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Dreizehn Jahre im Wilden Westen – Kapitel XL

Dreizehn Jahre im Wilden Westen
Oder: Abenteuer des Häuptlings Sombrero
Nürnberg, 1877

XL. Am Big Wind River. Flathead als Nachbarn. Herrliche Jagdgründe. Sombrero als Trapper. Yellowstone River. Sioux. Rückkehr zu Onkel Billy.

Wir mussten aber fünfzig Meilen weiter hinaus an den Big Wind River, wo im Tal Gras zwei Fuß hoch und sehr dicht stand. Das war wegen der feindlichen Indianer ein sehr gewagtes Unternehmen für eine Gesellschaft von drei Mann. Gleichwohl machten wir uns auf den Weg mit einem Wagen, zwei Mähmaschinen, mit Provision auf ein paar Monate, einer Kiste Patronen, kurz, mit allem versehen, um eine Belagerung Monate lang aushalten zu können. Die Regierung musste uns zur Beschützung entweder eine Wache mitgeben oder uns Waffen liefern. Wir zogen das Letztere vor und jeder ließ sich ein Gewehr mit einem Vorrat an Munition geben. So fehlte es uns an Schießwaffen nicht, besonders da wir überdies noch unsere eigenen trugen. Bill Boyd, welcher noch zu Hause zu tun hatte, wollte erst nach acht Tagen mit einem zweiten Wagen nachkommen und einen neuen Sulky-Rechen (Pferderechen) mitbringen. Onkel Billy und ich gingen einstweilen allein voraus. Am zweiten Tag vormittags erreichten wir unser Ziel, schlugen unser Lager in einem dichten Gebüsch auf und machten uns an die Arbeit. Doch schon in der ersten halben Stunde hatte Onkel Billy das Unglück, gegen eine Wurzel im hohen Gras zu fahren und ein Stück seiner Maschine zu zerbrechen. Er musste deshalb ein Pferd satteln, um zur Agentur zurückzureiten, wo sich die einzige Schmiede in einem Umkreis von zweihundert Meilen befand, und dort das zerbrochene Glied reparieren zu lassen. Somit war ich fünf Tage lang alleiniger Besitzer dieses großen Gutes, doch nicht ohne einen unwillkommenen Besuch zu erhalten. Denn kaum war Onkel Billy fort, so fing es zu regnen an. Ich musste zu schneiden aufhören, fuhr meine Maschine ins Gebüsch, wo ich die vier Pferde ebenfalls unterbrachte, und machte mir mein Abendbrot zurecht.

