte und schwernamige Häuptling bewillkommnete den Captain in seinem Lager mit derselben

Gastfreundschaft und demselben Wohlwollen, das er vonseiten seines Vorgängers erfahren hatte. Er erzählte dem Captain, dass er oft von den Amerikanern und ihren großmütigen Taten gehört habe, und dass seine Büffelbrüder (die Upper Nez Percé) von ihnen immer als den großherzigen Weißen des Ostens gesprochen hätten, die sehr gute Freunde der Nez Percé wären.

Dem Captain Bonneville wurde etwas unwohl bei dem Gedanken, einer so großmütigen, aber kostspieligen Benennung entsprechen zu müssen, und fing an, zu fürchten, noch einmal Pfande der Freundschaft austauschen zu müssen. Er beeilte sich daher, den alten Häuptling mit seinen dermaligen armen Umständen bekannt zu machen, und wie wenig von ihm zu hoffen sei.

Er erzählte ihm, dass er und seine Gefährten sich lange unter den Ober-Nez Percé aufgehalten hätten, dass er sie so lieb gewonnen habe, dass sie sich umarmt hätten und sie sich jetzt fest ans Herz gedrückt hielten. Dass er von ihren Vettern, den Ober- Nez Percé, so viel Gutes von den Nieder-Nez Percé gehört, dass ihm dies das Verlangen eingeflößt habe, sie als Freunde und Brüder kennen zu lernen. Dass er und seine Gefährten demnach ein Maultier mit Geschenken beladen und sich zu dem Land der Nieder-Nez Percé aufgemacht hätten, dass er aber unglücklicherweise mehrere Tage lang in den Schneegebirgen umhergeirrt wäre und dass das Maultier mit samt den Geschenken in den Snake River gestürzt und von dem reißenden Strom mit fortgerissen worden sei; dass sie daher statt mit leichtem Herzen und vollen Händen bei ihren Freunden, den Nez Percés, anzukommen, sie nackt, hungrig und niedergeschlagen angelangt seien und statt ihnen Geschenke zu machen, sie sich selbst ihres Unterhalts wegen auf sie verlassen müssten.

»Allein,« so schloss er, »wir gehen zum Fort der weißen Männer an den Wallah-Wallah und werden bald zurückkehren. Dann werden wir zu unseren Freunden, den Nez Percé, wie die großherzigen Männer des Ostens kommen.«

Ob nun der in dem letzteren Teil seiner Anrede hingeworfene Wink seine Wirkung tat oder ob der alte Häuptling in Gemäßheit der gastfreundschaftlichen Gefühle handelte, die dem Captain zufolge dem Stamm der Nez Percé wirklich eigen sein sollen, so ist so viel gewiss, dass er, als er die dürftigen Umstände seiner Gäste vernahm, in seinen freundschaftlichen Gesinnungen nicht nachzulassen schien. Er drang im Gegenteil in den Captain, bis zum folgenden Tag bei ihm zu verweilen, wo er ihn dann mit all seinen Leuten bekannt machen wolle. In der Zwischenzeit wolle er ein Füllen schlachten und ihnen das Fleisch als Mundvorrat mitgeben. Er wolle, wie er sorgfältig erklärte, solches nicht als einen Handelsartikel, sondern als ein Geschenk betrachtet wissen, denn er sähe, dass seine Gäste hungrig und in der Not um Lebensmittel seien.

Captain Bonneville gab gern seine Einwilligung zu dieser gastfreundschaftlichen Anordnung. Das abgezogene Füllen langte zur gehörigen Zeit an. Der Captain bestand aber darauf, dass die eine Hälfte desselben für die Familie des Häuptlings aufgehoben werde.

Frühzeitig am folgenden Morgen trat die kleine Partie, vom alten Häuptling und einem indianischen Wegführer begleitet, ihre Reise wieder an. Ihr Weg ging über einen rauen, von Bergen unterbrochenen Landstrich. Die Hügel waren schlüpfrig vom Eis und Schnee.

Auch ihre Pferde waren so schwach und abgeritten, dass sie kaum eine jähe Anhöhe hinaufsteigen oder auf den gefrorenen Abhängen festen Fuß fassen konnten.

Während der ganzen Reise waren der alte Häuptling und sein Führer unablässig in ihren guten Dienstleistungen und immer munter, ihnen die besten Wege aufzusuchen und ihnen in allen Schwierigkeiten beizustehen. Wirklich war der Captain und seine Gefährten fast wegen allem abhängig von ihren indianischen Freunden, denn sie hatten ihren Tabak und ihre Pfeifen, dieses große Labsal der Biberfänger, verloren und nur noch einige wenige Schuss Pulver übrig, mit welchen sie notwendig haushalten mussten, um ihre Feuer anzuzünden.

Im Laufe des Tages hielt der Häuptling mehrere Privatberatungen mit dem Wegführer und gab offenbare Zeichen von sich, dass sie mit irgendeinem wichtigen Geheimnisse beschäftigt waren. Was es war, das konnte Captain Bonneville nicht ergründen, auch gab er sich deshalb keine Mühe. Aus einigen aufgefangenen Worten vermutete er jedoch, dass es etwas wäre, wovon sich der alte Häuptling viel Vergnügen versprach, und in das er einigermaßen ein Ehre setzte, das er aber geheim gehalten wissen wollte. Er ließ ihn daher seine kleinen Pläne unbelästigt ausspinnen.

Als sie am Abend lagerten, hielt der alte Häuptling mit seinem geheimen Rat, dem Wegführer, ein anderes geheimes Zwiegespräch, worauf der Bote sein Pferd bestieg und auf eine geheime Sendung abreiste, während der alte Häuptling seinen Platz beim Feuer wieder einnahm und in angenehmen, aber geheimnisvollen Träumereien summend, da saß.

Am nächsten Morgen stiegen die Reisenden in das Tal des Way-lee-way, eines beträchtlichen Armes des Snake River, hinab. Hier begegneten sie dem Wegführer, der von seiner geheimen Botschaft zurückkehrte.

Es wurde abermals eine geheime Konferenz zwischen ihm und dem geschäftigen Häuptling gehalten, der nun mehr als je von Geheim- und Wichtigtuerei aufgeblasen schien. Zahlreiche frische Fährten und verschiedene andere Zeichen gaben dem Captain Bonneville die Überzeugung, dass ein beträchtliches Dorf der Nez Percé in der Nachbarschaft sein müsse.  Da aber sein würdiger Reisegefährte, der alte Häuptling, nichts über den Gegenstand verlauten ließ und es einigermaßen mit seinen geheimen Operationen in Verbindung zu stehen schien, so richtete er keine Fragen an ihn, sondern wartete geduldig die Entwickelung seines Geheimnisses ab.

Auf ihrem Weg kamen sie an einen kleinen Strom, in welchem sich zwei oder drei Indianer badeten. Der gute alte Häuptling machte sogleich Halt und unterhielt sich lange mit ihnen. Im Verlauf seines Gespräches wiederholte er ihnen die ganze Geschichte, die ihm Captain Bonneville erzählt hatte. In der Tat scheint es ein sehr geselliger, mitteilender Mann gewesen zu sein, dem man keineswegs jenes finster verschlossene Wesen zur Last legen kann, dessen man die Indianer im Allgemeinen beschuldigt. Im Gegenteil liebte er, lange Gespräche zu halten und zu rauchen. Er war sichtbar stolz auf seinen neuen Freund, den kahlköpfigen Häuptling, und hatte sein Vergnügen daran, sein Lob zu verkünden und die Macht und den Ruhm der großherzigen Männer des Ostens hervorzuheben.

Nachdem er seinen badenden Freunden alles erzählt, was er auf dem Herzen gehabt hatte, überließ er sie ihrer Badelust und ging mit dem Captain und seinen Gefährten weiter.