Nachdem ich gegessen hatte, nahm ich mein Gewehr, stieg auf einen Hügel und begann vorsichtig die Gegend vor mir zu übersehen. Sogleich entdeckte ich eine Räuberbande von sieben Flathead, die einer hinter dem anderen auf den Fluss zugeritten kamen, wo sie eine Meile von meinem Lager, das nicht leicht zu finden war, flussaufwärts Halt machten, ihre Decken als Schutz gegen den Regen über Büsche hingen, ein Feuer anmachten und Vorbereitungen zu einem Abendschmaus trafen. Hier war ich nun in eine schöne Nachbarschaft geraten, die ich wegen der vielen Sachen im Lager nicht verlassen durfte. Ich ging nach demselben zurück, führte die Pferde noch tiefer in das Gebüsch, zog mich selbst ein wenig auf die Seite, rollte meine Decken um mich und sank in die Arme des Gottes Morpheus. Am nächsten Morgen regnete es noch sehr stark und das Erste war, hinauszukriechen, um mich nach meinen lieben Nachbarn umzusehen. Sie saßen gemütlich um ihr Feuer und schienen keine Anstalten zur Abreise zu treffen. Nur hie und da ging einer hinaus, um einen Arm voll Holz aufzulesen und auf das Feuer zu werfen. Die Geschichte wurde langweilig, denn ich war nass, etwas kalt, durfte mir aber keinen warmen Tee brauen, da ein Feuer meinen lieben Freunden mein Dasein verkündet hätte. Zum Glück hatte ich Brot vorrätig, gesalzenen Speck und getrocknete Äpfel, konnte mir also mit einer ganz eleganten kalten Schale aufwarten. Den Tag verbrachte ich unter einem Busch sitzend und über die Frechheit der Menschenrassen nachdenkend, die sich erlauben, andere mit ihrer Gegenwart zu belästigen, rauchte meine Pfeife und machte hie und da einen Ausflug, um mir die Herren weiter oben am Fluss zu besichtigen. Gegen Abend hörte der Regen auf und ich ergab mich der Hoffnung, dass meine Gäste am Morgen ihre Reise wieder antreten würden, worin ich mich auch nicht täuschte, denn als ich am Morgen mein Observatorium bestieg, waren sie bereits im Begriff, ihre Pferde zu satteln. Nun fürchtete ich, dass sie am Fluss herabreiten, die Spuren der Wagen und meiner Maschine finden und eine genaue Untersuchung einleiten würden, wo es dann zu Unannehmlichkeiten kommen konnte. Für mich selbst im Gebüsch, mit zwei Gewehren und einem Revolver bewaffnet und in Munition schwimmend, hatte ich nicht die geringste Sorge, wohl aber für die Pferde, welche ich dann sehr wahrscheinlich verloren hätte. Glücklicherweise zogen sie aber direkt zu den Bergen. Nachdem ich ihnen ein Stück Weges gefolgt war, um mich zu überzeugen, dass sie auch wirklich fortgingen und sich keine schlechten Witze mit mir erlaubten, kehrte ich zum Lager zurück, wo alsbald ein Feuerchen brannte, auf welchem Teekessel und Bratpfanne angebracht wurden. Nicht lange danach erfüllte der Wohlgeruch eines Antilopensteaks die Büsche. Ich jagte jeden Tag eine Viertelstunde, denn das war hinreichend Zeit, um einen Wagen mit Wild zu laden. Das Gebüsch am Ufer des Flusses diente Tausenden von Hirschen als Versteck. Auf den offenen Plätzen waren Herden von Antilopen und eine Art großer Hirsche. Dazu kamen die Gebirgsschafe und Elks von den Bergen herab. Prärie- und Sage-Hühner hörte man überall glucken, während der Fluss von schönen gefleckten Forellen wimmelte. Kurz, es war eine Jagd, wie man sie nur im Felsengebirge finden kann. Bald kam Onkel Billy in Begleitung von Boyd zurück und wir machten uns an die Arbeit. Früh um acht Uhr spannten wir ein und schnitten mit zwei Mähmaschinen, während ein Pferderechen das Ganze sogleich zusammenrechte. Um elf Uhr gingen wir ins Lager, um das Mittagessen zu bereiten. Um ein Uhr sahen wir uns wieder auf der Wiese. Bei der Arbeit trug jeder seine Waffen, eine Vorsichtsmaßregel, die man nicht außer Acht lassen durfte. Hatten wir das Gras in unserer Nähe geschnitten, so packten wir zusammen und verlegten unser Lager vier bis fünf Meilen weiter flussaufwärts, bis wir unseren Kontrakt voll und noch hundert Tonnen Heu darüber geschnitten hatten. Während wir hier arbeiteten, machten unsere anderen Leute einen Weg, sodass die Wagen herauskommen und das Heu holen konnten. Jede Woche einmal kam ein Zug von vierzehn Wagen, jeder mit sechzehn bis zwanzig Ochsen bespannt, welche das Heu nach Fort Brown transportierten. Wir waren nun fertig und hatten alles bereit, um zur Agentur zurückzugehen, fingen schnell noch einen Sack Forellen, schossen einen Hirsch und drei Antilopen, um unseren Freunden etwas frisches Fleisch mitzubringen. Die drei Antilopen schoss Onkel Billy auf einen Schuss, da er nämlich in eine Herde schoss, welche wie die Schafe zusammengedrängt standen. Die Agentur war glücklich erreicht, wo ich mich einem Jäger und Trapper anschloss, um noch ein paar Monate nach Biber- und Otterfellen zu jagen. Ich versah mich mit Stahlfallen nebst allem Nötigen und wollte mich eben nach einem Pferd umsehen, als eine Deputation von Ute von Utah herüberkam, um den Shoshone-Häuptling Washakee zu benachrichtigen, dass eine größere Anzahl Ute mit Pferden in der Nähe sei, um mit ihren Freunden Pferde zu tauschen und Büffelfelle einzuhandeln. Die Deputation wurde von den Shoshone aufs Freundlichste empfangen, das Feuer wurde im Council-Haus angezündet, die Friedenspfeife geraucht und die Gäste aufs Festlichste bewirtet. In aller Frühe ging die Deputation weg und kehrte abends mit der Gesellschaft zurück. Hierauf folgte eine Reihe von Festen, Tänzen, Wettrennen usw. aufeinander. Die Ute hatten ihr bestes Pferd mitgebracht, um den Shoshone auf der Rennbahn so viel wie möglich abzugewinnen, doch diese waren ebenso schlau, und weil sie bald sahen, dass sie kein schnelleres Pferd hatten, wollten sie gegen das fremde nicht mehr rennen. An festgesetzten Tagen begann das Handeln. Da wurde mancher schlaue Tausch abgemacht. Die Ute hatten es hauptsächlich auf Büffelfelle abgesehen, deren die Shoshone viele besaßen und gegen Pferde eintauschten. Ich selbst kaufte ein Indianerpferd, für welches ich einige rote Decken gab, die ich für den Preis von acht Dollar auf der Agentur gekauft hatte.