Als sie sich jedoch dem Way-lee-Way näherten, fand der alte, mitteilende Häuptling einen anderen und sehr verschiedenen Gegenstand, seine Beredsamkeit anzustrengen. Am Ufer dieses Flusses lag ein einzelner, mit Gras überwachsener Hügel. Er deutete mit einiger Bewegung zu ihm hin.

»Das große Herz und der starke Arm liegen unter diesem Rasen begraben«, sagte er.

Es war in der Tat das Grab eines seiner Freunde, eines vorzüglichen Kriegers des Stammes, der bei Verfolgung einer Kriegspartie der Shoshokoes die Pferde des Dorfes gestohlen hatten, auf diesem Fleck erschlagen worden war. Die Feinde nahmen seinen Schädel als Trophäe mit fort. Allein seine Freunde fanden seinen Leichnam an diesem einsamen Ort und bestatteten ihn mit ihre frommen und ehrerbietigen Gefühle bezeichnenden Zeremonien zur Erde. Sie versammelten sich um das Grab und trauerten. Die Krieger waren still vor Gram, die Frauen und Kinder bejammerten ihren Verlust mit lautem Wehklagen.

»Drei Tage lang«, sagte der alte Mann, »hielten wir feierliche Tänze für den Toten und beteten zum großen Geiste, dass unser Bruder glücklich sein möge in dem Land der tapferen Jäger und Krieger. Wir töteten hierauf fünfzehn unserer besten und stärksten Pferde, um ihm, wenn er in dem Jagdrevier der Glückseligen angekommen sei, zum Gebrauch zu dienen. Nachdem wir dieses getan hatten, kehrten wir bekümmert in unsere Unterkünfte zurück.«

Während der Häuptling noch sprach, kam ein indianischer Späher herangesprengt, übergab ihm ein Pulverhorn, drehte sich um und verlor sich schnell wieder aus dem Blickfeld. Die Augen des alten Häuptlings klärten sich auf und seine Wichtigtuerei kehrte zurück. Sein kleines Geheimnis stand im Begriff sich zu verraten. Er drehte sich gegen den Captain um, deutete nach einem nahe liegenden Hügel und benachrichtigte ihn, dass hinter demselben ein Dorf liege, das von einem kleinen Häuptlinge regiert werde, dem er die Ankunft des kahlköpfigen Häuptlings mit einer Partie großherziger Menschen des Ostens zu wissen getan habe, und dass er in Bereitschaft sei, sie auf eine geziemende Weise zu empfangen. Da unter anderen Zeremonien er sie mit einer Salve aus Feuergewehren zu begrüßen beabsichtigte, so hatte er ihnen dieses Horn voll Pulver geschickt, damit sie die Begrüßung auf eine, seiner Würde angemessene Weise, erwidern könnten.

Sie marschierten nun zu, bis sie um die Spitze des Hügels gekommen waren, wo sich ihnen die ganze Bevölkerung des Dorfes zeigte, die alle auf eine imponierende Weise und in ihrem schönsten Schmuck ausgezogen waren. Das Ganze sah sehr wunderlich aus, machte aber doch eine besonders auffallende Wirkung. In der vordersten Reihe sah man die Häuptlinge auffallend bemalt und geschmückt. Hinter ihnen folgte der Rest des Volkes, Männer, Frauen und Kinder.

Captain Bonneville und seine Partie näherten sich langsam und wechselten Salutschüsse. Die Häuptlinge kamen hierauf einer nach dem anderen und nach ihrem Rang und Ansehen auf die Reisenden zu, um ihnen die Hand der Freundschaft zu bieten, und traten, einer nach dem anderen, wieder ab, sobald sie sich die Hände gedrückt hatten, um ihren Nachfolgern Platz zu machen. Jene des zweiten Ranges folgten ihnen sodann in der nämlichen Ordnung, bis ihnen alle das Pfand ihrer Freundschaft gegeben hatten. Diese ganze Zeit über blieb, der Sitte gemäß, der Häuptling an der Seite seiner Gäste stehen. Wenn sich welche seiner Leute näherten, den er der Freundschaft oder des Zutrauens der weißen Menschen für unwürdig hielt, so winkte er ihnen mit der Hand, wegzubleiben, und sie begaben sich unterwürfig weg. Wenn Captain Bonneville etwa einen fragenden Blick auf ihn warf, dann pflegte er zu bemerken: »Dies ist ein böser Mensch!« Oder etwas dieser Art, und hiermit war die Sache abgetan.

Es wurden nun Matten, Pfähle und andere Materialien herbeigeschafft und eine bequeme Zelthütte wurde für die Fremden errichtet, worin sie beständig mit Holz, Wasser und anderen Bedürfnissen versehen wurden. Alle ihre Effekten wurden in sichere Verwahrung genommen, auch ihre Pferde abgesattelt, auf die Weide getrieben und ein Hüter zu ihrer Bewachung aufgestellt.

Nachdem dies alles in Ordnung gebracht war, wurden sie zum Hauptgebäude oder dem Rathaus des Dorfes geführt, wo eine reichliche Mahlzeit oder vielmehr ein Bankett sie erwartete, das alle gastronomische Träume zu verwirklichen schien, die sie während ihres letzten Darbens heimgesucht hatten; denn hier sahen sie nicht allein Fische und Wurzeln im Überfluss, sondern auch Fleisch von Hirschen, Elentieren und die leckersten Büffelstücke. Es ist unnötig zu sagen, mit welcher Gier sie diesmal über die Mahlzeit herfielen und wie wenig ihre Wirte nötig hatten, ihnen, nach dem Prinzip der indianischen Gastfreundschaft, das Essen aufzunötigen.

Als die Mahlzeit vorüber war, folgten lange Gespräche. Der Häuptling zeigte dieselbe Neugierde, die man gewöhnlich bei seinem Stamm findet, um Nachrichten über die Vereinigten Staaten zu erhalten, von denen sie wenig mehr wussten, als was sie durch ihre Vetter, die Upper Nez Percé, erfahren hatten, da sie fast ausschließlich mit den britischen Handelsleuten der Hudson’s Bay Company Tauschhandel trieben.

Captain Bonneville tat sein Bestes, um die Verdienste seiner Nation und die Wichtigkeit ihrer Freundschaft für die roten Menschen herauszuheben, worin er einen geschickten Beistand in seinem würdigen Freund, dem alten Häuptling mit dem langen Namen fand, der alles tat, um die großherzigen Menschen des Ostens herauszustreichen.

Der Häuptling und alle, die anwesend waren, hörten mit der gespanntesten Aufmerksamkeit und offenbar mit dem größten Interesse zu. Auch waren die wichtigen, also erzählten Tatsachen nicht auf die Zuhörer der Zelthütte beschränkt, denn Ausspruch nach Ausspruch wurde zum Besten des ganzen Dorfes von einem öffentlichen Ausrufer laut wiederholt.

Die Sitte, alles durch öffentliche Ausrufer zu verbreiten, ist nicht allein auf die Nez Percé beschränkt, sondern besteht bei noch manchen anderen Stämmen. Sie hat ihre Vorteile, wo keine Zeitungen sind, um die Neuigkeiten des Tages zu verkündigen oder zu berichten, was in wichtigen Zusammenkünften vorgeht. In der Tat sind solche mündlich gemachten Berichte, die vor allen Parteien gegeben werden und auf der Stelle widersprochen und berichtigt werden können, mehr geeignet, das Publikum genauer zu unterrichten als jene, die durch die Presse verbreitet werden.

Der Dienst eines öffentlichen Ausrufers wird gewöhnlich von einem alten Mann versehen, der wenig mehr zu etwas anderem taugt.

Ein Dorf hat gewöhnlich mehrere dieser wandernden Zeitungen, wie sie von den Weißen genannt werden, die die Neuigkeiten des Tages auszurufen gehen, Nachrichten von den öffentlichen Beratungen, Expeditionen, Tänzen, Festen und anderen Zeremonien geben und verlorene Dinge anzeigen. Wenn während des Aufenthaltes des Captains Bonneville unter den Nez Percé ein Handschuh, ein Taschentuch oder etwas von gleichem Wert verloren oder verlegt worden war, so wurde es von dem Finder in die Hütte des Häuptlings gebracht und von einem der öffentlichen Ausrufer verkündet, dass der Eigentümer kommen und sein Eigentum in Empfang nehmen möge.