Anderson und ich machten uns nun auf den Weg, mit einem Packpferd für beide, nebst einer Anzahl Fallen und allem, was uns für einige Monate nötig schien. Wir schlugen die Richtung zum Big Wind River ein, folgten dem Fluss aufwärts und brachten eine Quantität guter Felle zusammen. Dabei mussten wir umso vorsichtiger sein, je weiter wir in das Land feindlicher Indianer eindrangen. Jeden Morgen machten wir die Runde, um nach unseren Fallen zu sehen. Bei dieser Gelegenheit stieß ich einmal auf eine kleine Partie Sioux, welche einen Biber, dem ich kurz vorher das Fell abgezogen hatte, fanden und den Schwanz, welcher als Delikatesse gegessen wird, abschnitten und mitnahmen. Sie hatten mich nicht gesehen. Da mir nichts an ihrer Freundschaft lag, gab ich mich auch nicht zu erkennen, sondern zog mich ins Gebüsch zurück. Anderson hatte sie ebenfalls vom anderen Ufer des Flusses aus gesehen und sich als inkognito erklärt, d. h. hinter einigen Felsblöcken versteckt, bis sie wegritten. Dies geschah, sobald sie sich mit dem Leckerbissen versehen hatten, denn es liegt ihnen nie etwas daran, einen Trapper in seinem Versteck aufzusuchen. Die Biberhäute wurden immer gleich ausgespannt, wenn sie trocken, von allem Fleisch und Fett gereinigt waren und dann zusammengepackt. Einmal hatte ich vier schöne Felle ausgespannt und schlief während der Nacht nur ein paar Schritte davon, als ein Grizzly seine Visite machte und meine vier Felle auffraß, ohne mich dabei zu wecken.

Nachdem wir bis an den Yellowstone River hinauf gejagt hatten, wurde das Wetter so furchtbar kalt, dass Anderson, dem schon länger unwohl war, schlechter wurde, und wir deshalb beschlossen, nach Wind River zurückzukehren. Wir packten unsere Felle auf die drei Pferde, traten den Marsch an und erreichten nach einem mühsamen Marsch Onkel Billys Haus auf der Agentur. Hier mussten wir uns wegen eines großen Schneesturmes einige Tage lang aufhalten. Anderson war wegen seiner Gesundheit die Jagd für den Winter verleidet und ich gedachte mich einer Gesellschaft Trapper anzuschließen, von welchen ich die meisten gut kannte und die gegenwärtig an Owl Creek sein sollte. Plötzlich kam aber die Nachricht, dass diese Gesellschaft zwischen Owl Creek und Wind River auf einem Stück offener Prärie von den Sioux überfallen und niedergemetzelt worden sei. Ein Jagdtrupp der Shoshone hatte sie gefunden und es bei ihrer Ankunft hier gemeldet. Nun war keine Gelegenheit mehr, mit alten Jägern zu gehen. Einer Gesellschaft von Amateurtrappern, die sich hier ausrüstete und mich bat, mit ihr zu gehen, mochte ich mich auch nicht anschließen. Solche Leute verstehen das Geschäft nicht, wollen immer alles besser wissen und werden gewöhnlich in den ersten acht Tagen skalpiert.

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