Wie schwer ist es doch, den wahren Charakter dieser wandernden Stämme der Wildnis zu ergründen! In einem neueren Werk haben wir Gelegenheit gehabt, von diesem Stamm aus der Erfahrung anderer Pelzhändler zu reden, die gelegentlich unter ihnen gewesen waren und sie als selbstsüchtig, nicht gastfreundlich, übermäßig in ihren Forderungen und der Dieberei ergeben schildern. Captain Bonneville, der sich lange unter ihnen aufhielt und wiederholte Gelegenheit hatte, ihren wahren Charakter kennen zu lernen, schildert sie immer als wohlwollend, gastfreundlich, gewissenhaft, ehrlich und vor allen anderen Indianern, mit denen er in Berührung gekommen war, ihrer religiösen Gesinnungen halber merkwürdig. Er ist in der Tat so enthusiastisch in ihrem Lob, dass er sie, so unwissend und barbarisch, wie sie auch sonst rücksichtlich ihrer Lage sein mögen, eines der reinherzigsten Völker der Erde nennt.

Einige Kuren, die der Captain Bonneville in einfachen Fällen bei den Upper Nez Percé gemacht hatte, waren zu den Ohren ihrer Vetter hier gelangt und hatten ihm den Ruf eines großen Mediziners verschafft. Er war demnach nicht lange in dem Dorf, als Kranke und Sieche ihre Zuflucht in seiner Hütte zu nehmen kamen. Der Captain fühlte den Wert eines so zufällig und so wohlfeil erworbenen Rufes. Er bemühte sich, ihn zu erhalten. Da er zu dem Alter gelangt war, wo ein jeder Mensch aus Erfahrung so etwas von einem Arzt wird, so versuchte er aus seinen gesammelten wenigen Kenntnissen in der Heilkunde Vorteil zu ziehen, und war in zwei oder drei Fällen so glücklich, die einfältigen Indianer zu überzeugen, dass das Gerücht von seinen ärztlichen Talenten nicht übertrieben gewesen war.

Der einzige Patient, der seiner Kunst trotzte oder vielmehr jeden Versuch der Hilfe vereitelte, war eine veraltete Squaw mit einem Kirchhofshusten und einem Bein im Grab. Es war zusammengeschrumpft und durch rheumatische Übel unbrauchbar geworden. Dies war ein Fall, der die Grenze seiner Kunst überschritt. Er tröstete das alte Weib jedoch mit dem Versprechen, dass er ihr in dem Fort an dem Wallah Wallah etwas zu ihrer Linderung verschaffen und es ihr bei seiner Rückkehr mitbringen wolle, mit welcher Versicherung ihr Mann so zufrieden war, dass er dem Captain ein Füllen verehrte, um als Provision für die Reise geschlachtet zu werden; eine Belohnung für ärztliche Bedienung, die dankbar angenommen wurde.

Während er unter diesen Indianern verweilte, fand Captain Bonneville unerwartet den Eigentümer eines Pferdes, das er von einem Wurzelgräber am Big Wyer gekauft hatte. Der Indianer bewies zur Überzeugung, dass ihm das Pferd vor einiger Zeit von einem unbekannten Dieb gestohlen worden war.

»Ihr habt es jedoch«, sagte der bedachtsame Wilde, »ehrlich erhandelt – Ihr seid der Pferde bedürftiger, als ich es bin. Darum behaltet es, es ist Euer – es ist ein gutes Pferd. Behandelt es gut.«

So brachte Captain Bonneville, der fortwährend Beweise des Wohlwollens und der Großmut erhielt, die seine entblößte Lage ihm nicht zu erwidern erlaubte, eine kurze Zeit unter diesem Volk zu und überzeugte sich immer mehr und mehr von ihrem vortrefflichen Charakter im Allgemeinen.

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